Thema: Brief an Alois (Kopie aus Zeitschrift Reisemotorrad)

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heike1303 Erstellt am Sa 10.11.2001
Betreffs Strafsteuer
Also Alois – was muss ich da wieder hören?
Du willst weiter mit Deiner ollen Gurke herumfahren – ungeregelt, viel zu laut, viel zu alt (na schön, drei Jahre...), viel zu oft? Na, dann bist Du ein echter Umweltsünder, ein böser Übeltäter, ein hochgradiges Ärgernis und dafür musst Du bestraft werden.
Und zwar saftig. Jetzt ist es also amtlich: Wer nicht neu kaufen will, muss verdammt viel zahlen, Strafsteuer nennt man das. Unsere Rot-Grün-Regierung hat das als dringenden Handlungsbedarf vorgesehen, Umweltschutzverbände, der Verein zur Lärmbekämpfung, und vor allem unsere tiefgrünen Entscheidungsträger sind sich alle einig: Die Motorradfahrer sind die bösen Buben, die schwarzen Schafe der Nation, also voll drauf oder wie Du es so schön sagst: Immer auf die Kleinen und immer auf’n Kopp!
Große Frage: Kann man – kannst Du – was dagegen tun? Aber sicher doch Alois. Zwar haben Staat und Medien uns längst zu politischen Idioten degradiert, aber noch haben wir eine kleine Chance zur Gegenwehr: Unser Kreuzchen auf dem Stimmzettel. Es ist die einzige Sprache die unsere sonst so übermächtigen Peiniger verstehen.
Wird Motorrad fahren für Normalos unerschwinglich? Möglich, dass ja. Gibt es Alternativen? Aber sicher doch: Die Regierenden abstrafen. Genauer gesagt abwählen! Egal ob Argumente und Programme der Parteien gut oder schlecht sind, sympathisch oder unsympathisch, richtig oder falsch – hier zählen keine Argumente mehr sondern nur noch Deine (winzige, bescheidene, Millionste) Stimme. Aber, wer mich dafür bestrafen will, weil ich Motorrad fahre, den wähle ich ab. Basta. So einfach ist das.
Das muss natürlich funktionieren, mit anderen Worten: Man muss auch wirklich wählen gehen. Es ist wie mit dem Motorrad fahren schlechthin. Seien wir mal nicht vernünftig sondern handeln emotionell, reflexartig ganz aus dem Bauch raus, so wie wenn plötzlich ein unvermutetes Hindernis bei freier Fahrt auftaucht: Nicht mit offenen Augen voller Entsetzen in die Katastrophe rasen, sondern die Notbremse ziehen ist dann angesagt.
Nur – Du musst es halt tun. Denk mal drüber nach Alois. Stell Dir vor, alle Motorradfahrer würden sich einig sein, dann wäre diese Strafsteuer ganz schnell wieder verschwunden und selbstverständlich könnte das auch so funktionieren. Man muss sich nur konsequent darüber klar werden und danach handeln. Demokratie ist keine Spielwiese für Cliquenwirtschaft, sondern das Durchsetzen von Volkes Wille.
Und dazählt auch das Motorradvolk dazu, in Millionenstärke, nicht wahr? Es gibt, wie gesagt, Alternativen – nur Nichtwählen ist keine Alternative. Musst Dich halt mal aufraffen, Deinen Frust, Deine Politikverdrossenheit, Deine Ansichten vergessen und mehr Deine Wut, Deinen Ärger, Deine Ängste und Deine Rachsucht zum Ansporn nehmen und Rot-Grün eins überbraten – sorry, aber nur so geht es.
Und den anderen gleich unmißverständlich zu erkennen geben, dass es ihnen das nächste mal genauso geht, wenn sie diese Strafgebühren-Politik fortsetzen. Macht so’n Scheiß nicht noch mal mit uns! Wer darin einen Wiederspruch sieht, versteht das Wesen der Demokratie nicht.
Also weg mit Rot-Grün (so hart das manchem von uns vielleicht ankommen mag) und her mit Schwarz-Gelb oder so (so hart das manchem von uns vielleicht ankommen mag), in vier Jahren können wir ja wieder die Anderen wählen. Das muss man den Damen und Herren Politikern ganz klar sagen – wir wollen keine Politik verdübeln, wir wollen Motorrad fahren!
Aber manchmal, lieber Alois, musst Du auch als Motorradfahrer politischen Konsequenzen ins Auge sehen. Das hat nichts mit Wahlkampfgetöse zu tun, und ich weiß ja, dass Du das paranoide Wortgeklingel, das den Politikern „in tiefer Sorge“ stets so flüssig von den Lippen trieft, längst durchschaut hast. Denk also dran: Bald ist wieder Zahltag. Heimzahltag.
In diesem Sinne
und voller
Zuversicht...
Dein alter Oluf


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