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Alpengott 12.08.2005

Schottland, ein Reisebericht

Wegstrecke 0 km
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Wegpunkte
Schottland
Straßenart
Tour-Motorrad
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Schottland, ein Reisebericht

und kleine Tipps für den Norden
Eine Motorradtour durch Schottland, warum es sich durchaus lohnen kann die Alpen mal auszulassen...
Hello Folks, die letzten 12 Tage hatte ich das Glück, mit einer kleinen Motorradgruppe in die Highlands zu fahren. Vielleicht, voraus die Frage, warum Schottland? Nasskalt, unwirtlich, bevölkert mit geizigen Einwohnern am Ende der Welt, was sollen da Motorradfahrer. Soweit die gängigen Vorurteile.
Nun, trotzdem sammelten wir uns Ende Juli am Rasthof Hünxe und brachen auf nach Ijmuiden, Holland, dem Ort von dem die Fähre nach Newcastle losfuhr. Bei unserer Ankunft wurde die Vorfreude etwas getrübt als wir im Hinterrad der FJR einen abgebrochenen 4mm Bohrer fanden. Also Reifenpilot rein, um zumindest auf die Fähre zu humpeln. Nachdem wir glücklich unsere Bikes verzurrt hatten, ging es in die Kabinen, duschen und danach genossen wir im Licht der untergehenden Sonne auf dem Achterdeck die kleiner werdende Küste. Ein Vorteil gegenüber dem Autoreisezug, Der Urlaub beginnt mit dem Tranfer. Beim Verlassen der Fähre, erklärte sich ein englischer Biker uns zu einem Moppedhändler in der Nähe Zweck Neureifenbeschaffung zu führen. Und wirklich, in einem Vorort von Newcastle reihten sich mehrere Händler an einer Straße auf . Also 2 Stunden Wartezeit, dann ging es mit frisch besohlter FJR Richtung Norden. An dieser Stelle muss ich bemerken, dass das Navi an meiner BMW die Sache sehr vereinfachte. Die Konzentration auf den Linksverkehr und die im 5min Takt auftauchenden Kreisverkehre war schon groß genug, da waren die Abbiegehinweise auf der Computerkarte sehr hilfreich. Allerdings hatte ich auf Anraten der englischen Biker die Route von Newcastle nach Edingburgh entlang der Küste umprogrammiert. Laut der Einheimischen ist die Küstenstraße von LKWs und Wohnmobilen verseucht, empfohlen wurde uns der Weg mitten durch den Northumberland Nationalpark. Guter Tip, nur ist diese Gegend so einsam, dass die nächste Tankstelle erst nach 80 km kommt. Also schlicht ich zwecks maximaler Energieausnutzung mit 70 durch den Park. Aber in Ort Jedburg gabs endlich neue Kohlenwasserstoffketten und wir konnten wieder herzhaft am Hahn schrauben.
Von Edingburgh bis zu unserem Ziel Drumnadochit an Loch Ness, gab es 3 Möglichkeiten. Auf dem Hinweg wählten wir die schnellste und leider auch ödeste, die A9 mitten durch die highlands. Also wenn die großartige Landschaft nicht gewesen wäre, ich hätte mich erschossen. Die Route verläuft kilometerlang schnurgeradeaus. Und wenn eine Kurve kommt, hat diese einen Radius von 3 km. Am Ufer von Loch Ness entlang wurde die Sache wieder richtig interessant. In Drumnadochit hatte wir für die erste Woche eine Lodge, quasi ein Landhaus im skandinavischem Stil gemietet, sehr angenehm. Ein Wort zu den Schotten. Ich habe in keinem Land (bisher Frankreich, Schweiz, Österreich, Norditalien) keine herzlicheren, freundlicheren und hilfsbereiteren Menschen getroffen. Das ging soweit, das eine Moppedfahrlehrerin ihren Zögling ziehen ließ, um uns Fremden den Weg zu den Motorradparkplätzen zu zeigen. Allerdings meinte sie, er hätte sowieso am nächsten Tag Prüfung, da könne er schon mal lernen, alleine klarzukommen. Die Schotten selbst betonen auch in Sprache und Kleidung gerne ihre kulturelle Eigenständigkeit. Bei 2 Hochzeiten, an denen wir vorbeikamen trug der Bräutigam selbstverständlich Kilt. Die schottischen Musik bietet eine reichhaltige Auswahl zauberhafter Melodien. Kennzeichnend für einheimische Bands (hier vielleicht Runrig und Wolfstone genannt) ist die Einbeziehung typischer Instrumente, wie Fidel, Akkordeon und Pfeipe (the Corrs :-) in die moderne Rockmusik.
Die erste Tour führte nach Applecross (Westküste, Höhe Inverness), auch ein Tip von schottischen Bikern auf der Fähre. Traumhaft, ins Zielgebiet führte eine Quasi Bundesstraße und dann kam ein schmaler, asphaltierter Weg 50 km an der Küste entlang. An dieser Stelle zeigte sich schon die Vielfalt der schottischen Landschaft. Man fährt 5 min, wie durch eine holländische Dünenlandschaft, dann windet sich die Straße über Felsen, a la Bretagne, urplötzlich trifft man auf eine weißen Sandstrand mit türkisfarbenem Wasser, 15 min später fährt man schon durch eine hochalpin anmutende Landschaft. Allerdings muss ich an dieser Stelle sagen, jeder Vergleich hinkt. Die schottischen highlands sind in einer Weise beeindruckend, wie es sich in Worten nur unzureichend wiedergeben lässt. Die Einsamkeit, die Weite der Landschaft, die Kombination aus Moor, Moos, Gras und Wäldern ist wohl einzigartig. In diesem Sinne noch zwei Tips. Eine Fahrt nach Durness hoch im Norden und nach Glenncoe im Westen lohnt sowohl von der Landschaft als auch vom Straßenbau. Die absolute Kröhnung ist aber die Strecke Tomintoul, Cockbrigde, Crathie, Braemar im Westen des Hochlandes. Sie führt über ein schottisches Skigebiet bis hinunter nach Schloss Balmoral und erlaubt interessante Einblick in die Psyche schottischer Straßenbauer. Wozu eine Serpetine bauen, wenns ein 20prozentiges (!) Gefälle auch tut. Bodenwellen und Hausgroße Hügel werden nicht geplättet, die Straße hüpft einfach darüber hinweg. Was dazu führt, dass unsere Bikes auf der Kuppe öfter mal bis zum Anschlag ausfederten. Im Prinzip gleich die Route der Nordschleife mit Sprunghügeln. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn hinter einigen Wellen knickt die Straßenführung böse ab und da sollte das Vorderrad besser am Boden sein.
Na ja, die letzten 3 Tage verbrachten wir im Bein Inn, einer netten Blueskaschemme in der Nähe von Edingburgh. Dort lauerte auch das englische Frühstück, eine malerische Kompostion aus Spiegelei, gebratenen Würstchen und Speck und einer gegrillten Tomate. Uaaa, also schon der Geruch am Morgen ist nix für empfindlich Festlandnasen. Edingburgh selbst ist eine imposante Stadt, unbedingt ansehen. Was das Wetter betraf, in Edingburgh erwischte mich ein leichter Sonnenbrand während Köln elend im Gewitterregen absoff. Im Hochland traf uns auch der eine oder andere Schauer, allerdings sind diese bedingt durch die klare Luft regional begrenzt. Regenjacke drüber, in 20 min durch und am anderen Ende in der Sonne und im Fahrtwind trocknen lassen und wieder unter die Sitzbank damit. Die scharf abgegrenzten Regenschauer sehen fürs Festlandauge ganz übel aus. Scheint allerdings auch psychologisch bedingt zu sein, da man rechts und links meist Sonnenschein sehen kann.
Fazit: wer die Kosten (vergleichbar schweizer Skiurlaub) nicht scheut und nicht nur rasen, sondern auch reisen will, sollte sich einen Besuch im Norden gönnen. Allerdings Führerscheinanfänger sind auf ihrer ersten Ferientour in den deutschen Mittelgebirgen besser aufgehoben, die kleineren Straßen in den highlands haben es schon in sich. Nur eins noch. Als ich heute in die kölner Innenstadt radelte hatte ich immer den Wunsch, mich links einzuordnen...

Kommentare


ABSENDEN

Offline
Alpengott
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Missing_mini
Gelöschter Benutzer
Klasse Bericht!
...und wieder ein Beweis dafür, dass die Schotten friedlicher Menschen sind!!!
Gruß
Duncan.
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