Thema: Türkeireise

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Matti Erstellt am Mo 31.12.2007
Hallo, hier mal was zu lesen für die langen Nächte...
Eigentlich sollte die Reise schnell erzählt sein. Jedoch, jeder der schon mal mit dem Motorrad, einem Zelt und was man sonst noch so braucht, unterwegs war, wird wohl wissen, daß es eben die Erlebnisse sind, von denen man später berichten muß. Bei mir ging das ganze eigentlich erst so richtig los, als ich auf der Fähre von Ancona nach Patras David kennen gelernt hatte. David war auch, so wie ich auf dem Weg in die Türkei, jedoch wollte er in Igoumenitsa das Schiff verlassen und seine Reise über das Festland, quer durch die Türkei bis nach Antalia, antreten. Wir unterhielten uns aber, sowie man das unter Motorradfahrern macht, so gut, daß er sich entschlossen hat, meiner Route und meiner Gummikuh zu folgen.
Ich hatte in einem Reiseführer gelesen, daß es eine Fährverbindung von Rohdos in die Türkei nach Marmaris geben sollte, also fuhren wir zusammen von Patras quer durch Athen, was an sich schon ein sehr großes Abenteuer war, bis nach Piräus. Von dort ging dann auch wie im Reiseführer beschrieben das Fährschiff. Wir kamen nur am anderen Ende des Hafens an und mußten nun zum richtigen Schiff kommen. Als wir nach dem Weg fragten, bekamen wir zur Antwort, daß es in Griechenland keine Einbahnstrassen gäbe, und so folgten wir diesem Mann und machten uns, quer durch den riesengroßen Hafen auf den Weg. Schilder tauchten auf, die nach deutscher Deutung eigentlich ein "Durchfahrt verboten" anzeigen sollten, aber der Mann, und das war ein Hafenangestellter, hat ja gesagt wir sollten so fahren, also befolgten wir seine Worte und fanden dann schließlich unser Schiff.
Mit über 2 Stunden Verspätung kamen wir dann, nach weiteren 18 Stunden auf der Insel Rohdos an. Es war Freitag und David wollte noch am gleichen Tag weiter in die Türkei, also fragten wir wann die Fähre in die Türkei abfahren würde. Zu Davids entsetzen erhielten wir die Antwort, daß das Schiff erst am Donnerstag abfahren würde und nur Ausflugsboote jetzt noch zum Festland unterwegs seien. Irgendwie kam ich mir in dem Moment vor wie Odysseus auf seiner langen Irrfahrt und ich hoffte, daß David nicht zu sehr frustriert war. Als Alternative bekamen wir angeboten, zurück zur Insel Kos zu fahren und von dort sollten dann täglich ein Fährschiff nach Bodrom ablegen. Für eine Weiterfahrt noch am selben Tag war es aber schon zu spät, denn das Fährschiff sollte erst um 22:00 Uhr auf Kos sein, also blieb David einen weiteren Tag mein Begleiter und wir machten uns auf den Weg, den in meiner Karte eingezeichneten Campingplatz zu suchen. Jedoch erlebte David dort wieder einen herbe Enttäuschung, denn der Campingplatz war geschlossen und es gab auch keinen weiteren. Also mußte mein Plan B herhalten. Ich hatte im Internet von einem Surferparadies am südlichsten Zipfel von Rohdos gelesen und dort fuhren wir nun hin. Belohnt wurden wir mit einem geilen Sandstrand und hohem Wellengang. Es waren auch mehrere Camper dort, so daß sich Davids Stimmung wieder etwas besserte. Mir machte das ganze einen riesen Spaß denn ich wollte sowieso lieber unter freiem Himmel schlafen und Nachts die Sterne sehen. Also blieb das Zelt auch dort wo es war und wir fragten ob jemand etwas dagegen hätte, wenn wir am Strand schlafen würden. Alles ging klar, jedoch verließ mich am nächsten Tag mein Begleiter und ich war nun alleine. Ich wollte noch 2 Tage auf Rohdos bleiben und erst danach auch über Kos, wo ich wieder eine Nacht verbrachte, jedoch jetzt auf einem Campingplatz, weiter zu fahren.
Der Grenzübertritt in die Türkei war das nächste Abenteuer. Denn der Mann, der sich selbst "Big Papa" nannte, konnte außer diesen beiden Worten wohl kein englisch, und so zog sich die ganze Angelegenheit über ein paar Stunden hin. Meine Papiere mußten kopiert werden und dafür mußte ich auf den Basar gehen, denn nur dort in einem Geschäft gab es einen Kopierer. Das Geschäft war eigentlich gleich gefunden, jedoch war der Inhaber nicht anwesend und man schickte einen weiteren Mann los, den Besitzer zu suchen. Irgendwann kam der auch, die Zeit hatte ich längst vergessen, und es konnte nun kopiert werden was das Zeug hielt. Anschließend mußte ich wieder zu "Big Papa", der nun richtig freundlich war und ein 4 seitiges Formular ausfüllte. Als dann auch das zu fertig war mußte ich 4 mal unterschreiben. Dabei wurde ich von Big Papas Kollegen so heftig gekitzelt, daß man meine Unterschrift bestimmt nicht mehr lesen konnte. Ich bekam noch einen weiteren Stempel in meinen Reisepaß, der für meine BMW war, und es war wohl alles fertig. Big Papa stellte sich und sprach mit einer sehr ernsten und tiefen Stimme ein paar Worte, die sein Kollege übersetzte. Mir wurde erzählt, daß wenn ich die Kopie von dem Formular verlieren würde, ich nach Ankara fahren müßte und es gäbe einen Mords Ärger.
Als sich endlich der Schlagbaum öffnete, durch zuckte es mich. Ich war in der Türkei!
Meine Fahrt ging nun weiter über Mugla bis nach Fethiye. Dort machte ich eine weitere Pause und ging an herrlichen Stränden zum schwimmen. Nach ein paar Tagen ging es dann weiter bis Kas, wo ich den Weg nach Norden einschlagen mußte, denn ich hatte ja noch eine Verabredung mit meiner kleinen finnischen Freundin, die ab Oktober in Thessaloniki deutsch studiert.
Ich fuhr zuerst ein Stück ins Landesinnere, und wurde mit so einer Herzlichkeit von den Menschen empfangen, daß es schwer fällt, am nächsten Tag einfach weiter zu fahren und Adieu zu sagen. So wurde ich einmal von einer Familie zum Essen eingeladen. Wir unterhielten uns mit Händen und Füßen und mein Teller wurde immer wieder voll gemacht, bis ich kurz vorm platzen war.
Izmir! Eine Begegnung der anderen Art! Ich weiß nicht wo ich Anfangen soll. Eine riesen große Stadt mit wer weis wie vielen Einwohnern. Da war zum Beispiel eine 3 spurige Straße. Ich hatte mich auf dem mittleren Fahrstreifen eingeordnet. Die Ampel war rot. Das erste Auto ordnete sich auf der rechten Fahrbahn ein, das zweite auf der linken. Dann kam ein drittes Fahrzeug und stellte sich zwischen mich und der rechten Fahrbahn. Ein viertes Fahrzeug kam und bemerkte, daß da vorne in der ersten Reihe ja wohl noch ein bischen Platz ist und stellte sich zwischen mich und der linken Fahrbahn. Die Ampel ist immer noch rot. Ich denke, ob es wohl einen Le Monstart geben wird. Falsch. Ich habe den Start verschlafen, denn die anderen 4 Autos sind schon bei rot los gefahren. Ich hielt schön an und wurde durch heftigstes Hupen darauf aufmerksam gemacht, daß in der Türkei die Regeln anders sind. Also fuhr ich auch bei rot los.
Weiter gings quer durch die City. Ich sehe einen Praktiker Baumarkt und plötzlich sehe ich, und das im Zentrum von Izmir, ein Eselfuhrwerk und sein stolzer Kutscher trägt ein Obi T-Shirt. Ich muß lachen, aber die Lage ist ernst. Beinahe hätte mich ein Bus gerammt. Ein Wahnsinn! Ich bin froh den Weg aus der Stadt schnell gefunden zu haben und beschließe, Istanbul aus zu lassen.
Mein weiterer Weg bleibt immer an der Küste und ich komme nach ein paar Tagen in Canakkale an, wo ich Asien Auf Wiedersehen sagen musste.
An der Fähre treffe ich Mohammed und seinen Freund, die mit einer Honda VFR 800 auf dem Weg nach München zur Intermot waren. Dabei hatten sie, so wie in dem Film "Emil gegen den Rest der Welt", eine Europakarte auf der sogar Island mit eingezeichnet war. Sie erzählten mir, daß sie in 2 Tagen in München seien und fragten nach der "Trafik Control" in Bulgarien. Leider konnte ich darüber keine Angaben machen und sagte, daß sie auf jeden fall einmal die Augen offen haben sollte.
Der Grenzübertritt nach Griechenland verlief so wie die Einreise, nur daß es dieses mal keinen Big Papa gab und der junge Spund der Sache einfach nicht gewachsen war. Er schickte mich nach kurzem überlegen zum Essen und machte mir verständlich, daß er auf einen Kollegen warten muß, der weiß wie dieser Vorgang vonstatten gehen sollte.
Nach 4 Stunden war ich in Griechenland.
Jetzt ging es nach Thessaloniki, wo ich mit Päivikki ein paar Tage Motorrad gefahren bin. Wir waren mit dem Schiff an der Mönchsrepublik "Athos" vorbei gefahren, denn besuchen dürfen, wenn überhaupt nur Männer diesen Staat, und dann auch nur mit Visum. Aber diese Fahrt war sehr schön und man sah die ganzen Klöster. Straßen gibt es nur eine und zwar von West nach Ost. Es gibt keine Straße von Griechenland nach Athos.
Jedoch nach ein paar Tagen hieß es Abschied sagen und auf ein Wiedersehen zu warten.
Der Weg nach Igoumenitsa ist wirklich lohnenswert, denn er geht sehr schön durchs Gebirge und wenn man Lust hat kann man einen kleinen Umweg über Metsovo machen, wo man ganz weit oben auf dem Berg ein herrliches Kloster sehen kann. Auf über 200 km hatte ich den totalen Kurvenspaß.
Auf meiner Fahrt nach Igoumenitsa bemerkte ich dann, als ich Geld abheben wollte, daß ich meine EC Karte wohl verloren hatte. Erst als ich anrufen wollte, damit die Karte gesperrt werden konnte, laß ich die SMS, daß die Karte schon in Thessaloniki gefunden wurde. Tja, ich hatte noch 5 Euro, ein halbes Brot, Käse ,Wurst und eine Flasche Whisky die noch mit einem viertel gefüllt war. Jetzt war ich der Emil!
Es wurde schon dunkel und ich mußte einen kostenlosen Schlafplatz finden, darum begab ich mich auf eine kleine Straße und suchte nach einem Feldweg. Den Weg fuhr ich dann ganz weit rein, damit mich niemand finden kann und packte meine Isomatte und den Schlafsack aus. Zelt brauchte ich nicht. Ich machte mir ein herrliches Picknick und packte den Jacky aus.
Jetzt war er da, der Blues! Ich schlief tief und fest.
Zum Glück hatte ich Visa- und Mastercard dabei, jedoch lag die Pinnummer zu Hause, denn ich hatte sie noch nie gebraucht. Die Bank hatte schon zu und ich fragte im Hafen ob man mit diesen Karten eventuell auf dem Schiff Geld abheben kann. Die Antwort war vielleicht und ich solle mal fragen. Leider war auch auf dem Schiff ein abheben nicht drin, aber ich konnte mit Visakarte bezahlen. Da ich nicht wußte ob ich in Italien auf einer Bank Geld bekommen könnte, ging ich mal durch die Geschäfte und kaufte ein: Wasser und Cola gab es nicht, sie hatten nur harte Sache, nicht einmal Bier war in dem Shop zu finden, darum kaufte ich eine weitere Flasche Whisky, denn man weiß ja nie was noch kommt. Auf der Fähre lernte ich 2 weitere Motorradfahrer kennen, sie waren aus dem Saarland und ich erzählte mein Missgeschick. Sie gaben mir ein Bier aus und Wasser. Nochmal an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Silke und Kornen. Frühstück gab es wieder per Visa.
Fürs erste war ich satt. Aber es lagen noch ca. 800 km bis München vor mir. Ich beschloß in Ancona noch einmal auf einer Bank um Geld zu fragen, doch leider ging das auch nicht in Italien. Aber als ich meine Geschichte erzählte, bekam ich von dem Bankangestellten einen Kaffee. Auch hier Danke! Es macht Spaß zu merken, daß die Menschen eigentlich ganz nett sind.
Jetzt folgte ein Anruf beim ADAC, denn ich wußte nicht ob man die Maut mit Kreditkarte bezahlen kann. Meine Sorgen wurden kleiner, denn die Dame vom ADAC sagte, daß das auf jedenfall gehen würde. Ich solle nur früh genug schauen ob eine Tankstelle auch Visa nimmt.
So trat ich meinen Weg zurück an. Es war mittlerweile 14:00 Uhr als ich auf die Autostrada fuhr. Gefahren bin ich bis Trento, dort holte mich die Dunkelheit ein und ich bemerkte, daß ich nur sehr wenig Licht hatte. Also fuhr ich auf die nächste Raststätte um nach zu schauen. Dabei bemerkte ich ein Loch in meinem Scheinwerfer und sah, daß der Reflektor auch schon halb blind war. Tja, da waren sie wieder meine Probleme. Ein weiter fahren war mir zu gefährlich und so entschloss ich mich, in der Raststätte zu fragen ob ich mit meinem Schlafsack auf dem Parkplatz schlafen dürfte. Die Antwort war positiv, und auch hier erhielt ich einen kostenlosen Kaffee und eine Wurst. Danke! Ich kam mir vor wie ein Penner.
Auf dem Parkplatz legte ich mich ganz weit in die hinterste Ecke und das Motorrad stellte ich zum schutz vor mich, damit mich niemand so schnell bemerkt. Zum Einschlafen gab es Whisky und ich hatte einen göttlichen und tiefen schlaf.
Am nächsten Morgen wurde ich durch die ersten Sonnenstrahlen geweckt und ich fragte mal nach was ein Frühstück kosten würde, denn ich hatte ja immer noch meine 5 Euro. 7, scheiße! Na ja, trinken wir eben einen Kaffee.
Es waren noch etwas mehr als 100 km bis zur Grenze nach Österreich, und dort wollte ich noch einmal nach Geld fragen. Also machte ich mich auf den Weg nach Österreich, denn ich hatte Hunger. In Steinbach auf der Reifeisenbank bekam ich dann endlich Kohle und ich ging erst einmal Frühstücken.
Allen die mir geholfen haben, obwohl ich bestimmt nicht sauber aussah, und mir etwas gegeben haben, möchte ich ganz herzlich Danke sagen. Ich werde das auch weiter geben.
So blöd es klinkt, mir hat diese Fahrt sehr gut gefallen und ich bin froh das alles erlebt zu haben.

Schöne Grüße
Matti


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