Thema: Vom Glück, unterwegs zu sein!

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woodstock2 Erstellt am Fr 08.02.2002
ON THE ROAD AGAIN
Du entfliehst der unsäglichen Metropole, windest dich hinaus aus all dem hektischen Gewusel und dem ganzen Gewirr von achtspurigen Freeways und Expressways in die ungeheure Weite und Einsamkeit der Mojave-Wüste. Langsam überkommt dich eine erlösende, fast magische innere Ruhe, nur der heiße Fahrtwind braust in den Ohren, fährt knatternd unters Hemd, der Verkehr dünnt sich aus. Du lehnst dich entspannt zurück an den stützenden Schlafsack, nimmst die Hände von den schweißigen Griffen, das kleine Feststellschräubchen hält den mächtigen Motor bei einem Durchschnittstempo von etwa 60 mph gleichmäßig am laufen, und du kannst spüren, wie er sich dabei wohlfühlt. Langsam ebbt die Erregung ab, und du genießt das unvermindert kraftvolle Dahingleiten. Was sich zuerst wie eine langweilige Langstreckenfahrt anlässt, wird unerwartet zum neuartigen Fahrerlebnis. Nichts lenkt mehr ab, Zeit zum Träumen.
Da ist immer das gleiche Auto vor dir und immer dasselbe hinter dir, die Sonne verbrennt dein Gesicht, die herben Gerüche der Wüste durchdringen dein Denken. Nur wenige Tankpausen unterbrechen deine Reise ... Das ist das eine.
Doch dann ist da noch etwas anderes, und es überfällt dich mit ungeheurer Wucht. Ein neues Gefühl beginnt dich zu beherrschen. Unmerklich steigt der glühende Feuerball der Sonne immer höher, überschreitet den Zenit, und langsam wandert dein eigener Schatten auf dem sausenden Fliesband der Straße unter dir nach vorne. Das harte Licht wird weich und geht in ein warmes, mystisches Rot über, bis es sich in einem fahlen blaugrau verliert. Voraus dunkelt schon geheimnisvoll die aus der Tiefe des Weltalls aufsteigende Nacht, erste Sterne werden sichtbar, manchmal glitzern auch ferne Lichterketten abgelegener Orte zu dir herüber, langsam ziehen sie in der einfallenden Dunkelheit vorüber und verschwinden wieder. Nur noch schemenhaft huschen Felsblöcke und Saguaros vorbei, das Firmament füllt sich dagegen immer mehr mit blitzenden Lichtpunkten, die Harley scheint zu fliegen, die Berührung mit der im flachen Scheinwerferlicht weghuschenden Interstate wird irreal. Nach einer unruhigen Nacht, immer begleitet vom Nachhall des Motorengedröhns, bist du wieder auf dem langen Weg nach Osten, die Dunkelheit verschwindet wieder hinter deinem Rücken.
Und während die Sonne vor dir in gleißender Helle emporsteigt, verändert sich das Gefüge von Zeit und Raum. Plötzlich fühlst du, wie die riesige Erdkugel sich dreht und du mit ihrer Drehung wieder hinabfährst in den Schlund der Finsternis und danach wieder emporsteigst zum Licht, tagaus, tagein durch Wüsten und Berge, Senken und Wiesen, Wälder und geborstene Ebenen, umgeben von Wind und Wolken, Hitze und Kälte, Regen und Stürmen. Plötzliche unsichtbare Windböen drücken die Harley in eine absurde Schräglage, ein Hauch von Gefahr kommt auf, kleine Windhosen wirbeln davon. Die Kraft des Motors reißt dich immer weiter, und du hoffst, dass die Reise nie aufhören möge...
(aus RIDE FREE FOREVER)
Der Weg ist das Ziel!
Woodstock


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