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Abandon
Erstellt am Mi 25.07.2007
Zum besseren Verständnis der nicht 4er +5er, warum wir uns so lieb haben.
Die Hassliebe zwischen den rheinischen Städten ist bekannt. Hier schreiben zwei Autoren über die Heimat des anderen - und kennen keine Gnade. Der Kölner Marcus Bäcker schreibt,
warum er Düsseldorf nicht mag, und der Düsseldorfer Hans Hoff erklärt, warum ihm Köln gestohlen bleiben kann...
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Einmal wäre ich fast schwach geworden.
Ich fuhr im Taxi durchs Düsseldorf, verglich eine vor Altbauten nur so strotzende Allee mit der Kölner Nord-Süd-Fahrt und musste zu dem Ergebnis kommen: Gar nicht mal sooo übel hier. Von wegen, meinte der Taxifahrer. Er würde so ziemlich jedes Wochenende in Köln verbringen, weil in Düsseldorf buchstäblich: nichts los sei. Tiefste Provinz sei das hier, jawohl. Er guckte verbissen nach vorne.
Ah herrlich, genau das wollte ich hören. Meine Kölner Seele war gerettet. Als Kölner darf man Düsseldorf ja nicht mögen. Begründet wird diese liebenswerte Tradition gemeinhin mit der Schlacht von Worringen, was historisch betrachtet kompletter Unsinn ist, wie mir ein Historiker versicherte. Dafür gibt es aber ganz viele andere tolle Gründe, sich über Düsseldorf schlapp zu lachen. Fangen wir mal mit dem sogenannten Fußballbundesliga-Stadion an.
Sieht echt total super aus, alle Achtung. Dumm ist nur, dass sich Düsseldorf eine Fußballmannschaft leistet, die sogar Kölnern gestattet, sich als die Elite der Champions League zu fühlen. "Und Madonna? Wo tritt die auf? Im Düsseldorfer, nicht im Kölner Stadion", höre ich die verzweifelten Lokalpatrioten der tüchtigen rheinischen Kleinstadt protestieren. Na und? Sollen von mir aus sämtliche zu lange im heißen Wasser gekochten Skandalnudeln dieser Welt in Düsseldorf gastieren. Die wirklich interessanten Popkultur-Ereignisse finden in den Kölner Clubs statt. Und ja, wir haben auch die Kölnarena. Und die Philharmonie.
Düsseldorfer sollen, so hört man, ohne Grund snobistisch und eingebildet sein. Dazu kann ich nichts sagen. Ich kenne keine Düsseldorfer, zumindest nicht wirklich gut. Ich kenne auch keine Menschen, die Düsseldorfer kennen. Als ich letztens aus beruflichen Gründen vor einem Düsseldorfer Café saß, beobachtete ich, wie ein Freund von mir mit stierem Blick und strammen Schrittes über die Straße eilte. Mir gelang es, ihn aufzuhalten. Er arbeite jetzt schon seit Jahren in Düsseldorf, berichtete er gehetzt, könne aber über die Bevölkerung kaum etwas sagen. Er sehe keinen Grund, länger als nötig in dieser Stadt zu bleiben. Nach Feierabend gehe er sofort zu seinem Auto und fahre ohne Umwege zurück nach Köln.
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Muss es Kölnern peinlich sein, in Düsseldorf zu arbeiten? Meine Güte, nein. Man muss auch gönnen können, wie man in der Rheinmetropole sagt. Wobei ein Rätsel bleibt, was eigentlich genau den angeblichen Medienhafen zum Medienhafen macht. Rekapitulieren wir: Die Zentrale des WDR befindet sich in Köln. RTL ebenso, dann noch Vox, Super RTL, n-tv, Terra Nova, Giga Digital - ach, es ist einfach nicht genug Platz, um alle Sender zu nennen. Einfacher macht es einem da schon Düsseldorf: QVC. Herzlichen Glückwunsch!
Natürlich gibt es auch in Köln Schattenseiten. Mundart-Rock zum Beispiel. Aber sogar "BAP"-Sänger Wolfgang Niedecken hat seine Vorzüge: Er ist nicht Campino. Richtig schlimm wird es musikalisch und auch sonst in Köln, wenn sich Menschen wie du und ich schlagartig in Lappenclowns verwandeln und unmotiviert verkünden, dass ein gewisser Sultan Durst verspüre. Aber noch nicht einmal als Exil für Karnevalshasser taugt Düsseldorf. Aus vertrauenswürdigen Quellen weiß ich, dass das sogenannte närrische Geschehen in Düsseldorf noch weitaus dumpfer, stumpfer und tumber ist als in Köln.
Abschließend die Frage: Kölsch oder Alt? Mir doch egal. Ich trinke lieber Wein, und von Köln aus ist es zur Ahr, an die Mosel und in den Rheingau nur ein Katzensprung. Na dann Prost, Düsseldorf. Marcus Bäcker ist gebürtiger Krefelder, lebt aber schon lange in Köln.
Köln ist eine schöne Stadt. Der Dom ist ein imposantes zeitloses Bauwerk, und der Rhein veredelt mit der majestätischen Wucht seiner Wellen so gut wie jede Ansiedlung. Leider hat die Stadt Köln auch Nachteile. Sie ist bewohnt.
Es sind vor allem die Herren, die dem Ausländer gleich ins Auge fallen. Wenn sie nicht schwul sind oder wegen eines Migrationshintergrundes 3er BMW fahren müssen, tragen sie demonstrativ ein Zwirbelbärtchen vor sich her, so eines, das Kindern als Anleitung fürs Schleifebinden dient.
Kölner Zwirbelbartträger führen sich gerne ein Gebräu zu, das Bier zu nennen der Anstand des Düsseldorfers verbietet. Sie trinken die ominöse Flüssigkeit, die farblich Altbier ähnelt, das den Körper bereits durchlaufen hat, aus Gläsern, die der Düsseldorfer nur vom Arzt kennt. Dabei lassen sie nicht nur durch die Poren ihr Inneres ungefragt nach außen dringen, auch aus dem Mund kommt dabei bevorzugt Schwitziges, leider am liebsten gleich in Liedform.
Ein Kölner, der nicht singt, ist quasi kein Kölner. Leider erfüllt alles, was im Schatten des Domes jemals musikalisch verbrochen wurde, den Straftatbestand der akustischen Körperverletzung, das Werk der Gruppe Can ausdrücklich mal ausgenommen. Jenseits der Stadtgrenzen sind posttraumatische Schunkelfrostanfälle nach dem Anhören von Liedern der Gruppen "Höhner", "BAP" oder der "Bläck Fööss" keine Seltenheit.
Erschwerend kommt hinzu, dass diese klanglichen Ausdünstungen in Köln nicht nur zur Karnevalszeit serviert werden, sondern das ganze Jahr jeck machen. Nun ist der Karneval an sich schon eine Strafe, bei der man sich fragt, was die Kölner wohl verbrochen haben mögen, dass der liebe Gott ihnen im Gegenzug solch eine Plage angedeihen lassen musste. Wer je in den Kölner Karnevalstrubel gerät, merkt schnell, dass die Genfer Konvention doch zu kurz greift.
Manche Kölner tragen ihr Zwirbelbärtchen nicht frontal im Gesicht, sondern als Krülle auf dem Kopf. Das sind dann jene, die in Köln als Intellektuelle gelten, weil sie mal mit Heinrich Böll Kaffee getrunken haben. Tätig werden solche Exemplare vorzugsweise in einschlägigen Dreibuchstabenbanden, von denen es in Köln jede Menge gibt. "BAP", WDR und GEZ sind dabei nur jene, an deren Beispiel man sehr schön erklären kann, wie der berühmte kölsche Klüngel funktioniert. "BAP" verbricht die Töne, die der WDR den Menschen aufnötigt, und die GEZ kassiert in beider Auftrag eine Art Schutzgeld. Geht es noch perfider?
Man versteht den Kölner indes ein bisschen besser, wenn man mal anschaut, wo er leben muss. Sucht man in der Stadt nämlich nach schönen Stellen, dann tut sich da ein großes Nichts auf. Das liegt daran, dass Köln im Krieg arg zerbombt wurde, die Kölner sich davon aber die Feierlaune nicht vermiesen lassen wollten.
In der Folge bildete sich der Glaube, dass man nur dann schön feiern kann, wenn man in möglichst trostloser Umgebung sein Dasein fristet. Daher haben die Stadtväter so ziemlich alles unternommen, um den Nachkriegsgeist zu konservieren. Als Ausnahme mag lediglich das von Renzo Piano konzipierte "P & C"-Kaufhaus gelten, was letztlich aber nur umso trauriger klarmacht, dass sich rundherum in Köln nur reichlich architektonisches Ödland erstreckt.
Schaut man übrigens genau hin, entdeckt man gar, dass selbst der Vater Rhein in Köln eine Spur hastiger zu fließen scheint. Keine Frage: Er will hier weg. Er will nach Düsseldorf. Hans Hoff wurde in Düsseldorf geboren und will nirgendwo anders leben.
mit freundlicher Genehmigung der Redaktion
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