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El_maravilloso
Erstellt am Mi 29.01.2003
Teilweise wird behauptet, in Deutschland sei jede Kleinigkeit einer gesetzlichen Regelung unterworfen und es bestünde eine kaum noch überschaubare Regelungsdichte.
Selbst Fachleute könnten einzelne, eingeschränkte
Fachgebiete kaum noch vollständig überblicken, noch weniger sei der "normale" Bürger hierzu in der Lage. In dieser oder ähnlicher Richtung hat sich auch der ehemalige Bundespräsident und Rechtsprofessor Dr. Roman Herzog wiederholt geäußert. Hier ein weiterer Diskussionsbeitrag zum Thema "Regelungsdichte" bzw. "Gesetzesflut":
§ 21a StVO zur Helmpflicht
Nach § 21a Absatz 2 StVO müssen "die Führer von Krafträdern und ihre Beifahrer während der Fahrt amtlich genehmigte Schutzhelme tragen." So weit so gut. Eigentlich eine ganz klare Regelung. Man muß im Prinzip nur noch wissen, was denn ein "amtlich genehmigter" Schutzhelm im Sinne der
Vorschrift ist. Die Antwort ist nicht ganz einfach, sie ergibt sich jedenfalls nicht aus der StVO. Der versierte Bürger/ Motorradfahrer (m/w) wird jedoch interessiert nachforschen und dann alsbald auf die Verwaltungsvorschrift zu § 21a StVO stoßen. Die Verwaltungsvorschrift zu § 21a Absatz 2 StVO lautet wörtlich:
"Amtlich genehmigt sind Schutzhelme, die entsprechend der ECE-Regelung Nr. 22 (BGBl. 1984 II S. 746, mit weiteren Änderungen) gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach der ECE-Regelung Nr. 22 vorgeschriebenen Genehmigungskennzeichen gekennzeichnet sind."
Jetzt muß man sich also nur noch das Bundesgesetzblatt, Teil II aus dem Jahr 1984 besorgen und dort auf Seite 746 nachschauen, wie die erwähnte ECE-Regelung Nr. 22 und das
entsprechende Genehmigungskennzeichen aussehen.
Also wird eben mal im Bundesgesetzblatt des Jahres 1984 an passender Stelle nachgesehen. Dort findet sich die gesuchte Rechtsvorschrift mit der eingängigen Bezeichnung "Verordnung über die Inkraftsetzung der Regelung Nr. 22 für die Genehmigung von Schutzhelmen für Kraftradfahrer nach dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseiteige Anerkennung der Genehmigung (Verordnung zur Regelung Nr. 22)".
In der gesuchten Verordnung vom 7. August 1984 stößt man dann sogleich auf den Wortlaut des § 1:
"Die nach Artikel 1 des Übereinkommens vom 20. März 1958 angenommene Regelung Nr. 22 über einheitliche Vorschriften für die Genehmigung der Schutzhelme für Fahrer und Mitfahrer von Krafträdern, Fahrrädern mit Hilfsmotor und Mopeds wird in Kraft gesetzt. Der Wortlaut sowie die Anhänge der Regelung werden nachstehend veröffentlicht."
Die eigentlich interessierende Regelung Nr. 22 ist leider im Bundesgesetzblatt nicht "nachstehend veröffentlicht", wie es
in § 1 der Verordnung heißt. Der Interessierte erfährt aber aus der im Bundesgesetzblatt enthaltenen Fußnote zu § 1 der Verordnung immerhin, dass die Regelung 22 mit Anhängen als
Anlageband zu "dieser Ausgabe des Bundesgesetzblattes ausgegeben" wird. Na gut, man besorgt sich also dann noch den Anlageband zum Bundesgesetzblatt 1984. Falls man Abonnent des Bundesgesetzblattes Teil II ist, wird einem der
Anlageband auf Anforderung kostenlos übersandt.
Dies ergibt sich ebenfalls aus der soeben erwähnten Fußnote zu § 1 der Verordnung. Nicht wenig staunen wird derjenige, der - auf welchem Weg auch immer - die Regelung Nr. 22 tatsächlich irgendwann zu sehen bekommt. Dort wird im
einzelnen bestimmt, wie Schutzhelme nach der Regelung Nr. 22 zu bauen, zu prüfen und zu genehmigen sind. Es gibt
Regelungen zu der Anzahl der vorzunehmenden
Schlagprüfungen, zu den Punkten, an denen die
Schlagprüfungen am Helm vorzunehmen sind, zur Reihenfolge
der getesteten Stellen, zu Schnittebenen, zu
Aufschlagpunkten, zu Bezugsebenen, zum Toleranzradius
usw., und so fort.
Nachdem man sich also irgendwie mit dem Inhalt der ECE-
Regelung Nr. 22 vertraut gemacht hat, weiß man, was
ein "amtlich genehmigter Schutzhelm" im Sinne des § 21a
Absatz 2 StVO ist. Vielleicht ist man ja bei der Recherche auch
auf die "Zweite Verordnung über Ausnahmen von den
Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung (2.
Ausnahmeverordnung zur StVO)" vom 19. März 1990
gestoßen (BGBl. I 1990, S. 550). Deren § 1 lautet klar und deutlich:
"Abweichend von § 21a Absatz 2 und § 54 Absatz 6 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565, 1971 S. 38), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. November 1989 (BGBl. I S. 1976) geändert worden ist, dürfen Kraftrad-Schutzhelme, die nicht in amtlich genehmigter Bauart ausgeführt sind, bis zum 31. Dezember 1992 verwendet werden."
Wir wissen jetzt also, dass bis zum 31. Dezember 1992 auch Schutzhelme verwendet werden durften, die nicht in amtlich genehmigter Bauart ausgeführt waren. Und weil wir so genau
recherchiert haben, stoßen wir jetzt zur Belohnung auch noch auf die "Erste Verordnung zur Änderung der 2. Ausnahmeverordnung zur StVO" vom 22. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2481). Deren Artikel 1 bestimmt, dass in § 1 der 2. Ausnahmeverordnung zur StVO vom 19. März 1990 die
Worte "bis zum 31. Dezember 1992" gestrichen werden.
Dies bedeutet im Klartext, dass auch nach dem 31. Dezember 1992, bis zum heutigen Tag, Schutzhelme verwendet werden dürfen, die abweichend von § 21a Absatz 2 StVO nicht in amtlich genehmigter Bauart ausgeführt sind. Anders ausgedrückt: Obwohl nach § 21a Absatz 2 StVO amtlich genehmigte Schutzhelme getragen werden müssen, können
ebensogut Schutzhelme getragen werden, die nicht amtlich genehmigt sind.
Übrigens: Die Helmpflicht des § 21a Absatz 2 StVO gilt auch für Mofafahrer, nicht jedoch für Fahrer von "Leichtmofas". Was ein "Leichtmofa" ist, ergibt sich zwanglos aus der Anlage zu § 1
der "Verordnung über Ausnahmen von
straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften (Leichtmofa- Ausnahmeverordnung)" vom 26. März 1993 (BGBl. I S. 394).
Alle Klarheiten beseitigt!?
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mopedjunkie
Erstellt am Mi 29.01.2003
Hallo Allerseits,
ehrlich gesagt hätte ich es niemals für möglich gehalten, daß es ein solch undurchsichtiger Wust ist mit den Paragraphen zur HELMPFLICHT!
Denn die Normen zu den notwendigen Prüfungen und der Beschaffenheit / Ausführung der Helme an sich sind sehr genau und detailiert beschrieben.
Beruflich hatte ich mal das Vergnügen, den amerikanischnen SNELL- Test, eine eigene, harte Prüfnorm der Amis zu übersetzen.
Die ECE- Normen zu den Helmtests sind ja auch ziemlich hart. Manches mag ja nicht so richtig nachvollziehbar zu sein, aber es gibt dadurch wenigstens Vergleichsmöglichkeiten.
Und die Helme sind auch wirklich gut geworden in den letzten Jahren.
Die Helme von vor ca.fünfzehn Jahren hatten keine gescheiten Visiermechanismen. Drehte man den Helm mit nicht- verschlossenem Visier zur Seite, schnellte das Visier hoch und es tat einen gewaltigen Schlag ins Genick. Da gab es noch keine richtige Rasterung am Visier.
Oder der legendäre JEB's- Helm "Agostini" mit der seitlichen Spoilerkante. Man bin ich froh, daß ich den Helm nie besessen hatte und damit auch keinen Sturz hatte. Mit der Kante hätte man sich nämlich vorzüglich beim Rutschen irgendwo einklinken können....
Hatte selber mal einen NAVA- 2, ja genau der, mit der dämlichen Visiermechanik. Da sollte sich das Visier automatisch ab einer gewissen Geschwindigkeit selbständig schließen. Hatte eigentlich nie richtig funktioniert und eher genervt. Von Kratzresistens des Visiermaterials mal ganz zu schweigen!
Da sind wir mit dem heutigen Angebot doch echt gut bedient. Die Helme werden leichter und die Auswahl größer, so daß jeder seinen optimal passenden Speckdeckel finden kann.
Die richtige Paßform ist ja ohnehin das A.und O. beim Helmkauf, weil sicherheitstechnisch betrachtet alle vor der Norm gleich sind.
Schönen Tag noch
Armin
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