Thema: Verkehr auf Italienisch

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chicago-cat Erstellt am Mi 24.04.2002
Impressionen und Erfahrungen von meiner Fahrt durch den Stiefel nach Sizilien
Auf dem Weg durch den Stiefel nach Sizilien bin ich zum ersten mal mit dem Italienischen Fahrstil konfrontiert worden, den ich euch nicht vorenthalten will. Das ist etwas, woran man sich gewöhnen kann und muss und was dann auch noch wirklich Spaß macht.

Das Auffälligste ist vielleicht das Überholen. Italiener müssen ein besonderes Gen dafür haben - und ein besonderes Bedürfnis. Egal wie, wo und wann: es muss überholt werden. Der durchgezogene Mittelstrich wird als eine ganz normale Straßenunterteilung ohne irgendeine weitere Bedeutung empfunden, ein doppelter Mittelstrich allenfalls als gut gemeinte Empfehlung. Überholen im Tunnel? Kein Problem, auch wenn Italiener gerne ohne Licht auch durch eine unbeleuchtete "Galeria" fahren. Überholverbotsschilder sind reine Straßenmöblierung und werden komplett ignoriert.
Das gilt aber auch für Geschwindigkeitsbeschränkungen​, die - zugegebener maßen - teils unverständlich sind und reichlich überzogen scheinen, ab und an aber auch mehr als gerechtfertigt sind. Wer bei Temo-50-Limit nicht wenigstens 80 bis 100 km/h fährt, ist ein echtes Verkehrshindernis und gefährdet sich und andere. Ab und an, wenn auch selten, sind Geschwindigkeitsbegrenzungssch​ilder​ aber auch mehr als gerechtfertigt und bitter ernst gemeint, etwa wenn tatsächlich hinter einer Kurve unvermittelt die Strasse fehlt und das Hindernis auf einer kleinen verwegenen Umleitung mit viel Fahrgeschick zu umschiffen ist. Darauf muss man vorbereitet sein, das schult Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen und macht das Fahren auf Italiens Strassen noch interessanter.
Was ich am wenigsten mochte an den italienischen Straßen waren immer wieder auftretende Einlegearbeiten in der Mitte des Fahrstreifens. Wie das wohl kommen mochte? Ich tippe auf nachträgliche Kanalarbeiten, bei denen mittig 40 cm Straßendecke weggeschlitzt werden, dann wird aufgebuddelt, verlegt, verfüllt aber nicht richtig verfestigt und mit 60 cm Asphaltband wieder zugekleistert. Resultat ist eine Art Mega-Spurrille, aber in der Mitte des Fahrstreifens mit teigartigen Asphaltwulsten auf dem alten Belag zur Rechten und zur Linken der Einsenkung. Und das genau wo ich fahren will, nicht nur in Ortschaften, sondern auch durchaus streckenweise auf Landstrassen mit dem besonderen Genussfaktor für die Kurvenlage.
Italiener haben auch ein ganz natürliches Gefühl für den richtigen Abstand. Lasse ich deutsch-korrekten Sicherheitsabstand, sind sie kaum zu bremsen diese sich dadurch ergebende gähnende Lücke umgehend durch entschlossenes Überholen wieder zu füllen und die rechte Dichte im Verkehrsfluss wieder herzustellen.
Gewöhnt man sich an italienische Geschwindigkeitsübertretungen und Überholgewohnheiten, fährt man zügig und mit Spaß und dabei erstaunlich sicher, da alle Verkehrsteilnehmer diesen Stil beherrschen und darauf eingestellt sind. Ich will nur nicht wissen, was die italienische Polizia zu einer Deutschen sagen, die italienischen Stil fährt. Aber bei meinen Begegnungen mit ihnen am Verkehrskontrollengroßkampftag​ ist es ihnen immer nur um meine Fahrzeugpapiere, ggf. noch den Führerschein gegangen.
Auf alle Fälle muss ich mir diesen Fahrstil in Deutschland schleunigst wieder abgewöhnen, sonst bin ich schnell meinen Lappen los. Eigentlich schade, der Überholstil hatte wirklich viel für sich.
... liebe boxer-grüsse ... claudia


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motocanard Erstellt am Fr 26.04.2002
Tja, ja, der klassische Fall von vorne hoch und dann hinten ins rutschen gekommen, grins.
Rund um Carrara sollte man sich für solche Späßchen frisch gefegte Straßen aussuchen - aber was tut man nicht alles für die Zuschauer im Straßencafé!
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