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Onekaz 10.08.2001

Finnwinter 2001

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Finnwinter 2001

Bericht über eine kleine Reise durch Finnland







Ein Reisebericht von Ralph-Peter Krisztian und Eberhard Kaczmarek



Nur wer ein Auge dafür hat,
sieht etwas Schönes und Gutes
in jedem Wetter,
er findet Schnee,
brennende Sonne, Sturm
und ruhiges Wetter schön,
hat alle Jahreszeiten gern
und ist im Grunde
damit zufrieden,
dass die Dinge so sind,
wie sie sind.

Vincent van Gogh

Eigentlich begann alles vor über drei Jahren.....
Damals holten wir am 1.Advent das MZ-Gespann von Eberhard bei Ingolstadt ab. Dieser Sonntag war sehr mild und so schafften wir es bis zum Abend wieder daheim zu sein. Im Jahr darauf kaufte ich mein Gespann, es hatte zu diesem Zeitpunkt noch einen Lastenbeiwagen. Als es dann mit der Teilnahme an der Kristall- oder Savallen-Ralley Ernst wurde, blieb nur Eberhard übrig. Er machte Nägel mit Köpfen und fuhr nach Norwegen. Der Versuch mein Gespann wieder zu verkaufen, schlug fehl und so kam es, dass es dann eines Tages im Frühjahr 2000 mit einem ordentlichen Personenbeiwagen ausgerüstet wurde. Damit war wieder Bewegung in die Idee vom kalten Norden gekommen.








Die Tour beginnt
Und so ging es am 21.Januar im Jahr 2001 auf „große Tour“. Bis Lübeck brachten wir die „Emme“ auf dem Hänger, die letzten Kilometer bis zur Fähre sollte sie wohl selber schaffen. Den Hafen erreichten wir sehr frühzeitig, es war inzwischen recht kühl geworden, eisiger Wind pfiff über die Kaianlagen. Die warme Wartehalle war da genau das Richtige für uns. Das Schiff kam mit leichter Verspätung aus Helsinki an. Gegen Mitternacht wurde mit dem Verladen begonnen und wir konnten unser Gepäck in die Kabinen bringen. Da unsere Kabine trotz der Reinigung noch Gebrauchsspuren aufwies, baten wir um eine andere Kabine. Eine Innenkabine war nicht mehr frei, so überließ man uns eine etwas größere Außenbordkabine.
Die MS Finnclipper wurde 1999 in Spanien gebaut und fährt unter deutscher Flagge. Sie bietet Platz für knapp 440 Passagiere und hat eine Ladespur von ca. 2500 m für LKW und Frachtbrücken. Mit einer Länge von 185 m und 29 m Breite angetrieben von 4 Sulzer-Motoren mit zusammen rund 23.000 kW bahnt sie sich den Weg durch die Wellen der Ostsee.

Achtern legt die Fähre aus Malmö an und wir schauen interessiert zu, wie die LKW aus allen drei Ladeebenen das Schiff verlassen.
Dann endlich ist es soweit, der Kapitän hat das Kommando zum Ablegen gegeben. Langsam dreht sich das Schiff im Hafenbecken, es scheint fast die Gebäude auf dem Kai zu berühren. Wir staunen über die Genauigkeit mit der die Finnclipper aus dem Hafen manövriert wird. Vorbei an Travemünde verlassen wir die Lübeckerbucht mit Kurs Ostsee.
Auf dem Monitoren in den Kabinen wird die aktuelle Position ständig angezeigt. Unsere Uhren haben wir auf Bordzeit umgestellt, es gilt die osteuropäische Zeit- also eine Stunde vor.

Stunden an Bord
Den nächsten Tag gehen wir mit einem gemütlichen Frühstück an.
Das Buffet ist reichhaltig gedeckt und nahtlos gehen wir zum Mittagessen über. Die See ist rau und der Wind wirft die Wogen auf. Starke Wellen lassen auch unser Schiff kämpfen. Der Magen von Eberhard kann sich mit diesem hin und her bzw. rauf und runter nicht richtig anfreunden. Er zieht es lieber vor, sich in die Kabine zurückzuziehen. Um den Passagieren ein wenig Ruhe zu gönnen wird der Kurs westlich von Gotland gewählt. Als das Schiff jedoch mitten in der Nacht den Windschatten an der Nordspitze der Insel verlassen muss, greifen die Elemente mit aller Macht an. Es reißt mich aus dem Schlaf hoch. Nach einer Weile gelingt es mir jedoch wieder einzuschlafen.
Am Morgen tauschen wir Traumland gegen Schlaraffenland und beim Frühstück ist die Anstrengung der Nacht schnell vergessen und schließlich wartet auch noch die Besichtigung der Brücke auf uns.
Herrlich ist die Aussicht vom Leitstand und die Rundumsicht toll. Der Kapitän erläutert die wichtigsten Instrumente und gibt einige Auskünfte zur Schifforganisation. Wir fragen den Diensthabenden noch einige Löcher in den Bauch. Bereitwillig erklärt er uns einige Eintragungen und Positionsangaben in der Seekarte. Für die Rückfahrt werden wir bestimmt noch mehr Fragen mitbringen. Gestärkt vom Mittagessen verschnüren wir unserer Gepäck wieder auf der Maschine und verlassen am Nachmittag pünktlich das Schiff in Helsinki.

Finnland wir sind da
Das erste Etappen-Ziel ist erreicht.
Quartier beziehen wir im Hotel „Grand Marina“ unterhalb der Uspenskikathedrale nahe dem Zentrum am Südhafen. Die Himmelsfahrt-Kathedrale erhebt sich glanzvoll im Abendlicht mit ihren vergoldeten Zwiebelkuppeln. Sie erinnert uns daran, dass Finnland ein Vorposten byzantinisch geprägter Frömmigkeit ist.
Im kalten Wind gehen wir von der Kathedrale hinab zum Senatsplatz. Auf der Mitte des Platzes befindet sich ein Bronzestandbild des Zaren Alexander II. Eine monumentale Treppe führt an der Nordseite des Platzes zur renovierten Domkirche hinauf. Der Baustil des Senaatintori und auch vieler anderer Bauten in Finnland wurde, vom in Deutschland geborenen, Architekten Carl-Ludwig Engels geprägt. Im Auftrag des Zaren Alexander I. übte er seine Tätigkeit aus. Die Apostelfiguren an der Fassade der Domkirche, welche im Inneren die bedeutendsten Figuren der Reformation zeigt, wurden von den Berliner Bildhauern August Wredow und Hermann Schievelbein später hinzugefügt.
Entlang des Hauptbahnhofs, vorbei an den vielen Geschäften der Innenstadt, erreichen wir schließlich den Esplanadi. In einer seiner belebten Seitenstraßen nehmen wir unser erstes landestypisches Abendessen ein. Wir besuchen Pizza-Hut. Über den Bulevardi kommen wir zu den Markthallen am Hafen. Das Thermometer zeigt hier –6 Grad und ein kühles Lüftchen lässt uns frieren.

Auf zur Hütte
Um 7 Uhr reißt uns der Wecker aus dem Schlaf. Das Frühstück macht auf uns einen etwas kargen Eindruck im Vergleich zur Versorgungslage auf der Fähre. Bevor wir mit der Vermummung beginnen, bringen wir das Gepäck in die Tiefgarage und machen die Emme startklar.
Schnell liegt Helsinki hinter uns, einige Kilometer außerhalb der Stadt tanken wir voll und prüfen den Reifendruck. Mit meinem Anti-Fog-Belag für das Helmvisier kann ich mich noch nicht so richtig anfreunden, er wird sich aber später bewähren.
Dann kommt der erste Fahrerwechsel und ich bin gespannt, wie es sich auf dem hiesigen, eisigen Grund fährt. Langsam bahnt sich die Kälte ihren Weg durch das Leder der Stiefel und findet einen Eingang in die Handschuhe. Trotz der zusätzlichen Lenkerstulpen fühle ich nach knapp 50 km meine Finger nicht mehr. Wenn man einer alten Weisheit glauben schenken kann, dann ist es zwar schön, wenn der Schmerz weg ist, aber dies ist meist kein gutes Zeichen. Also wechseln wir wieder die Sitze und Eberhard wird uns hoffentlich heil bis zur Hütte bringen.
Kurz vor Mikkeli macht sich ein Geräusch bemerkbar. Erst schenken wir ihm keine richtige Beachtung, erst als es sich durch ansteigende Lautstärke wieder meldet, halten wir an. Eine erste Untersuchung kommt zu keinem Ergebnis, also weiter.
Wenige Kilometer später erreichen wir eine Tankstelle und suchen dort weiter nach der Ursache. Als einzige Ursache können wir eine lose Beiwagenradachse ausmachen. Na ja, vielleicht beim letzten „Schrauben“ nicht richtig angezogen.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Haukuvouri, von wo aus uns eine einsame vereiste Piste zu unserer Hütte führen soll. Es ist nicht leicht, die richtige Geschwindigkeit und Drehzahl für den nun doch sehr glatten „Straßenbelag“ zu finden. Wir folgen der Wegbeschreibung und so kommen wir am Bauernhof der Familie Häkkinen sicher an.


Man empfängt uns freundlich und der verwunderte Blick auf die Emme bleibt uns nicht verborgen. Den letzten Kilometer werden wir bis zu unserem Ziel geführt. Und da sind wir nun, angekommen mitten in der Pampas der finnischen Seenplatte.

Die Behausung ist gut vorgeheizt und genügend Brennholz für den Kamin ist auch vorhanden. In der Verkaufseinrichtung im fünf Kilometer entfernten Nykälä füllen wir unsere Vorräte mit Brot und einigen Kleinigkeiten auf.
Zurück an der Hütte gibt es erst mal einen heißen Tee zum Aufwärmen. Nach dem Verstauen des Gepäcks und dem Einfeuern des Kamins entspannen wir uns beim Saunieren.

Mikkeli – die Stadt des Marschalls

Am nächsten Morgen beim Frühstück beschließen wir, dass Spikes wohl doch unerlässlich sind für diese Straßen- und Witterungsbedingungen. Unser erster Tagesausflug führt uns nach Mikkeli.

Im Bürgerkrieg , im Winter-Krieg und im Fortsetzungs-Krieg war in Mikkeli das Hauptquartier untergebracht. Wer sich in Mikkeli für einige Tage aufhält, wird nicht umhin kommen, sich mit der Geschichte auseinander zusetzen. Das Hauptquartier-, ein Infanteriemuseum und der Reisewagen des Marschalls geben genug Anlass hierfür. An sonnigen Tagen hat man vom alten Wasserturm auf dem Nasivuori eine gute Aussicht auf Stadt und Umgebung. Seit den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts ist Mikkeli wichtiger Zentralort der Militärorganisation. Besonders stark wurde die Stadt von den Soldaten in den Kriegen des selbständigen Finnland (seit 1917) geprägt.
1939 zeigte sich, dass sich das nach dem 1. Weltkrieg geschaffene Friedenssystem dem Zusammenbruch näherte. Am 18.10.1939 wurde der Generalstab zusammengerufen. Der damalige Präsident der Republik Finnland, Kyösti Kallio, erklärte am 30.11.1939 den Kriegszustand und ernannte den Marschall Freiherr Carl Gustav Emil Mannerheim zum Oberkommandierenden.
Der Winterkrieg hatte begonnen. Wieder zog das Oberkommando nach Mikkeli. Der Friedensvertrag vom 13.3.1940 hielt nicht lange: schon 15 Monate später brach der sogenannte Fortsetzungskrieg aus. Später wurde der Marschall Präsident Finnlands und verlieh der Stadt das Freiheitskreuz und die Marschallstäbe als Bestandteile des Wappen.

Nun aber zurück in die Gegenwart.
An der Tankstelle im Zentrum erkundigen wir uns nach den begehrten Nägeln für die Reifen. Nach anfänglichem Rätselraten darüber, was wir wollen, schaltet man kurzer Hand den Mechaniker ein. Das Problem ist schnell gelöst und die nette Dame an der Kasse ruft auch gleich beim Reifendienst an. Ausgerüstet mit einem kleinen Stadtplan machen wir uns sofort auf den Weg.
Der Mann hinter dem Tresen schaut uns beim Betreten der Werkstatt fragend an. Er erkundigt sich höflich, ob uns denn niemand gesagt hätte, das hier Winter ist?
Eigentlich haben mir alle immer erzählt, dass die Sonne hier 24 Stunden scheint, erwiderte ich. Der Denkfehler lag nur im Zeitraum, denn im Sommer sind es 24 Stunden am Tag im Winter leider nur 24 in der Woche.
Wir müssen noch ein wenig warten, und so fahren wir schnell noch zum nahe gelegenen Supermarkt. Trotz des einsetzenden Schneefalls ist jetzt die richtige Zeit für ein Magnum. Für die Montage der Spikes benötigt man eine gute dreiviertel Stunde, nun geht es an das Bezahlen.
Wie gewohnt, versucht Eberhard mit seinem „guten Namen“ zu bezahlen, andere würden sagen : „Die Welt spricht Visa“. Unser Gegenüber zuckt ein wenig mit den Schultern und möchte noch den Ausweis dazu sehen. Mit einem Hinweis darauf, dass er der meist gesuchteste Verbrecher in Deutschland ist, gibt Eberhard das Dokument bereitwillig über den Tisch. Nach einem kurzen Blick auf das Lichtbild geht ein Lächeln über das Gesicht des Mannes und er gibt lakonisch zur Antwort: „ Ah, verstehe Bader-Mainhoff !“

Mit etwas mehr Bodenhaftung verlassen wir Mikkeli wieder in Richtung Norden. Auf der Hinfahrt erreichten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 50 km/h erreicht. Dank der Nägel sind es nun auf der Rücktour fast 65 km/h. Im Dunkeln erreichen wir wieder die Hütte. Der Neuschnee hat die Spuren vom Morgen zu gedeckt und auf dem letzten Stück bis zur Hütte bleiben wir fast im Schnee stecken.

Karelien wir kommen
Am frühen Morgen brechen wir in Richtung Nordosten auf. Unser heutiges Tagesziel sollen die orthodoxen Klöster in Karelien sein. Als Karelien bezeichnet man den äußersten Osten des Landes.
In Pieksemäki biegen wir auf die Str. 23 ab und folgen ihr bis hinter Varkaus. Hier wissen wir noch nicht, dass wir nur eines der Klöster erreichen werden. Kurz vor Karvio ertönt wieder das bereits von der Anreise bekannte Geräusch am Beiwagen. mit jedem Meter Fahrt nimmt es an Lautstärke zu.
Was tun ?
Wir beschließen, nach einem erneuten Festziehen der Beiwagenachse, noch die wenigen Kilometer bis zum Kloster Ussi-Valamo zurückzulegen. Wir hoffen dort etwas mehr Zeit und Ruhe zum Nachdenken zu haben. Dafür wurden doch Klöster schließlich gebaut.
Auf der Anhöhe des Klostergartens angekommen, untersuchen wir das Rad etwas genauer. Alles deutet auf defekte Radlager hin. Trotz der Kälte heißt es jetzt einen „kühlen Kopf“ behalten. Wir gehen erst mal zu den Gebäuden hinauf. Im Speisesaal finden wir eine Gelegenheit uns aufzuwärmen und haben die Gelegenheit, eine leckere Mahlzeit zu uns zu nehmen. Beim Essen gehen wir die „Was ist wenn“ –Möglichkeiten durch. Zu guter Letzt setzen wir auf volles Risiko und legen fest, dass alles bis zur Hütte noch hält und wir dann immer noch den allseits beliebten und schon viel genutzten Automobilclub beanspruchen könnten.
So genehmigen wir uns noch einen Rundgang um die Kirche, bevor wir uns auf die Rücktour begeben. Es sei mir ein kleiner Ausflug in die Geschichte an dieser Stelle erlaubt:
Die Finno-Ugrer huldigten noch bis in das 12.Jahrhundert den Schamanen. Den christlichen Glauben brachten russische Missionare und schwedische Eroberer. In Ostfinnland setzte sich der orthodoxe Glaube fest.
Die Blütezeit hat die russische Kirche von 1809 bis 1918, als Finnland Großfürstentum des Zarenreiches war.
Die Unabhängigkeit (1918) und der Krieg (1939/40) brachten die Gläubigen in Bedrängnis, da die Verbindung zum Moskauer Patriachat unterbrochen war. Ost-Karelien wurde 1945 an die UdssR abgetreten und in der darauf folgenden Zeit fand die Neugründung des alten Ladogakloster Valame statt. Daher der heutig Name Ussi-Valamo - Neu-Valamo .

Die Rückfahrt zieht sich wie eine nicht enden wollende Ewigkeit hin, doch nun auf den letzten Metern ist die größte Anspannung verflogen. Als wir Nykälä wieder erreichen, liegen rund 275 km hinter uns. Es ist bereits lange dunkel, als wir an unserem Quartier ankommen.
Na denn, Werkzeug raus und losgelegt. Schnell ist der Beiwagen angehoben und wir können versuchen, die Achse herauszuschrauben. Da die Straßen heute gut gesalzen waren, läuft uns die Salzdreckbrühe schön entgegen. Leider möchte die Achse nicht so, wie wir wollen. Sie lässt sich nur wenige Zentimeter bewegen und dann sitzt sie auch schon wieder fest. Nach einigen Anstrengungen bekommen wir das Rad dann doch heraus. Die Fehler- und Geräuschursache ist schnell entdeckt. Die Radglocke hat Spiel und dreht daher mit der Felge mit. Es wären ca. 6 Unterlegscheiben erforderlich, um das Spiel zu beseitigen.
Das Glück ist bekanntlich mit den Dummen und so kommt unser Glück auch schon in der Gestalt von Bauer Häkkinen auf seiner Schneefräse daher.
Für unser Problem zeigt er trotz der Sprachbarriere viel Verständnis und will uns helfen. Wenige Minuten später ist er mit seinem Snowmobil wieder bei uns und hat die benötigten Scheiben in passender Größe und Menge dabei. Mit einer Flasche Brantwein wollen wir uns bedanken, doch Mikka akzeptiert erst, als wir ihm glaubhaft machen, dass wir die Flasche nur für diesen Zweck mitführen. Der Einbau der Teile erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. So jetzt aber ab in die Sauna.

Die Sauna
Mit dem Stichwort „Sauna“ sind wir wieder auf einem erneuten Ausflug in die Geschichte: Der Siegeszug der geschlossenen Holzhütten mit einem von Steinen bedeckten Ofen in seiner Mitte begann vor über 2000 Jahren.
In den Zeiten der Wanderungen der Stämme vom Ural in das Gebiet des heutigen Finnland, reichte die einfache Wärme des Lagerfeuers nicht aus. Im Feuer wurden Steine erhitzt, und man genoss es, ohne verlauste Pelze in der wohligen Wärme zu schwitzen. Der Schweiß reinigte hervorragend die Poren. Dusche und Badewanne waren ja noch Fremdwörter. Medizinisch sind die Mythen der Gluthölle natürlich längst geklärt und bestätigt.
Was dem Preußen sein Gewaltmarsch ist dem Finnen halt seine Dampfsauna.
Was hindert eigentlich einen großen Teil unserer Mitmenschen am Saunieren? Richtig, der masochistische Akt danach: die Abkühlung!


Ausflug in die Umgebung

Gleich grau wie jeden Tag so ist auch der Samstagmorgen. Das Thermometer zeigt knapp unter den Gefrierpunkt. Hoffentlich steigt die Temperatur nicht noch weiter an. Es ist kein angenehmes Fahren auf den Hauptstraßen. Man sieht nach kurzer Zeit aus wie ein Schwein, ja auch unser Maskottchen und wir wollten schließlich Kälte. Wir wollen heute das Gebiet südwestlich von unserer Hütte erkunden. Herrlich diese Nebenstrecken, mit Schnee und Eis überzogen und nur selten begegnet uns ein anderes Fahrzeug.
Entlang des Kyyvesi erreichen wir die Straße 13. Diese verbindet Mikkeli im Süden mit Jyväskylä im Norden. Die Realität hat uns wieder, eisiger Asphalt gepaart mit schmierigem Salzmatsch. Einige Kilometer weiter, kurz vor Vanhala legen wir eine Pause ein. Das Grau der Wolken verfinstert sich noch ein wenig mehr, es fallen dicke Schneeflocken herab. In wenigen Minuten ist die Emme mit einer weißen Schicht bedeckt.
Zeit für eine Eiszeit, natürlich mit Magnum. Über Pajulankylä fahren wir weiter. Die kleinen Strecken abseits der Hauptstraßen sind uns besser gelegen. Es ist doch schön diese Landschaft auch mal auf diese Art zu betrachten. Es ist nicht immer einfach die Wege und Spuren im Schnee zufinden. Am Wegesrand gesteckte Zweige sollen die Orientierung erleichtern. Erst als wir die Hütte erreichen lässt der Schneefall nach.
Mit einem deftigen Erbseneintopf rücken wir dem Hunger zu Leibe. In der Dunkelheit starten wir noch ein kleines Geisterjagen. Bin gespannt, ob es was wird. Natürlich danach ab in die vorgeheizte Sauna und noch ein Bild der Abschreckung. Mz-Fahrer sind halt doch die Härtesten.


Wo ist sie?
Vor unserem Urlaub haben wir uns via Internet über den Straßenzustand informiert. Hierfür stehen Webcams an verschiedenen Standorten zur Verfügung. Als eine Aufgabe für eine Tagestour haben wir uns gestellt, eine dieser Kameras zu finden. Eine Entscheidung musste zwischen dem Standort Suonenjoki und Kielkallio fallen. Richtung Osten lautet das Ergebnis.

Und so machen wir uns auf den Weg nach Kielkallio. Die Straße 72 verlassen wir 20 Kilometer südlich Haukuvuori und steuern Richtung Juva. Mittags erreichen wir die Straße 5.
An der Tankstelle auf der ersten Kreuzung wärmen wir uns auf und stillen unseren Hunger. Der jungen Verkäuferin an der Kasse versuche ich mit meinen mageren Englischkenntnissen unser Vorhaben zu erklären. Jedoch erst als Eberhard sich einmischt, beginnt sie zu verstehen. Einen genauen Standort der Kamera kann sie uns zwar nicht sagen, aber den ungefähren Punkt auf der Karte zeigen. Der Ort ist unter der schwedischen Schreibweise auf unserer Karte verzeichnet.
Unter den Blicken der Einheimischen, setzen wir uns wieder auf die Emme und folgen den Spuren, welche die vor uns fahrenden Autos im Schneematsch ziehen. Nach kurzer Zeit entdecken wir an einem Mast am rechten Fahrbahnrand endlich das „Auge der Straßen“. Unsere Suche hatte Erfolg, jedenfalls erst mal.
Jetzt geht es noch darum den richtigen Zeitpunkt der Bildübertragung herauszufinden. Anja erreichen wir zwar, aber sie hat gerade keine Zugangsmöglichkeit, um die Zeit abzufragen. Nach einer knappen halben Stunde entschließen wir uns zur Weiterfahrt und hoffen, dass es einfach geklappt hat. Wir stellen uns schon die Fragezeichen in den Augen unserer Freunde vor, wenn sie das Bild per E-Mail bekommen.

Zurück biegen wir wieder von der Hauptstraße ab. Über die uns liebgewordenen Pisten bringt uns die Emme fröhlich knatternd und stinkend zurück nach K289, wie unsere Hütte schlicht im Prospekt von Finntourinng genannt wird.

Am Abend der erlösende Anruf: „Es hat geklappt!“ Oder wie Boris Becker sagen würde : „Wir sind drin!“.
Zufrieden denken wir in der Sauna an die reine klare Luft der Fahrt zurück. Ich sehne mich keineswegs nach Deutschland zurück, die saubere, in Weiß gehüllte Landschaft hält einen regelrecht gefangen.


Ab nach Westen

Weit hinten am Horizont sind einige Blaue Löcher in der Wolkendecke auszumachen. Seit unserer Ankunft haben wir keinen blauen Himmel mehr gesehen. An diesem Montagmorgen fahren wir vorbei an dem kleinen Laden in Nykälä und weiter nach Nordwesten.
Bei Hankasalmi gelangen wir zur E 63. Im Süden trennt sie sich in Jyväskylä von der E75 und trifft dann weit nördlich des Polarkreises wieder mit ihr zusammen. Wir fahren südlich nach Lievestore. Ein großes wolkenloses Loch in der grauen Wolkendecke nutzen wir für Fotoaufnahmen. Beim Wenden versenke ich auf einer schmalen Straße die MZ fast im Tiefschnee des Straßengrabens. Mit einiger Mühe gelingt es mir Schlimmeres zu verhindern. Merke: Man kann auch bei Kälte ins Schwitzen kommen.

Zufrieden und sicher ereichen wir unser Etappenziel. An der Tankstelle des Ortes essen wir und treten nach dem gescheiterten Versuch, Postkarten zu erwerben die Rückfahrt an. Schnell verlassen wir wieder die vielbefahrene Hauptstraße.

An dieser Stelle möchte ich auf die Finnen zu sprechen kommen und einfach mal „kitos“ sagen, was übersetzt „danke“ heißt. Überall wo wir hinkamen, war man trotz der Sprachhindernisse sehr bemüht, uns zu helfen und sehr freundlich zu uns. Ich unterstelle, dass dies nicht aus Mitleid oder weil man uns für Verrückte hielt geschah, sondern die Finnen immer so sind. Wenn einer kein Englisch konnte, hat er freundlich mit den Schultern gezuckt und gelächelt. Nie hatte ich das Gefühl, dass jemand von oben auf uns herabschaut. Vielleicht war es ja doch das äußere Erscheinungsbild.
Es dunkelt wie üblich als wir die Hütte erreichen. Trotz des gut geplanten Vorrates ist mein Filmmaterial fast am Ende. Ich möchte noch nach Haukivuori fahren um dort Filme zu kaufen. Obwohl er von der Idee nicht sehr begeistert ist, begleitet mich Eberhard. Wir probieren die Strecke nördlich um den See aus. Sie erweist sich als leichter, da sie weniger Steigungen hat.
Im Dorf finden wir schnell einen Fotoladen und der Engpass ist damit behoben.
In dem Laden auf der anderen Straßenseite finden wir sogar unsere lange ersehnten Postkarten. Leider gibt es nur vier Sorten, egal bekommt ja jeder Empfänger nur eine. Schnell sind wir mit der Dame von dem Geschäft im Gespräch über das Woher und Wohin. Sie wohnt in Nykälä unweit des kleinen Ladens. Sie erzählt uns von dem Winter, in dem das Thermometer sechs Wochen auf unter –35 Grad stand. Wer nicht unbedingt raus musste, blieb zuhause.
Mit guten Wünschen für unsere Fahrt bedacht, düsen wir wieder zur Hütte. So ist aus der blöden Idee doch noch ein tolles Erlebnis geworden. So vor dem Schlafengehen noch schnell das Gröbste einpacken und das Kapitel „Grüße aus der Ferne“ erledigen. Morgen heißt es ab nach Helsinki.

Die letzte Etappe
Mit etwas Wehmut bringen wir in den Morgenstunden die letzten Gepäckstücke zur Maschine. Jetzt mit der vollen Beladung fällt es der Emme noch schwerer, die erste Anhöhe hinauf zu kommen. Entlang des Nordufers fahren wir zur Straße 72 und folgen ihr bis nach Mikkeli. An der Tankstelle, welche wir ja schon vom Anfang unserer Tour kennen, machen wir Frühstückspause und füllen den Tank auf. Die Temperaturen von –9 Grad auf der Ebene sind bei einer Tasse Kaffee schnell vergessen. Weiter fahren wir südwärts immer Richtung Helsinki.
Kurz bevor wir in Lahti auf die E 75 treffen, nehmen wir eine erneute Auszeit. Die Raststätte hat herrliche Panoramascheiben und wir genießen den Ausblick. Vor der Abfahrt schnell noch die Visiere reinigen und schon sind wir wieder auf der Piste. Bis hier sind die Bäume entlang des Straßenrandes in ein bezauberndes Weiß gehüllt. Kurz vor Helsinki wird es wieder matschig auf dem Asphalt. Die Temperatur liegt hier knapp um den Gefrierpunkt.
Vor dem Erreichen der Ortstafel wärmen wir uns nochmals bei einem Pott Kaffee auf. Bis zum Hafen sind es jetzt nur noch 20 km. Gegen 17 Uhr erreichen wir den Chek-In am Hansa-Kai. Schnell sind die Tickets gegen die Bordkarten getauscht und der Zoll liegt hinter uns. Das Schiff liegt schon im Hafen. Es herrscht ein reger Be- und Entladeverkehr.
Mit uns warten noch andere auf das Verladen. Mit einem Ladenbauer, der viel in Moskau arbeitet, kommen wir ins Gespräch. Es ist ihm über Weißrussland und Polen zu mühselig und zeitaufwendig, in die Heimat zu gelangen. Über St.Petersburg braucht er mit dem Auto rund 14 Stunden bis hier nach Helsinki.
Die Ruhe auf der Fähre bei der Überfahrt schätzt er sehr. Wir werden uns in den nächsten 39 Stunden noch viel unterhalten.

Um 21 Uhr beginnt das Verladen. Beim Einfahren in den Laderaum werden wir vom Personal wiedererkannt. Jeder hat ein freundliches Wort übrig und über die MZ wird sowieso gesprochen. Beim Beziehen der Kabine merken wir erst, wie unsere Klamotten nach Zweitakter stinken. Auch die Erfrischungstücher, welche wir in entsprechenden Mengen vom Buffet mitbringen, schaffen kaum Abhilfe. Also genießen wir lieber die frische Luft auf dem Oberdeck und den Blick auf die Skyline von Helsinki. Uns fallen die verschiedenen Leuchtmarkierungen im Fahrwasser auf. Wir rätseln über ihre Bedeutung und kommen zu dem Ergebnis, dass wir wohl morgen den 1.Offizier bei der Brückenbesichtigung mit diesem Problem nerven werden.
Noch ein schnelles Feierabendbier und dann ab in die Stinkmorchelhöhle.

Seelesonnen und Launeschnorcheln
Sonne und die frische Meeresluft lassen uns den Tag an Bord genießen. Für das leibliche Wohl ist gut gesorgt und die Sauna hilft bei der Entspannung. Auf der Brücke ist man unseren Fragen gegenüber sehr auf geschlossen und erklärt uns die verschiedenen Leucht- und Blinkzeichen anhand der Seekarten. Unser Interesse gilt neben dem Radar auch dem GPS-System. An einem Beispiel wird uns die „Mann- über-Bord“-Funktion demonstriert. Die Zeit zwischen den Mahlzeiten, welche sehr kurz ist, nutzen wir für das Besorgen von Mitbringseln und um die letzten Filme abzuknipsen. Schnell ist der Tag vorbei und die Heimat ist nahe.
Vor dem Morgengrauen läuft das Schiff in den Hafen von Travemünde ein. Und uns graut es vor dem Zoll, denn wir haben immer noch die Spikes in den Reifen. Und? Bingo ! Wir müssen leider die Emme im Hafen zurücklassen, da wir den Grenzer nicht davon überzeugen können, uns wenigstens bis Lübeck zum Anhänger fahren zu lassen. Aber halb so schlimm, wir fragen den ersten LKW ob er uns ein Stück mitnimmt, kein Problem. Und so gelangen wir an den Stadtrand von Lübeck, den Rest legen wir mit einem Taxi zurück. VW-Bus und Hänger stehen noch dort wo wir sie verlassen haben. Na dann Hänger ran und wieder zum Hafen. Eigentlich war es gut so, denn es gibt nun etwas Schneeregen und wir wären bestimmt richtig eingesaut gewesen. So können wir in Ruhe unter der Aufsicht des Bundesgrenzschutzes die Emme auf dem Hänger verladen.
Und damit die auch was davon haben, versuchen wir es zunächst mit Rauffahren- mmh wie das stinkt.
Gegen 10 Uhr verlassen wir endlich den Hafen und nehmen Kurs auf unseren Ausgangspunkt Berlin. Das war also unser Abenteuer „Karlienralley“ und für uns steht fest, es gibt eine Fortsetzung.

Der Hüttenbucheintrag
Zwei Biker aus Berlin,
tat es in den Norden zieh’n.
Mit dem Motorrad zu den Finnen,
viele lachten: „Die beiden spinnen“.
Wohin die kalte Fahrt wohl geh’t ?
Wer weiß wo das schöne Blockhaus steht ?
Tag’s gebraust durch Schnee und Eis,
Abends brennt die Sauna so heiß.
Die Reifen zum Rutschen sich neigt’s,
vielleicht fährt es sich besser mit Spikes.
Zwar gibt es zur Zeit keine Mücken
aber das Wetter hat andere Tücken.
Wenn du liest diese Zeilen,
wir bereits wo anders verweilen.
Doch so es will das Glück,
kehren wir eines Tags zurück.

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