Eine Moppedtour mit Bahn und Auto
Wegstrecke | 0 km |
Länder/Regionen/ Wegpunkte |
Bayern |
Straßenart | |
Tour-Motorrad | |
Schwierigkeit | |
Schlagworte |
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Eine Moppedtour mit Bahn und Auto
Nicht immer verläuft eine Tour so, wie man sie geplant hat. Leider. Der Versuch einer Frustbewältigung.Anfang Juni, die Einladung zur 25 Jahrfeier eines Clubs im Süden Deutschlands liegt schon lange bereit. Augsburg liegt zwar nicht gerade bei mir um die Ecke, aber ich freue mich riesig darauf, altbekannte und befreundete Gesichter wiederzusehen. Schnell ist eine Tour dorthin geplant. Ein Freund aus Thüringen wird mich in Würzburg aufgabeln und als Sozia mitnehmen. Die Freude wächst.
Also mach ich mich in Herrgottsfrüh auf, um am späten Vormittag in Würzburg sein zu können. Es ist ein herrlicher Tag, an dem ich mit der Rurtalbahn meine Reise antrete. Rucksack, Helm und Zelt sind zwar etwas sperrig beim tragen, aber das klappt schon. Der ICE in Köln hat natürlich Verspätung. Mittlerweile ist es trotz Morgenstunde lecker warm und speckig in meiner Lederhose und ich werde insbesondere von den mitreisenden älteren Damen kritisch beäugt. Zur Sicherheit klemmen sie ihre Handtasche etwas fester unter den Arm. Ich muss lachen und denke mir nur, dass die mich erst mal auf der Rückfahrt sehen müssten. Ok, und riechen.
Am Rhein geht mein Blick immer wieder kritisch zum Himmel. Sind das etwa dunkle Wolken dort? Irgendwann tun mir die Augen vom Hochstarren weh und ich mach sie lieber zu und freu mich einfach auf die Tour. Die Oma neben mir lockert leicht den Würgegriff ihrer Tasche und wirkt auch etwas entspannter. Wohlbefinden pur kehrt ein.
Im Unterbewusstsein hör ich ein mir irgendwie bekanntes Geräusch. Nach einer geraumen Zeit des Sinnierens schaffe ich es, das Geräusch zuzuordnen. Unter dem missbilligendem Blick meiner Sitznachbarin krame ich hektisch mein Handy hervor, dass fleißig den dritten Mann durch den Waggon vertont. Mein Fahrer, Paul. Ich solle mich nicht erschrecken, aber es sei was passiert. Ihn hat auf der Autobahn ein PKW abgeschossen. Er selber ist in Ordnung, aber der alte Klepper hat diverse Verletzungen und wird nun mit dem ADAC nach Hause gebracht. Es sieht leider nicht nach einer schnellen Genesung aus, da eine längere OP zu befürchten sei. Wenn er mehr weiß, wird er sich wieder melden.
Ich sitze da und hadere mit dem Schicksal. Oder besser gesagt mit dem Zwiespalt meiner Gefühle. Die Nachricht hat mich schockiert und ich bin immer noch etwas vor den Kopf gestoßen. Gott sei Dank ist nicht mehr passiert und Paul hat das Moped halten können! Mir ist leicht übel. Zeitgleich wird mir klar, dass wir die Tour knicken können. Betroffenheit und Frust.
Irgendwann meldet sich Paul wieder. Das Moped ist vorerst nicht zu reparieren, aber er wird mit nem Leihauto nach Würzburg kommen. Draußen ist strahlend blauer Himmel über saftig grünen Feldern. Ich schlucke. Wir beteuern uns gegenseitig, dass dies die beste Lösung ist und suhlen uns andererseits lautlos in Depression.
Bei Würzburg ist meine Fahrt in der Bahn zu Ende und Paul ist schon da. Herrlichster Sonnenschein lässt mich meine Lederhose wieder bewusst werden. Naja, wenigstens hat das ADAC-Leihauto ein heimisches Kennzeichen. Dies ist aber ehrlich gesagt der einzige Vorteil, den ich spontan erkenne.
Wir überlegen, wie wir vorgehen wollen. Direkt auf dem schnellsten Weg nach Augsburg oder vielleicht so tun als ob...? Keine Frage, wir machen ne Mopedtour per PKW daraus. Ich bewaffne mich mit der Mopedtourenkarte und ab geht die Fahrt über kleine Straßen, kreuz und quer durch Wälder und vorbei an saftigen Wiesen. Immer wieder entfährt einem von uns beiden ein fast schmerzliches Stöhnen, wenn wir an besonders schönen Streckenabschnitten entlang kommen. Motorradfahrer werden von uns missbilligend beäugt und mit Verachtung bestraft. Wir reden uns ein, dass es viel schöner sei mit Klimaanlage zu fahren (was mit den Lederhosen im geschlossenen Raum auch sicherlich von Vorteil ist) und das wir ja Musik hören können und natürlich auch bei der Fahrt quatschen können. Also, wenn nicht gerade einer von uns beiden schmerzlichst und herzergreifend seufzt.
In Hechlingen schauen wir uns noch das BMW Cross-Gelände an, wo gerade ein paar Gruppen mit ihren Motorrädern üben. Schnippisch kommt uns nur ein „Phff“ über die Lippen, bevor wir uns wieder in unsere Dose setzen. Leichter Nieselregen setzt ein. HAHA, sind wir nicht die Könige hier im Trockenen? Nein, sind wir nicht. Wir würden lieber nass werden...
So erreichen wir nach etlichen Kilometern dann irgendwann das MC-Partygelände bei Augsburg und lassen erstmal alle höhnischen Sprüche an uns abprallen. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass die großen Clubs fast alle mit PKW´s kamen. Und das waren keine ADAC Notfallautos. Irgendwann ist mir das auch egal und ich freue mich einfach, viele bekannte Gesichter zu treffen. Ein sehr schönes Fest und auf diesem Weg nochmals herzlichen Dank an die Gastgeber!
Vielleicht zum Schluss noch ein nette Episode von meiner Rückfahrt. Im Zug natürlich. Sonntag nachmittag bin ich in Mannheim in einen Viehtransporter eingestiegen. Also so einer für Menschen. Unerträgliche Hitze, Menschen, die keinen Sitzplatz hatten und im Gang standen und natürlich fast ne Stunde Verspätung. Aber immerhin hatte ich meine Lederhose gegen ne leichte andere gewechselt und nen Sitzplatz hatte ich auch. Um mich herum saßen drei Leute, die anscheinend von einem gemeinsamen Seminar kamen und sehr intensiv miteinander erzählten. Irgendwann fragte mich meine Sitznachbarin:“Sind das nicht Motorradstiefel?“ Es stellte sich raus, dass sie ein Motorrad hat und auch viel unterwegs ist und dann kam es zu einer wirklich komischen Situation. Wir zwei duzten uns fortan, während sie sich mit den anderen, ihren Bekannten, fleißig weitersiezte. Und ihre Handtasche hat sie auch nicht umklammert ;o)
Diesen Bericht über eine Fast-Motorradtour kann ich leider nicht mit Bildern aufpeppen, da man mit dem Auto irgendwie keine Bilder macht. Naja, und in Lederhose vor nem ADAC-Auto kommt auch nicht so wirklich gut...
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Wirklich schön geschrieben und gut zu lesen. Ich konnte mich genau in die Situation hinein versetzen.
Beste Grüße
Der Grieche
Ich finde es genial das ihr dennoch das beste draus gemacht habt, hoffe ihr wiederholt das ganze irgendwann nochmal.
MOM ne dann aber ohne Unfall!
Gruß
Ja, schon...
Aber irgendwie rauben die ja nicht, sondern die werden beraubt. Jedenfalls ein wenig.
:o)
Gepanzert, behelmt, maskiert.
???
Komischer Vergleich.
Raubritter tzzz...
Was spricht eigentlich für´s Motorrad? Nichts! Auto ist viel bequemer, hat Klima, ist bei einem Unfall viel sicherer und man braucht sich nicht verkleiden wie ein Raubritter. Versteh´ einer die Motorradfahrer...
Geschlechterrollen mal umgekehrt? *fg*
Naja...also das mit dem Quatschen im Auto muss man sich etwas anders als normal vorstellen. Paul redet sich den Mund fusselig, bekommt irgendwann ne Zerrung davon, stellt fest, das viel Reden entkrampft und plappert weiter.
Ich sitze mit den Tourenkarten daneben und klopfe ab und an an die rechte Scheibe als Zeichen zum Rechtsabbiegen oder zeige mit dem Daumen nach links.
*gg*
Dann pfleg den Mustang mal ordentlich gesund!
Gibt doch jetzt ne Pflegezeit für nahe Angehörige...
greift dat hier auch?
Schön das Du Dir nicht weh getan hast :-)
ausnahmsweise gibt es die 10 auch mal ohne Fotos...
die innere Schwere wurde zu schön beschrieben :-)
und das nächste Jahr kommt bestimmt, sicher gibt es dann dort wieder ein Treffen - dann mit Mustang :-)