Thema: Doc Baumann kündigt seinen Abschied an:

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PanzerOWL Erstellt am Sa 12.11.2005
Doc Baumann kündigt seinen Abschied an:

Mein Senf: … und tschüß, ich geh’ dann mal
Die gute Nachricht zuerst: Ich lebe noch! Das nur als vorsorgliche Beruhigung für alle, die angesichts des Titelbildes befürchtet haben sollten, sie müßten in dieser Ausgabe einen Nachruf auf mich lesen. Ganz so schlimm ist es nicht.
Ob mein – vorläufiger – Abschied von der BIKERS NEWS eine schlechte oder gute Nachricht ist, dürfte davon abhängen, wer sie liest: Manche werden es begrüßen, daß jetzt endlich Schluß ist mit diesen ständigen politischen Kommentaren und moralischen (wenn auch unchristlichen) Predigten, andere werden es aus eben diesen Gründen bedauern. Ich selbst weiß noch gar nicht, wie ich ohne die BIKERS NEWS klarkomme. Ein Vierteljahrhundert lang hat sie zu meinem Leben gehört, rund 270 Hefte habe ich (mit)gemacht: Als freier Mitarbeiter, Chefredakteur, Herausgeber, als Reporter und Fotograf, Schreiber und Titelbildgestalter. Begonnen hat es 1982 mit einer jener Biker-Horror-Kurzgeschichten, von denen in den nächsten Jahren noch etliche weitere erscheinen sollten.
Die Entscheidung, erst einmal Schluß zu machen, habe ich bereits im Sommer getroffen. Das war gut so, denn nach dem Wahlausgang und der zu erwartenden Verschärfung der Gesetze hätte ich es trotz meiner vielen Gründe für diesen Abschied sonst wohl als feigen Rückzug gesehen, ausgerechnet jetzt zu gehen. Das Zusammenfallen mit unserem 25. Jubiläum ist übrigens reiner Zufall. Nachdem wir so viele Jahre gemeinsam zurückgelegt haben – und „Mein Senf“ zu meinem eigenen Erstaunen in den Leser­umfragen immer eine der am höchsten geschätzten Rubriken war – , habt ihr einen Anspruch auf eine ehrliche Begründung meines Schrittes.
Eine solch grundlegende Entscheidung trifft man nicht willkürlich und übereilt, und es gibt mehr als einen Grund dafür. Ich mache nicht nur die BIKERS NEWS, sondern daneben vieles andere. So arbeite ich seit 1991, also seit 15 Jahren, an einem Roman, habe dafür Hunderte von Büchern gelesen und Tausende von Seiten mit Notizen und Ideen gefüllt, die Schauplätze der Handlung von London bis Malta, Rom bis New York, Paris bis Rhodos, Südfrankreich bis Westeng­land aufgesucht. Worum es darin gehen wird, will ich noch nicht verraten – aber ein paar Rocker spielen darin eine zentrale Rolle, und ich werde den kleinsten MC der Welt vorstellen (mal abgesehen von den paar, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt haben, die eigentlich nur aus einer einzigen Person und einem wichtigtuerischen Colour bestanden). Nachdem ich so lange an diesem Projekt gearbeitet habe, aber nie die Zeit fand, es zu Ende zu bringen, möchte ich diesen Roman nun endlich schreiben. Vielleicht könnte ich das noch eine Weile rausschieben. Vielleicht auch nicht. Da ist nicht allein die Tatsache, daß ich in ein paar Jahren 60 werde; hinzu kommt, dass ich die Chefredaktion 1997 aus Gesundheitsgründen an Michael Ahlsdorf übergeben habe. Man weiß nie, wie viel Zeit einem noch bleibt, aber in meinem Alter denkt man häufiger über diese Frage nach.
1985 habe ich dafür gesorgt, daß die BIKERS NEWS eine der ersten Zeitschriften in Deutschland war, die am Computer hergestellt wurde. Heute ist das nichts Besonderes, aber damals gestaltete man selbst PC-Magazine auf traditionelle Weise. Seit 1987 schreibe ich für Computer- und Foto-Fachzeitschriften sowie Buchverlage, vor allem über digitale Bildbearbeitung, und seit vier Jahren mache ich zu diesem Themenbereich meine eigene Zeitschrift DOCMA. Das kostet viel Zeit.
Im letzten Sommer besuchte ich einen alten Bekannten aus Biker-Union- und Komitee-Zeiten, einen Biker mit langen Erfahrungen in der Szene als MC-Presi und Customizer. Wir sprachen über dies und jenes, und irgendwann fragte er behutsam, ob meine Kontakte zur Szene noch intensiv genug seien, um alle aktuellen Entwicklungen kompetent beurteilen zu können. Eigentlich wollte er nur darauf hinaus, daß man den „Senf“ durch zusätzliche Beiträge aus den MCs ergänzen könnte. Aber nachdem ich eine Weile über seine Frage nachgedacht hatte, kam ich zu dem Ergebnis: Es stimmt, ich habe mich ein ganzes Stück von der Szene entfernt.
Das ist nicht allein eine Frage mangelnder Zeit und zunehmenden Alters und hängt nicht nur daran, daß Michael und Silvia das längst erfolgreich übernommen haben. Es hat auch damit zu tun, daß die Szene 2005 nicht mehr die von 1980 ist. Damit will ich weder für Stillstand plädieren noch ins Früher-war-alles-besser-Horn stoßen. Es war nicht besser, es war anders – aber vieles, was sich entwickelt hat, finde ich nicht erfreulich.
Einiges hat mir meine Entscheidung erleichtert: Etwa diese lahmarschige Verpenntheit, gegen die Beschneidung der Bürgerrechte könne man eh’ nichts unternehmen. Da habe ich zum ersten Mal ans Aufhören gedacht. Diese sinnlose Gewalt von MCs gegen MCs, die sich wie Todfeinde bekriegen. Oder diese zähen Wortgefechte, die ich hier nicht noch mal aufkochen will. Eine Zeitschrift, die nur über Motorräder und Würstchenschnappen auf Bikerpartys berichten würde, wäre nichts anderes als ein Rocker-Vereinsblättchen. Das hat mich nie gereizt. Dies alles bedeutet nicht, daß ich resigniere (oder gar die BIKERS NEWS auf dem gelegentlich unterstellten Weg einer Biker-Bravo sähe) – aber wahrscheinlich werde ich einfach nicht mehr gebraucht.
Ein wenig kratzt diese Einsicht natürlich an meiner Eitelkeit. Andererseits – was ist befriedigender, als etwas mit aufgebaut zu haben, das nun auch ohne mich funktioniert? In meinem Alter kann man sich solche Rückblicke erlauben (mehr ab Seite 11), stolz darauf sein, was man erreicht hat, und sich in Ruhe und Freundschaft verabschieden. Ich werde der BIKERS NEWS und der Szene bei Bedarf weiterhin zur Verfügung stehen, aber ein paar Schritte in den Hintergrund treten, als eine Art „Graue Eminenz“. Es war – meist, nicht immer – eine schöne Zeit mit euch. Danke, ich habe viel gelernt,

Euer Doc
Quelle: Mein Senf: … und tschüß, ich geh’ dann mal


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PanzerOWL Erstellt am Sa 12.11.2005
Doc Baumann kündigt seinen Abschied an:
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Mein Senf: und tschüß, ich geh’ dann mal
Die gute Nachricht zuerst: Ich lebe noch! Das nur als vorsorgliche Beruhigung für alle, die angesichts des Titelbildes befürchtet haben sollten, sie müßten in dieser Ausgabe einen Nachruf auf mich lesen. Ganz so schlimm ist es nicht.
Ob mein - vorläufiger - Abschied von der BIKERS NEWS eine schlechte oder gute Nachricht ist, dürfte davon abhängen, wer sie liest: Manche werden es begrüßen, daß jetzt endlich Schluß ist mit diesen ständigen politischen Kommentaren und moralischen (wenn auch unchristlichen) Predigten, andere werden es aus eben diesen Gründen bedauern. Ich selbst weiß noch gar nicht, wie ich ohne die BIKERS NEWS klarkomme. Ein Vierteljahrhundert lang hat sie zu meinem Leben gehört, rund 270 Hefte habe ich (mit)gemacht: Als freier Mitarbeiter, Chefredakteur, Herausgeber, als Reporter und Fotograf, Schreiber und Titelbildgestalter. Begonnen hat es 1982 mit einer jener Biker-Horror-Kurzgeschichten, von denen in den nächsten Jahren noch etliche weitere erscheinen sollten.
Die Entscheidung, erst einmal Schluß zu machen, habe ich bereits im Sommer getroffen. Das war gut so, denn nach dem Wahlausgang und der zu erwartenden Verschärfung der Gesetze hätte ich es trotz meiner vielen Gründe für diesen Abschied sonst wohl als feigen Rückzug gesehen, ausgerechnet jetzt zu gehen. Das Zusammenfallen mit unserem 25. Jubiläum ist übrigens reiner Zufall. Nachdem wir so viele Jahre gemeinsam zurückgelegt haben - und "Mein Senf" zu meinem eigenen Erstaunen in den Leser­umfragen immer eine der am höchsten geschätzten Rubriken war - , habt ihr einen Anspruch auf eine ehrliche Begründung meines Schrittes.
Eine solch grundlegende Entscheidung trifft man nicht willkürlich und übereilt, und es gibt mehr als einen Grund dafür. Ich mache nicht nur die BIKERS NEWS, sondern daneben vieles andere. So arbeite ich seit 1991, also seit 15 Jahren, an einem Roman, habe dafür Hunderte von Büchern gelesen und Tausende von Seiten mit Notizen und Ideen gefüllt, die Schauplätze der Handlung von London bis Malta, Rom bis New York, Paris bis Rhodos, Südfrankreich bis Westeng­land aufgesucht. Worum es darin gehen wird, will ich noch nicht verraten - aber ein paar Rocker spielen darin eine zentrale Rolle, und ich werde den kleinsten MC der Welt vorstellen (mal abgesehen von den paar, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt haben, die eigentlich nur aus einer einzigen Person und einem wichtigtuerischen Colour bestanden). Nachdem ich so lange an diesem Projekt gearbeitet habe, aber nie die Zeit fand, es zu Ende zu bringen, möchte ich diesen Roman nun endlich schreiben. Vielleicht könnte ich das noch eine Weile rausschieben. Vielleicht auch nicht. Da ist nicht allein die Tatsache, daß ich in ein paar Jahren 60 werde; hinzu kommt, dass ich die Chefredaktion 1997 aus Gesundheitsgründen an Michael Ahlsdorf übergeben habe. Man weiß nie, wie viel Zeit einem noch bleibt, aber in meinem Alter denkt man häufiger über diese Frage nach.
1985 habe ich dafür gesorgt, daß die BIKERS NEWS eine der ersten Zeitschriften in Deutschland war, die am Computer hergestellt wurde. Heute ist das nichts Besonderes, aber damals gestaltete man selbst PC-Magazine auf traditionelle Weise. Seit 1987 schreibe ich für Computer- und Foto-Fachzeitschriften sowie Buchverlage, vor allem über digitale Bildbearbeitung, und seit vier Jahren mache ich zu diesem Themenbereich meine eigene Zeitschrift DOCMA. Das kostet viel Zeit.
Im letzten Sommer besuchte ich einen alten Bekannten aus Biker-Union- und Komitee-Zeiten, einen Biker mit langen Erfahrungen in der Szene als MC-Presi und Customizer. Wir sprachen über dies und jenes, und irgendwann fragte er behutsam, ob meine Kontakte zur Szene noch intensiv genug seien, um alle aktuellen Entwicklungen kompetent beurteilen zu können. Eigentlich wollte er nur darauf hinaus, daß man den "Senf" durch zusätzliche Beiträge aus den MCs ergänzen könnte. Aber nachdem ich eine Weile über seine Frage nachgedacht hatte, kam ich zu dem Ergebnis: Es stimmt, ich habe mich ein ganzes Stück von der Szene entfernt.
Das ist nicht allein eine Frage mangelnder Zeit und zunehmenden Alters und hängt nicht nur daran, daß Michael und Silvia das längst erfolgreich übernommen haben. Es hat auch damit zu tun, daß die Szene 2005 nicht mehr die von 1980 ist. Damit will ich weder für Stillstand plädieren noch ins Früher-war-alles-besser-Horn stoßen. Es war nicht besser, es war anders - aber vieles, was sich entwickelt hat, finde ich nicht erfreulich.
Einiges hat mir meine Entscheidung erleichtert: Etwa diese lahmarschige Verpenntheit, gegen die Beschneidung der Bürgerrechte könne man eh’ nichts unternehmen. Da habe ich zum ersten Mal ans Aufhören gedacht. Diese sinnlose Gewalt von MCs gegen MCs, die sich wie Todfeinde bekriegen. Oder diese zähen Wortgefechte, die ich hier nicht noch mal aufkochen will. Eine Zeitschrift, die nur über Motorräder und Würstchenschnappen auf Bikerpartys berichten würde, wäre nichts anderes als ein Rocker-Vereinsblättchen. Das hat mich nie gereizt. Dies alles bedeutet nicht, daß ich resigniere (oder gar die BIKERS NEWS auf dem gelegentlich unterstellten Weg einer Biker-Bravo sähe) - aber wahrscheinlich werde ich einfach nicht mehr gebraucht.
Ein wenig kratzt diese Einsicht natürlich an meiner Eitelkeit. Andererseits - was ist befriedigender, als etwas mit aufgebaut zu haben, das nun auch ohne mich funktioniert? In meinem Alter kann man sich solche Rückblicke erlauben (mehr ab Seite 11), stolz darauf sein, was man erreicht hat, und sich in Ruhe und Freundschaft verabschieden. Ich werde der BIKERS NEWS und der Szene bei Bedarf weiterhin zur Verfügung stehen, aber ein paar Schritte in den Hintergrund treten, als eine Art "Graue Eminenz". Es war - meist, nicht immer - eine schöne Zeit mit euch. Danke, ich habe viel gelernt,
http://www.bikersnews.de/artik​el/artikelbilder/86_0left.jpg​
Euer Doc
Quelle: http://www.bikersnews.de/index​.php?content=Mein+Senf​

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q-michel Erstellt am Sa 12.11.2005
Schade!

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traum-wunsch Erstellt am Sa 12.11.2005
Wer zum Kuckuck ist DocBaumann???
Politiker?
Sportlrt?
Pabst?

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am So 13.11.2005
...ich werde ihn vermissen,.......hab ihn gern gelesen....seinen Senf ....obwohl es kein "Bornsenf" war.
Möge der Grip mit ihm sein, Salut Mustang.

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traum-wunsch Erstellt am So 13.11.2005
Und...Motorradfahrer sind wir ALLE...ob organisiert oder nicht...
Klar, aber sonst zelebrieren doch Motorradfahrer ihren Abschied vom Beruf nicht so, oder??
aber ich gönns ihm ja :-))
möge der Grip mit ihm sein ;-)

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till11 Erstellt am So 13.11.2005
sehe ich genauso!!!
hat immer versucht die Kurve zu kriegen bei den ganzen Gegensätzen in der Scene.
Hört sich ein wenig verbittert an sein "Nachruf", gedankt wird einem sowas nie......

Deaktiviert

GypsyDjango Erstellt am Mo 14.11.2005
@till:
ja, er hat immer versucht, die Kurve zu kriegen. Beim Vrsuch ist´s meist geblieben. Die Clubs haben die BN zum größten Teil wegen der Cubnachrichten gelesen/abonniert. Ich glaube auch fast, dass die BN mehr von "nicht-organisierten"​;​ Bikern gelesen wurde, als von den Clubs. Die oftmals ziemlich einseitige Berichterstattung, die höchst subjektive Darstellung politischer Themen, der bedenkliche Umgang bzw. Antworten mit/auf Leserbriefe(n) und die tendenziöse Berichtserstattung zur staatlichen "Gewalt" dürften Grund genug gewesen sein, das Blatt - das übrigens von Fips (Ex-Bones MC) gegründet wurde - in seiner Kompetenz anzuzweifeln. Die Überlegenheit Doc B. resultierte hauptsächlich daraus, dass er aufgrund seines fachbezogenen Studiums rhetorisch den meisten Lesern seines Blattes deutlich überlegen war. Daher konnte er Sachverhalte so überzeugend darstellen und verbreiten, dass dem unbedarften Leser eine oftmals an der Realität vorbeigehende Meinung aufoktruiert wurde. Das war schade.
Weiterhin enttäuschte Doc B einen nicht unerheblichen Teil der Szene durch sein Fernbleiben bei den Jahresversammlungen der von ihm mitbegründeten Biker Union. (und hierbei meine ich die BU noch vor der Aera Frieling !).
Trotz alledem - das muss man ihm lassen - hat er etwas getan, wozu die "Szene" nicht in der Lage gewesen wäre: Er hat eine vorher geschaffene Plattform wirkungsvoll ausgebaut und dadurch eine Kommunikation ermöglicht, die vorher deutlich schwieriger war.
Ich wünsche ihm aber für die Zukunft ausserhalb der BN und bei der Verwirklichung seiner Projekte noch viel Glück und Erfolg.......

Deaktiviert

theo11 Erstellt am Mo 14.11.2005
hi @ll,
meine erste gelesene ausgabe der bikers news war die novemberausgabe 1983. anschliessend habe ich sie sofort abonniert. im laufe der jahre hat sie jedoch für mich an stellenwert verloren. die letzten jahre las ich eigentlich nur noch "mein senf" von doc. ich denke, DAS sagt alles.
ich glaube nicht, dass diese lücke durch "mein ketschup" geschlossen werden kann. doch das ist es nicht allein. doc baumann wird der scene fehlen, wahrscheinlich nicht mal er persönlich, nein, das wohl nicht, aber sein ganz eigener spirit....
so long
theo
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