La dolce vita! Kurvenreigen und die eigentümlichen Wege des Navigationssystems
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La dolce vita! Kurvenreigen und die eigentümlichen Wege des Navigationssystems
Parco Nazionale del Cilento e Vallo di DianoÜber die Liebe zu Italien, Exkursionen in Hinterhöfe und an Orte die nur ein Navigationssystem „kennt“, sowie der unterschiedlichen Art und Weise wie Mann oder Frau damit umgeht.
Fazit: Männer beugen sich dem Diktat der „blonden Stimme“ eher, Frauen verlassen sich auf ihre Intuition, schauen sich die gute alte Karte an und kommen mit weniger Umwegen ans Ziel.
Cara mia! Come va? So fangen gewöhnlich die Briefe meines Freundes Diego an. Wir sind altmodisch schreiben uns noch richtige Briefe, nicht nur e-Mails. Wir sind davon überzeugt, dass man mit einer guten Landkarte und Orientierungssinn überall ankommt. Stephan und Hansi glauben an die moderne Technik, und an ihr neuestes Spielzeug ein Navi fürs Moped.
Der Parco Nazionale del Cilento e Vallo di Diano ca.150km südlich von Neapel ist ein magischer Ort, Italien wo es noch sehr italienisch ist. Wenn Diego von der alten Heimat schreibt, schreibt er das Herz schlägt in Roma, aber die Seele lebt im Süden und meint das „di tutto cuore” (von ganzem Herzen). Vor allem das Bikerherz schlägt dort, eine Liebe meist auf den zweiten Blick – dann aber für immer. Bis vor kurzem konnte man noch von München mit dem Autoreisezug übernacht hinfahren, warum sie die Route gestrichen haben – weiß wohl nur die Bundesbahn.
Nachdem die Bikes festvertaut sind und wir es uns mit all unserem Gepäck im Abteil gemütlich gemacht haben - gut gerüstet mit entsprechend Proviant, denn im Zug gibt es nichts zu kaufen, wird die erste Flasche Rotwein geöffnet und die Vorfreude wächst mit jedem Kilometer.
Wir wundern uns mal wieder über Angies Verpackungsgeschick, sie hat es über die letzten 30 Jahre perfektioniert, es gibt bei uns den geflügelten Spruch „5 Zimmer, Küche, Bad!“ Angie schafft es, alles auf dem Bike unterzubringen und wir sind immer wieder erstaunt was alles zum Vorschein kommt. Hin und wieder stellt sich die Frage, „wie haben wir das eigentlich früher gemacht, als wir drei oder vier Wochen mit den Mopeds mit Zelt, Schlafsäcken, Luftmatratzen Campinggeschirr und Proviant etc. losgezogen sind?“
Hansis lakonische Antwort, „da gab’s keine fünf Paar Schuhe, keinen Föhn und weniger Gewand.“
Angie sieht ihn von der Seite an und erwidert ihre Schuhe sind nicht das Problem, mit Schuhgröße 36 kann man mühelos 3 Paar mitnehmen und Schlapperl zählen nicht! ...bei Größe 48 ist das eine andere Story. Meist sind wir dann schnell bei der Diskussion was braucht „Mann“ und „Frau“ ... ein nicht zu lösendes Problem. Irgendwann wird es auch in unserem Abteil ruhig.
Am nächsten Morgen gegen 10 Uhr sind wir in Napoli, die Piazza Garibaldi und das italienische Verständnis von Verkehrsregeln stellt die erste Herausforderung an die „deutschen“ Nerven dar. Stephans Navi die Zweite, denn es glaubt Richtung Norden fahren zu müssen. Ich hupe, doch er und Hansi sind schon weg, ich bin anderer Meinung setzte den Blinker und ordne mich nach links um die Piazza ein Richtung Autostrada ein, der Rest folgt mir. Wir waren hier schon mehrmals, kennen den Weg, warum sollen wir uns von so einem dämlichen Kasten herumkommandieren lassen? An der gegenübergelegenen Seite der Piazza warten wir, eine viertel Stunde später sehe ich die beiden im Rückspiegel. Na endlich! Sie sind schön brav dem Weg nachgefahren, den das Navi vorgeschlagen hat...solch ein Schwach****
Dann geht es weiter gegen Süden die Küste entlang Richtung Salerno und Acea. Die Amalfi Küste wäre ein schöner Abstecher. „Nemmeno per sogno” sagt Diego immer, da wir sind uns einig - egal was das Navi diktiert. (Falls Ihr es doch machen wollt, dann stellt Euch darauf ein im Kriechtempo hinter Reisebussen und mit Rentnern besetzten Cabrios hinterher zu schleichen)
Knapp drei Stunden später sind wir in den Olivenhainen oberhalb von Acea und beziehen unser Haus für die nächsten 10 Tage. Das Haus ist alt, gehört dem Freund eines Freundes. Abgelegen, einsam, keine anderen Touris weit und breit. Wir sind Selbstversorger, einen Bäcker gibt es im Ort, sonst nichts. Der Typ ist nett, hat faszinierende blaue Augen, spricht kein Deutsch oder Englisch kann, macht auch nichts.
Die Jungs wollen noch eine Runde drehen, Angie und ich haben genug für heute, schreiben eine Liste für den Supermercato. Als sich der kernige Ton der BMWs in der Ferne verliert, kehrt Ruhe ein wir sitzen auf der Terrasse, die Beine hochgelegt und eine Flasche Rotwein auf dem Tisch zwischen uns. Wir genießen die Stille, sind endlich angekommen. Am ersten Abend kochen wir Pasta. Die Jungs waren bei Franco ihm gehört das Haus, haben „Hallo gesagt“ und selbst gemachten Limocello mitgebracht, nach dem Essen wird gerecht verteilt. Alle sind etwas müde, die Nacht im Reisezug war nicht ganz so erholsam.
Am nächsten Tag haben die Jungs schon während des Frühstückens die Karte auf dem Tisch und diskutieren wo wir hin fahren und wie die Route am Besten ins Navi eingeben werden kann. Wir lassen uns auf das Abenteuer ein und wollen heute ausprobieren welche landschaftlichen schönen Strassen es findet, die wir noch nicht kennen.
In Richtung Berge und Hinterland hängen graue Wolken, wachsen bedrohlich, so das wir unseren Plan kurzfristig ändern. Wir fahren die Küstenstrasse Richtung Pisciotta. Das Navi mag solche abrupten Planänderungen nicht. Also noch mal anhalten und neue Zwischenziele eingeben.
Danach weiter, ich schaue aufs Meer, das Blau ist einfach nur schön. Die Strasse ist in noch genauso lausigem Zustand wie letztes Jahr. Kurve folgt auf Kurve, langsam komme ich in das mühelose Schwingen wieder hinein. Überlege ob wir am Abend zu Mario in Piscotta zum Essen gehen, sein Restaurant liegt im historischen Teil des Orts und hat eine Terrasse mit einer sensationellen Aussicht, mal sehen wie der Tag sich entwickelt. Der Sonnenuntergang kann sich ewig hinziehen, das Farbenspiel über dem Meer ist traumhaft und die Fettuccina auch.
Weiter geht es vorbei an Palinuro und Marina di Carmerota in Richtung Sapri. Das Navi will unbedingt in Carmerota durch den Ort, durch Seitenstrassen, nachdem Stephan voraus fährt folgen wir. Ich bin genervt, verstehe nicht warum wir uns von solch einem kleinen Kasten herumkommandieren lassen. Als er am Ortsausgang auf eine Art Feldweg abbiegt, brodelt es in mir, es ist doch offensichtlich, dass das keine vernünftige Strasse ist.
„Mit gegangen, mitgehangen“, geht es mir durch den Kopf. Sehnsüchtig denke ich an die Serpentinenstrasse am Ortsausgang von Camerota mit ihren vielen Schleifen. Da der Bus dort fährt haben sie einen Radius bei dem man noch schön durchziehen kann, das ist Fahrspaß für mich.
„Und was machen wir jetzt? Fahren auf einem besseren Feldweg...mit tausend Schlaglöchern...“, und kurz danach landen wir in einem Hinterhof.
Wir stoppen, eine nette alte Dame kommt aus dem Haus „Salve, come va?“ Sie sieht uns etwas ungläubig an, ich erkläre ihr, das wir uns verfahren haben und frage gegen besseres Wissen, ob es einen Weg nach San Giovanni die Piro von ihrem Haus aus gibt. Sie sieht mich verwundert an und meint, wir müssten zurück nach Camerota.
Also den ganzen Weg zurück, dann doch auf die SP66, wir fahren quer durch die Berge, irgendwo stoppen wir für einen Cappuccino, mit Liebe gemacht und keiner fragt „mit Milch oder Sahne?“ Solch unqualifizierte Fragen gibt es nur in Deutschland und Österreich. Wenn ich mir unser Grüppchen ansehe, sehe ich entspannte Gelassenheit und Lebensfreude. Das Cilento hat sie schon alle mit seinen unendlichen Kurven in den Bann gezogen. 200 Meter geradeaus ist schon lang...und die beiden Jungs spielen schon wieder mit dem Navi.
Ich verstehe es nicht, ich empfinde es eher als nervig. „Da wären wir nie hingekommen...“ sie finden unsere Abstecher ins Nirwana amüsant.
An Sapris Promenade herrscht noch „Winterschlaf“, wir fahren die Küstenstrasse weiter bis Maratea. Dort thront hoch oben über der Steilküste die imposante 23m hohe Statue des Christo di Maratea, der Weg bis zur Kapelle schlängelt sich in engen Serpentinen und im letzten Stück auf einer auf Pfeilern gebauten Strasse in kurzen Schleifen in den Himmel.
Die letzten fünf Kehren sind nur für Fahrer geeignet die absolut schwindelfrei sind. Es fühlt sich an, als wenn man ins Nichts fährt, schwebt zwischen Himmel und Erde. Mir ist ganz mulmig, nur nicht runter schauen, ich fixiere den Hinterreifen und das Bremslicht des Vordermanns und atme auf, als wir sicher am Parkplatz die Helme abnehmen.
Das letzte Stück laufen wir zu Fuß, genießen die grandiose Aussicht.
Das Wetter hat sich verändert die Wolken haben sich weitgehend verzogen, wir beschließen unten im Ort Mittag zu essen und dann in einer großen Schleife durch das Hinterland zurück nach Acea zu fahren.
Wir fahren ein Stück die SP430, dann folgen wir Stephans „Blonder Stimme“. Angie und ich sind nach dem dritten Ausflug ins Nirwana genervt. Einmal stehen wir in einer Sackgasse, die Strasse endet auf einer Wiese. Dann in einem Bergdorf, vor der Kirche, das Navi will in eine kleine Gasse abbiegen. Hansi bemerkt, dass das wohl nicht funktioniert, er hat an seiner 1200er GS die Koffer dran, wir wollten am Schluss der Tour noch mal am Supermarkt vorbei und Getränke kaufen. Er kommt bei der Breite der Gasse mit den Koffern definitiv nicht durch. Also kehren wir zum wiederholten Mal an diesem Tag um. Alle rangieren, über ausgetretene, rutschige Steinplatten, über die wahrscheinlich schon Cesars Truppen getrampelt sind.
Das Rangieren ist mühsam, das rumgestöppsele nervt. Die nächste landschaftlich schöne Strasse, die das Navi berechnet hat, ist vielleicht gerade noch für eine Bergziege geeignet...
Angie und ich haben genug von der „blonden Stimme“ des Navis, nehmen die Karte in die Hand, jetzt kommt der „Frauenverstand“ zum tragen. Wir beschließen über San Biase, Eremiti und San Pantaleo nach Hause zu fahren. „Aber das Navi..“ - „...ist mir doch egal„, falle ich ins Wort. Nach kurzer Diskussion schließen sich die Jungs uns an, stellen aber nochmals klar, dass das Navi eine prima Sache sei und es doch ganz amüsant war. Angie und ich sehen uns an und denken uns unsern Teil.
Warum sind Männer so technikaffin? Es ist mir ein Rätsel.
Die Strassen sind schmal, man muss mit viel Unvorhergesehenen rechnen und sie schlängeln sich atemberaubend bergauf, bergab. Wir machen einen kurzen Stopp, es ist wieder alles in Ordnung. Die Frage, ob das Navi den Weg auch gefunden hätte sparen wir aus. Drei Stunden später sind wir zu Hause und schmeißen den Grill an, zu Mario können wir die nächsten Tage noch. Die „Mission Moretti“ (Birra Moretti ist die lokale Biermarke) war auch erfolgreich.
Wir quatschen noch lange über den Tag und unsere Erlebnisse. Und die Frage warum Männer sich lieber von einer neutralen Instanz herumkommandieren lassen, als sich auf ihr eigenes Urteilvermögen zu verlassen. Warum Frauen an ihre Intuition glauben und wider der landläufigen Meinung recht gut Karten lesen können. Zu einer befriedigenden Antwort kommen wir nicht.
....und das die nächsten Tage wohl sehr spannend werden, wenn wir uns weiter auf die „blonde Stimme“ einlassen. Im Notfall gibt’s noch Angie und mich und den gesunden Menschenverstand.
Der Tag geht zu Ende, im Bett fahre ich noch mal in Gedanken die schönsten Passagen nach und freue mich auf Kurven, Landschaft, Menschen und Fahrspaß pur! Salve!
Kommentare
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Hallo Lisa,
habe heute erst deinen super schönen Bericht mit wunderschönen Bildern gelesen!
Da wäre ich auch gerne dabei gewesen! Man kann es sich so richtig vorstellen.
Die Erfahrung mit "männlichen" Navi und "weiblichen" Karten lesen habe ich auch schon gemacht ;-) (ich brauche kein Navi und finde überall hin!).
Volle Punktzahl! Wünsche weiterhin schöne Touren!
Lieben Gruß Moni
Was ich immer sage: Das beste Navigations-System ist eine zuverlässige Landkarte und das eigene Urteilsvermögen! Guter Bericht, gibt auch Punkte.
Peter
mein Navi hat ne männliche Stimme, beherrscht den Offroadmodus so sehr, dass ich mich immer wieder auf buckelpisten und Waldwegen wiederfinde - Momente, in denen ich dieses Teil hasse! Und wenn man mit mir ankommen will, dann sollte man mir um himmelswillen keine Karte in die Hand drücken, das wird dauern ;-)
danke für diesen tollen Bericht, da hat das Lesen Spaß gemacht.
Wunderschöner Bericht, der volle Punktzahl verdient.
Eure Navi-Erfahrungen kann ich nur bestätigen. Mein Mann hört auch immer wider besseren Wissens auf seine Milli. Und die führt uns oft genug in die Irre. Ich werds manchmal noch dabei. Habe mir inzwischen aber auch schon mal angewöhnt, in den Streik zu treten, einfach anzuhalten und auf seine Rückkehr zu warten.
Und es stimmt wirklich: wenn die Strecke sich als falsch herrausstellt ist das obligatorische Wendemanöver äußerst schwierig.
Dafür entschädigt Milli uns aber auch immer mal wieder mit wirklich herrlichen, ruhigen und schönen Kurvenstrecken. Das versöhnt dann ein bisschen.
'WoW'
Superartikel und schicke Fotos!
Gibbet noch nen Nachschlag? *g*
Mal zum Navi...
Es gibt auch Männer die noch Karte lesen können. :)
Mit Navis BMW fahrender Kollegen habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Allerdings lernt man tatsächlich manchmal landschaftlich schöne 'Sackgassen' kennen. *fg*
~schwörtaufkarten~
;o) Uwe
Der Bericht ist nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch allererste Sahne! Die Mühe hat sich gelohnt, denn es macht richtig Spaß deinen Bericht lesen ;o)
oups....., schon zu lange nix mehr geschrieben im Forum...., wohl deshalb an falscher Stelle gepostet *lol*
Sehr schöner Urlaubsbericht über eine herrliche Landschaft!
Aber eines kann mir Dein Kumpel gerne verraten:
Ich bin schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem Navigationssystem, welches auch den Offroadmodus beherrscht...., also auch Strecken vorschlägt, die nicht jeder mit dem Mopped zurückzulegen wagt. Dein Bekannter scheint ein solches Teil zu besitzen. Einfach genial.
:-)
Über die Liebe zu Italien, Exkursionen in Hinterhöfe und an Orte die nur ein Navigationssystem „kennt“, sowie der unterschiedlichen Art und Weise wie Mann oder Frau damit umgeht.
Fazit: Männer beugen sich dem Diktat der „blonden Stimme“ eher, Frauen verlassen sich auf ihre Intuition, schauen sich die gute alte Karte an und kommen mit weniger Umwegen ans Ziel. mehr...
Toller Nericht, mille grazie. Dieci punti!!