Manchmal werden Träume war
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Manchmal werden Träume war
Biker entdecken RusslandWir fuhren mit 15, am Ende waren wir 25 Biker durch Russland über Littauen dann Kaliningrad durch Osteuropa
Traueme werden war Motorradreise mit dem ASB 2006
Manchmal werden Träume oder Wünsche wahr, wenn man schon lange nicht mehr an sie glaubt. So in meinem Fall. Vor langer Zeit hatte ich den Wunsch einmal in den Osten zu reisen, der geschichtlich mit uns so stark zusammenhängt. Wie man weiß, war das lange Zeit nicht möglich. So vergehen die Jahre; man wird älter und die Zeit rinnt dahin....
Bis.... ja, bis Frühjahr 2006. Ich las einen Artikel über eine Motorradfahrt nach Königsberg. Schnell Kontakt aufgenommen mit dem Schreiber und dann begann eigentlich ein Abenteuer, wie wir es wohl nur noch selten erleben.
Über den ASB OV Hamburg Mitte erhielten wir, dh eine Gruppe von 10 begeisterten Motorradfahrer zweimal Einreisevisum für Russland, Fährticket Rostock – Helsinki und die Zusage, das die Planung in Russland steht.
Die Reiseroute führte uns also von Hamburg über Helsinki, über Viborg, St. Petersburg, mit Abstecher nach Nowgorod, Vilnius und Königsberg schließlich nach Stettin, unserem letztem gemeinsamen Aufenthaltsort vor der Ankunft wieder zu Hause.
Ziel war es neben dem Fahrerlebnis in einer Gruppe, auch etwas humanitäre Hilfe zu leisten in Form einer Spende bei vom ASB unterstützten Kinderheimen in Russland.
Erste Tag,1500:
Vom Treffpunkt Horner Kreisel über B 75 nach Reinfeld, dann BAB 20 bis in die Nähe von Rostock, wo unser Gruppenbenjamin (29 Jahre) erstmal einen Grillabend für uns organisiert hatte. Danach waren wir für die Reise eingestimmt, hatten uns beschnuppert –weil fast alle Mitglieder sich vorher noch nicht kannten- und auf ging’s zur Fähre, die wir gegen 2300 eroberten.
Zweiter Tag:
Vom Vibrieren der Motoren wurde ich morgens kurz wach und dachte an die Reise: Was wird sie wohl bringen?
Der Tag auf See war schön und für Nichtseefahrer auch noch interessant.. Super Wetter, wie auf der ganzen Reise. Temperaturen beinahe täglich um die 30grdC. Und die ersten Bekanntschaften: Eine Gruppe griechischer Biker auf dem Weg nach Finnland. (In 2 Tagen durch von Griechenland bis Rostock?!).
Dritter Tag:
Gegen 0800 Einlaufen in Hanko, Bikes gesattelt und dann auf nach Helsinki. Auf einem Campingplatz im Osten der Stadt bezogen wir erstmalig dann Quartier in Hütten und in Zelten. (Es gibt immer die ganz Harten. Die finnische Landschaft, typisch nordisch, die sauberen Orte und gepflegten Strassen ließen uns träumen vom weitern Verlauf der Reise, die wir an diesem Tag mit einer Stadtbesichtigung abschlossen.
Vierter Tag:
Nervosität morgens, haben wir alle unsere Papiere, sind die Krads in einem guten Zustand etc. Aber dann ging’s los. Auf schönen Landstrassen führte uns der Benjamin durch Finnland bis an die russische Grenze. Trotz seiner Suzuki Bandit 1200S legte er sich Ketten an und führte uns ältere Biker mit Choppern, Tourenmaschinen Moto Guzzis California and die Grenze. Der erste Anschi...aber vom finnischen Grenzer: Ob wir rote Ampeln nicht kennen würden. Wir hatten in unserer Aufregung das Stoppsignal vor dem Kontrollpunkt übersehen. Na ja, kann ja nur besser werden.
Es wurde besser... Ca. 3,5 Stunden später hatten wir den letzten russischen Grenzposten passiert, waren genervt ob der Formalitäten und der unzureichenden Grenzübergangshilfen, wie ausreichende Hinweise in Englischer Sprache (was nun eigentlich schon internationaler Standard ist) und hatten Angst, dass nebenbei unsere Motorräder geklaut würden. An denen hatten allerdings außer Touristen und arme Grenzgänger die weiteren Reisenden kein Interesse, sie brachten die größten und neuesten Offroader, Porsches etc über die Grenze nach Russland.
Unserer erster Ort in Russland: Viborg. Früher mal finnische Kleinstadt war vom altem Glanz nicht mehr viel übrig. Strassen, die seit 50 Jahren wohl nur dann eine Hand berührte, wenn jemand hinfiel, Mauerwerk, das einem leid tat. Hier trafen wir nun auf unseren Roadcaptain Kalle mit seiner Begleitung. Dascha, von nun an die Mutter der Kompanie, hatte ein erstes Zusammentreffen mit der Viborger Bikergruppe organisiert. Diese führten uns zu ihrem Domizil an der Stadtgrenze von Viborg. Unsere Krads schaukelten über die Strassen dorthin, der Abschluss der strecke bildete dann eine Geländefahrt zum ehemaligen Minengelände einer Kohlegrube. Etwas müde angelangt, schauten wir umher. Ein englischer Kampfhund als Aufpasser namens Adolf stimmte uns für den Abend ein. Als dann noch Marlene auf einer Yamaha 1100 Virago auftauchte, gerieten wir ganz aus dem Häuschen. Goodness, das war gut. Mit Adolf freundeten wir uns schnell an. Er fraß brav aus der Hand. Ein richtig lieber Hund. So ist das mit den Vorurteilen.
Der Abend wurde feucht fröhlich, die Schlaf- und Waschgelegenheit vergessen wir mal, aber nicht vergessen werden wir die Herzlichkeit unserer neuen Bikerfreunde, ihre Unbekümmertheit, mit der sie auftraten. Die Letzten gingen wohl gegen Morgen zu Bett (oder Matratze, Sessel, Boden oder,,,)
Bikerherz, was willst du mehr. Manch einer wahr später froh, dass er überhaupt lag und seinen Kopf ausruhen konnte. Ich allerdings schlief aus verschiedenen Gründen im Sessel, Beine auf der Sponsorrolle und dachte zwischendurch an den nächsten Tag, wenn ich mal wach wurde.
Fünfter Tag:
Etwas verkatert ging es morgens durch Viborg erstmal Richtung Überlandstrasse nach St. Petersburg. An der ersten Raststätte Pause zum Kaffeetrinken und etwas essen. Der Plan noch heute einen anderen Bikertreffpunkt ca. 200km südlich von St. Petersburg zu besuchen, wurde schnell fallen gelassen. Bloß erstmal einen Stützpunkt aufsuchen, der gewisse Facilities hat. Außerdem musste man ja nicht jeden Abend Freundschaften schließen.
Gegen Nachmittag erreichten wir das ASB Heim St. Petersburg, südlich der Innenstadt gelegen, mit U-Bahnanschluss in der Nähe. Die deutsch-russische Heimleitung begrüßte uns und Jana, die Leiterin, wies dann die Schlafgelegenheiten zu. In einer kleinen Grünanlage im Hinterhof einiger Mietshäuser war es ruhig und schattig. Die Bikes waren sicher hinter Gitter untergebracht, der nächste Getränkeladen 20m entfernt und 24/7 Einheiten offen. Totaler Service..
Sechster Tag bis dreizehnterTag.
Jetzt war also kulturell einiges angesagt. Um es kurz zu machen: Von Puschkin mit Bernsteinzimmer, weiße Nächste an der Newa, Erimetage, Bootsfahrt, Ladoger See haben wir in diesen Tagen alles mitgenommen, was unser Roadcaptain und Dascha für uns gelistet hatten. Die jungen Übersetzerinnen bzw. Fremdenführerinnen machten den Aufenthalt in St. Peterburg leicht und erfreuten uns mit ihrem Anmut, Wissen und Deutschkenntnissen. Ihre erste Angst auf dem Bike zu sitzen und mit uns zu den Sehenswürdigkeiten zu fahren, wich schnell der Begeisterung, den Fahrtwind durch die Haare wehen zu lassen und die Aufmerksamkeit der Passanten zu genießen, wenn wir knatternd vorbeifuhren. Motorradkonvois sind nicht häufig und wohl eher selten, wenngleich auch in Russland inzwischen eine Bikerzene erwacht ist bzw. besteht.
Der Verkehr ist allerdings stark gewöhnungsbedürftig. Von Fahrzeugen, die noch schnell vor dem deutschen TÜV geflüchtet sind, bis hin zu rasenden Offroadern, die alle Hindernisse als virtuell ansehen, bis hin zu den Straßenzuständen, bei denen es einem schon leid tut, dass diesen Straßen soviel Verkehr zugemutet wird. Nicht zuletzt Fahrer, denen man unbesehen glaubt, dass Führerschein nicht sein muss und nur eine Stück belastenden Papiers mehr wäre, wenn man ihn denn hätte. Autos, die einem leid tun, weil sie kurzfristig und unverhofft auf der Straße liegen bleiben, um auf dann längere Zeit auf ihre Ambulanz sprich Abschleppdienst, zu warten. Dann entsteht so ganz plötzlich ein großer Stau. Also, die Augenmuskeln wurden mächtig trainiert und manch einer wunderte sich über ungeahnte Fähigkeiten seines Motorrades im Seitwärtsstepp (oder kam das von einer tiefen Spurrille?).
Nichtsdestoweniger, die Tage waren aufregend und interessant.
Volkert, unser Ostfriese mit ostpreußischen Wurzeln ersteigerte glücklicherweise auf einem Souvenirmarkt vor dem Schiff Aurora ein Jagdhorn. Wie er sagte, super günstig. Wir halfen auch alle mit, und ließen den Händler wissen, so nicht. Jedenfalls rief der Händler seinen Boss an und Volkert hatte sein Horn zum gewünschten Preis. Ich hätte nicht gedacht, wie schön so´n Gerät klingt. Von nun an wurde morgens vor dem Start das Jagdsignal “Halali“ geblasen, das hieß: Leute zu den Sätteln. Auch unterwegs staunten die Zuschauer am Bordstein nicht schlecht, wenn 11 Biker andächtig neben ihren Bikes standen und den Klängen des Horns lauschten. Eigentlich hatten diese das Aufbrummen der Motoren hören wollen, aber Kultur muss auch sein. Insbesondere in Puschkin gefiel mir Volkerts Konzert gut. Durch die Strassen und Parks vor dem Schloss sattelten wir das Krad zum Jagdsignal „Hirsch tot“. Das hatte was und passte zum Ambiente mit Schloss, Park und Zuhörern. Ich hatte jedenfalls eine Gänsehaut und fuhr danach äußerst vorsichtig aus Puschkin wieder hinaus, zurück nach St. Petersburg.
Der Gipfel war jedoch der Abend an der Newa, um die berühmten St. Petersburger weißen Nächte gemeinsam mit tausenden Petersburgern nachts um 0100 zu erleben. Plötzlich ertöntet das Jagdsignal „Begrüßung“ und alle lauschten ergriffen den Klängen des Horns. Danach legte die Kogge, wegen der die vielen zumeist jugendlichen Zuschauer gekommen waren, vor unseren Augen mit ihren roten Segeln ab, gemäß einer alten Sage.
Volkert: Du hast Motorradgeschichte geschrieben.
Was mich nur wunderte war, dass die Segel der Kogge gegen den Wind standen, also muss insgeheim noch ein kleiner Motor beim Ablegen geholfen haben. Das tat aber der guten Stimmung keinen Abbruch, die meisten merkten das auch nicht. Der begonnene Morgen wurde anschließend im Heim von einigen Freunden noch etwas fortgesetzt.
Nach den letzten zwei Abenden in St. Peterburg mit Wein, Weib und Gesang (aber alles in Ehren) traten wir die Weiterfahrt an. Herzlichen Dank an alle, die in St. Petersburg für uns sorgten, uns begleiteten und für unvergessliche Momente sorgten. Es war schön bei euch.
Vierzehnter Tag
0900 Abfahrt gen Südwesten Richtung Vilnius. Die Überlandstrasse hatte zeitweilig guten Zustand, zeitweilig wachten wir schlagartig auf, wenn Schlaglochgeschwader auf uns zukamen. 9 Stunden später und 800km weiter direkt an der russischen-lettischen Grenze fanden wir eine Truckerunterkunft in Sichtweite des Schlagbaumes. Einfach aber sauber sahen wir noch das Fußballspiel Deutschland....um danach müde ins Bett zu fallen.
Fünfzehnter Tag
Der nächste Morgen brachte noch einmal günstig tanken und dann Grenzformalitäten. Der Roadcaptain informierte uns so nebenbei, dass es bei ihm wohl Verzögerungen geben könnte, da er nicht mehr alle Papiere hätte, die für die Ausreise notwendig wären. Na super, dachte ich, aber er kennt sich aufgrund seiner vielen Reisen nach Russland sicherlich aus. Trotzdem, etwas unsicher, legte ich mich nun mit der Grenzbeamtin an, indem ich ihr etwas von unterschiedlichen Vorgehen an den russischen Grenzen erzählte, ärgerte mich aber sogleich, denn die Rache folgte sofort. Wütend tauchte die Dame vor ihrem Häuschen auf, ging zu meinem Motorrad und verlangte Gepäckeinsicht. Ihr hatte es mein schöner Lederkoffer auf der Sissybar angetan und zeigte deshalb darauf. Sche.. dachte ich, so was hatte ich nicht mal in Libyen zu Revolutionszeiten erlebt. Gleichzeitig kam aber auch so etwas wie Schadensfreude auf, ich hatte nämlich meine nassen Badelatschen gleich oben in die Tasche gelegt, und zwar zum Trocknen. Als ich den Deckel der Tasche also öffnete entgleisten ihre Gesichtszüge, zwar nur gering aber deutlich ersichtlich für mich und sie drehte wieder um, zurück in ihren Kasten. Super Tag. Sie rief ihrem Kollegen an der nächsten Kontrollstelle etwas zu, was ich natürlich nicht verstand. Ich durfte weiter zu diesem Kontrollpunkt, und konnte mir aber denken was kam. Sorgfältige Durchsicht, Einsicht und Prüfung meines Passes über 10 Minuten. Tja, immer freundlich sein und Geduld haben, dann klappst auch mit dem Nachbarn, so auch hier. Er fand trotz Lupeneinsatzes nichts in meinen Papieren, die richtigen Stempel waren echt und ich durfte Russland verlassen. Nach einer weiteren Stunde hatten wir dann auch unseren Roadcaptain trotz fehlender Papiere in unserer Mitte zurück. Der Junge hat eben doch Russlanderfahrung.
Die Weiterfahrt nach Vilnius war dann nur noch schön. Unbeschwert genossen wir gute Strassen, saubere Dörfer, freundliche Menschen, Wenn nur, ja, wenn wir nur nicht unterwegs zu spät erkannten, dass nicht Nässe auf ca. 500m Straße war, sondern die Vorbeschichtung (Kleber) für einen neuen Bitumenbelag der Strasse. Fehlende Baustellenschilder waren also auch hier die Regel. Wenn gleich beschichtet wurde, konnte die Arbeit für deren Aufstellung ja gespart werden. Das ist ökonomisch richtig. Entsprechend jedenfalls sahen die Bikes nach der Überfahrt aus, und manch einer hatte wohl seine Tränen nur hinter dem Vollvisier verbergen können, als er die dicken schwarzen Flecken überall an seinem Krad entdeckte. Wissenschaftlich gesehen war die Verteilung und Häufigkeit der Flecken abhängig vom Reifeprofil, Geschwindigkeit und Menschengewicht auf dem Krad, was ich mit Interesse feststellte. Es schien aber wohl keinen weiter zu interessieren. Jedenfalls bekam ich keine anerkennenden Antworten auf meine gut gemeinten Erkenntnisse und Erklärungen, die ich ungefragt den anderen mitteilte.
Im weiteren Verlauf dieses Tages unterfahren wir dann noch einen heftigen Regenguss, der tropischen Ausmaßes war. Die Kohlereste von Viborg, die auf meiner Lederjacke zurückgeblieben waren, waren danach weg und kurzfristig brachte der Guss etwas Abkühlung. Gegen Abend bzw. zum Feierabendverkehr in Vilnius angekommen mussten wir nur noch die Unterkunft finden. Ich hatte leichtsinnig diese aus Hamburg organisiert und nun betrachteten die Freunde mich dann folgerichtig auch als ihren Führer durch die Stadt zum Hostel. Mein Gott, trotz Karte und GPS kurvten wir blind umher, trotz einiger gut gemeinten Wegbeschreibungen. Frage nie ein Ehepaar oder Pärchen, die die Gleichberechtigung praktizieren. Zum Schluss weist du nichts mehr, aufgrund der widersprechenden Aussagen der beiden Lebenspartner. Außerdem dauert die Beschreibung doppelt so lange, weil ja beide was sagen wollen. Straßenverläufe sehen nun mal aus weiblichen oder männlichen Augen unterschiedlich aus, stellte ich neutral fest. Das half mir in meiner Not aber auch nicht richtig weiter. Meine Kollegen waren aber noch friedlich, wohl deshalb, weil sie mein Dilemma noch nicht spürten und weil die Menschen am Straßenrand freundlich winkten und manch nettes Mädel darunter war. Selbst eine Busfahrerin ließ es sich nicht nehmen, uns mit ihrem Handy rückwärts aus dem Seitenfenster zu fotografieren, damit sie zu hause berichten kann, 11 müde Biker sind durch Vilnius gekurvt. Die günstigste Gelegenheit, die sich plötzlich bot, nämlich ein neben mir fahrendes Auto mit 4 winkenden und strahlenden Mädchen anzuhalten und nach dem Weg zu fragen, verpasste ich Trottel wegen irgendwelcher Sicherheitsbedenken, dahingehend, im fremden Feierabendverkehr nicht plötzlich die Spur zu wechseln und mit mir 10 Biker. Das wollte ich nicht. Na ja, manche Gelegenheit packt man oder lässt es sein, sie kommt jedenfalls nie wieder. Der Roadcaptain gab danach schlaue Tipps von hinten, aber ich musste die vergebene Chance erstmal verkraften. Nun, etwas später hatte ein junger Familienvater Mitleid mit der Truppe, -sahen wohl alle inzwischen etwas müde aus- und führte uns schließlich mit seinem Auto direkt zur Herberge. Wir (ich) hätten sie wohl auch nicht gefunden.
Vilnius ist eine schöne Stadt mit einer intakten Altstadt, aber man sollte diese Stadt erstmal mit Begleiter kennen lernen.
Sechszehnter Tag
Diese fachkundige Begleitung hatten wir nun heute, und zwar durch die Vertreter des litauischen ASB. Beziehungen sind immer gut und wir sparten dadurch viel Zeit, die Sehenswürdigkeiten von Vilnius und Umgebung zu finden und zu besichtigen. Die Herberge in der Art eines Hostel war gut und es gab ein reichhaltigen Frühstück.
Siebzehnter Tag
Manch einer wäre gern noch in Vilnius geblieben, aber Termine riefen uns dringend nach Kaliningrad. Ein großes Bikertreffen sollte dort stattfinden und außerdem war der Zusammenschluss mit der zweiten Gruppe vom ASB Hamburg geplant, die direkt dorthin fahren sollten. Also, auf die Sattel und zur Grenze quer durch Litauen. Von allen Landschaften (Ausnahme Finnland) durch die wir kamen, hat mir Litauen am besten gefallen. Es stimmt hier einfach alles.
An der Grenze zu der russischen Enklave kamen wir durch eine Stadt mit großem Automarkt. Wieder waren alle Typen von Edelkarossen neben Schrottautos zu finden. Europa ist doch inzwischen ein schöner Kontinent geworden. Die neue Seidenstrasse ist heute eine gewundene Autostrasse von West nach Ost und bringt die neue Zukunft für viele im Osten aber Reichtum für wenige Osten. Sie sorgt dafür, dass die Schrottplätze im Westen nicht überfüllt werden.
Der Grenzübergang von Litauen nach Russlands Enklave Kaliningrad war dann allerdings grenzwertig und manch harter Biker wurde auf eine ziemliche Geduldsprobe gestellt. 4,5 Stunden (viereinhalb) unsinniger Papierkrieg bei sengender Hitze in Lederklamotten. Obwohl zunächst das ganze Manöver gut anlief, passierte dann das Missgeschick, dass noch ein zusätzlicher zweiter Zöllner die Daten über Person, Mitbringsel und Bike aufnahm. Beide schaukelten sich dann gegenseitig mit ihrer sorgfältigen Prüfung der Papiere so hoch, dass fast nichts mehr lief. Da PC´s in dem Land noch nicht so lange an jeder Stelle eingesetzt werden, geht das schnelle Schreiben mit der Tastatur dann auch nicht jedem Bediener so flink von der Hand (sprich Finger), weil die langjährige Übung fehlt, die unsereiner inzwischen hat. Dazu Konversation wie: Warum ich in der Schule nicht russisch gehabt hätte bis, warum meine Eltern mir nicht russisch beigebracht hätten, denn dann, ja dann wäre alles einfacher. Richtig, nur inzwischen gehöre ich der älteren Generation an und das hilft alles nicht richtig weiter.
Wir mussten uns nun sputen, denn vor Kaliningrad wartet schon Herrmann auf uns. Herrmann ist ein russischer Student, wahnsinnig nett und fährt wahnsinnig gut auf einer Ural mit Beiwagen, so dass wir erstmal Anschauungsunterricht bekamen, wie elegant man auf russischen Strassen fahren kann. Da sind selbst eng gestellte Grenzpfosten zwischen den Fahrbahnen kein Hindernis mehr, auch zwischen ihnen passt so ein Bike noch blitzartig hindurch, dass selbst ein Polizist das nicht mehr rechtzeitig mitbekommt. Drehen auf der Stelle war das Highlight, mit dem er uns verzückte. Im übrigen hatte er die in Tarnfarbe „Olivgrün“ gestrichene uralt Ural derart geschmückt, dass uns zunächst die Luft wegblieb. Eine1,5m hohe Fahnenstange steckte im Beiwagen und an ihr wehte lustig im Fahrtwind eine Deutschlandfahne. Er selbst hatte einen Fliegerhelm auf, was zu seinem Fahrstiel auch gut passte. Vorne weg um Strassen abzusperren oder hinter uns zur Sicherung mit dem jetzt gebildetem Konvoi, leitete er uns durch Königsberg und Umgebung. Alle Bewohner aber auch Gesetzeshüter in dieser wundervollen Gegend wussten nun sofort: Die Deutschen sind zurück, aber als friedvolle Biker. Wir fuhren gemeinsam mit den russischen Freunden ab jetzt von Besichtigung zu Besichtigung.
Abends Quartier im Hotel im berühmten Strandbad Granz. Neues Hotel und im Grunde nicht schlecht. Der Architekt sollte allerdings mal woanders schauen, wie Hotels heute gebaut werden, damit die Rohstoffindustrie geschont wird. Viele Treppen, Winkel und Gänge aber ohne Aufzug gaben uns heute den Rest, nachdem wir die Gepäckstücke bis in den fünften Stock gebracht hatten. Darum saßen wir um Mitternacht dann noch in einer Strandbar, und reagierten uns erstmal ab. Die andere Gruppe war jetzt auch anwesend und daher redeten sich 25 Biker den Kummer von der Seele runter, mit dabei ein schönes Bier und die kurische Nehrung.
Die weiteren Aussichten waren auch nicht schlecht. Die Führung hatte alles im Griff, nur das internationale Bikertreffen war auf dem Weg dorthin irgendwie verloren gegangen. Am besten, man ging erstmal schlafen.
Achtzehnter Tag bis einundzwanzigster Tag
Manch einer hatte mal wieder die Rechnung ohne unsere russischen Bikerfreunde gemacht. Was die Jungs dann trotz des fehlenden Bikertreffens mit uns anstellten war spitzenmäßig und ich hoffe, dass wir uns dafür hier mal revanchieren können. Mit teilweise insgesamt um 30 Bikes fuhren wir in Königsberg, im Umland und an der kurischen Nehrung umher, so dass die Königsberger nur staunten, wozu auch die örtliche Polizei in der Lage ist. Von abgesperrten Kreuzungen, Begleitfahrzeugen bis hin zum unauffälligem Personenschutz, als wir in einer Fußgängerzone das Fußballspiel Deutschland - Argentinien sahen, war alles drin.
Zwar mussten wir noch einmal das Hotel wechseln. Aber jetzt in der Innenstadt von Königsberg hatte es den Vorteil, auch per Pedes mal was zu unternehmen. Außerdem war abends nicht gleich bei Getränken mit Wasser Schluss. Gegenüber dem Hotel Moskau war nämlich eine kleine Kneipe, open air mit viel freiem Blick auf die freundlichen Passanten.
Ein Tag motorradfrei. Wer wollte ging spazieren, andere nutzten die Gelegenheit noch einmal raus ins Umland zu fahren, um die eigene Geschichte einmal zu suchen und zu finden.
Das alles war erhebend und mit unseren russischen Freunden wurde so manches Bier getrunken. Diesem oder jenem Biker aus dem Westen, der nur das herbe Ostfriesenbier als reines Gottesgeschenk ansah, kam tatsächlich als tollstes Lob der Satz über die Lippen: Das Königsberger Bier kann man auch trinken. Beim Abschlussabend tauschten wir daher gegenseitig Präsente aus.
Wenn es am letztem Abend nach meinem russischen Gesprächspartner Igor ginge, würde die Enklave Kaliningrad / Königsberg in der Zukunft von Russen und Deutschen gleichermaßen friedlich bewohnt werden. Ich glaube, dass sollten wir uns wirklich wünschen und unseren politischen Leitern ein glückliches Händchen wünschen, damit diese Vision nicht zulange auf sich warten lässt.
Zweiundzwanzigster Tag
Ein bisschen blass im Gesicht angesichts der neuen Herausforderungen am Grenzübergang nach Polen, machten wir wieder die Rechnung ohne Wirt auf. In ca. 30 Minuten waren 25 Biker durch die Grenze geschleust, dank der Fürbitte eines russischen Bikers bei den entsprechenden Grenzorganen. Den übrigen Grenzgängern, die bereits wohl seit mehreren Stunden warteten, viel dazu so schnell nichts ein. Als deren Münder sich schlossen waren wir schon in Polen auf guten Strassen unterwegs. Unser Jüngster führte wieder die Truppe an und ich erkannte, das Motorradfahren auch was mit Sport zu tun hat. Daher der Name Motorradsport, das Gepäck hüpfte vor Freude auf der Bank für die Sozia. Bei kurzen Stopps wurden die Sponsorbags immer weiter nachgespannt, so dass die Bags letztlich nur noch traurig auf oder am Krad hingen. Noch einmal genossen wir zügige Fahrt durch eine schöne Landschaft südlich von Danzig auf dem Weg von Ost nach West bis Stettin. Viele Seen und Wälder, dazu nette Orte und freundliche Menschen. Erhard, einer dieser Motorradfahrer, bei denen immer alles stimmt, auch nach 10 Stunden Fahrt die Haltung, die fahrerische Übersicht und das Motorrad mit dem Gepäckdesign, passte während all der Tage hinten auf uns auf und korrigierte unsere Fahrfehler. Aufgrund seiner sportlichen Gestalt gestattete er sich auch die Strassen hurtig abzusperren, wenn wir kamen, sodass wir Älteren unbeschwert in die Kreuzung oder den Kreisverkehr einbiegen konnten. Die weiteren am Verkehr teilnehmenden Personen hielten trotz manchen Protestes tatsächlich an, ich glaube allerdings nicht wegen der Einsicht defensiv zu fahren, sondern wegen der imposanten Figur von Erhard auf seiner Honda Pan European. Ich kann nur empfehlen, bei einer solchen Tour so jemanden im Team zu haben, denn Erhard hatte auch noch Erste Hilfe Kenntnisse. Manchmal kann man das brauchen.
Eine lange Reise ging zu Ende mit der Ankunft in einem Stettiner Hotel. Noch einmal Fußball in der Gemeinschaft. Die deutsche Mannschaft verlor zwar das Spiel, wie sie haben auch wir letztlich gewonnen. Nämlich Länder und Menschen kennen zu lernen und eine Kameradschaft aufzubauen. Dies war für alle eine Bereicherung. Manchmal nachdenklich, manchmal lustig aber immer interessant haben wir eine Exkursion in die deutsch-russische Geschichte gemacht. Ergänzend dazu noch ein Gruppenerlebnis der besonderen Art zu erfahren mit all den Facetten, das gemeinschaftliche Fahren unter immer neuen und fremden Bedingungen, hat uns zusammengeschweißt. Rückblickend betrachtet hatte unser Benjamin wirtschaftlich das beste Kosten/Nutzen Verhältnis dieser Tour erreicht. Manche Träne wurde wohl seinetwegen vergossen. Wir anderen sind aber auch glücklich und dankbar bei dieser Tour dabei gewesen zu sein.
Dank gilt insbesondere den Roadcaptains, den vielen neuen russischen Freunden, die zum Erlebnis beitrugen und natürlich dem ASB, der Visum, Heim und Fähre organisiert hatte.
Dank auch an die Motorradfreunde, die nicht alle in diesem Bericht namentlich benannt wurden, aber gleichermaßen zu der gelungenen Tour mit ihrem Können und Erfahrungen beitrugen.
Am dreiundzwanzigsten Tag war mein lang gehegter, geheimer Wunsch in Erfüllung gegangen. Ich war wieder zu hause, zurück von einer Reise, die mich in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Zukunft der Länder und Völker rund um den finnischen Meerbusen führte. Sie dauerte nur 4000km.
Geblieben sind Erinnerungen an grandiose Bauten, schöne Landschaften, Begegnungen mit offenen, freundlichen Menschen sowie die lachenden Gesichter der Kinder und jungen Menschen.
Epilog
Für den interessierten Leser noch einige Infos:
Der Verkehr St. Peterburg und Kaliningrad hat westliche Ausmaße. Staus in den großen Einfallstrassen dieser Städte sind an der Tagesordnung. Die großen Überlandstrassen sind streckenweise akzeptabel, aber immer und zu jeder Zeit muss man mit Untiefen in der Strasse rechnen. Insbesondere Nebenstrassen sind übel. In den Städten sind Straßenkreuzungen mit Schienen besonders gefährlich.
Betrachtet man die Menschen auf den Strassen, spürt wohl jeder einen Aufbruch. Dennoch, die Menschen in Russland müssen hart arbeiten, um einen gewissen Wohlstand in ihrem Sinne zu erreichen. Dieser ist aber noch nicht vergleichbar mit den Anforderung hier im Westen. Die Bevölkerung ist zurückhaltend, aber schnell bricht das Eis, wenn Kontakt aufkommt. Kriminalität haben wir nicht gespürt. Dinge wie Taschediebstahl gibt es auch bei uns. Vorsicht ist dort geboten, wo dicht gedrängt Menschen zusammenstehen wie z.B. in U-Bahnen zur Rushhour.
Das Motorrad sollte gut durchgecheckt sein. Empfehlenswert sind Vollkaskoversicherung, Schutzbrief und bestimmte Ersatzteile im Gepäck dabei zu haben.
In St. Petersburg ist die Innenstadt sehr schön restauriert. Wohngebiete wirken auf unsere Augen zum Teil etwas ungepflegt, aber nie schmutzig. Es ist viel Geld notwendig, die vergangenen Jahrzehnte aufzuholen. Aber es wird kommen.
Als ich vor ca. 10 Jahren beruflich in Kaliningrad war, machte die Stadt und die Bevölkerung auf mich einen traurigen Eindruck. Dies hat sich nun geändert. Seit Kaliningrad eine Freihandelszone geworden ist bzw. wird, kommen private Investoren. Auch hier wird es allerdings noch eine Zeit dauern, bis alle Narben aus dem Krieg verheilt sind. Beide Städte haben im Krieg besonders gelitten und wir tun gut daran, die Anstrengungen der Bevölkerung etwas aus den Städten zu machen, zu honorieren. Erst wenn der Nachholbedarf dieser Städte überwiegend gedeckt, wird mehr Geld in die Regionen gehen. Für manchen unserer deutschen Väter und Mütter wird ein Besuch in ihrer alten Heimat Ostpreußen traurig werden. Kirchen verfallen und das Leben in den Dörfern hat sich scheinbar in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert. Dennoch, ich wünsche mir, dass die russischen Behörden erkennen: Die lange Geschichte der Stadt mit dem heutigen Namen Kaliningrad wurde geschrieben unter ihrem Namen Königsberg. Diese stolze Stadt sollte ihren ursprünglichen Namen wenigstens in Untertiteln wie z.B. In Südtirol wieder erhalten. St. Petersburg und Wolgograd wurden auch zurück benannt, warum nicht auch hier. Großzügige Gesten bewirken häufig mehr als enge politische Gesinnung. Ich hoffe jedenfalls, dass die Vision meines russischen Freundes einmal wahr wird.
Ende
Bedanke mich , auch in diesem Jahr gehts wieder nach Russland über Petersburg, Moskau Anapapa na ja du kannst im meine Page alles sehen
Gruss Guzzikalle
www.guzzikalle.de
Es gibt eine ganze DVD wobei es dann mit Musik und Bildern dagestellt wird.
Wir sind auch in Hamburg bei den HMT zu sehen
Siehe ASB- Biker/ASB - Motorradfreunde
ein super bericht
hab auch auf deiner hp geschaut... und konnte überhaupt nicht mehr mit lesen und gucken aufhören
klasse und hochachtung... was du alles machst
gruss
silvia
Hallo Karl-Heinz,
ich schließe mich an. Mal eine nicht alltägliche Reise. Von mir 10 Punkte für Deinen Bericht.
Gruß aus Gütersloh
Reinhard
Wir fuhren mit 15, am Ende waren wir 25 Biker durch Russland über Littauen dann Kaliningrad durch Osteuropa mehr...
hi Karl-Heinz
super Bericht
hast ja einiges erlebt.
Gibt es auch den Bericht mit Bildern?
Wünsche dir noch viele schöne Touren.
vlg uli