Die Reise nach Mittelerde
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Die Reise nach Mittelerde
„Was meinst Du, dieser Aragorn, der Sohn Arathorns, kommt der eigentlich aus Aragon oder aus Argovia? Aragon, - das muss doch auch irgendwo in Mittelerde liegen, vielleicht neben Gondor?“ Erwartungsvoll blickten mich ihre grünen Augen an. „Er ist ein soooo schöner Mann", hauchte Sie.Weite trockene sich ausdehnende pferdefreundliche Ebenen hinter dem schaurigen Nebelgebirge? Es soll sehr sonnig dort sein, in Aragon, wilder Wein ranke sich überall und in freundlichen Gaststätten biete man würzigen Schweineschinken wohlfeil, munkelt man.
Auf nach Aragon, Aragorns und Arathorns Land, mit der BMW GS, quer durch das Reich der Helveter und dann durch das der Burgunder, durch das Land der Averner... Richtung Süden und immer weiter zu den Nebelbergen hin. Im Frankenland lässt es sich gut in sog. Billighotels der Accor-Kette übernachten, - geht das Gerücht um. Nach der ersten Nacht fühlte ich mich schön gebeutelt, - die Matratze war wohl mit Steinen gefüllt... aber die GS-Sitzbank verwöhnte mich während der Fahrt, stimmte mich friedlich, sogar freundlich. Wir rollten durch die Bresse, das Land der weissen Hühner mit den blauen Füssen. Bestes Material für den oberleckeren coque au vin. Will sagen, die Landschaft ist flach grün, mit Teichen und kleinen Seen an jeder Ecke und dazwischen laufen diese weissen Hühner, die so einen Wahnsinnsschmaus hergeben. Sodenn, wer Göttliches mag, und täglich... äh eher doch abends... opulent zu tafeln gedeckt, - für den ist die Bresse, so heisst ja die göttliche Gegend, ein Paradies, - fast so wie das Perigord, das ohne blaubeinige Hühner auch göttlich ist.
Nun folgte die Runde um Lyon herum. Während der Auffahrt nach St. Etienne musste ich etwas Wärmendes darunter anziehen und auf der Hochebene, so vor Le Puy, fröstelten wir in der gleissenden Mittagssonne und genossen ein hochfeines Cassoulet. Unter dem Motorradjäckli wärmte mich der Hallo Hansi und die liebe Sonne taute den vin de table vom Barthaar.
Wir wollten die berüchtigte Tarnbrücke, das neue bemerkenswerte nationale Batiment de France, - sehen, fotografieren und auch drüber... Schon weit am Horizont wird das weisse Monument zum Blickfang. Nach der péage klickten wir von einer Belvedere ein paar Fotos und sind dann irgendwie, nachdem wir mit dem Möfi einen Fussweg gequert hatten, im Areal der für uns „falschen“ Autobahnauffahrt. Die Polizei fand es nicht so irre gut, traverser un Fussgängerweg? Es folgte eine dynamische Diskussion, ... viele französische Worte, viele Hääähs, Achselzucken und grosse runde Augen. Das Gespräch mit uns, den ausländischen Motocyclisten, erging sich fruchtlos. Dann die erlösende Handbewegung des Hüters und ein verzweifeltes „allez“ gab den Weg frei, - es war wirklich an der Zeit, diese Diskussionsrunde zu verlassen...
Die Kirche von Albi ist schon ausserordentlich bemerkenswert. Ihr burgähnlicher Bau wirkt erhaben und erst innen... Generationen von begnadeten Künstlern schufen dies unverwechselbare Grossod (die Kirche ist irgendwie viel grösser als ein Kleinod).Das Garmin 60 CSX half uns drei Stunden später durch die Rushhour von Toulouse, so dass wir den Weg in Richtung Nebelberge (auf der Karte stand Pyrenäen) recht schnell fanden. Die Fahrt führte an ausladenden Sonnenblumenfeldern vorbei... eigentlich durch diese hindurch... a Wahnsinn...weit, irre gelb und duftend.Dann die Berge im dichten Nebel, hohe Luftfeuchte und drohende schwarze, schwangere Wolken. wir suchen ein Hotel und geniessen foie gras und den Roten aus der Region. Vivre comme dieu bedeutet: BMW-fahren, in weichen Betten liegen, coque au vin avec et un peu de rouge... der leichte Nieselregen draussen stört nicht mehr.
Lourdes ist weniger für Biker gemacht, s’ist ja quasi ein heiliger Ort. Die göttliche Jungfrau Maria, Mutter des Nazareners Joshua, erschien wohl vor längerer Zeit mirnichtsdirnichts einer ebenfalls Nochjungfrau und teilte ihr geheime Geheimnisse mit. Bernadette, so hiess die junge Dame, grub daraufhin spontan eine Quelle unter einem Hügel aus, die ihr Wasser heute, über ein Verteilsystem den Pilgern zuführt. Jedenfalls spricht man dem Quellwasser eine wundersame Heiltätigkeit zu. Da ich mir den Unterarm am heissen Auspuffrohr angeschmort hatte, bot es sich ja an, die Heilwirkung zu testen. Ja, es funktionierte. Heute, viele Wochen nach der Brändung, hat sich die Wundstelle deutlich positiv verändert. Ich denke, wenn das Wunder anhält, wird man schon in einem Jahr kaum mehr etwas von der Schadstelle sehen können. Viele, viele Stände bieten nahe am Heiligen Bezirk (wir nannten die zentrale mystische Gegend des Pilgerzentrums so) dem frommen Pilger frommen Tand feil. Das Beste was ich sah war echtes Lourdes-Heilwasser in Pillenform; - einfach normales homegrown Leitungswasser draufgiessen und schon kann man mit der Wunderbehandlung loslegen. Vergebens suchte ich an den Verkaufständen nach einem Flaschenöffner der Art: die Gottesmutter als Griff oder gar der Gekreuzigte als Krafthebel... Dem Himmel sei dank, der perverse ökonomische Geist hat solches noch nicht erfunden.
Die Nebelfahrt durch die Berge war dann mit dem Crosshelm nicht so der Hit. Hatte mit eine sog. Vorscheibe vor meine Brille an den Helm geklebt, - das half enorm und bewahrte die Crossbrille vor der gröbsten Nässe. Dann, jenseits des Passes, in Mittelerde: Aragon! Blau, warm, sogar die Motopolicia grüsste uns freundlich. Aragon und dann Nordkastilien empfängt uns nach dem Verlassen der Bergwelt mit einer Art Wüstenlandschaft in rotbraunen Farben. Tafelberge, sogar ausladende Tafelberglandschaften wollen umfahren, über- und durchquert werden. Ein herrliches Enduroparadies ist’s sicherlich für die leichten Kates (KTMs). Der blaue Stausee ist verdammt gross und das Wasser angenehm temperiert, die Sonne knallt mir auf die weisse Haut. Danach sitzen wir unter einer kleinen Pappel und schauen auf die glitzernde blaue Weite, entdecken da und dort einen sich bewegenden Punkt in der Ferne, - Menschen, wir sind doch nicht allein in dieser Welt. Auf dem nahegelegenen Hügel nach Norden hin und auch hinter uns am Ostufer stehen leere verfallene Behausungen (Die Reste von Minas Tirith?). Der warme Sommerwind weht trollende Büschel über Land. Stünde Franco Nero im brauen Staubmantel dort neben dem alten Brunnenrund..., ich würde meine Mundharmonika hervor nehmen und den 45 neben meinen rechten Oberschenkel legen.
Es stellte ich als Fehler heraus, die baskische Küste aufzusuchen. Vielleicht lag es auch an uns, aber irgendwie waren die Einheimischen eher sehr unfreundlich. Die Verständigung war plötzlich sehr mühsam, den Menschen verhielten sich sehr abweisend. Die Speiskarte wurde uns mit einer Handbewegung auf den Tisch geworfen; das Angebot war in baskisch ge- und beschrieben. Eine Bitte um Menuempfehlung wurde mit einem Grunzen kommentiert! Wir schauten uns eher hilflos an und beschlossen, direkt am nächsten Morgen nach Spanisch-Navarra zu fahren. Vielleicht sollten diese Leute in Baskanien ihr Land einzäunen – und Warntafeln aufstellen? Es wird uns nicht schwer fallen, die Gegend inskünftig grossräumig zu meiden.
Irgendwann zieht es uns in die Richtung Catalunya. In einer Raststätte, eingangs Lerida, empfiehlt eine sehr nette und ausserordentlich proportionierte Serviceangestellte mir, dem Aleman, in einem ausführlichen Gespräch was Llomo ist. Wahrscheinlich werde ich nun als sexistischer Sexist bezeichnet, - aber... was soll man tun... kennt jemand einen Trick, wie man eine bemerkenswerte weibliche Erscheinung übersehen kann? Das/der Llomo war aber dann auch sehr gut. Solche Begegnungen haben dann auch den positiven Effekt, dass man seiner Frau anschliessend erklären kann, was Llomo ist.
Die Küste von Catalunya empfing und mit recht kühlem Wetter, was um diese Jahreszeit eher unüblich ist. Alex’ Casa Pino war besetzt und zu Holly fahr’ ich nicht mehr. In San Climent fanden wir Unterkunft und echtes catalunisches Essen. Das ist schon eine tolle Gegend dort. Nur um ein paar Orte zu nennen: Roses, Lescala, Figeres... ja und sogar La Jonquerra ist in der Ortsmitte nicht hässlich, wie man aus Sicht der Hauptstrasse doch vermutet. Wir verbringen sehr abwechselungs- und erlebenisreiche Tage in der Gegend. Es ist grün.[img 40476] Über dem Golf von Roses kommt die Sonne zurück. Gen Abend sitzen wir von unserem Restaurant in einem kleinen Ort unter einer Platane, lesen, essen, trinken, - der Maitre des Restaurants setzt sich an unseren Tisch und wir verständigen uns mit Hilfe aller Sprachen – aber keiner spezifischen. „Vous entrada from Alamania?” “Non, nous venons de la Suisse!”
“Hä? Non comprende”, “Helvetica” “Ah, - muy bien! oder so ähnlich... Die Flasche Olivedas / Crianza kostet 4 Euro, der Wind rauscht in der grossen Platane, und über den Hügeln, jenseits der grünen hügeligen Endurolandschaft will die Abendsonne die Bergspitzen küssen.
Wir verlassen Hispania-Catalunya über Landstrassen, durchqueren Perpignan und geniessen trotz des Hochsommers angenehme 27 Grad in Fitou. So ein Mist, wir müssen jetzt zurück, die Ferienzeit geht zu Ende, und man will ja seinen beruflichen Verpflichtungen nachkommen. Wir umfahren den Genfer See auf der rechten Seeseite und benutzen dann für die letzten 300 Kilometer den Highway.
Resümee: Ich wollte keine Monsterkilometertour in der kurzen Zeit durchziehen; - nun sind es ungewollt doch über 4 Tausend gewesen, - aber by the hell, es war richtig schön. Nur einmal im Regenanzug - für etwa zwei Stunden. Viele herrliche Landstrassen, unvergleichliche Landschaften... und (ich meine nicht Baskanien) viele nette Menschen in Navarra, Kastilien, Catalunya und Aragon... Arathorns und Aragorns Land.
Kommentare
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Seehr schön Adi, es ist auch die Zeit von Mittelerde zu träumen, da lässt man sich gern entführen nach Aragon und Gondor.
10 Pünktli sind ja eh zu wenig, aber trotzdem hab ich die gegeben.
LG Heike
ein schöner Bericht :-)
10 points ist doch klar!
erinnert mich an meine Pyrenäen-Tour 2003 - schön in Erinnerungen zu schwelgen :-)
Du hast es gut geschrieben aber die Bewohner von Moria nicht richtig erkannt. Schon einmal überlegt ob die euch nicht fressen wollten? Na ja, was soll Frau auch von einem Gizonak erwarten, außer, vielleicht das er weiß, was Llomo ist. *gg
Text ist mal wieder besser von Dir als die Bilder, weil die braucht man bei Dir nicht unbedingt, dennoch nettes Beiwerk. ;-)
Ride On
Searcher
ein klasse bericht...manchmal möcht man mehr als 10 punkte vergeben...
„Was meinst Du, dieser Aragorn, der Sohn Arathorns, kommt der eigentlich aus Aragon oder aus Argovia? Aragon, - das muss doch auch irgendwo in Mittelerde liegen, vielleicht neben Gondor?“ Erwartungsvoll blickten mich ihre grünen Augen an. „Er ist ein soooo schöner Mann", hauchte Sie. mehr...