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JLmitTDM 12.11.2001

Die Eiskalten

Wegstrecke 0 km
Länder/Regionen/
Wegpunkte
Nordrhein-Westfalen
Straßenart
Tour-Motorrad
Schwierigkeit
Schlagworte
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Die Eiskalten

Eine Wintetour ins Muensterland
Drei verrueckte Motorradfahrer lassen es sich nicht nehmen bei eisigen Temperaturen eine geplante Tour ins Muensterland durchzufuehren. Warum sie dennoch nicht erfroren sind, erlaeutert der Tourbericht.
Morgens um 10 Uhr trete ich aus dem Haus. Es ist eisig kalt, der Weg fuehlt sich sehr glatt an und es ist diesig. Ich gehe hinueber zu meinem Motorrad, und ein Blick bestaetigt mir meine Empfindung: die Temperatur geht gegen Null. Also erstmal das Bike von seinem Eispanzer befreien. Selbst auf den Reifen haftet eine dicke Eisschicht. Waere schon bloed auf seinen eigenen Reifen auszurutschen. Auch der Tankrucksack haelt nicht mit seinen Magneten, sondern faengt an zu rutschen. Nach erfolgreichem Entfrosten der Maschine kann es dann endlich losgehen.
Vorsichtig taste ich mich ueber die noch vereiste Nebenstrasse Richtung Rhein. Die Grossstadt hinter mir lassend ueberquere ich die Rheinbruecke nach Meerbusch. Augenblicklich nehme ich das Gas weg. Aber diesmal nicht wegen Glatteis, sondern weil mein Blick fasziniert auf den Rhein gerichtet ist. Dicke Nebelschwaden haengen ueber dem grossen Fluss und tauchen ihn in diffuses Licht. Wie ein Geisterschiff taucht ploetzlich ein Lastenkahn aus dem Nebel auf und verschwindet wieder. Irgend jemand stellte mal die Frage, warum es am Rhein so schoen ist. Vielleicht beantwortet dieser Augenblick diese Frage von selbst. Ich wundere mich jedenfalls nicht mehr, warum ich mich der Faszination dieses Flusses einfach nicht entziehen kann.
Puenktlich am Treffpunkt in Meerbusch angekommen, warte ich ohne viel Hoffnung auf Mitfahrer.
Zitternd in der Kaelte neben meiner Yamaha stehend, will ich gerade das Warten aufgeben, als Norbert mit seiner XJR eintrifft. Waehrend ich in meinen Thermosachen schlotternd da stehe, wirkt Norbert in seinen Jeans und seiner Lederjacke doch ziemlich locker. Dieser Mann scheint nie zu frieren.
Da wir beide nicht gerne Autobahn fahren, beschliessen wir ueber die B9 nach Kevelaer zu fahren, wo wir Gabriele treffen wollen. Den Entschluss, ueber Landstrasse Krefeld zu durchqueren sollten wir leider noch bereuen. Hier waere eine Umfahrung ueber Autobahn nervenschonender gewesen. Wer kommt auch auf die Idee an einem Samstagvormittag wo alle Welt einkaufen faehrt, ueber eine Strasse zu fahren, welche mit Schienen, Kopfsteinpflaster, unzaehligen Ampeln und als Dreingabe noch etlichen Staus gespickt ist. Doch nachdem wir Krefeld muehselig durchquert haben, bricht langsam die Sonne durch und scheint auf eine weite, flache, von Feldern durchzogene Landschaft.
Der Niederrhein begruesst uns mit trockener, teilweise von Baeumen gesaeumter Strasse. Durch mehrere Ortschaften fahrend erreichen wir schliesslich Kevelaer, wo Gabriele, schon eine Weile in der Kaelte stehend, auf uns wartet. Wir stellen die Motorraeder ab, und beschliessen uns erstmal in einer Kneipe mit einem Capucino aufzuwaermen. Dieses herrliche, heisse Getraenk sollten wir an diesem Tag noch oefters benoetigen. Nach erfolgreicher Aufwaermung soll es dann langsam Richtung Muensterland losgehen. Doch zunaechst muss Gabrieles Winteroutfit noch mit ein paar warmen Winterhandschuhen ergaenzt werden. Ihre alten Handschuhe stellen sich alsbald als fuer diese Temperaturen gaenzlich ungeeignet heraus. In Wesel angekommen machen wir daher einen kurzen Stop bei Louis, wo Gabriele Winterhandschuhe und ein paar warme Einlegesohlen fuer ihre Schuhe erwirbt.
Nun startet unsere Winter-Muensterlandtour aber wirklich!
Gabriele macht es sich wieder auf dem Soziusplatz meiner TDM bequem, und los geht es.
Von Wesel halten wir uns Richtung Dorsten, um in Schermbeck die Strasse nach Erle zu befahren.
Hier soll es einen Motorradtreff namens „Checkpoint“ geben. Es ist bereits spaet am Mittag, als wir in Erle eintreffen. Zwei Motorradfahrer kommen uns entgegen. Kommen die jetzt vom Motorradtreff oder fahren die dahin? Etwas ratlos irren wir durch Erle ohne den Motorradtreff zu finden, bis uns ein Passant schliesslich weiterhilft. Wir nehmen nun die Strasse von Erle Richtung Rhade und erreichen tatsaechlich den „Checkpoint“. Reichlich durchgefroren ordern wir erstmal den obligatorischen Capucino, um dann auch noch unseren Maegen etwas Gutes zu tun. Hier treffen wir noch einige wenige winterfeste Motorradfahrer. Es ist schoen warm hier, aber wir wollen ja noch weiter unserem eigentlichen Ziel entgegen. Gabriele haelt sich tapfer, trotz der Kaelte, hinter mir auf der Maschine. Sie hockt so ruhig auf der TDM, als waeren wir schon oefters zusammen auf Tour gewesen. So macht das Fahren mit Sozia wirklich sehr viel Spass. Ueber kleine Strassen und Alleen cruisen wir nach Haltern. Unterwegs spiegelt sich die herrliche Sonne in den immer noch gefrorenen Feldern und Wiesen. Das Motorrad fahren im Winter hat wirklich seinen ganz besonderen Reiz. Fuer diese Eindruecke und Erlebnisse nimmt man auch gerne die beissende Kaelte in Kauf.
Auf der Landstrasse werden wir von einem entgegenkommenden Opel Corsa-Fahrer per Lichthupe gewarnt. Waehrend ich automatisch das Gas wegnehme, und mir Gedanken ueber den Grund mache, sehe ich vor uns, direkt am Strassenrand, ein paar Rehe. Mit aeusserster Vorsicht passieren wir diese Stelle. Zu unserem Glueck, haben die Rehe genausowenig Lust auf einen Unfall wie wir.
In Haltern wenden wir uns Duelmen zu. Die Sonne spendiert uns bereits in der kalten, klaren Luft einen schoenen Sonnenuntergang, als wir Duelmem erreichen. Nicht mehr lange und es wird dunkel.
Wir fahren weiter auf der Landstrasse Richtung Muenster. In Buldern biegen wir ab zum Bulderner See. Wir halten uns an die Hinweisschilder „Freizeitanlage Bulderner See“, die uns ueber unzaehlige kleinste Strassen schliesslich zur „Biker´s Farm“ fuehren. Unterwegs beschert uns der Frost noch etliche vereiste Stellen, die wir mit Vorsicht ueberqueren.
Wir sind an unserem Ziel. Voellig durchgefroren betreten wir die „Farm“, und werden von einem gemuetlichen Kaminfeuer empfangen. Genau das, was unsere erfrorenen Knochen jetzt brauchen.
Die Thekenmannschaft begruesst uns freundlich. Die muessen uns fuer verrueckt halten. Wir sind Momentan die einzigen Biker hier.
Wir setzen uns auf die bequeme Sitzgruppe direkt vor den Kamin, und laben uns an der Waerme.
Und natuerlich gibt es wieder Capucino. Ich glaub ich habe noch nie in meinem Leben so viel Capucino getrunken wie an diesem Tag. Waehrend wir langsam auftauen kloenen wir ein wenig ueber alle moeglichen Themen. Gabriele ist ganz angetan von der kleinen, schwarzen Katze die vor dem Kamin spielt. Draussen ist es bereits stockfinster, waehrend wir es uns drinnen gemuetlich machen.
Keiner mag so recht an die Rueckfahrt denken, die sicher noch eisiger wird.
Aber es hilft alles nichts, wir muessen wieder zurueck. Schweren Herzen zwaengen wir uns in unsere Motorradjacken, aber nicht ohne vorher zu versprechen wiederzukommen.
Vorsichtig tasten wir uns im Dunkeln die glatten Wege zur Landstrasse zurueck. An der Auffahrt zur A 43 trennen wir uns von Norbert, der den schnellsten Weg zurueck nach Duesseldorf nimmt.
Gabriele und ich fahren weiter ueber die B 58 zum Niederrhein. Aufgrund der nun noch tieferen Temperaturen friert meine Sozia jetzt doch ganz erbaermlich. Ein paar Mal halten wir unterwegs noch zum Kaffee trinken an. Auch ein ganzes Rudel Rehe sehe ich im Dunkeln wieder am Wegesrand stehen. Auch diesmal passiert zum Glueck nichts. Schliesslich erreichen wir dann doch wohlbehalten Kevelaer. Trotz der Kaelte und des Frierens sind wir uns einig, das dies eine schoene Tour war. Wir hatten sehr viel Spass und es war etwas Besonderes.
Und ich bewundere Gabriele fuer ihr Durchhaltevermoegen. Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die bei solchen Temperaturen mit auf Tour geht. Und dann noch Norbert mit seiner Jeans. Mich beschaeftigt immer noch die Frage, wie der Mann es geschafft hat nicht zu erfrieren. So hart sind nur wenige.

JL

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heike1303
Bibber....mensch jetzt ist mir richtig kalt geworden beim lesen. Toll geschrieben. Bitte weiter solche Berichte, auch wenn ich hinterher nen heissen Kaffee brauchen *gg*
Lieben Gruss von Heike...die heute bei -3 Grad auch gefahren ist.
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JLmitTDM
Drei verrueckte Motorradfahrer lassen es sich nicht nehmen bei eisigen Temperaturen eine geplante Tour ins Muensterland durchzufuehren. Warum sie dennoch nicht erfroren sind, erlaeutert der Tourbericht.
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JLmitTDM
Moechte zu meinem Bericht noch ergaenzen, das es sich bei Gabriele um topsecret39 handelt. Hab ich ganz vergessen zu erwaehnen. Norbert ist meines Wissens nach nicht Mitglied bei biker.de.
Ausserdem habe ich bei der Anzahl der Kaffeepausen auf dem Rueckweg etwas uebertrieben(ich kann mich da doch sicher mit kuenstlerischer Freiheit rausreden, oder?). Genau genommen haben wir nur eine Kaffeepause auf dem Rueckweg in Wesel gemacht. Aber der Rest des Berichts entspricht meiner Wahrnehmung.
So, das wollte ich noch klarstellen.

Gruesse aus dem Rheinland
Juergen
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