Thema: Mañana

Gelöschter Benutzer Erstellt am Di 15.10.2002
Ich gab meine Bestellung auf: "Wer kocht denn heute? Ach, mir is wurscht, ich hab Kohldampf. Ich hätte gerne einen halben Hund im Honigmantel. Wenn das aus ist, nehm ich Känguru in Karamellsoße...-? Nashorn in Blätterteig? Büffelhüfte? Auch nicht da? Na, dann, äh, wie wär's mit brühwarmer Buchstabensuppe. Also gut. Ein Hüftsteak, medium, mit Orangenshrimps. Und Pommes mit Fritten - und Salz. Bitte!" Ich konnte mich einfach nicht beherrschen, aber dieser prosaische Padrone war einfach nicht aus der Reserve zu locken.
Robert sagte nur trocken: "Dito! Und zwei Bier, well done, ohne Pommes."
"Die Hüfte?"
"Ne, das Bier!"
Der Thekentroll trabte wieder zurück an seinen Platz. Mittlerweile hatte er weibliche Verstärkung bekommen.
"Warst du schon in der neuen Ausstellung im Malzhaus? Heißt 'la lettre', kleingeschrieben." Robert verneinte nonverbal und leerte sein Bier.
"Buchstabenbilder für Blöde. Die schrecken da vor nichts zurück. In jeder Ecke kalauert ein Wortspiel auf ein williges Opfer. Dann lieber einen echten Monix.
Könnt ich besser: einen Wecker auf 1/2 6 stellen und daneben eine schwarzgefärbte Dose Glücksklee, 7,5%ig: Hommage á Celan. Oder ein Pappschild mit dem Wort "Dativ" auf einem Stativ.
Fehlt nur noch ein Bild mit röhrendem Busch auf freiem Feld mit dem Titel: 'Da werden sie geholfen.'"
Robert schwieg noch immer und verzog auch keine Miene, als ich abschließend, über meinen eigenen Einfall grinsend kalauerte: Die wollten ja eigentlich auch Martin Walsers 'springenden Brunnen' zeigen, aber der ist weggehüpft."
Robert belebte sich erst wieder, als die bildhübsche Bedienung das Bier brachte und die Gläser einsammelte. Er leerte seinen Krug in einem Zug und reichte ihn der Kellnerin.
"Darfs noch was sein?" raunzte sie bar jeder Höflichkeit.
"Mein schönes Fräulein, darf ich wage, meine Hand und Durst ihr anzutragen?"
Die Antwort kam schnell und schnippisch: "Bin weder Fräulein weder schön."
Robert setzte die Faustvariante etwas unsicherer fort: "Kann aber nüchtern nicht nach Hause gehn."
"Also noch'n Bier!" Damit drehte sich die Bedienung stante pede um und stolzierte von dannen.
Mittlerweile war das Mañana halb gefüllt. Das Essen kam schneller als erhofft und schmeckte vorzüglich. Die Pommes waren handgeschnitzt und die Hüften rosa und zart. Was man bei einigen weiblichen Gästen nicht behaupten konnte.
"Guck mal, dahinten die schlechtrasierte Tussi mit den heftigen Hüften. Echt slawisches Kaltblut, eindeutig." Ich wies die Richtung mit meinem blutigen Messer. "Sieht aus wie 'ne Kacktussi."
"Hä?"
"Na, wie ein weiblich Kacktus, unrasiert."
"Und wenn sie rasiert ist?"
"Sieht sie aus wie Ödipussi."
Ich war nicht in Stimmung, aber Robert schien durchaus geneigt, mit dem androgynen Aboriginal zu flirten. Wenn ich John Waters wäre, hätte sie große Chancen auf eine Hauptrolle in meinem nächsten Film. Wenn, wenn, wenn. Wenn meine Oma Räder hätte...
Robert schüttelte den Kopf. "Warum bist du denn heute so misogyn? Haste Krach mit Jana?"
"Ne, ehr Stille. Die Frau gibt mir die Hefe. - Eigentlich sind Frauen wie Falten: irgendwann kommen sie. Und wenn sie erst mal da sind, wäre man sie gerne wieder los."
Robert summte "Always look at the bright side of life" und ich dachte an something completely different: "Denkst du auch, ich könnte es gewesen sein?"
"Was, das Ungeheuer im Loch Ness?"
"Jetzt sei doch mal ernst. Ich meine Ralf."
"Dazu fehlts dem Herrn an Größe."
"Arschloch!"
;o)