Testbericht Triumph Thunderbird Storm
Respekt von allen Seiten / Potenzial zum Klassiker
27. October 2011 Anerkennung, Respekt, Bewunderung: Die Triumph Thunderbird Storm kommt auf Biker-Treffs gut an. Das Besondere: Motorradfahrer aller Fraktionen sind sich einig! Ob Harley-Freaks, BMW-Treiber oder Japan-Sportler – alle finden die Triumph einfach klasse, schick und edel. Das ist selten, wirklich!
Kommst du mit einem Ami-Eisen vorgefahren, rümpfen Nicht-Harley-Owner die Nase. Reitest du eine BMW, finden sie alle perfekt, aber langweilig. Und Reiskocher provozieren alle anderen Biker schon wegen ihrer japanischen Herkunft. Vorurteile hier wie dort. Nicht so bei der Triumph! Sie polarisiert nicht, sie vereint unterschiedlichste Meinungen: „So eine Triumph könnte ich mir als nächstes Motorrad auch vorstellen.“ – Wenn ich nicht schon meine XY hätte…“ – „Die Briten haben schon immer geile Mopeds gebaut.“
Solch neidfreie und allseits anerkennende Bewunderung eines Fahrzeugs habe ich sonst nur einmal erlebt. Das ungeteilte Lob liegt 20 Jahre zurück und wurde ebenso einer britische Traditionsmarke (meinem gebrauchten Jaguar XJ 12, Serie III) zuteil. Über Mercedes meckerten die einen, BMW lehnten die anderen ab. Aber die Jaguar-Limousine fanden einfach alle toll! Zufall? Eher nein. Die britischen Autos und Motorräder haben lange Tradition, pflegen ihren eigenen Stil und entziehen sich mit ihrem Design und durch ihre „Klassik“ (zunächst) objektiven Kritiken.
Fast 110 Jahre Triumph Bikes
Triumph baute 1902 das erste Motorrad und gilt damit als das zweitälteste Unternehmen der Welt, das Motorräder produziert. Nur Royal Enfield war ein Jahr schneller, Harley Davidson und Husqvarna folgten 1903. Vor allem in der 1. Hälfte des letzten Jahrhunderts galten britische Motorräder wie Triumph, BSA und Norton als die besten der Welt. In jüngsten Jahren feiert Triumph weltweit, besonders auch in Deutschland, einen regelrechten Verkaufsboom. Mit modernster Technik und attraktivem Design erobern Triumph-Modelle die Charts. So auch die Thunderbird-Modelle, von denen die Storm eine besonders gelungene Variante darstellt. Halt: Bei dem Namen Triumph Thunderbird klingelt es im Ohr? Klar, da war doch was… Filmfreunde erinnern sich an Steve McQueen, Clint Eastwood auf Triumph-Bikes und besonders an Marlon Brando, der 1953 in dem Rocker-Drama „The Wild One“ eine Thunderbird durch die Hollywood-Kulissen fuhr.
Seit 1995 gibt es sie nun wieder, die Thunderbird. Zunächst als Retro Naked Bike mit Reihen-Dreizylinder-Motor in Erinnerung an den o. g. Kultfilm. Den nagelneuen Cruiser Thunderbird Storm des Jahrgangs 2011 mit dem gewaltigen 1.700 cm³ Parallel-Zweizylinder haben wir genauer unter die Lupe genommen.
Und das lohnt sich. Schon optisch ist die doppeläugige Storm in ihrem mattschwarzen Kleid mit leichten Chromspitzen eine verführerische Erscheinung, nach der man sich gerne umschaut. Nichts stört die elegante Silhouette, klare Formen von Lenker und Armaturen, die feingliedrigen Kühlrippen des üppigen Zweizylinders, das gelungene Hinterteil – ja und immer wieder vorn die betörenden Augen! Etwas Teuflisches strahlt sie gleichwohl aus, was den Reiz, sie zu besteigen, nur noch erhöht. „Nimm mich“, flüstert sie. Also aufsteigen und Schlüssel rein. Oh, wie wohlig sie schnurrt! Wie ein Kätzchen, aber schon mit dem knurrigen Unterton eines kraftvollen Raubtieres. Nur die vorschriftsmäßigen Tüten verschlucken lautere Lustschreie, wenn der Reiter am Gasgriff dreht. Da geht was!
Laut Papier stehen ja auch schon bei moderaten Drehzahlen von 2.950 U/min 156 Nm zur Verfügung. Und schon viel früher reicht der Schub zum Arme lang ziehen. Per Sechsgang-Getriebe werden nach und nach die 98 PS abgerufen, die der Hubraum-Bolide parat hält. Das sollte genügen. Und in der Tat, es reicht locker und immer. Autobahn, Landstraße, Kurvengewusel, Stadtverkehr: Leicht und willig folgt die Storm den Lenkbewegungen, den Gasimpulsen und den Schräglagenwünschen. Aber vor allem: Dank ABS staucht die Triumph bei Bedarf die Geschwindigkeit auch sehr kurzfristig, präzise und sicher wieder zusammen.
Erstaunlich, wie leicht sich die an sich schwere Maschine durch den Verkehr dirigieren lässt. Die immerhin 339 Kilo der Storm sind nur beim Rangieren spürbar. Der Vorteil der niedrigen Sitzhöhe von nur 700 mm und der dadurch sichere Kontakt der Füße zum Boden kommen beim Rangieren also voll zum Tragen. Niedrig und sehr bequem sitzen, Füße locker auf den vorn liegenden Rasten, Lenker in angenehm griffiger Reichweite – so lieben Cruiser auch die aufrechte entspannte Haltung beim Fahren. Und eine Etappe kann mit der Storm sehr lange dauern. Erstens, weil Storm-Riding so viel Spaß macht und zweitens, weil ein voller Tank (ca. 22 l) für Strecken von durchaus 400 km reicht. Da legt der Fahrer allerdings schon mal freiwillig eine kurze Pause ein, denn das Fahrwerk ist doch eher sportlich-straff als sänftenweich eingestellt, aber immerhin auch justierbar.
Sozia und Gepäck bleiben übrigens serienmäßig zu Hause, es sei denn, der Käufer ordert und montiert für ihren Transport entsprechendes Zubehör. Der Ausstattungs-Katalog samt Preisliste ist ellenlang und gespickt mit reizvollen Accessoires für die schöne Storm. Wer die vornehm zurückhaltende Lady in Black unbedingt zum Glitter-Girl herausputzen will, kann sich per Anbau aller lieferbaren Chromteile einen blitzenden Alessi-Kessel vor die Tür stellen… Doch das sollte man tunlichst vermeiden, denn die Briten-Designer haben bei der Storm wirklich gute Arbeit geleistet.
Alles in allem ein tolles Motorrad, die Thunderbird Storm. Für 15.390 Euro erwirbt der Käufer ein Allround-Talent, das sowohl sportlich-forsch als auch locker-lässig bewegt werden kann. Der Motor schnurrt und liefert Leistung für alle Lebenslagen und Vortriebswünsche. Dass die Maschine obendrein noch bemerkenswert sparsam unterwegs ist, verdient einen Extra-Pluspunkt. Komfort und Sicherheit (vorne Doppel-Brembo-Scheiben und optionales ABS) lassen keine weiteren Wünsche aufkommen. Zudem fährt der Eigner eine wunderschön gestylte Thunderbird, die von einem Hersteller mit großer Tradition stammt. Kein Zweifel: Die neue Triumph Thunderbird – auch und vor allem in ihrer Version als doppeläugige Storm - hat das Zeug zum Klassiker und gilt als würdiger Nachfolger berühmter Vorfahren.
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Ich habe meine Thunderbird nach einem Jahr wieder verkauft. Der Motor hat zwar ein ordentliches Drehmoment , aber ein sehr kurzes Drehband.
Kein Sportler und auch kein echter Chopper. Wiederkauf im Vergleich zu Harleys schlecht.