Unforgettable - eine unvergessliche Dolomitentour.
Wegstrecke | 0 km |
Länder/Regionen/ Wegpunkte |
Dolomiten |
Straßenart | |
Tour-Motorrad | |
Schwierigkeit | |
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Unforgettable - eine unvergessliche Dolomitentour.
Oder: warum Wintersperren nicht unbedingt zum Sapß da sind.Bereits in den ersten Apriltagen 2002 fuhr ich in die Dolomiten...ein in vielfacher Hinsicht unvergessenes Erlebnis.
Donnerstag im April 2002, 4:45 Uhr morgens und ich sitze auf der BMW! Es hatte mich mal wieder gepackt, ich wollte endlich wieder die Pässe der Dolomiten sehen und fahren...möglichst ohne Kohorten weiterer Motorrad- oder gar Autokolonnen. Deshalb unter der Woche, deshalb so früh im Jahr. Mit Done bin ich auf einen Q-Hirten gestoßen, der mein Faible teilt, wir sind also zu zweit runter.
Treff um 5:15 Uhr an der Tankstelle Allershausen und ab geht's gen Süden. Wir fahren 160 km/h Dauertempo auf der Bahn, wollen möglichst viel vom Tag nutzen, möglichst viel fahren...unsere geplante Route war schon viel Stoff.
Warum sagt mir denn keiner, wie sch**sskalt morgens vor 6:00 Uhr so blöde +5° Aussentemperatur sind? :-( Darauf war ich nicht vorbereitet und so fror ich zunächst einmal erbärmlich.
München, Eschenlohe, GAP, Mittenwald, Seefeld, Zirler Berg, Innsbruck...wer kennt nicht diese Route? Um kurz vor 8:00 Uhr trinken wir an meinem Stammcafe in Brennero unseren doppelten Espresso.
Und es geht gleich weiter: noch kurz bis Sterzing und dann das Penser Joch hoch.
Die Wintersperre ist erst seit wenigen Tagen passé, aber unten ist die Strasse trocken und so können wir endlich die Reifen auch an den Seiten aufwärmen. Weiter oben glitzert aber dann doch manches mal Halbgefrorenes auf dem Asphalt, so dass wir es dort vorsichtiger angehen lassen. Ganz oben präsentiert sich uns ein traumhaftes kaltes und sonniges Winterpanorama. :-) Es geht nach der ebenfalls etwas rutschigen Abfahrt ins Sarntal unten beherzter weiter und wir erklimmen den Ritten...ein Traum, wenn wie jetzt absolut leer. Leider ist das Wetter für eine gute Fernsicht zu diesig, aber dafür die Kurven :-)))
Erste Brotzeitrast kurz vor Bozen und dann weiter hoch nach Blumau. Die alte Tierser Strasse ist leider durch einen Erdrutsch unpassierbar, wie gucken genauso verdutzt wie unsere Qühe :-(
Nehmen wir also die neue Strasse etwas weiter nördlich, fahrtechnisch ebenfalls ein Leckerbissen.
Die Realität der frühen Jahreszeit holt uns dann leider am Nigerpaß/Karerpaß ein, in der Vornacht hat es dort geschneit, iiiiiiih glitschig/rutschig, wir werden hier um unsere Fahrfreude grösstenteils betrogen.
Im Val die Fassa sieht's schon wieder schön aus und so nehmen wir unsere Sellarunde in Angriff, entgegen dem Uhrzeigersinn, also Pordoi, Campolongo, Grödner und Sella.
Hervorragend, weil recht früh die Baumgrenze überschritten wird, somit die Fahrbahn der Sonne und dem Frost ungehindert ausgesetzt ist und "trockengebrannt" ist, geht das richtig schön zur Sache. Manchmal liegt noch heftig Salz, macht nix, die Qühe wurden daheim eingeölt, auch das mit dem zeitweise doch massiv auftretenden Splitt haben wir im Griff. Während der Sellaumrundung treffen wir drei Motorradfahrer...that's all! :-) Die Aussichten sind wie immer grandios und beindruckend, mittlerweile ist Mittag vorbei.
Für uns geht's weiter über den Fedaia und den Giau, auch hier viel Fun, die Strassen sind zwar manchmal noch splittig aber zumeist trocken und leeeeeeer ohne Ende. Kurz vor Cortina wechseln wir auf den Falzarègo, wo irgendwann vor uns Jabbanerzeuchs auf der Fahrbahn auftaucht, welches wir schlicht und einfach vollstrecken müssen ;-)))
Danach Abzweig zum Valparola, der allerdings total mit Splitt versifft ist, das gab abwärts eine mächtige Driftpartie. Wie gut, das wir ABS haben!!!
Und so fahren wir anschliessend durch das schöne Badiatal, um ab St. Martin i.Th. unseren letzten Paß in Angriff zu nehmen: das Würzjoch. Dummerweise zeigt uns unten ein Schild noch Wintersperre an, wg. der tags zuvor erhaltenen Auskünfte im Boxerforum wollen wir es dennoch wagen. Ist auch zunächst alles null problemo, schöne Sonne, trockene Fahrbahn, guter Grip, kein Verkehr. Oben eine Traumsicht um nun mittlerweile 16:30. Was kann es also Schlimmes geben?
Nun, das Unheil kam schnell und zackig bei der Abfahrt. Schon kurz nach der Höhe erste Schneedecken. Noch nichts besonderes, aber /me eiert schon sehr verhalten und wackelig durch halbvereiste Spurrinnen. Kurz darauf ein erste langes Schneefeld. Ich will umkehren, aber Done will das unbedingt probieren, fährt also rüber, so ein paar hundert Meter. Kehrt dann um, schmeisst dabei seine Q in den Schnee und berichtet mir dann: "dahinter wieder alles frei". OK, aber ich trau mich nicht über dieses gemeine vereiste Schneefeld, also fährt Done meine Q rüber, schmeisst sie dabei auch 1x in den Schnee, aber alles harmlos.
Nun soll es weitergehen, aber das war ein Trugschluss! :-( Fakt ist, dass jede Passage, die erst die westliche Abendsonne erhält, noch eine geschlossene Schneedecke aufweist, die durch das Befahren von Geländewagen zerrieft und vereist ist. Ich habe weder das Fahrkönnen noch den Mut, das zu bewältigen, zumal auch meine Q stinknormale Tourancereifen hat.. Done hält eine Umkehr jetzt für falsch, zudem das allererste Schneefeld eine böse Querrinne hatte, die bei der Rückkehr schwierig bis garnicht bewältigbar erscheint.
Wir quälen uns also Schneefeld für Schneefeld abwärts. D.h., mehr muss sich Done quälen: er fährt eine Q vorweg bis zum jeweiligen Schneefeldende, läuft das Schneefeld-Stück (von manchmal bis zu 200-300 Metern) wieder den Berg hoch und holt die zweite Q. Ich laufe währenddessen die Schneefelder zu Fuß bergab, von meinem Unvermögen und der Situation als solche total demoralisiert.
Um das grausame Verfahren in der Schilderung abzukürzen: gut zwei Stunden kostete uns diese Aktion, bis wir endlich den unteren Bereich mit durchgängig geräumter Strasse erreicht hatten.
Als Belohnung für diese Qual bekommen wir aber noch eine Abfahrt nach St. Andrä und Brixen vom Allerfeinsten. Erstklassige Wechselkurven, ein Traum von Belag, Grip, Grip Grip...die Qühe fliegen auf Maximum des Vertretbaren.
Unten angekommen, geht's in eine Bar, ein paar Espresso nach diesem Alptraum...für mich zumindest, denn Done ist mit sich so richtig zufrieden. Ich bin es mit ihm auch! Und wie! ;-))) Für mich ist das Erlebnis sicherlich unvergesslich (unforgettable), ich glaube, ich werde nie mehr eine Wintersperre missachten!
Durch diese Geschichte sind wir komplett aus unseren Zeitrahmen gefallen. Daheim Bescheid gegeben, wir werden wohl einige Stunden später als gedacht heimkommen. Dann geht's los, über die Brenner Bundesstraße mit illegaler Performance. Brennero erreichen wir präzise um 20:00 Uhr, jetzt ist es dunkel. Die Losung lautet nun: nur noch Autobahn. Durch die Dunkelheit nicht mehr als 140 km/h, zumal wir schon seit über 16 Stunden Mopped fahren und unsere Konzentration sicher nicht mehr ganz frisch ist.
Aber wir erreichen sicher Pfaffenhofen, wo sich unsere Wege trennen. Um 22:20 Uhr schiebe ich meine Q in die Garage, körperlich ganz schön geschafft, aber mental noch so aufgedreht, dass erst einiges an Alkohol bis 1:00 Uhr nachts benötigt wird, mir die Bettschwere zu geben.
In der Vielfalt der Fahreindrücke noch ausserhalb der Saison und des blut-und-wasser-schwitzenden Ereignisses wirklich unvergesslich. Mein Dank gilt vor allen Done, für seine Begleitung, sein Fahrkönnen, seine Beharrlichkeit und seine Ruhe.
Während der warmen Saison ist die Tour für einen Tag zwar lang, aber durchaus machbar. Von/bis Wolnzach waren es genau 970 km, ziehe ich den Zeitverlust am Würzjoch ab, hätte die dafür aufwendete Zeit rd. 16 Stunden betragen. Ab/bis München = -120 km, -1,5 Stunden.
Noch mehr Bilder und eine Karte mit der vollständigen Routenführung in Italien sind unter www.rother-web.de zu finden. Dort den Menüpunkt "Meine Touren - Unforgettable" aufrufen.
Gruss wingevil
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Hallo Wingevil,
unforgettable !! was für ein super schöner tourenbericht von dir.
dazu noch sehr lebendig und spannend erzählt mit
passenden bildern. ich bin komplett begeistert.
netten bikergruss
Searcher