Thema: Zum 2. Adventssonntag eine Geschichte

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am Sa 04.12.2004
Selbst verfasst. Vorab wünsch ich euch einen schönen 2. Advent.
Micha
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Vor vielen tausenden Jahren, als auf unserer Erde nur wenige Menschen lebten, begab sich folgendes. An einem fernen Fluss lebten auf der einen Uferseite Menschen zusammen, die sich dort ansiedelten. Sie waren lange Wege gereist und ließen sich an diesem Ort nieder. Einige zogen weiter, andere bauten sich einfache Häuser und lebten glücklich miteinander. Sie hatten alles was sie brauchten, der Fluss versorgte sie mit Wasser, dass sie zum Gießen der Pflanzen auf ihrem Feld benutzten, im Wald fanden sie Früchte und Pilze. Die Männer gingen auf die Jagd, die Frauen kümmerten sich um die Tierherden und um die Felder. Alle Menschen waren gut miteinander befreundet und Streitigkeiten gab es nicht.
Jahre später wurden 2 Kinder geboren: ein Knabe und ein Mädchen. Die beiden wuchsen wie Geschwister miteinander auf, sie spielten, lachten, halfen den anderen Menschen bei den täglichen Aufgaben. Eines Tages verliebten sie sich und waren fortan ein Paar.
Doch mit der Zeit wurden die Menschen an der Flussseite unzufrieden. Sie sahen auf der gegenüberliegenden Seite Tiere und Bäume, die es auf ihrer Seite nicht gab. Zudem lebten an der Flussseite so viele Menschen, dass bald wenig Platz und Nahrung für alle da war. Man setzte sich zusammen, und beschloss, die andere Flussseite zu erreichen. Die stärksten Männer wurden ausgewählt, um sich zu versuchen. Viele versuchten, durch den Fluss zu schwimmen, doch die Strömung war zu stark und trug sie fort. Nur mit Mühe konnten sich einige von Ihnen retten. Man setzte sich wieder zusammen. Als man überlegte, kam man auf den Gedanken, dass man die langen Bäume des Waldes, die breiter als der Fluss waren, über den Fluss legen musste und auf ihnen dann an das gegenüberliegende Ufer gelangen konnte. Das funktionierte auch sehr gut. Einige der Menschen siedelten sich fortan auf dem gegenüberliegenden Ufer an und fanden genug Nahrung und Platz, um dort friedlich miteinander zu leben. Man hatte nun viele Bäume über den Fluss gelegt und die Menschen besuchten sich sehr oft. Der Knabe, inzwischen ein junger Mann und das Mädchen, seine Frau, blieben auf der Flussseite, auf der sie geboren worden waren. Und sie waren dort sehr glücklich.
Eines Tages kam ein Fremder an. Er bat die Menschen, unter ihnen leben zu dürfen. Sie nahmen ihn auf, und er wohnte fort an auf der gegenüberliegenden Flussseite. Doch schon bald geschah es, dass die Menschen der gegenüberliegenden Flussseite immer seltener zu den anderen Menschen kamen. Der Fremde besuchte das Mädchen sehr oft. Eines Tages, als der Knabe von der Jagd zurückkehrte, war das Mädchen nicht zu finden. Er suchte sie überall. Als er sich auf der gegenüberliegenden Flussseite nach ihr umschaute, sah er sie bei dem Fremden. Sie sagte ihm, sie wolle nicht zurückkehren. Sie liebte den Fremden. Der Knabe war sehr traurig und ging zurück.
Mit der Zeit kamen nun keine Menschen mehr vom gegenüberliegenden Ufer mehr zu den anderen Menschen. Diese fragten sich warum, doch sie fanden keine Antwort. Man beschloss, zu den anderen Menschen zu gehen, um sie zu fragen. Doch diese verwehrten ihnen den Zutritt zu ihren Häusern. Man erklärte, dass der Fremde das Sagen habe und sie ihm gehorchten. Der Knabe erfuhr davon und ward noch trauriger. Eines Tages kam ein Mensch von der gegenüberliegenden Flussseite, er war schon sehr alt. Verzweifelt erzählte er den anderen Menschen von dem was der Fremde tat: er zwang die Menschen für ihn zu arbeiten, er erzählte ihnen Lügen über die Menschen von der anderen Flussseite, die die Menschen leichtfertig glaubten. Der alte Mann erzählte von Hass. Nur er hatte nicht an die Erzählungen des Fremden glauben können. Der Fremde ließ all die Menschen umbringen, die ihm nicht gehorchten. Der Knabe war außer sich vor Wut. Die Männer setzten sich zusammen und beschlossen, den Fremden zu töten, damit das Schrecken ein Ende finden sollte. Man bewaffnete sich mit Steinen. Eines Nachts schlichen die Männer auf die andere Flussseite. Sie sahen das Haus des Fremden gut. Sie schossen die Steine auf das Haus. Dann sahen sie eine Gestalt das Haus verlassen. Sie glaubten, den Fremden zu sehen und schossen mit ihren Steinen. Ein Stein des Knaben traf die Gestalt. Als sie dahin liefen, sahen sie, dass es nicht der Fremde, sondern das Mädchen war. Der Knabe hielt sie in seinen Armen, sie starb darin. Der Fremde aber war auf dieser Flussseite nicht zu finden. Plötzlich hörten sie von der Flussseite, von der sie kamen, einen Schrei. Die Männer liefen zurück, und sahen wie der alte Mann auf einem ihrer Pferde davon ritt. Es war der Fremde. Er kam nie zurück.
Noch viele Jahre danach fragte sich der Knabe immer wieder, warum der Fremde alle hatte so täuschen können. Er besuchte, solange er lebte, das Grab des Mädchens und weinte bitterlich. Und immer wieder fragte er: Warum?

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