Thema: Gesundheitsministerin legt sich mit den Bikern an

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Yambi Erstellt am Mo 03.02.2003
Auch das noch!
Dass sich Bundesminister auf verschiedenste Art und Weise zu profilieren ver-suchen, wenn das - seltener - ihnen selbst oder ihren Parteifreunden
angebracht erscheint, nimmt man hin. Wer aber, wie jüngst Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Qualitätsforderungen an andere - in ihrem Fall
an Ärzte - stellt, der möge prüfen, ob die eigene Person nicht vielleicht ebenfalls Wissenslücken hat, die umgehend beseitigt werden sollten.
Ministerin Schmidt sagt gern: „Das müssen wir ändern.“ Da hat sie Recht. Fangen wir doch gleich bei ihr an!
Frau Schmidt lässt die Vorstellung nicht los, dass jemand, der aus ihrer Sicht riskanter lebt, bitte schön auch für die Kosten aufzukommen hat, die
möglicherweise notwendig werdende ärztliche Behandlungen zur Wiederherstellung der Gesundheit verursachen. Sie plädiert für private Vorsorge per zusätzlicher Versicherung. Das kostet. Und entlastet die Krankenkassen. Im Visier hat die Ministerin etwa Drachenflieger, Skifahrer
und - Motorradfahrer. Wer weiß, vielleicht geht ihr nicht aus dem Kopf, dass sich selbst ein so besonnen wirkender Biker wie ihr Minister-Genosse
Struck beim Cruisen mit seiner BMW schon auf den Allerwertesten packte. Nichts weiter passiert. Eine Solonummer, so genannter Alleinunfall.
Meistens aber liegen die Dinge eben anders.
Nur gut, dass auch der Industrieverband Motorrad Deutschland auf Frau Schmidts Ansinnen reagierte und ihr sachkundig Aufklärung verschaffte,
nämlich darauf verwies, dass „75 Prozent aller Unfälle, an denen Motorradfahrer beteiligt sind, durch Autofahrer verursacht“ würden. Um die
Krankenkassen zu schonen, sollen also ausgerechnet die Opfer durch eine zusätzliche Versicherung finanziell belastet werden! Tolle Logik!
Ein Sturm grüner Entrüstung würde losbrechen, wollte man etwa Fahrradfah-rern mit Hinweis auf ihr besonderes Unfallrisiko als der viel zitierte
schwächere Partner eine private Zusatzversicherung auch nur nahe legen! Befürchten müssen Fahrradfahrer solche Forderung nicht. Sie
genießen das Patronat der rot-grünen Gesetzgeber und können im öffentlichen Verkehrsraum mittlerweile weit gehend ungestraft alles
ignorieren, was ihnen (ja, auch ihnen!) die StVO vorschreibt. Man kann es auch so sagen: Ihr Risiko sind in erster Linie sie selbst. Wem es noch
immer an dementsprechenden Eindrücken und Erkenntnissen fehlen sollte, dem seien - mit geschärftem Blick fürs Verhalten von Radfahrern -
Sightseeing-Touren durch deutsche Großstädte empfohlen. Sie werden garantiert zu thematischen Erlebnisreisen.
Ergo: Ministerin Schmidt dürfte sich gründlich verhoben haben an ihrem neuen Ansatz, die Krankenkassen zu entlasten. Wo soll diese
Einsparmanie noch hinführen? An Kostenselbstbeteiligungen beim Besuch von Arzt und Apotheker haben wir uns längst gewöhnt.
Vorsorgeuntersuchungen gegen Cash - man ist ja (noch) nicht krank! Das hat was. Jetzt die Risiko-Masche! Und vom Tisch ist ja auch noch immer nicht, dass ärztliche Dienste künftig bis zu einem größeren Gesamtbetrag grundsätzlich immer erst einmal aus eigener Tasche finanziert werden
sollen. Die eigentliche Krankenversicherung gerät immer mehr zur Farce.
Offenbar sind nun die vermeintlichen Risiko-Gruppen an der Reihe, geschröpft zu werden. Natürlich muss man Motorradfahrer überhaupt nicht
mögen. Beschränken wir uns auf solch ein Urteil: Ministerin Schmidt scheint das stereotype Biker-Bild zu haben. Die kenntnisarme Risiko-Debatte nährt solche Vermutung. Doch sagen lassen muss sich die selbstgefällige Amtsinhaberin, dass das motorisierte Zweirad gerade „in staubelasteten Metropolen und Ballungs-räumen eine echte Alternative für den Individualverkehr darstellt“, wie der IVM aus aktuellem Anlass noch einmal nachdrücklich hervorgehoben hat. Motorräder und Roller seien als feste Bestandteile der Mobilität zu fördern.
Dass motorisierte Zweiradfahrer vor allem dem Fehlverhalten anderer Ver-kehrsteilnehmer zum Opfer fallen, hätte die Ministerin besser in
Erfahrung bringen sollen, bevor sie ein Szenario entwarf, das Opfer und Täter nicht so recht auseinander zu halten vermag. Und deshalb zu
falschen Schlussfolgerungen führen muss. Auch Unkenntnis schützt vor Häme nicht.
PS/Wolfram Riedel
Klasse geschrieben - mein Beifall !!


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mopedjunkie Erstellt am Mo 03.02.2003
Hallo Andrea,
dem kann ich nur beipflichten, was W-M Riedel so geschrieben hat. Das untermauert auch meine These, daß Mopedfahren nach wie vor "sozial inkompatibel" ist (s.a. Thema: Sind Mopedfahrer Technikfetis?).
Was dem Volk so von den Polit- Dumpfbacken vorgegaukelt wird, ist echt ätzend.
Schönen Gruß (nach Kölle?)
Armin

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Speedfreak Erstellt am Mo 03.02.2003
"...Was dem Volk so von den Polit- Dumpfbacken vorgegaukelt wird..."
Recht hast u. Aber bedenke mal, daß locker die Hälfte der Bevölkerung noch blöder sind. Und genau das ist das Problem. Die Politiker sind alle raffinierter als Du denkst. Oder glaubst Du, die würden Menschen bescheißen, die klüger sind als sie ?
Wir sind doch überhaupt erst die erste Generation, die halbwegs politisch informiert ist. Oder sagen wir mal, wir glauben, wir wären politisch informiert, denn was hinter verschlossenen Türen alles beschlossen wird, das wage ich gar nicht zu vermuten.
In Italien sieht man ja, wie weit man mit Hilfe der Medien kommen kann. Aber ich will nicht zu sehr abschweifen.

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am Mo 03.02.2003
Am Samstag haben wir die Gründung beschlossen.
Wir feilen jetzt an ner Satzung, Programm, etc.
Mit 7 kann man eine Partei gründen, ab ca. 4-500 Mitglieder wird sie vom Bundestag zur Wahl zugelassen.
Wir arbeiten dran, denn es gibt bisher keine politische Lobby für uns Moppedfahrer.
Aber über 5 Millionen zugelassene Motorräder in der BRD!
Roller usw. gar nicht mitgerechnet.
;o) Uwe

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El_maravilloso Erstellt am Mo 03.02.2003
Einspurfahrzeuge, Uwe... Einspurfahrzeuge ist der Schlachtruf *g*

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El_maravilloso Erstellt am Mo 03.02.2003
Nachtrag zu den 5,1 Millionen Zulassungen:
ausgerechnet von ner Rollerseite *g*

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El_maravilloso Erstellt am Mo 03.02.2003
mist ver*#~>|#~*...
so vielleicht?

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am Mo 03.02.2003
Wenn schon, denn schon motorisierte Einspurfahrzeuge!
Ich will doch keine Radfahrerlobby aufbauen, die werden doch schon von den Grünen vertreten, das muß reichen.
;o) Uwe

Missing_mini

Gelöschter Benutzer Erstellt am Mo 03.02.2003
Es gibt im Bundestag außer Struck noch 90 (neunzig!) motorradfahrende Abgeordnete - darunter auch den FDP-Mann Hermann Otto Solms. Sie bilden sogar eine eigene Lobby. Und die sind nicht nur privat versichert und werden der Frau Ministerin schon sagen, wo der Bartl den Most herholt.
Und nach den jetzigen Wahlergebnissen vom letzten Sonntag wird sich die regierende partei schon genau überlegen, was sie noch machen kann.
Günther

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heikojause Erstellt am Di 04.02.2003
Grosse Worte,
aber leider klappt das mit der Lobby nicht. Die meisten sog. Biker sind Freizeitfahrer, die sich nicht für ihr Hobby einsetzen werden. Wirds zu teuer oder unbequem, verkauft man den Bock halt und geht golfen oder was auch immer (sorry, ihr Golfer!).
Ihr schreit entrüstet auf? In ganz Deutschland sind nicht mal 15000 Biker in motorradpolitischen Organisationen vertreten.
Eine Schande?!? Wem sagt ihr das??? ;-)
Eine Partei? Nicht mal die Autofahrerpartei hat es geschafft, den bequemen Deutschen vom Sofa zu erheben - aber viel Glück!
solidarische Grüsse
Heiko

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heikojause Erstellt am Di 04.02.2003
Eine Lobby?
Wo und wie kann man sie erreichen?
Wer ist der Ansprechpartner?
Fragen, die du sicher nicht befriedigend beantworten kannst. Selbst Gila Altmann, die ihr Amt ja bekanntermassen abgegeben hat, war nur 'sehr bedingt' auf der Seite der Biker. Die Politiker sind mehr damit beschäftigt, sich am der Macht zu halten, als sich um eine inhomogene Randgruppe wie uns zu kümmern. Und wenn es um eine neue Einnahmequelle geht, ist auch der zweiradverückteste Politiker gaaanz schnell auf der Seite seiner Parteikollegen.
Günther, ich würde gern deinen Optimismus teilen, aber wenn wir Biker nicht langsam aus dem Arsch kommen, werden wir eingemacht. Helfen wird uns keiner, schon gar kein Politiker...
CUOTR
Heiko
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