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redhead 05.10.2008

Wilder Osten

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Wilder Osten

Tschechien, die Slowakei und Ungarn - Teil 1
Verborgene Schätze, einsame Strassen, kühles Bier – und eine große Hitzewelle.
Juli 2007.
Gestartet sind wir in München, den ersten Tag gemütlich auf kleinen Strassen, über Vilsbiburg, das sich für einen Kaffeestopp in der Altstadt, die wie eine Puppenstube wirkt, anbietet, nach Waldmünchen. Dort haben wir einen schönen Abend bei den Trenk Festspielen verbracht.
Am nächsten Morgen ging es weiter nach Tschechien.

Tag 1 (328km):
Klenci – Domazice – Kolzne – Spicak – Vimpek – Pachatice – Vissy Brod – Rozmbrek - Budweis.
Abwechslungsreiche Strecken erwarten uns am ersten Tag, nichts zum Rasen. Vom besseren Feldweg bis zur frisch geteerten Bundesstrasse. Auf weiten Teilen durch alte Wälder. Zeit auch mal die Seele baumeln zu lassen und einfach nur die schöne Landschaft zu geniessen.
Zum Mittagessen empfiehlt sich die historische Innenstadt von Prachatice. Die historische Kulisse beeindruckt,um den Marktplatz befinden sich mehrere gute Restaurants.
Weiter im Süden zieht sich die Strasse in großen Bögen durch den Böhmerwald und dann in einer großen Schleife entlang der Moldau vorbei an Czeski Krummsik (wer noch nicht da war ein kurzer Stopp lohnt sich) nach Budweis.
Dort ist als Hotel „U Tri Luv“, das in Laufweite des historischen Marktplatzes liegt, zu empfehlen. Es strahlt zwar Ostplattenbaucharme aus, bietet jedoch ein gutes Preisleistungsverhältnis und einen abgeschlossenen Parkplatz für die Mopeds.
Frisch geduscht genießen wir den kurzen Spaziergang und bestellen uns in einem der netten Lokale rund um das Rathaus, das verdiente kühle Bier.

Tag 2 (375 km)
Budweis – Treben – Jindrichuv Hradec – Telc – Brno – Bilovice – Adamer – Blansko – Vyskov – Kromerez
Nachdem von Stephans BMW Helm das Visier gebrochen ist suchen wir erstmal erfolglos einen BMW Händler in Budweis –es gibt Keinen!
Dann rufen wir Angie zuhause an, und bitten sie im Internet zu suchen, wo der nächste BMW Motorradhändler ist ... in Brno.
Na ja, dann ändern wir halt einwenig die Strecke. Stephans Navi will aber nicht, also alle noch mal anhalten und warten bis die Quäke ihren Frieden hat.
Umso weiter wir nach Osten kommen umso konfuser wird die „blonde Stimme des Navis“, denn die kleinen Strassen die wir aus der Karte ausgewählt haben, kennt sie schlichtweg nicht. Irgendwann ignorieren wir sie.
In Brno finden wir zwar den BMW Händler nach einigem Suchen, der hat auch Motorräder, aber ein Ersatzvisier, das müsste er bestellen - dauert eine Woche.
Also zurück zu dem großem Einkaufscenter, das wir bei der Suche passiert hatten. Es ist brütend heiß, alles lechst nach etwas Kaltem zu trinken. Die Jungs wollen die vollbeladenen Mopeds nicht herrenlos herumstehen lassen. Man weiß ja nie...
Ich gehe allein in das Einkaufszentrum und hole eiskaltes Cola und nehme bei der Gelegenheit noch ein „Pickbandel“ (Faserklebeband) mit. Damit kleben wir das Visier. Es hält erstaunlich gut bis wir wieder zuhause sind.
Die Bahnübergänge werden immer abenteuerlicher, selbst bei der Adventure sitzt der Hauptständer auf.
In einem Ort an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, treffen wir auf einen kaputten Bahnübergang, wir brüten in der Hitze. Erst warten wir brav an der Spitze der Schlange, es tut sich nichts – 10 Minuten vergehen ich habe das Gefühl gleich wegzuschmelzen oder an Hitzschlag zu sterben. Ich rufe nach vorne, ob wir nicht einfach so über die Gleise fahren sollten und die Schranke ignorieren.
Die Jungs wollen nicht, aber immerhin drehen wir um. Finden einen interessanten Weg durch diverse Hinterhöfe – auch ohne Navi, nur mit Bauchgefühl.
[img 43341]Gegen Abend kommen wir ziemlich erledigt in Kromerez an. Die Vorfreude auf die Dusche ist gigantisch, endlich raus aus den Klamotten, ein himmlischer Gedanke!
In der „Penzion Excellence“ finden wir ein prima Quartier für die Nacht. Die Penzion hat im Erdgeschoss ein gutes Restaurant. Bei leckerem Essen und einem Glas Wein klingt ein ereignisreicher Tag aus.
Wir kennen jetzt alle BMW Händler zwischen Budweis und Kromerez.
Garage oder abgesperrten Parkplatz gibt es dieses Mal nicht - da muss halt der Gusseiserne Fahrradständer herhalten.

3 Tag ( 411km)
Kromerez – Trencin – Povazska – Zilina – Terchova Namestovo – Suchttova – Haty – Poprad
Der Weg in die Slowakei führt über einsame Strassen, durch malerische Wälder. Schmal und kurvig.
Plötzlich werde ich aus meinem Gedankefluss gerissen, mich erstaunt die Tatsache mit welcher Geschwindigkeit ein LKW mit Auflieger uns entgegenkommt. Der Schreck sitzt in den Knochen, denn der LKW kommt mir in der Kurve unangenehm nah. Ich sollte mehr mit meinen Gedanken auf der Strasse sein und mich auf das Fahren konzentrieren, das hätte auch daneben gehen können...
Auf dem letzten Stück bis zur Grenze machen wir immer wieder Bekanntschaft mit dem „EU Wahnsinn“, nur noch nagelneue, ausgebaute Strassen - immer wieder am Straßenrand die Schilder „sponsort by EU“.
Die Hauptverbindung Richtung Zilin ist ätzend, viel Verkehr, viele LKWs... Wir halten kurz an, nehmen die Karte zur Hand und beschließen eine Parallelstrecke zu fahren. Das Navi haben wir ausgeschaltet, es ist hilflos überfordert, es findet außer den Haupstrassen gar nichts mehr!
Anfänglich ist die Strecke langweilig, es herrscht inzwischen wieder eine Affenhitze, meine Gedanken gehen wieder auf Reisen - ich will ankommen, die Konzentration lässt nach. Etwas Kaltes zu trinken...Schatten...raus aus den Stiefeln....
Aber es kommt mal wieder Alles anderes als geplant, Stephan fährt vor, verfährt sich, wir landen ausversehen an der polnischen Grenze. Da wollten wir heute nicht hin. Wir haben die Abzweigung verpasst. Also umdrehen, auf dem Rückweg erspähen wir das Schild der Abzweigung. Der Umweg ist grösser als gedacht, aber die Strecke durch die Berge entschädigt.

In Poprad kurven wir erst Mal einige Zeit umher bis wir eine geeignete Bleibe finden. Wir wohnen in der „Penzion Alfons“ für 12 EUR die Nacht pro Nase. Etwas spartanisch, aber sauber und funktionell. Und mit Bierkeller im Garten! Alfons ist selber Biker, unsere Mopeds parken wir im Garten.

4 Tag (385 km)
Rund um die Hohe Tatra und in Richtung Süden
[img 43344] Der erste Teil der Strecke ist langweilig, die Strasse ist dank EU "wunderbar" ausgebaut, der Fahrspaß hält sich sehr in Grenzen. In den Orten reihen sich mondäne Hotels aneinander. Es ist Juli in den Orten tobt der Bär. Nichts wie weg!
Wir beschließen Richtung Süden zu fahren, jenseits der Autobahn finden wir schönes Motorradterrain vor. Nur die Straßen sind sehr unterschiedlich vom Belag. Aufpassen!

Irgendwie ist heute der Wurm drin, erst finden wir keinen schönen Picknickplatz, - dafür gibt’s ein Cola an der Tanke.
Und beim Abendessen ziehen wir auch nicht das große Los, das Fleisch ist flachsig, doch die Knödeli sind gut. Ich mag Kinderessen „Klos mit Soße“. Und am Bier können sie selbst in diesem Restaurant nicht viel verpfuschen.
Salute.

5 Tag (363 km)
Kezmarok – Piwniczna – 971 – Leluchow – Bardjejov – 77 – Svidnik – Krajna Polana – Medzilaborce - 559 – Radvan – 554 – See – Vranov
Es hat schon morgens um 8 Uhr 27 Grand Celsius, wir fahren Richtung polnische Grenze entlang des Poprad.
Zurück in die Slowakei geht es auf einer kurvigen, kleinen Strasse, die hauptsächlich durch den Wald führt. Wir lechzten nach jedem kleinen Schattenabschnitt. Um 11 hat es 38 Grad, in Bardejov machen wir Halt und trinken etwas Kühles. In dem Kaffe treffen wir auf eine deutsche Reisegruppe, alles etwas ältere Herrschaften, die auch unter der Hitze leiden. Sie erzählen uns von der Basilika in Svidnik. Als wir später durch den Ort kommen, sehe ich vor allem eine hässliche Industriestadt.
An der Basilika kommen wir per Zufall vorbei, ist zwar hübsch, steht aber inmitten der „Ostarchitektur“. Und es ist zu heiß für einen Stopp.
Die Gegend wird immer einsamer, die Ortsschilder werden Zweisprachig, wir kommen immer weiter in Richtung Grenze zur Ukraine.
In Medzilaborce besuchen wir das Andy Warhol Museum, er ist hier geboren und hat der kleinen Stadt eine Teil seiner Bilder gestiftet.
Im Kaffee diskutieren wir ob wir weiter Richtung Ukraine fahren oder Richtung Ungarn. Nachdem Stephans Adventure erst 3 Monate alt ist, will er lieber nach Ungarn.
Na ja, dann halt beim nächsten Mal - mich hätte es gereizt.
Wir fahren Richtung Süden, der Fahrtwind fühlt sich an als würde er aus dem heißen Föhn kommen. Mich macht die Hitze ganz matschig. Die Konzentration lässt nach. Wir fahren etwas ziellos durch die Gegend, viel Landschaft, aber keine Bleibe. Es wird schon Abend. Auf einer Wiese erspähe ich einen ganzen Schwarm Störche.
So etwas habe ich noch nie gesehen. Es berührt mich.
Langsam versinkt auch die Sonne am Horizont, wir sind alle geschafft vom Tag, aber es ist weit und breit keine Übernachtungsmöglichkeit in Sicht. Wir fahren zu einem See, dort tobt der Bär, und alle Pensionen und Hotels sind ausgebucht.
Die Sonne ist weg, es wird zunehmend dunkel. Ich mag es nicht in der Nacht zu fahren, vor allem nicht auf Strecken die ich nicht kenne. Wir suchen auf der Karte nach der nächst größeren Stadt, das ist Vranov.
Es ist noch mindestens eine Stunde entfernt. Unserer Wasser ist aufgebraucht - Laden gibt’s auch keinen - Frust kommt auf.....
In Vranov verfahren wir uns erstmal, Hotel ist auch keines zu sehen, die Stadt ist hässlich und irgendwie wie ausgestorben. Es nervt, alle Knochen und mein Hinterteil tun mir weh. Wir drehen eine zweite Runde, aus dem Augenwinkel entdecke ich ein halbfertiges Hotel, es ist egal ich setzte den Blinker – es ist einen Versuch wert. Die Eingangshalle stinkt nach Farbe und einige Lampen sind noch nicht installiert. An der Rezeption sitzt ein desinteressiertes Mädchen, ich frage ob sie noch Zimmer frei haben. Was es kostet ist mir inzwischen egal. Wir haben Glück, die Zimmer sind gar nicht so übel, außer das sie tierisch nach Farbe und Teppichkleber riechen. Die Dusche ist eine Verheißung.
So jetzt noch was zu Essen und die Welt wäre wieder in Ordnung. Ich frage das Mädel an der Rezeption, die deutet auf das Einkaufszentrum, das wir beim vorbeifahren gesehen haben, dort würde es um diese Zeit noch etwas geben, am
Imbiss. Nicht ganz was wir uns vorgestellt haben. Auf der anderen Seite will keiner mehr fahren, und wir haben Hunger. Also dann halt Fast Food, wir bestellen Burger... es dauert ewig und drei Tage... die Getränke auch. Die Stimmung bewegt sich unter den Nullpunkt.
Das was wir nach einer Ewigkeit zum Essen bekommen spottet jeder Beschreibung, ich wusste nicht das ein Cheeseburger einfach ein normales Brötchen mit geschmolzenem Käse sein kann.
Kurz vor Ladenschluss hechte ich in den Supermarkt und kaufe Schokolade und Wein - Bier gibt es keines. Der Rotwein ist lauwarm, das Wasser auch. Zurück im Hotel machen wir es uns in einem Zimmer gemütlich, quatschen noch etwas über den etwas verkorksten Tag, aber auch über die schönen Dinge wie z.B. die Störche und geniessen den lauwarmen Wein und die Kekse ... nachdem katastrophalen Abendessen ist es eine Delikatesse.

6 Tag (191 km)
Vranov – Straße nicht gefunden – Secove – Bidove – Kecerove – Obitrovice – Kienov – Kompachy – Spisske Podhardie – Levoca

Der Morgen begrüßt uns wieder mit einer Hitze wie im Backofen. Wir finden in Vranov nicht die Richtige Abzweigung, keiner hat so recht Lust zum fahren, es ist zu heiß. Die Strasse aus der Stadt ist gerade und stink langweilig.
In einem Waldstück halten wir, der gestrige Tag wirkt nach, die Motivation ist immernoch auf dem Nullpunkt. Wir beschließen heute einen Pausetag einzulegen, wollen bis Levoca und uns dort eine Bleibe suchen, falls möglich mit Pool.
Auf dem Weg kommen wir an der Zipser Burg vorbei. Die Ruine thront hoch oben auf dem Berg über der Region. In diesem Moment interessiert mich die Sehenswürdigkeit nicht, jetzt mit den Klamotten Sightseeing wäre das Letzte das mir einfallen würde. Später wenn es nicht mehr so heiß ist... Ich schalte mechanisch, konzentriere mich auf Stephans Bremslicht...und ansonsten will ich ankommen.
Wir finden ein nettes Hotel, das Hotel Barbakan in Levoca, Pool gibt es zwar keinen, dafür sind die Zimmer schön und das Restaurant im Wintergarten sieht prima aus.
Frisch geduscht, nur mit Spagettishirt und Shorts fühlt es sich schon viel besser an. Wir gehen Eisessen, die Welt wird wieder farbiger. Dann machen wir noch eine Abstecher ins Internetkaffee, es hat Klimaanlage und wir haben die Chance mit den Zuhausegebliebenen zu chatten und mal wieder E-mails zu checken.
Gegen Abend fahren wir zur Burg, wandern hinauf, aus Richtung Westen naht ein Gewitter. Ausnahmsweise freuen wir uns mal über den Regen. Wir beeilen uns zurück zum Hotel zu kommen und geniessen ein vorzügliches Abendessen, hören den prasselnden Regen...und sind redlich müde.
[img 43353]

Fortsetzung folgt....

Kommentare


ABSENDEN

Deaktiviert
redhead
Verborgene Schätze, einsame Strassen, kühles Bier – und eine große Hitzewelle.  mehr...
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Missing_mini
Gelöschter Benutzer
Hi Lisa,
Ganz freche Leute würden jetzt behaupten, dass du da einen Orientierungslosen heißen Ritt gemacht hast, in der selbst Andy Warhol, den Käse zum Schmelzen bringt und es als Cheeseburger im Supermarkt verkauft, der wiederum nur mir warmen Wein und geschmolzener Schokolade zu genießen ist. *gg
Nein im Ernst, mir gefällt, deine Geschichte recht gut und bin gespannt auf deinem zweiten Teil. Ein schön geschildertes und Bebildertes Erlebnis. Irgendwann unternehme auch ich dorthin einmal eine Reise. Allerdings wenn es nicht so warm dort ist!
In diesem Sinne ein fröhliches Ride On vom
Searcher
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