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chicago-cat 16.12.2007

A-Way to Sicily - Take 2 (2007) - Teil 1

Wegstrecke 0 km
Länder/Regionen/
Wegpunkte
Sizilien
Straßenart
Tour-Motorrad
Schwierigkeit
Schlagworte
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A-Way to Sicily - Take 2 (2007) - Teil 1

Durch den Stiefel nach Sizilien
Gut fünf Jahre nach meiner ersten Tour durch den Stiefel nach Sizilien kommt es zur Wiederholung, bei der so vieles anders ist. Diesmal starte ich nicht im März, wo es unterwegs in den Abruzzen und auch auf den Sizilianischen Bergen doch noch ganz schön frisch war, sondern im Juni, was sich als hervorragende Reisezeit erweisen sollte. Auch fahre ich nicht allein sondern im bereits bewähren Duo mit Jens.
1. Tag: St. Gallen - Prato (645 km)
Früh am Morgen brechen wir von St. Gallen auf, der Morgen ist frisch, im Rheintal hängen noch hier und da die Schauer der Nacht. Wir setzen uns auf die Bahn, möglichst rasch in den Süden ist die Devise, hier sind wir ja öfter unterwegs, Autobahn über Chur, durch den San Bernadino Tunnel. Auf der anderen Seite wird es bei der Abfahrt nach Bellinzona allmählich wärmer, auch hier ist noch bekanntes Terrain. Per Autostrada geht es vorbei an Mailand und endlos gerade Richtung Bologna. Bis hierher war es eher stressig, viel Verkehr, die italienische Fahrweise ist für uns noch ungewohnt, ungerührt von anderen Verkehrsteilnehmern ziehen die Italiener plötzlich raus oder scheren nach dem Überholen ohne viel Aufhebens um Abstand knapp vor einem rein. Ich spechte wie ein Adler nach diesen Situationen, derweil die Geschwindigkeitsbegrenzungen zunehmend ihre Bedeutung verlieren, es schein sich eh keiner darum zu scheren. Ich bin froh als wir bei Modena die Autobahn verlassen. Ab hier geht weiter per Landstraße, der Urlaub fängt an.

Zufällig ist Maranello unser Einstieg in den Appenin, ganz ungeplant fahren wir direkt vor den Werkstoren der Scudaria Ferrari vorbei. Dann geht es hinauf und hinein ins Gekringele. Eine massive Häufung von dynamischen Motorradfahrern kündet davon, dass dies die lokale Moped-Rennstrecke ist (erst SP3, dann SS12). Eine Kurve jagt die nächste, ohne Ende, zum Schwindelig-Werden, alle sehr eng, teils zuziehend. Leider gibt es auch viele Ortsdurchfahrten, Tempo 50 und mehr als einmal liegt die Polizei auf der Lauer, auch der Belag lässt zu wünschen übrig. Vielleicht war es auch einfach nicht mein Tag. Wir schrauben uns ganz schön hoch, bei Abetone sind wir fast auf 1400 Meter, die Berge um uns über 2000.
Bei Pistoia kommen wir aus den Bergen raus, vor uns liegt die dicht besiedelte Ebene von Florenz, wo wir in nicht allzu großer Entfernung ein Hotel gebucht haben. Es sind nur noch 20 Kilometer bis dorthin, diese aber gestalten sich zur Irr- und Wirrfahrt und bestimmt zur doppelten Länge. Etwas entnervt aber dann doch endlich kommen wir zu unserem Domizil, ein gediegenes Hotel, wo wir unser erstes italienisches Dinner genießen.
2. Tag: Prato - Assisi (280 km)
Kurz nach neun brechen wir bei schönstem Wetter auf. Es ist Sonntag und viele Radfahrer sind unterwegs. Kurz vor San Gimignano geraten wir sogar in ein waschechtes Radrennen. Mit der Führungsgruppe fahren wir fast bis Ortseingang San Gimignano mit, ein Gefühl wie Motorrad-Reporter bei der Tour de France. Unterwegs Toskana-Landschaft wie aus dem Bilderbuch, Hügel soweit das Auge reicht, gekrönt voneinsamen Gehöften oder kleinen Städtchen, durchzogen von Alleen der dunklen kerzengeraden Zypressen.

San Gimignano ist trotz aller Touristen beschaulich. Wir parken direkt vor dem Stadttor, wandeln durch ide mittelalterlichen Gassen, staunen über die ungeschlachten Geschlechtertürme, dem Wahrzeichen San Gimignanos, und erklimmen den Campanile. Vor dort oben haben wir einen prachtvollen Blick auf die Dächer und Türme der Stadt und die toskanische Landschaft drum herum. Laut läuten noch die 12-Uhr Glocken gleich neben uns, dann steigen wir wieder ab, machen Mittag bei toskanischer Wurst und Käse, dazu das obligate große Wasser, das verzischt kaum dass wir es trinken.





Auf dem Weg nach Siena findet Jens schöne kleine Straßen, viele runde Kurven, diesmal mit gutem Belag, meine Linie passt auch wieder und es macht so recht Spaß. Ab Siena übernehme ich, SS2 Richtung Süden, vorbei an Montepulchiano, das dominant auf dem Berg dräut. Und dann aber flott über Perugia nach Assisi, das beeindruckend cremefarben hell mit stattlichen Bauten im Hang über der Ebene hängt. Wir schrauben uns hoch zur Altstadt und siehe da, geradewegs treffen wir auch unser Hotel. Beim heiligen Franzel in Assisi
Schnell duschen wir und ab geht es in die Altstadt, das letzte Licht des Tages auszunutzen. Tatsächlich liegt der Glanz der letzten Strahlen der untergehenden Sonne noch auf der Stadt, der hellen Kalkstein der Gemäuer leuchtet in ihrem warmen Licht.

Zum Glück können wir gerade noch in die Kirche des heiligen Franziskus huschen und die Fresken und das Chorgestühl bestaunen, bevor die Padres, lauter braun gekuttete Kopien von Franzl, hinter uns die großen Türen schließen.


Es ist Vorsaison, die Stadt noch nicht voll von Touristen, viele Restaurants sind noch geschlossen, aber deshalb ist wohl auch die Stimmung so entspannt.
Beschaulich ist es, auf den Plätzen zu sitzen und von den Mauern in die weite idyllische Eben unter uns zu blicken, über die sich langsam die Dämmerung legt und wo spät am Abend extra für uns ein Feuerwerk bunte Sträuße in den Himmel schickt, wiewohl es wegen der Entfernung mit der Sound-Synchronisation nicht so ganz klappen will.

3. Tag: Assisi - Cassino (370 km) - Durch die Abruzzen
Assisi - Spoleto - Rieti - L'Aquila - Rocca di Cambio - Celano - Gole di Sagittari - Opi - Sora - Cassino
Relativ rasch düsen wir nach L'Aquila mit einer hübschen kleinen Umgehung von Terni per kleine Straße durch die Berge.

Dann geht es hinein in die Abruzzen, kringelige Straßen vom feinsten. Wo vor fünf Jahren, als ich gegen Ostern schon einmal hier vorbeigekommen bin, Winter war, ist jetzt Frühling, die Kirschblüte ist gerade zu Ende, alles atmet angenehme Frische, die Landschaft ist prachtvoll.









Bei Sora verlassen uns allmählich die Kräfte und wir nehmen bis Cassino die Schnellstraße. Wunderschöne Landschaft umher, hoch im Hintergrund die Abruzzen, deren Vorberge gekrönt mit alten Städtchen. Kurz vor Cassino kommt Monte Cassino in Sicht, das Kloster hoch über der Stadt wie ein Adlerhorst auf der Spitze einer hohen grünen Pyramide. Morgen werden wir es uns anschauen.
4. Tag: Cassino - Agropoli (255 km)
Morgens wuseln wir durch Cassino bis wir den Weg zur Abtei Monte Cassino finden. In schönen Kurven und Serpentinen ist die Straße in den Hang gelegt, mal fällt der Blick auf Cassino tief unter uns, mal zeigt sich hoch über uns das Kloster.

Oben angekommen nehmen wir uns eine Stunde Zeit um durch die wunderschönen Höfe zu streifen, die mit vielen Bögen und Säulen immer wieder neue idyllische Perspektiven bieten und einen bogengesäumten gigantischen Blick auf das Tal und die umliegenden Berge schenken. Schade dass es etwas diesig ist.



Die Kirche ist ein Rausch in buntem Marmor und Goldstuck. Mir gefallen vor allem die überreichen Marmor-Intarsien, die den Boden, die Säulen und besonders kunstvoll die zahlreichen Seitenaltäre schmücken. Die Krypta hat wundervolle Mosaike und ägyptisch anmutende Reliefs zu bieten. Der Sternenhimmel und der Christus im Baum haben mich vor allem beeindruckt.

Dann aber flott auf die Motorräder, runter zur Autobahn und gen Napoli, wo ich mich natürlich einmal im Autobahngewirr verfranse. Die Ausfahrt zum Vesuv treffe ich aber dann mit schlafwandlerischer Sicherheit. Durch die Vororte Neapels brausen wir den Berg hinan. Neapel scheint ein generelles Müllentsorgungsproblem zu haben. Überall türmen sich Plastiktüten mit Müll und riechen wenig anheimelnd. Weiter oben lässt der Müll nach und in engen Kurven und Tornati geht es hinauf, eigentlich viel zu eng für die großen Touristen-Busse, die sich hier in Massen nach oben quälen. Trotz intensiven In-die-Kurve-Schauens stehe ich plötzlich einem solchen großen Monster in der Kehre direkt vor dem Kühlergrill. Zum Glück waren wir langsam und ich kann hier rückwärts laufen lassen. Wenn ich nachher von oben komme, funktioniert das so nicht mehr.
Der Vesuv ist wolkenverhangen, am Ende der Straße stapeln sich Busse und Touristen auf dem Parkplatz. Jens raucht noch eine mit dem Vesuv, dann verziehen wir uns zwei Kehren tiefer in eine Haltebucht, wo man ohne Rummel einen schönen Blick auf den alten zackigen Kraterrand sowie einen etwas neueren hellgrauen Lavastrom hat. Dann wieder rasch zur Autobahn, die Müllhaufen und ihr Geruch machen die wenigen offenen Restaurants eh nicht gerade einladend.


Auf der Autostrada und der SS18 ab Battipaglia herrscht wieder italienischer Kamikaze-Fahrstil. Wenn ich denke, ich fahre schon schweinzig, d.h. italienisch angepasst, werde ich immer noch von aufgebrachten Autofahrern überholt, geschnitten usw. Na ja, vielleicht immer noch nicht adaptiert genug. In Italien verliert man bald jedes Gefühl für irgendwelche Beschränkungen, sein es Geschwindigkeit, Überholen oder sonst was.
Zeitig erreichen wir Agropoli, wo wir zielsicher durch kleine Straßen, Gassen und Feldwege zu unserem Hotel im Hang mit Blick aufs Meer inmitten von Olivenhainen geleitet werden. Herausfordernd sind der Zustand sowie die Steigung der letzten 500 Meter, aber das schöne wie edle kleine Hotel ist es allemal wert.

5. Tag: Agropoli - Milazzo (432 km)
Heute wollen wir bis Sizilien, eine längere Etappe. Bis zur Fähre führt uns über 400 Kilometer die SS18 mehr oder weniger immer an der Küste entlang.

Die wunderschöne Strecke, wo die SS18 in den Fels der Steilküste gelegt ist, Küstenstraße wie aus dem Bilderbuch, die ich vor fünf Jahren gefahren bin, ist leider gesperrt. Die Umleitung durch die Berge, erst auf einer kleinen gelben, dann auf der roten SS585 ist aber auch sehr schön zu fahren. Flott geht es dahin, der Verkehr hält sich in Grenzen, bis zu der Stelle, an der sich die SS18 von der Küste löst und eine Wölbung der Stiefels abschneidet. Wir müssen jetzt kleinkringelig bei viel Verkehr in die Berge hoch, mehrere wuselige Ortsdurchfahrten ziehen sich zäh, bis wir in Bagnara wieder in engen Kurven und sich überschneidenden Achtern hinunter ans Meer kommen.

Das "Durchfahrt Gesperrt" Schild an der Küstenstraße trifft uns hart, sollen wir etwa gar wieder hochfahren müssen - nein danke. Ich befrage einen Einheimischen zur Ernsthaftigkeit der Sperrung, da dort etliche Autos rein und raus fahren. Er meint, wir sollten doch einfach auch fahren, vielleicht sei ja gar nix, ich würde es dann schon sehen. Recht hatte der Mann, es war gar nix. Noch ein kurzer Fotostopp bei Scilla, und schon bald reihen wir uns in Villa San Giovanni in die Schlange vor der Fähre nach Messina ein. Der Ort Scilla ist nach dem Meerungeheuer Skylla benannt, das zusammen mit Charybdis die Meerenge von Messina zu Zeiten von Odysseus unsicher machte.

Es ist erst sechs Uhr abends und ich freue mich schon, nicht zu spät in Milazzo anzukommen. Na Pustekuchen, die Fähre braucht über eine Stunde bis fertig geladen ist und wir endlich drüben auch wieder runterfahren können. Dann verfranse ich mich grandios in Messina, finde die kürzere SS 113 nicht und lande auf der kringeligen SS 113 DIR, die als kleine gelbe Straße ganz um den Ostzipfel herumführt. Was normaler Weise eine schöne Tour gewesen wäre, artet zur Quälerei aus. Jens hat sich einen Schnupfen gefangen und ist schon völlig fertig und frustriert hinter mir, es wird dämmrig und dann dunkel, und viele der zahlreichen Ortsdurchfahrten sind so verstopft, dass man schier nicht voran kommt, von den Autos, die von rechts und links plötzlich in den Weg schnippen ohne Rücksicht auf irgendwelche Vorfahrtsregeln, und den Kamikaze-Rollerfahrern, die durch das Chaos rechts und links an uns vorbei wuseln, mal ganz zu schweigen. Endlich sehen wir in der Ferne die Lichter einer größeren Stadt, ich bete, dass es Milazzo ist, und tatsächlich eine halbe Stunde später sind wir da. Nach zwei Runden durch die Innenstadt habe ich auch unser Hotel gefunden, wo die Mopeds in der Garage Platz finden und die Fahrer eine Dusche bekommen.
Es ist etwas spät, 21 Uhr, eigentlich gar nicht so schlimm, aber wir sind schlags kaputt, vor allem Jens mit seiner Erkältung. Um die Ecke in der Tratoria finden wir noch etwas zu essen, ein paar Bier und Grappas und lassen uns dann wie tot ins Bett fallen.
Wie es uns in Sizilien ergeht, lest ihr in den folgenden Teilen

Kommentare


ABSENDEN

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heike1303
Hallo Claudia
Zwar hab ich Weihnachten deine Berichte nicht gelesen, aber jetzt hab ichs endlich gescafft, zwar erst der Anfang aber gleich gehts weiter.
Superschön der Bericht und die Bilder
10 Points
Bis bald
Heike
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Missing_mini
Gelöschter Benutzer
Hallo Claudia,
ein sehr interessanter Bericht mit guten Bildern. Ich komm ja nun mal nicht wirklich oft aus Old Germany raus, deswegen lese ich Reiseschilderungen sehr gerne. Bin schon auf die Fortsetzung gespannt. Grüßle Toni
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chicago-cat
Vielen Dank für euer extrem motivierendes Feedback :-)))
Beim Schreiben und Raussuchen der Bilder habe ich mich auch wieder in diese Tour reinversetzt, bin in Gedanken die schönen Strecken wieder gefahren, habe mich an dem Blütenrausch erfreut - so eine Art zweiter Urlaub im Kopf.

Teil 2 ist bereits gesetzt und kommt in Bälde.
... lieben boxer-gruss ... claudia
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greeneyes07
Hi Claudia,
das sind wunderschöne Bilder :-), so kenne ich die Abbruzzen, auch wenn es bei mir schon 10 jahre her ist.
10 points für den ersten Teil. Ich bin auch auf den 2. Teil gespannt, denn die Strecke nach Sizilien und Sizilien kenne ich, leider noch nicht vom Motorrad aus.
Liebe Grüße
Martina
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BadenGS
Wunderbarer Beginn des Berichtes. Ich war auch schon zweimal da unten mit jeweils einfacher Fahrt über den Stiefel und auch der hat da unten einiges zu bieten.
Na denn, auf gehts, wo bleibt der 2. Teil?? :-))
Gruss
Anton
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Missing_mini
Gelöschter Benutzer
....das einzig Dumme ist:
man kann maximal 10 Punkte vergeben! :-/
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chicago-cat
Gut fünf Jahre nach meiner ersten Tour durch den Stiefel nach Sizilien kommt es zur Wiederholung, bei der so vieles anders ist. Diesmal starte ich nicht im März, wo es unterwegs in den Abruzzen und auch auf den Sizilianischen Bergen doch noch ganz schön frisch war, sondern im Juni, was sich als hervorragende Reisezeit erweisen sollte. Auch fahre ich nicht allein sondern im bereits bewähren Duo mit Jens.  mehr...
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Megarider
Hi Claudia.
Super toller Bericht und wahnsinnig schöne Bilder! Genau das Richtige im kalten Winter, da kommt man unwillkürlich Sehnsucht nach einer wärmeren Jahreszeit.
Natürlich volle 10 Punkte. Freue mich schon bald hier zu lesen, wie du und der Waschbär in Sizilien angekommen seid.
Viele Grüße,
Henry
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