Ins Land der Skipetaren
Albanien
05. November 2010
"Dschermania!", kommt es aus dem lächelnden Mund des alten Mannes. Ich folge seinem Blick über Schulter und Arm bis ich an seinem Zeigefinger angelangt bin. Mein Nummernschild ist geputzt! Im ersten Moment weiss ich nicht ob ich lachen oder weinen soll. 4000 Kilometer habe ich gebraucht bis man es nicht mehr erkennen konnte vor Dreck. Und jetzt blitzt es in der Sonne, die unerbittlich vom Himmel knallt.
Ich bin in Carshove. Biege ich nach links ab, bin ich in einer knappen Stunde in Griechenland. Aber ich entscheide mich Richtung Permet zu fahren. Die 2000er, die sich zu meiner Linken mit ihren pitoresken Formationen hinter dem Fluss Vjoses in den Himmel recken, laden mich ein, von Griechenland Abstand zu nehmen.
Trotz der unerträglichen Hitze wundere ich mich immer wieder wie grün Albanien doch ist. Besonders jetzt mitten im Hochsommer. Ich habe mir immer vorgestellt, es sei viel karger. Während ich dem Fluss über mehr als hundert Kilometern folge, machen sich Gedanken breit, wie es denn hier aussehen mag, wenn der Regen nicht so schnell verdunstet.
Kurz vor Permet stehen verrostete Busse, Lkws und sonstige grössere Fahrzeuge direkt an der Strasse. Es ist ein Schrottplatz.
Alles was dem Schwerverkehrherzen lieb ist, ist hier zu finden. Ich bin mir sicher, die meisten Teile passen überall hinein.
So langsam fühle ich mich ein wenig heimisch in diesem so unbekanntem Land. Gerade einmal 2500 Kilometer von Deutschland entfernt liegt eines der ärmsten Länder Europas, wenn nicht der Welt. Albanien. Welcher Staat könnte uns Westeuropäer fremder sein?
Gestern in Korca hatte ich noch Angst mir könnte etwas gestohlen werden, wenn ich meine Africa Twin in der Stadt parke. Deshalb schliesse ich Helm, Jacke und was sonst zu sichern ist, an einem langen Seil ab.
Ich schlendere durch die Gassen die grob mit Kopfsteinpflaster belegt sind. Heute ist Markttag. Käufer und Verkäufer von überall her mühen sich ab. Um das riesige Warenangebot und natürlich auch die Käufer zu schützen, sind zwischen den Häusern Tücher gespannt. Bekleidung, Waschmittel, Kosmetika, Lebensmittel, Teppiche, Textilien, Zigaretten gibt es. Sogar echte Blechner sind zu sehen, die aus Zinkblech Eimer und ähnliches herstellen. Hier gilt das Handwerk noch was. Ausser von den üblichen Marktständen wird auch hinter jeder Haustür etwas feil geboten.
Hier, mitten in der Stadt, sind die meisten Gebäude verfallen. Zwei gutaussehende Männer in reinweissen Hemden fordern mich auf ein Foto von Ihnen zu machen. Das lass' ich mir nicht zweimal sagen. Als "Lohn" dafür lasse ich mir das malerische Viertel zeigen, das ein paar Minuten Fussweg von hier entfernt liegt. Wunderschöne Häuser aus grob geschlagenen Steinen verwöhnen mein Auge. So habe ich mir Albanien nicht vorgestellt. Sogar eine neu herausgeputzte orthodoxe Kirche gibt es zu sehen, die architektonische Merkmale einer Moschee aufweist. Davor der Nationalheld Albaniens: Gjergj Kastrioti, im Volksmund Skenderbeg genannt, der im 15.Jahrhundert gegen das Osmanische Reich kämpfte und einen dreijährigen Waffenstillstand erreichte. Antonio Vivaldi ehrte ihn mit einer Oper.
Nach dem zweistündigem Rundgang durch die Altstadt ist nicht ein Teil an meinem Motorrad angerührt. Wie dumm von mir in jedem einen Tagedieb zu sehen! Wäre es dunkel, bräuchte es keine Beleuchtung mehr - so sehr muss mir die Schamesröte im Gesicht gestanden haben.
Die Karte zeigt einen Campingplatz nahe der Ortschaft Dardha. Da muss ich hin. Der Weg führt durch ein kleines Dorf, die Abzweigung ist jedoch nicht sofort als solche erkennbar. Noch befindet sich die Strasse in einem guten asphaltierten Zustand. Auf halber Höhe kommt mir ein Bauer mit drei Pferden entgegen, der Holz aus den Bergen transportiert. Er muss mich als armseligen Reisenden erkannt haben und bietet mir sofort Maiskolben als Marschverpflegung an.
Wem jetzt kein Schauer über den Rücken läuft, der ist gefühlskalt. Die Landschaft ist gigantisch. Wären hier nicht hin und wieder grüne Büsche und struppiges Gras, könnte man meinen, man sei auf dem Mond. Dazu noch eine Weitsicht, die mir den Atem raubt.
Weiter in der Höhe wechselt der Belag in Schotter. Jetzt kann der Spaß beginnen. Die wenigen Autos, die im Weg stehen, kriechen den Berg hinan. Der gute alte Mercedes muss noch ein paar Jahre halten. Ich will natürlich nicht hinterher fahren, weil das viel zu langsam wäre, die Fuhre stabil zu halten, also drehe ich am Hahn und überhole sie.
Schon bald hat die Offroad-Freude ein Ende. Dardha ist erreicht. Ein wunderschönes kleines Dorf in unmittelbarer Nähe zur griechischen Grenze. Einsam und malerisch, umgeben von Kiefern bewachsenen Bergen.
Jedoch traue ich meinen Augen nicht. Gefühlte 50 % Gefälle. Ich halte an und leichte Panik steigt in mir hoch. Kann ich dort unten drehen? Wie soll ich an dieser Steigung anfahren ohne direkt umzufallen? Hier stehen bleiben geht nicht. Erstens habe ich Zuschauer und zweitens kann ich nicht auf den St. Nimmerleinstag warten. Also fasse ich mir ein Herz und rumpel den Weg aus groben Steinen hinunter. Gott sei dank hat das Gefälle irgendwann ein Ende und bietet mir die Möglichkeit zu wenden.
Aus dem Augenwinkel sehe ich bei der Abfahrt noch die "Glendy Bar". Ich brauche einen Kaffee. Oder eine Cola. Egal was. Und ich will raus aus meinen Klamotten.
Die ortsansässige Jugend, die aus dem Nachbarland auf Urlaub ist, lädt mich an ihren Tisch ein. Sie alle sprechen recht gut englisch und klären mich schnell auf, dass es hier keinen Campingplatz gibt, aber sowas ähnliches wie eine Jugendherberge.
Ich fahre denoch weiter. Noch voller Adrenalin von der Talfahrt aus den Bergen Süd-Albaniens, die sich pittoresk und grün in den Himmel erheben, fahre ich auf dieser Straße, die sich als Erfüllung aller Träume von Abenteuerreisenden anbiedert, in ein Dorf wie es hier typisch ist: verträumt, zerzaust, friedlich.
Am Strassenrand trottet ein Hund entlang. Seine Zunge hängt der Hitze wegen aus dem Hals. Er scheint sein ruhiges Leben zu genießen. Ein Auto kommt mir aus der Ferne entgegen. Der Hund meint wohl, gegenüber sieht die Welt noch besser aus und wechselt langsam die Strassenseite. Der Fahrer des Autos hat noch genügend Zeit zu bremsen. Tut es aber nicht. Er hält direkt auf den Hund zu. Die Beiden schauen sich an, dann ein dumpfer Knall. Ich kann es wie in Zeitlupe genau beobachten wie der Körper erst unter die Motorschütze gerät, dann vom linken Vorderrad überrollt wird. Vom ungewöhnlich Geräusch aufgeschreckt, schaut ein alter Mann, der auf dem Bürgersteig spazieren geht, in Richtung des Geschehens. Der Hund kugelt über die Strasse. Mein Tempo hatte ich in Abstimmung mit Wahrnehmung und Berechnung des Auftreffwinkels und Geschwindigkeit sämtlicher Beteiligten auf quasi Schrittgeschwindigkeit reduziert. Doch der Hund rollt genau vor mein Vorderrad. Keine Chance mehr stehen zu bleiben.
Ein schreckliches Gefühl zu wissen, es ist unabänderlich ein Tier zu überrollen und zu quälen. Gerade noch kann ich die Maschine am Umfallen hindern, da sehe ich hinter mir den Hund auf dem Bürgersteig schwer verletzt liegen, der sich jedoch versucht aufzurappeln. Er lebt!!! Unglaublich.
Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf. Soll ich ihn töten um der Qual ein Ende zu bereiten? Ich hab jedoch nichts dabei womit ich das tun könnte. In der Umgebung liegt auch keine Waffe herum. Die Blicke des alten Manns und meine treffen sich. Instinktiv bekreuzige ich mich, obwohl ich kein Stück religiös bin. Nachdem ich einigermassen die Fassung wieder errungen habe, fahre ich weiter. Noch Tage habe ich diese Bilder im Kopf und mache mir Gedanken über den Wert von Tieren in diesem Land im Allgemeinen und im Speziellen über den Fahrer. Ist der Mann so herzlos?
Ich will nach Gjirokastar. Auf Fotos hatte ich die tollen Häuser, die in atemberaubender Hanglage gebaut und uralt sind, gesehen. Gerade biege ich ab, da bin ich mittendrin - in einer riesigen Strassenbaustelle. Der Fahrspass auf dem staubigen Befestigungsgrund des späteren Asphalt zu fahren, endet dann auf einer vierspurigen "Autobahn". Hier ist Europa angekommen. Mir treibt’s jedoch Traurigkeit in die Seele. Bald werden hier Unmengen von Lastwagen und Touristen unterwegs sein. Gut fürs Geschäft, schlecht für die verschlafenen Ansiedlungen. An einer modernen Tankstelle halte ich an, tanke und genehmige mir einen Kaffee. Es ist immer noch heiss. Abkühlung ist hier jedoch nicht zu bekommen, deshalb fahre ich alsbald weiter. Nur noch ein kurzes Stück, dann kommt die Stadt.
Und was für eine! Radau, Verkehr, Bauten im sozialistischem Stil empfangen mich. Das halte ich nicht aus. Nicht bei den Temperaturen. So schnell kann ich auch die scheinbar vorhandenen Wegweiser zum Kulturerbe nicht finden. Anhalten und fragen würden den Schweiß nur noch stärker ausbrechen lassen. Nein, das mach ich nicht. Rechts ist Gas!
Eine Schafsherde hält mich auf, während ich mich an die Bibelkunde zu Schulzeiten erinnerte. Mesopotam. Da war doch mal was!
Ich entsinne mich in dem Moment natürlich nicht, dass das ganz woanders war. Und auch gar keine Stadt. Egal. Ich fühle mich ein bißchen in die Zeit von Joseph und Maria zurückversetzt.
Noch ein paar Kurven. Seeluft weht hinüber. Saranda ist nicht mehr weit. Ganz so einfach ist es nicht, zur Hafenpromenade zu gelangen. Nachdem ich ein paar Mal auf und ab durch eine Stadt fahre, die auch in Mallorca hätte liegen können, entdecke ich doch noch den Weg durch ein Gasse zum Wasser. Hier ist nicht allzu viel los. Daher wage ich es, verbotenerweise durch herumstehende Menschen, Roller, Kinderwagen hindurch auf die Showmeile zu fahren. Da stehen wir nun. Einen Meter vom Wasser getrennt. Am Mittelmeer in Albanien.
Olga und ich.
Obwohl die Mädchen besser angezogen - vielmehr ausgezogen - und natürlich viel hübscher sind, sehe ich kein bißchen Scham bei ihr. Nein - eher Stolz hier zu sein. Nach zwei Cola wird es mir aber zu bunt hier. Die Freundlichkeit der Kellner lässt auch zu wünschen übrig. Zwei Tage Strandurlaub wären jetzt genau das Richtige.
Ich hörte von einem Campingplatz bei Himare. Den will ich finden bevor es dunkel wird. Nur noch etwa 50 Kilometer, dann erwartet mich das kühle Nass. Ganz so einfach ist es jedoch nicht ihn zu finden, denn zwischen der Straße und dem Strand liegen etwa 200 Höhenmeter, und Hinweisschilder gibt es nicht. Nach ein wenig Fragerei finde ich dann doch noch den Einstieg. Kaum bin ich von der Straße runter, ist wieder Offroadfahren angesagt. Nun holpere ich durch Olivenhaine, deren Geruch eine fast betörende Wirkung entfalten. Dann tut sich das Meer unter mir auf. Links geht der Berg 100 Meter steil empor, rechts mindestens genauso weit hinab. Nirgends gibt es eine Leitplanke oder ähnliches. Ein Ausrutscher wäre fatal. Ich bin heilfroh, dass mir kein Lastwagen entgegen kommt. Etwa drei Kilometer schlängelt sich der Weg hinunter, bevor er unten an der Küste endet.
Doch was ist das hier? Was von weitem aussieht wie eine kleine Ansammlung von Strandcafes, entpuppt sich schnell als Ruinen derselben. Letztes Jahr waren sie noch der Stolz ihrer Besitzer. Doch im Frühjahr wurden alle Gebäude von der Polizei zerstört. Die Besitzer sprechen von Mafia. Es lässt sich erahnen, dass für diese in Stein erbauten kleinen Wirtschaftswunder keine Steuern bezahlt wurden, und dass sie vermutlich auch illegal erbaut wurden. Nur lässt sich niemand davon abhalten, das Geschäft weiter zu betreiben. Hier werde ich bleiben...
Am Abend lerne ich drei junge Albaner kennen, die seit der Flucht übers Meer vor einigen Jahren in Italien leben und nun mit einem alten Wohnmobil Urlaub machen. Sie laden mich zum Ziegegrillen direkt am Wasser ein.
Tags drauf muss ich mit zum Geheimstrand. Er soll wunderschön sein. Nur der Weg dorthin ist alles andere als das. Er führt über hunderte von Metern Müll. Roter Sand rinnt durch die Zehen, wenn man zwischen Plastiktüten und Colaflaschen eine freie Stelle erwischt hat. Dann geht es steil bergab. Wanderstiefel wären jetzt gut, ich trage aber nur Flip Flops, wegen des Gewichts. Und trotzdem: Es hat sich gelohnt! Ein einsamer Strand von rauen Felsen umgeben, mit glasklarem Wasser entschädigen für das vorher Erlebte. In Gedanken stelle ich mir vor, dass dies eigentlich einer der schönsten Strände in Europa ist.
Die Straße nach Vlora schlängelt sich fantastisch bis auf 1000 Meter Höhe, durch malerische, oft an Hängen gebaute Dörfer, immer der Küste entlang. Sie hat kaum Lastwagenbreite und ist in einem Zustand, den man getrost als "offroad" bezeichnen kann. Also ideal für mich und meine Africa Twin. Vlora ist noch nicht ganz erreicht, da wechselt der Belag schlagartig in perfekten Asphalt.
In Durras empfängt mich der Wahnsinn. Vermutlich ist diese Stadt der Traum aller Albaner. Wer hier den Urlaub verbringt, hat es zu was gebracht. Eine vierspurige Straße führt entlang der Bademeile. Ein Geschäft und Fastfood-Restaurant neben dem anderen. Wenn Saranda wie Mallorca wirkt, was ist dann das hier?
Trotzdem - ich habe Hunger und setze mich deshalb an einen der Plastiktische. Hinter und neben mir die Schönheiten in Bikini und Mafiabosse des Landes, die nach verschlucktem Medizinball aussehen. In Badekleidung. Länger als nötig werde ich hier nicht bleiben. Das steht fest. Jetzt habe ich nur noch die Fähre nach Fierza im Kopf.
Ich muss nach Koman. Jedoch weiß ich nicht, wann die Fähre fährt. Ich entschließe mich, es drauf ankommen zu lassen. Zur Not werde ich mein Nachtlager dort aufschlagen und morgens fahren.
Hinter Qyrsac geht die Strasse ab und führt am Liqeni i Vaut ta Dejas vorbei. Ein Fahrzeug trifft man hier nur, wenn eine Fähre angelegt hat. Denn hier gibt es so gut wie keine Ansiedlung, wenn man von ein paar versprengten Häusern absieht. Ich vermisse hier niemanden. Die Landschaft und die Fahrbahnbeschaffenheit nehmen mich gefangen. Nach einigen kurvigen Kilometern taucht die riesige Staumauer auf, die den Drin auf einer Länge von ca. 40 km bis Fierza staut. Eine kleine Schlange von Fahrzeugen steht wartend vor dem Anstieg zur Staumauer. Ich stelle meine Twin ab und frage, ob heute noch eine Fähre geht. Ich habe Glück. In einer halben Stunde ist der Weg frei.
Ein bunt geschecktes Schwein döst im Schatten eines Lieferwagens. Einige Jungen trollen umher, die sich auch gleich für mein Motorrad interessieren. Wir lachen ein wenig zusammen, dann mischt sich der Vater ein. Albaner, er ist mit seiner Familie von England aus unterwegs zu seinen Eltern in Bajram Curri. Ich frage ihn, ob es vielleicht auf der Wiese am Haus einen Platz gibt, an dem ich mein Zelt aufschlagen kann. Er sagt nicht nein - vielmehr läd er mich in das Haus seiner Familie ein.
Ein paar Wagen noch, dann können wir hoch.
Die schmale Strasse schlängelt sich den Berg hinauf. Dann ein steiler unbeleuchteter Tunnel und ich stehe am Fähranleger. Der Beladevorgang einer Fähre ist immer eine sehenswerte Sache. Besonders hier. Geht nicht, gibts nicht. Wo es nicht passt, wird mit Baumstämmen improvisiert. Ich muss als einer der Letzten aufs Schiff. Dann geht es los. Direkt neben dem Anleger - in einer Höhle - steht eine Madonna, die in früheren Zeiten, als es den See noch nicht gab, angebetet wurde.
Der Schiffsdiesel hämmert rußend und monoton durch den gigantischen Canyon. Ich kann mich gar nicht satt sehen an der fantastischen Landschaft und dem Lichtspiel der langsam untergehenden Sonne. Auf der Brücke unterhalte ich mich mit dem deutsch sprechenden Kapitän. Seine Helfer sitzen auf den Stufen und trinken Bier. Als die Dose leer ist, fliegt sie kurzerhand in den See. Umweltschutz sieht anders aus.
Es ist schon stockdunkel als wir in Fierza ankommen. Ich fahre schon mal vom Schiff und warte auf den albanischen Engländer, damit ich ihm folgen kann. Im Schritttempo geht es über eine kurvige Schotterpiste raus auf die Straße nach Bajram Curri. Ich war schon mal entspannter.
Nun sitzen wir im Wohnzimmer eines Onkels.
Die ganze Familie ist zu Besuch. Ein Mädchen erzählt vom Aufenthalt in Deutschland. Im Fernsehen Propagandasendungen über die Greueltaten der Serben im Kosovo. Der Tisch ist zwischenzeitlich reichlich gedeckt, und die Chefin des Hauses mahnt zur Eile, denn gegen 23 Uhr würde der Strom abgeschaltet. Als wir gegen Mitternacht ins Bett gehen wollen, ist das Licht immer noch nicht aus. Ich scherze „It's a present from Germany“. Grosses Gelächter und Schulterklopfen.
Am Morgen fragt man mich, ob ich nicht ein Familienmitglied mit in den Kosovo nehmen könne. Sein kleines, schwer krankes Kind liegt dort im Krankenhaus und er darf mit seinem nicht zugelassenen Mopped nicht dorthin fahren. Kurzerhand wird sein Gepäck auf meinen Alu-Koffer geschnallt, er nimmt ohne Helm Platz auf der Packrolle. So fahren wir schätzungsweise 50 Kilometer in den Kosovo hinein, bis ich ihn vor dem Krankenhaus wieder absteigen lasse. Wir verabschieden uns herzlich und ich gehe einen Kaffee trinken. Eine Stunde später begegnen wir uns in diesem Cafe wieder. Er trägt einen Beutel selbstgekaufter Medikamente bei sich, in seinen Augen unterdrückte Tränen.
Mit diesem Bild und meinen Gedanken lässt er mich dann alleine.
Friedhelm Walldorf
NoFear2000
www.adventure-pictures.de
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Liest sich gut schon fast Kopfkino:-))
respekt, beneide dich für diese tour und du hast es genial niedergeschrieben. :-)))))
Absolut genial!!!!!!
Wirklich toll Friedhelm! Gefällt mir auch sehr gut.
Friedhelm Klasse!
sehr unterhaltsam :) hat Spass gemacht es zu lesen :)
astrein gemacht :)