Traumstrassen
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Traumstrassen
Für mich geht es weiter nach Silver City und das beginnt mit einer Traumstrasse, aber es steigert sich sogar nochIn der Nacht geht es mir ziemlich schlecht, die Haut spannt, bin leicht fiebrig und habe Kopfschmerzen. Erstmals gehen mir Gedanken durch den Kopf, was wäre wenn ich hier richtig krank werde? Unruhig schlafe ich ein.
Morgens ist alles wie wegeblasen, fühle mich völlig fit und was soll passieren? Wenn alle Stricke reissen, weiss ich, meine Frau setzt sich ins Flugzeug und holt mich, Chris und Kent würden mich holen und der ADAC müßte sich erst recht um mich kümmern und das Fahrzeug auch. Was winsel ich also rum?
Ich will früh los, bis Silver City ist recht weit. Um 7.30 bin ich beim Frühstück, danach Gepäck aufs Bike geschnallt, was sich heute als besonders zäh erweist. Der Rucksack will einfach nicht am Platz bleiben und die Tasche hüpft zweimla wieder von der Sitzbank. Aber dann sind beide niedergerungen. Schnell auschecken und Schlüssel abgeben, aber wo ist der? In keiner Tasche zu finden, im Zimmer nicht. Hose aus dem Gepäck gefriemelt, auch nicht. Ich werde zum Elch, der Schlüssel lag unter dem Helm... ich selten blödes Schwein. Bekomme natürlich natürlich die Hose nicht wieder an die alte Stelle und der Rucksack hängt auf halb neun. Wird schon halten...
Wieder auf der 82 geht es vorbei am White Sands NP auf die Berge zu. Die Honda wird immer langsamer, dabei gebe ich Vollgas, die wird mir doch nicht verrecken? Bei 55mph schalte ich in den dritten und es geht etwas schneller, anscheinend geht es stramm bergan, vielleicht wird die Luft auch immer dünner? Bei Las Cruces, einer auf den ersten Blick recht unansehnlichen Stadt, biege ich auf die Interstate25 nach Norden. Jetzt geht es wieder etwas schneller, aber irgendwie doch zäh. Bin ich vielleicht doch zu verwöhnt von der Kawa? Leistungsprobleme sind da natürlich ein Fremdwort und jede Steigung wird zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Ich erreiche den Caballo State Park, ziemlich langweilige Gegend, da hätte ich mehr erwartet.
Also ohne Aufenthalt auf die 152 Richtung Westen nach Silver City. Ohne Übertreibung folgt eine Traumstrasse, wundervoll schlängelt sie sich durch das Gebirge der Mimbres Moutains und erreicht am Emory Pass 8828feet Höhe und dürfte damit etwa auf dem Niveau des Col de la Bonet, dem höchsten Pass der Alpen, liegen. Hier oben ist es sehr windig und kurvig, ausserdem will man was sehen. Aufmerksamkeit ist gefordert. Was für eine geniale Strasse und Landschaft.
Ich erreiche Silver City trotzdem recht zügig, auf den ersten Blick keine schöne Stadt, ist mir nicht sympathisch. Ist auch etwas teurer hier, Motel kostet mich $42. Wie der Name verät, entstand die Stadt im Zuge des Silberabbaus hier in der Umgebung. Silber gibt es wohl nicht mehr, aber Kupfer wird noch in einem riesigen Tagebau gewohnen.
Ansonsten ist an Silver City noch interessant, daß Billy the Kid hier aufgewachsen ist. Mich interessiert jedoch eher der Nationalpark hier in der "Nähe". Ich fahre über die 15 zu den Gila Cliff Dwellings, indianische, in die Felsen gebaute Behausungen. Hört sich interessant an. Sind allerdings 44 Meilen weg... na egal habe ja Zeit, ist gerade mal 15.00 und in einer dreiviertel Stunde bin ich da.
Ich passiere ein Schild "Dwellings 42 miles, traveltime 2 hours ". Wie jetzt 2 Stunden? Für 42 Meilen? Da muß was anderes gemeint sein.
Ich stelle schnell fest, da war nichts anderes gemeint. Denn nun folgte die nächste Strasse, die, gäbe es sie nicht schon, gebaut werden müßte. Eine Gerade ist die kürzeste Enfernung zwischen zwei Kurven, es sei denn, Kurve folgt auf Kurve, wie hier. S-, Doppel-S, Serpentienen, normale Kurven... so schlängelt sich diese backroad durch den Gila Forest. Ich bin sicher, viele brauchen bei dieser Strecke tatsächlich 2 Stunden. So lange habe ich keine Zeit und gebe der Honda die Sporen, aber immer locker bleiben, denn das ist hier eine Nebenstrecke. Steine, Kies, Sand, Bodenwellen und den Kämmen kräftiger Wind wollen beachtet sein. Dazu immer wieder grandiose Ausblicke, Landschaften und Streckenabschnitte wie aus dem Bilderbuch. Ich schaffe es in 1 Stunde 10 Minuten und steige ab.
Ein Parkranger kommt zu mir "How are you?" "I´m fine, how are you?" "Great too, but we have closed since 4 p.m." ... Wie jetzt? Es ist 10 nach 4... Ob ich denn nicht wußte, daß man hier um 4 schliesst. Ja, klar wußte ich das. Darum fahre ich hier an den Arsch der Welt um mir das nette Infohäuschen anzusehen. "No" antworte ich. Ob ich nicht morgen nochmal kommen könnte? "88 Miles? No i cant do that tomorrow again" Man könnte jetzt annehmen, er sagt, ich solle dann eben noch rein. Tatsächlich schliesst er das Tor ab. Aha, also müssen um 4 Uhr wohl alle raus sein, na dann ist klar, daß ich nicht mehr rein kann. Ich laufe wenigstens ein Stück eines Wanderweges ab, das einzig Interessante war jedoch das Schild am Beginn, man solle auf Wölfe und Bären achten, man solle diese auf keinen Fall füttern. Bären und Wölfe seien gefährlich.
Ich kehre um dreiviertelfünf zurück und der Ranger sitzt am Tor und spielt Gitarre. ... und was muß ich sehen, da kommen noch Leute aus dem Park, er läßt sie raus und kurz danach kommen noch welche. Ich frage den ersten Besucher, ca. 70-80 Jahre alt, wann er denn in den Park rein sei. Um 5 vor 4... Ich bin kurz vorm ausrasten, dieses %§%$& läßt mich ernsthaft 15 Minuten nach einem Rentner hier hinter den sieben Bergen nicht mehr rein? Glaubt er ernsthaft ich hätte länger gebraucht als der? Nebenbei, ich bin hier kein Bittsteller, ich habe mir für $50 einen Pass für alle Nationalparks gekauft und habe damit bereits Eintritt bezahlt und dafür darf ich mir anhören "Komm doch morgen wieder"? Damit er mehr Gitarre spielen kann? Ich koche... und bin nicht in der Stimmung den Jungen nochmal anzusprechen, das wäre sehr unfreundlich geworden.
Also wieder zurück, ich möchte nicht sagen es war umsonst, denn dafür war die Strasse und die Landschaft zu genial. Auf dem Rückweg hängt mir doch tatsächlich so einverdammter Geländewagen ständig im Nacken, er kommt nicht nah genug um ihn überholen zu lassen, abhängen kann ich ihn aber auch nicht. Ich hasse es, wenn mir solche fahrenden Schrankwände im Nacken hängen.
Um mir was gutes zu tun spreche ich nochmals in einem Golden Corral vor, um mich am Steakbüfett auszutoben. Aber auch das will heute nicht nicht hinhauen. Von drei georderten rare Steaks sind zwei fast well done. Wie kann man Fleisch nur so vergewaltigen? Auch habe ich das Gefühl, ich müsse mich bei dem Jungen am Grill entschuldigen, wenn ich was haben möchte. Er wirft mir das erste Stück Fleisch fast auf den Teller und trifft diesen immerhin halb, der Rest trifft meine Hand. Entschuldigung? Fehlanzeige. Dafür bekomme ich auch keine neuen Teller und die alten werden nicht abgeräumt. Trinkgeld ist eine Anerkennung für den Service. Kein Service, kein Trinkgeld. Mir war die Stadt von Anfang an nicht sympathisch. Hurra... dafür bekomme ich die Fotos nicht mehr von der Kamera auf das Laptop... nicht mein Tag heute, den genialen Strassen und Landschaften zum Trotz.
Am Morgen entschliesse ich mich, doch noch einmal zu den Dwellings zu fahren. Zur Not fahre ich danach nicht wie geplant über die 159 nach Alpine im Norden, sondern nach Lordsburg im Süden, je nachdem wie spät es ist. Also erstmal wieder die 15, diesmal mit Gepäck. Diese Strasse ist einfach genial, verliert auch so nichts an Reiz, allerdings brauche natürlich länger.
Die Gila Cliff Dwellings liegen dann pitoresk in einem großen Felsen hoch über dem Boden. Es ist schon interessant, ob es 176 Meilen wert waren, na ja, ich habe ja Zeit. Jemand anderem würde ich eine doppelte Anfahrt nicht empfehlen.
Ich mache mich auf den Rückweg, erstmal nach Silver City. Dort schaue ich mir nochmal den Plan an, auch den von Arizona. Warum nicht über die 180 nach Norden, dann aber über die 78 und 191 nach Clifton. Laut Plan ist das eine große Stadt, da sollte was zu finden sein. Die 180 bringt mich zunächst recht unspektakulär vorwärts, dann biege ich ich auf die 78 nach Westen. Diese führt zunächst ebenfalls recht simpel immer geradeaus, jedoch unmissverständlich auf kräftige Berge zu. Ein Schild verbietet Trucks die Nutzung der Strasse. Denn es folgt die nächste Strasse aus dem Lehrbuch über Fahrspass pur. Eine Topstrasse jagt hier die nächste. Ich erreiche die Ausläufer Clifton in einer fantastischen Landschaft aus rostbraun und hellbeigen Bergen mit viel Grün dazwischen. Auch ist hier ein riesiger Tagebau. Eine sympathische Stadt nur leider nicht annährend so groß wie erhofft. Es gibt auch nur ein Motel für $48. Das ist mir zu teuer, auch wenn die Besitzerin sehr nett ist. Sie rät mir nach Springerville zu fahren, diese Stadt sei deutlich größer, da gäbe es mehr und günstigere Motels. Laut meinem Plan ist Clifton größer als Springerville, so kann man sich verlassen...
Verlassen kann ich mich darauf, daß es bis Springerville rund 120 Meilen sind und rund 95 Meilen genau gar nix nenneswertes ist. Auch sieht die Strasse aus, als wäre der Zeichner besoffen gewesen. War er nicht, die Frau sagt mir eine kurvenreiche, 3 1/2 stündige Fahrt voraus.
3 1/2 Stunden, inzwischen ist es 15.15 Uhr. Egal, das ziehe ich jetzt durch. Aber erstmal tanken und noch Fotos machen. Um 15.30 verlasse ich Clifton über wilde Serpentinen durch den Tagebau.
Ein Schild verkündet "next service in 90 miles". Wow... und dann geht es los... was habe ich bis jetzt schon an Strassen gesehen, jetzt wird dem nochmal was draufgelegt. Kurve auf Kurve treibt die Strasse hoch in den Apache-Sitgreaves National Forest. Traumhaft die Aussichten, die sich rechts und links der Strasse bieten. Weit lässt sich über die bewaldeten Berge hinwegblicken. Diese Ansichten können Fotos nicht wiedergeben.
Der Belag der Strasse ist ebenfalls fantastisch, ich fahre wie in einem Traum. Diese Strasse ist ein Asphalt gewordener Bikertraum. Meile um Meile, es ändert sich nichts daran. Mein Hintern und meine Hände schmerzten, ich habe heute noch nichts gegessen und nur wenig getrunken. Ich kann aber einfach nicht anhalten, will immer weiterfahren. Nach 40 Meilen begegnet mir zum ersten Mal jemand, ein anderes Motorrad. Ausser Campingplätzen ist hier gar nix. Irgendwann zwinge ich mich kurz anzuhalten, um wenigstens ein paar Fotos zu machen. Die sind nur ein schlapper Abklatsch der tatsächlichen Ausblicke. Ob ich im Bikerhimmel bin und die Shadow ein verkleideter Engel um mich hierher zu bringen? Drehe ich jetzt völlig durch? Habe ich Walhalla oder das Nirvana erreicht, ohne gestorben zu sein? Was auch immer, ich könnte immer weiterfahren, muß ich auch, schliesslich liegen noch 70 Meilen vor mir. Nur ein kleiner Bereich meines Hirns, weit hinten, erinnert sich daran, daß ich noch keine Unterkunft habe. Völlig egal, ich sehe nur diese einzigartige Strasse und die traumhafte Umgebung.
Das witzige daran, eigentlich scheint diese Strasse völlig überflüssig, da noch eine weitere Strasse parallel nach Norden zu den Orten Alpine und Springerville führt. Hier erreiche ich nach 60 Meilen die erste "Siedlung", einen Laden und ein weiteres Gebäude. Danach wird die Strasse gerader, die Kurven weiter geschwungen, ich gebe mehr Gas, erreiche relativ schnell Alpine. Teurer Ort in den Bergen, schnell weiter.
Dann hat auch dieser unvergleichliche Funride sein Ende, um 18.10 erreiche ich Springerville. 310 Meilen habe ich heute zurückgelegt, den weit überwiegenden Teil auf kleinsten Bergstrassen mit unzähligen engen Kurven. Knapp 500km auf entsprechenden Strassen, ich denke, der eine oder andere kann nachempfinden, wie sich mein verlängerter Rücken und meine Hände angefühlt haben. Ich frage schnell bei zwei Motels nach den Preisen, nehme das günstigere. Ein Fehler, mir nicht vorher die Zimmer genauer angesehen zu haben. Das ist doch eine ziemliche Bruchbude und die §36+tax nicht wert. Das kann mir den heutigen Tag jedoch nicht vermiesen.
Morgen geht es weiter Richtung Petrified Forest NP.
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Jo Frank,
aber lass Dir vor lauter Schreiberei nicht den Urlaub versauen!
;-)
3 weitere sind in der Warteschleife, kann aber eben nur begrenzt ins Netz und noch seltener habe ich die Moeglichkeit Fotos hochzuladen.
Kommt Zeit, kommt Bericht.
Hehe, Neid muss man sich verdienen, nur Mitleid bekommt man geschenkt.
Neid, das hoere ich uebrigens oefters. Ich bin allerdings sicher, die meisten waeren nach den ersten 1000 Meilen in sengender Hitze, verbrannter Haut und ordentlich verdreckt gar nicht mehr so neidisch.
Aber da sind auch die anderen, deren Neid hielte bis zum letzten Yard. Die sind aber genauso durchgeknallt wie ich, zB fahren die Motorraeder mit viel zu langen Gabeln.
Das Hauptproblem ist eigentlich nicht, dass ich unterwegs bin, sondern, dass die Landschaften einfach zu weitlaeufig sind. Oft muss ich Videoaufnahmen machen um die Eindruecke ueberhaupt annaehrend wiedergeben zu koennen. Videos zu bearbeiten oder ins Netz zu stellen, dass uebersteigt meinen Arbeitseifer. Gleiches gilt fuer Panoramafotos.
Hallo Frank,
mal wieder 10 Punkte für Deinen Bericht.
Mehr davon!!!!
Gruß aus Windeck
Guido
...... N E I D .......10 Points !
Stimmt schon, auf manchen Fotos ist kaum was zu erkennen. Na ja, geht unterwegs halt nicht viel besser. Aber der Bericht selbst, erste Sahne!
Hallo Frank,
das glaub ich dir gerne. Ich kenn die USA ja auch ein bisschen ;-) und kann das voll und ganz verstehen, dass Du von den Eindrücken überwältigt bist. Sind halt einfach andere Dimensionen, als wie jene die der Durchschnittseuropäer gewohnt ist. Um das alles literarisch und fotographisch in einem Bericht zu verarbeiten, bräuchte man bestimm noch mal 3 Monate und das würde noch nicht reichen.
Trotzdem sind wir hier ja schon alle froh, dass wir wenigstens ein wenig von den umbeshreiblichen Eindrücken mitbekommen dürfen.
Ich freu mich jedenfalls schon auf den nächsten Bericht.
Weiterhin gute Reise,
Henry :o)
Thx Henry,
aber die könnten schon noch ein wenig besser sein. Ist aber nicht ganz so einfach in den Motelzimmern zwischen Taschen und Schmutzwäsche, teilweise doch recht platt von den Fahrten, alle Eindrücke in literarisch anspruchsvolle Form zu bekommen. ...und die Fotonachbearbeitung stinkt mich richtig an auf meinem \"superschnellen\" Laptop.
Es gibt hier viel zu viele Eindrücke, die weder Worte noch Fotos ausreichend beschreiben.
Hallo Frank,
mal wieder ein klasse Bericht mit super schönen Fotos.
Volle 10 Punkte!
Gruß, Henry