Thema: Das Limit – persönliche Grenzbetrachtungen

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KoenigderLandstrasse Erstellt am Mo 19.05.2003
Vorwarnung: zur Lektüre bitte ausreichend Kaffee bereithalten, ansonsten besteht akute Einschlafgefahr!
Heute morgen in der Aufwachphase ging mir ein Gedanke durch den Kopf, der mich so lange gequält hat, bis ich ihn schließlich aufgeschrieben habe: welche Limits, welche Grenzen bestimmen eigentlich meine Fahrweise?
Durch Bücher wie „Die obere Hälfte des Motorrads“ oder besuchte Motorradsicherheitstrainings kenne ich physikalische Grenzen, wie den „Kamm’schen Kreis“, aber darum geht es mir nicht. Nein, die Frage ist: warum fahre ich so, wie ich fahre? Was begrenzt die Kurvengeschwindigkeit, die Schräglage? Sofort werden viele abwinken, alles kalter Kaffee, „es spielt sich bei Dir im Kopf ab“. Klar, ich bin mir auch sicher, 99,9% aller Kurven, die ich je „am Limit“ gefahren bin, sind ohne weiteres noch deutlich zu steigern, Reserven von Motorrad, Reifen und Straße längst nicht ausgereizt.
Aber was WILL ich eigentlich?
Fahren, logo. Je kurviger die Strecke ist, um so besser. Griffige Straßen, gutes Wetter, schöne Landschaft und gute Laune ist garantiert. Adrenalin produzieren? Hm, wer sich einen Tourer zulegt, sollte das nicht als Motiv haben. Bin ich aber auch so souverän? Steckt in mir nicht doch ganz heimlich ein Mr. Hyde, der Rennfahrer, der nur unterdrückt wird? Der nur glücklich ist, wenn man(n) wieder mal einen Konkurrenten niedergerungen hat und einem anderem Fahrer das Rücklicht gezeigt hat? Sind es vielleicht doch die Urinstinkte, die die wahren Glücksgefühle bringen?
Wenn ich so meine Glücksmomente beim Moppedfahren Revue passieren lasse, wann hat es eigentlich am meisten Spaß gemacht? Nein, die Antwort ist nicht einfach. Schöne Urlaubsfahrten, wilde Heizerei in den Alpen, träumerisches Rumtrödeln auf einsamen Landstraßen, alles hat mir schon Freude bereitet.
Wenn ich aber meine heutige Fahrweise mit den ersten Kilometern nach dem Wiedereinstieg vor 3 Jahren vergleiche, so hat sich doch einiges getan. Die Beherrschung der Maschine ist viel selbstverständlicher geworden, auch wenn noch weit davon entfernt, wirklich „souverän“ zu sein. Objektiv gesehen, fahre ich wesentlich schneller. Herausforderungen der ersten Monate – z.B. enge Spitzkehren - werden oft kaum noch wahrgenommen und sind nur Schwünge einer Tour. Häufig genug stelle ich aber auch heute noch fest, „SCHEIxxx“, was habe ich nur getan? Mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache, die Kurve unkonzentriert angefahren und plötzlich ist der Mittelstreifen auf der falschen Seite. Puh, Glück gehabt, kein Gegenverkehr. Oder aber auch das Gegenteil von unkonzentriert. Messer zwischen die Zähne, Kampflinie angepeilt und in Schräglage Muffesausen bekommen und irgendwie durch die Kurve geeiert.
Wo führt das nur hin? Werde ich auf Dauer nur Spaß haben, wenn ich meine ganz persönliche Grenze, mein Limit weiter hinaus schiebe? Werde ich die physikalische Grenze ausreizen wollen? Und was passiert dann?
Ach, ich höre lieber auf und trinke erst einmal einen Kaffee. Und versuche mir einzureden, daß das Verschmelzen mit der Maschine, die Eleganz eines Vogels beim Spielen in der Thermik, mein Ziel sein werden und ich des Teufels Stimme in mir ignorieren werde.
ICH FAHRE GERN MOTORRAD!


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motocanard Erstellt am Mo 19.05.2003
Für mich das schönste an der Motorradfahrerei ist,
Daß es immer noch möglich ist besser zu werden; souveränder und eleganter nicht unbedingt schneller, aber mit dem perfekten Strich...
Gibt es überhaupt ein Limit bei der Motorradbeherrschung?

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Speedfreak Erstellt am Mo 19.05.2003
Ich hatte Samstag ein Sicherheitstraining und mußte wieder feststellen, daß Langsamfahren echt schwer sein kann. Aber es hat doch noch Spaß gemacht, einhändig durch den Slalomkurs zu fahren. Warscheinlich gehts irgendwo auch immer um den Ergeiz, einer neuen Herausforderung gewachsen zu sein. Wie die Ente schon sagt, höher-schneller-weiter wird irgendwann auch langweilig. Der perfekte Strich ist ein tolles Ziel.

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Gelöschter Benutzer Erstellt am Mo 19.05.2003
Moin,
ich seh es ähnlich wie die Ente & Speedy.
Die perfekte Linie gilt es anzustreben. Ich denke sie kann stets verfeinert werden.
Ich war ebenfalls mit Speedy bei dem Sicherheitstraining und hab noch einiges gelernt.
Z.B. das es bei versperrter Fahrbahn, bis Tempo 70 sinniger ist das Mopped zum Stillstand zu bremsen, als einen Ausweichversuch zu versuchen.
Das wurde uns eindruckvoll demonstriert.
Bei der max. Schräglage ist bei den meisten Fahrern so gut wie nichts mehr drin.
Wir haben wieder das Kreidestrich-Spiel mitgemacht, mit folgendem Ergebnis:
Bei den Anfängern war von dem über die Breite des Reifens gezogenem Strich, noch beidseitig zwischen 5 bis 10 mm zu sehen.
Sprich 80 bis 90 % Schräglage waren erreicht.
Es waren keine blutigen Anfänger, sondern fortgeschrittene, keine Schisser. *g*
Bei den versierteren Fahrern, z.B. Speedy, Pedder, Christian und natürlich meinereiner *gg*, war der Hinterreifen absolut rückstandsfrei!
Also 100 % ausgenutzt, NO LIMIT.
Alle die das noch nicht kannten waren überrascht bis entsetzt. Glaubten sie doch noch 20 bis 30% Reserve zu haben.
Die max. Schräglage liegt übrigens bei ca. 45°. Rossi und Konsorten schaffen mit 'hanging off' so 56°, aber das ist das absolute Ende der Fahnenstange.
Es wurde natürlich gefrotzelt, daß ich letztes Jahr beim Schräglagentraining 101% ausgenutzt habe, bzw. die 90° erreicht hatte. *harhar*
OK, ich weiß jedenfalls jetzt wann das Auspuffrohr aufsetzt und Sense ist.
;o) Jojo

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roadking2000 Erstellt am Mo 19.05.2003
Hey, das ist ja mal ein richtig philosophischer Beitrag.
- Wo führt das hin?
- Werde ich auf Dauer nur Spaß haben, wenn ....
- Werde ich die physikalische Grenze ausreizen wollen?
- Und was passiert dann?
Ich lese das so, dass dir wegen einiger haariger Situationen ein wenig mulmig geworden ist.
Das erleben wir alle hier und da. Sei es, dass wir ein wenig unkonzentriert waren oder zu übermütig oder auch, dass es an jemand anderem liegt. An dem Letzteren können wir wenig ändern - da heißt es einfach möglichst gut zu reagieren und genügend Reserven zu haben, aber alles andere hängt im wesentlichen von der inneren Einstellung ab und wohl auch von der Tagesverfassung. Das ist bei jedem sicher ein wenig anders.
Dass ich nicht gerade ein Mopped fahre, mit dem ich bei Joghurtbechern, Streetfightern u. ä. mithalten kann, dürfte klar sein. Darum geht es mir aber auch gar nicht. Jedes Mopped hat seinen Grenzbereich aber wenn ich jetzt anfangen würde, über Angststreifen zu diskutieren, würde ich wahrscheinlich ein müdes Lächeln ernten. Ich liebe das zügige Fahren wie auch das bummeln, genieße die Streckenführung und auch die Landschaft, suche das "Fließende" im Wechsel zwischen den Geraden und den Kurven wie auch das Neue einer unbekannten Kehre und ich freue mich, wenn ich eine möglichst sauberen Strich gefahren bin.
Sollte ich mich dabei in irgendeiner Situation unsicher fühlen, dann nehme ich das als Warnsignal, um meine Fahrweise zu überprüfen und mich wieder mehr zu konzentrieren. Ich denke, so wird aber wohl jeder verantwortlich erwachsen denkende Mensch reagieren und so verstehe ich auch deine Fragen.
Und wie heißt das auf Neudeutsch: "Das ist auch gut so."
Irgendwie ist das Motorradfahren ja eine Analogie zum "richtigen Leben":
Jeder muss seinen eigenen Weg finden
(bzw. fahren).
cu
Roadking :-)

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Heiko-D Erstellt am Mo 19.05.2003
Hurra, neuer Angststreifen. Seit Samstag hinten neue Socke. Am WE waren leider die Strassen nass, sonst wären die Nippel schon wieder ab...
@Jojo
...und ich dachte die Rickschahkoffer setzen schon bei 20 Grad Neigung auf... *fg*

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Gelöschter Benutzer Erstellt am Mo 19.05.2003
@Heiko,
erzähl nich, der cm Angststreifen ist in 6 Wochen noch drauf. *g*
Die Koffer setzen übrigens gar nicht auf, bzw. erst bei 90°.
;o) Jojo

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KoenigderLandstrasse Erstellt am Mo 19.05.2003
Ein absolutes Limit wird es beim Mopped so wenig geben wie anderswo.
Aber ein Christian Pfeiffer o.ä. beherrscht das Gefährt schon nicht schlecht.
Dirk, der unter die Maler gegangen ist
?? -> auf der Suche nach dem Strich :-)

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KoenigderLandstrasse Erstellt am Mo 19.05.2003
Hallo Roadking,
nein, in letzter Zeit ist mir beim Fahren nichts Haarsträubendes passiert, was auch hoffentlich lange noch sein bleiben wird =:-o
Eigentlich bin ich wohl auf der Suche nach der Quadratur des Kreises:
die Leichtigkeit des Seins, äh, wollte sagen, Moppedfahrens, in jeder Straßen- und Verkehrslage, ohne aber in Langeweile und Routine abzugleiten. Wenn nichts mehr herausfordert (mir geht es dabei wirklich nicht um absolute Geschwindigkeit oder Schräglage), nichts mehr ein Ziel ist, ist die Tätigkeit ohne Reiz, oder?
Aber da ich schätzungsweise noch so ca. 50 Jahre bis zur absoluten Perfektion brauche, wird mir das Moppedfahren noch lange Freude bereiten ;-)
Dirk

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am Di 20.05.2003
Mahlzeit !
>"Bei der max. Schräglage ist bei den meisten Fahrern so gut wie nichts mehr drin."

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Heiko-D Erstellt am Di 20.05.2003
Neee, der Streifen ist wech, wenn die Strasse trocken ist und ich die erste Tour mache, wo ich es 'fliegen lassen kann'.
gemütlicher Tourergruss
Heiko
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