Polen intensiv - Teil 2
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Polen intensiv - Teil 2
Tag 7 bis 14Dieser Teil wird nun echt „intensiv“ und länger, weil wir im Land plötzlich viel näher an Leute herankommen, als wir gedacht hatten (und evtl. beim Beginn der Reise auch wollten…).
Polen intensiv Teil 2 – Tag 7 bis 14
Dieser Teil wird nun echt „intensiv“ und länger, weil wir im Land plötzlich viel näher an Leute herankommen, als wir gedacht hatten (und evtl. beim Beginn der Reise auch wollten…).
Tag 7: … Fortsetzung … Nach Ende des Froschgequakes waren wir alle wach. Noch bisserl rumgedöst. Das Heu riecht toll. Katzen gehen auf Mäusejagd. Draussen auf dem Hof meldet sich das Vieh. Wird feucht jetzt also raus bevor der Schlafsack klamm wird.
Die warme Dusche weckt die Lebensgeister und spült die Heuspreissel weg. Das Frühstück ist üppig mit allem was Auge und Magen begehren! Heuübernachtung mit Frühstück übrigens noch heute 9,-Euro; inzwischen hat der Hof auch 2 DZ.
Ach bin ich froh, dass ich meine Guzzi jetzt wieder starten kann! Das mit dem Überbrücken stellt kein Problem dar und ich werd so nach Hause fahren und keine Werkstatt aufsuchen. Geht doch! Unterwegs werd ich manchmal an der Tanke komisch angeguckt. Vielleicht denken die Leute, dass das Motorrad geklaut ist und ich deshalb überbrücke … hihihi. Wenn störts.
Zwischendurch muss ich mal sagen, dass wir nicht auf „Fototour“ sind, sondern einfach fahren fahren. Wenn irgendwatt Schönes am Rande zu sehen ist, halten wir evtl. an oder nicht. Fotografiert wird eher bei Pinkel- oder Trinkpausen!
Bei einer kurzer Besichtigung von Elk (Lyck) finde ich tatsächlich den Wasserturm und gegenüber ein altes Backsteingebäude, dass das Geburtshaus meiner Omi war. Hier ist sie aufgewachsen und zur Schule gegangen. Schön, dass ichs gesehen hab.
Heute geht’s weiter durch Masuren Richtung Ostgrenze zu Belarus / Weissrußland. Der polnische Nationalpark geht nahtlos in den weissrussischen über. Riesiges Schutzgebiet. Auf polnischer Seite hauptsächlich Vogelwelt und Biber, vereinzelt Wölfe; auf Seiten von Belarus ist Wisent- und Bärengebiet. Weiß ich, weil ichs dort schon mal angeguckt habe und mitten im Schutzgebiet plötzlich die Grenze markiert ist. Schreib ich auch noch mal was dazu – irgendwann…
Also weiter durch platte Gegend – Wasser, Wald, Sumpf. Langweilig? Nöö. Wir fahren mit dem „Entdeckergefühl“ – alles ist neu und interessant. Winzige Orte mit schönen orthodoxen Kirchen. Polen ist überwiegend streng und stark katholisch aber hier an der Ostgrenze überwiegen die Orthodoxen.
Als wir anhalten um diese wunderschöne orthodoxe Kirche anzuschauen und zu fotografieren, bemerken wir zwei Omis auf ner Bank von ihrem restaurierten Häuschen. Eine kommt auf mich zu – ich hab ja den Helm ab und sie kann mich als Frau erkennen… „Hallo Töchterchen, was machst du hier?“ Sie beginnt zu weinen als ich ihr von unserer Polenreise erzähle, wie schön das Land sei, wie freundlich die Menschen und dann erzählt sie … Sie spricht Russisch. Sie beglückwünscht uns, dass wir hier sind. Wie hätte sie sich so etwas in ihrem Leben (als Frau) gewünscht: reisen zu können. Ob wir nicht bei ihr übernachten wollen und erzählen… Nein, Mütterchen, wir wollen heute noch weiter bis auf die Höhe von Brest - auf polnischer Seite: Terespol. Bis dahin sind es noch 200km. Ach wie weit das ist. Es ist schön bei euch in Polen, sage ich ihr wieder. Die Polen sind nette, herzliche Menschen. Wir umarmen uns, sie winkt und fort sind wir wieder. (Vielleicht fahr ich da noch mal hin und bleibe. Denk ich so bei mir.) Irgendwie muss ich bei der Abfahrt richtig tief durchatmen, weil der Moment mich noch gefangen hält und die Gedanken laufen…
Hier an der Grenze zu Belarus ist mir eh melancholisch. Ich war schon dreimal dort „drüben“ in der von Tschernobyl verstrahlten Zone von Belarus zu Gast und hab liebe Freunde gefunden, die jetzt nicht einfach mal eben zur Grenze kommen können zur Umarmung. Ich winke in Gedanken rüber und denke an sie.
Je weiter wir an der Ostgrenze entlangfahren um so altertümlicher wird alles. Hier wird nix gemacht, nix vom Staat repariert. Ist auch bei uns in vielen Randbereichen so! Denke ich. Heu wird mit der Sense geschnitten, Kühe über die Straße getrieben. NULL Verkehr. Es ist nichts spektakulär dort, nur einsam, altertümlich und irgendwie frei. Frei von Zivilisation, frei von Touris, frei von Hochhäusern, frei von Überlandleitungen, frei von Supermärkten - eben frei. Die Leute findens sicher nicht so toll wie wir!
Beim jedem Start braucht meine Guzzi nun wieder ihren Überbrückungs-Schraubenzieher. Ich werd mich dran gewöhnen.
In einem kleinen Örtchen kommt uns nun tatsächlich mal ne grosse Gruppe Motorrad- und Moped-Oldtimer entgegen. Sie sind wohl auf einer fröhlichen Oldie-Ausfahrt und winken. Schade, dass sie nicht in unsere Richtung fahren. Gern hätten wir mit ihnen gesprochen…
Unterwegs begegnet uns eine Gruppe, die Junggesellenabschied feiert mit Live-Musik, Wodka und viel „Tamtam“.
Irgendwann fehlt plötzlich Günne. Wir warten eine Ewigkeit am Straßenrand. „Wahrscheinlich macht er Fotos“, so unsere Erklärung. Weit gefehlt!
Eine eiergefüllte Amselmutter knallte ihm aufs Visier. Helm, Visier, Jacke, Hals – alles voll mit Vogel-Eidotter, Federn und Blut. Er hatte das erstmal irgendwie runterwischen müssen… Wie denn ohne Wasser?! Nach viel Laubwald und geraden Straßen erreichen wir Terespol, die Grenzstation zu Belarus.
Hier laufen im viele wilde, streunende Hunde im Wald, liegen teilweise tot am Fahrbahnrand – schrecklich. Ach ja, und für die Herren: Es sind massenweise leicht bekleidete „Bordsteinschwalben“ unterwegs, die von der TRANSIT-Route entlang der Grenze auch was haben wollen. Günne und Ulli fallen zurück und gucken wohl…
Von meiner letzten Belarus-Reise kannte ich das Motel schon. Wir bekommen sogar dieselbe Hütte! Ist schon sehr einfach dort. Die Hütten haben sechs bis acht Betten, werden erst gereinigt, wenn alle Betten vergeben wurden. Beim Einchecken wird also geprüft wie viel Betten in der Hütte „theoretisch“ noch unbenutzt sind / sein müssten. Hält sich aber jeder dran. Was nicht gebraucht wird, wird nicht benutzt. So waren dann bei uns vier Betten in drei Räumen unbenutzt. Bad war muffelig und ungeputzt. Transitroute eben! Die weiteren Räume konnten wir prima zum Klamottentrocknen nutzen, weils grad wieder auf den letzten km´s zu regnen anfing.
Abendgestaltung wieder was für die „Spartanischen“. Also Päckel Erbsensuppe raus, Brot und Wurst hatten wir unterwegs gekauft. Susanne bereitet zusätzlich ihre unvergleichlichen „Datteln im Speckmantel“ als Vorspeise zu.
Das hier auf dem Bild sind wirklich vier Motorräder! Ganz eng im Päckchen zusammen und mit Kettenschlössern eins am anderen gesichert. Die lädt so leicht keiner nachts auf.
Tag 8: Morgens fahren wir ne Runde durch den Ort Terespol um einmal ganz dicht an die Grenze und zum Bankomat zu kommen. Es ist Sonntag und viele Leute sind unterwegs. Ein uraltes Pärchen kommt uns auf einem Moped entgegen. Ein älterer Mann bleibt am Straßenrand wie angewurzelt stehen und bekreuzigt sich als wir vorbeifahren. „Jesus, Maria und Josef.“ So was hat er hier noch nicht gesehen.
Weiter entlang der Ostgrenze. Riesige Sumpfgebiete und Wald wechseln sich ab. Etwa 60km hinter Terespol liegt jetzt die Ukraine zu unserer Linken. Ist schon toll das Gefühl. Tankstop in Chelm. Wir halten uns bisserl auf, trinken was. Eine ältere Frau kommt auf uns zu: „Moshna pit?“ (Möchten Sie etwas trinken?) Danke sehr nett. Wir wollen weiter Richtung Krakau – weg von dieser öden Grenzlandschaft. In Zolkiewka lädt ein kleiner Imbiss mit Gaststube zur Mittagsrast. Und wer kommt da? Eine grosse Radlergruppe aus Deutschland, die ebenso wie wir Polen „erfahren“ - allerdings mit Gepäcktransport zu den Tageszielen. Lockere Leutsch, nett.
Der Himmel zieht zu weiter, weiter. Dann erwischt uns der Regen voll. Grad kann ich noch auf völlig freiem Acker ein Bushäuschen in den Regenschwaden erkennen, das uns Schutz bieten wird zum Umziehen.
Hier bleiben wir zum Beratschlagen. Nach Krakau durchzufahren bei dem Regen auf buckeliger Straße muss nicht sein. Wir sind natürlich wieder auf Nebenstraßen und in der finstersten Provinz unterwegs. Da gibt es ein kleines Städtchen in der Nähe, liegt nicht auf der Route, hat aber eventuell ein Hotel.
Tatsächlich ein Hotel an der hoppeligen Hauptstraße. Vorn ein Parkplatz, dann ne Durchfahrt zum Hof. Könnte für uns passen.
„Djen drobe. U bac jest komnatje dla tschitiri ludi?“ usw. Sie hatten zwei Zimmer, mussten aber erst schauen, welche. Tropfnass gehe ich mit. Wieder ein Haufen ungesäuberte Zimmer, schmutzige Wäsche auf dem Flur. Die Zimmer könnte man grad noch als Wohnklo bezeichnen: Zwei Betten übereck, 2qm freie Gehfläche, ABER auch noch Waschbecken und Dusche im Zimmer. WC ist auf dem Gang.
Abendessen gibt es nicht aber Frühstück wollen sie uns machen. Klasse!
Moppeds auf den Hof. Wieder schön im Päckchen gestellt – alle diesmal links schwenkt auf die Seitenständer.
Nach dem Umziehen, quetschen wir uns zu viert in eins dieser Wohnklos und kochen mal wieder. Heute Erbensuppe und Datteln – irgendwie bekannt …*grins. Beim späteren Ablegen springt in Günnes Bett eine Sprungfeder. Seitenschneider raus und ab das Ding. Nachts schliesst er sich auch noch irgendwie im Klo auf dem Gang ein und keiner hört sein Klagen… und so nackig wie er ist traut er sich nicht oben drüber zu klettern – ich sehs vor mir…
Tag 9: Ulli kommt mit Alarmnachricht ins Zimmer: Zwei Motorräder sind umgefallen! Der Boden im Hof ist über Nacht so aufgeweicht, dass sich Susannes und mein Motorrad pennen gelegt haben. Bei der Guzzi ist die Scheibe eingerissen, bei der Honda der linke Spiegel ab. Geht beides mit Powerband zu reparieren. Günnes XTZ hat die Nacht OHNE Stromanschluss gut überstanden und springt an. Bei mir geht der Tachoantrieb nicht mehr. War wohl zuviel Dreck unterwegs und der Antrieb ist bei der Florida ja vorn an der Radnabe.
Etwa 100km vor Krakau – es ist schon deutlich mehr Verkehr – reißt Ullis Kupplungszug. Nee, Ersatzteil hat er nicht bei. Müssen wir was in Krakau finden.
Rein in die Stadt, Werkstattsuche. Ulli kann sich nur wenig an Verkehrsregeln halten, wenn er seine Kawa nicht abwürgen will. Ist schon haarsträubend was da jetzt abgeht! Irgendwann finden wir eine große Autowerkstatt mit Parkplatz und einem Fastfood-Restaurant daneben.
Wir satteln grad ab, als ein Kawa-Fahrer um die Ecke kommt. Ich winke, er hält. Er macht seit zwei Wochen einen Englischkurs, was uns nicht viel hilft, aber Russisch kann er. Das Problem wird gezeigt. Er meint, dass er kurz seine Kawa in die Garage bringt und dann mit dem Auto wieder kommt. Macht er auch, sein Freund ist auch mit dabei. „Christiane, du kannst dich am besten verständigen. Du fährst mit den beiden auf Kupplungszugsuche.“ So die Meinung meiner Mitfahrer, von denen ich bisher dachte, sie seien meine Freunde! Heul… So steig ich denn etwas beklommen zu den beiden fremden Männern ins Auto. Na ja, Unterhaltung geht eigentlich. Arthur heißt der nette Pole. Wir fahren quer durch die Stadt zu einem Schrottplatz am anderen Ende. Unterwegs seh ich noch den Hinweis auf „Camping“. Prima. DAS find ich später wieder. Iss ja nur eine Stunde Fahrt quer durch die Stadt.
Der Schrottplatzfritze entpuppt sich als redegewandter Wucherer und Halsabschneider, der meinen beiden polnischen Fahrern erklärt, „was DAS für ein teures und besonderes Ersatzteil wäre, was wir da wollen. Das könnten wir erst morgen holen und es würde teuer.“ Der Unterhaltung hab ich irgendwie folgen können und sage: „Njet“ (Nöööö). Ich wills gleich und er bräuchte nur den Nippel oben abmachen und auf einen neuen Zug entsprechender Länge draufquetschen / schrauben was immer er will. „Das ist aber teuer“, wieder sein Einwand. „Nun mach schon bitte… bistra paschalusta“. Dauert keine 10 Minuten da hab ich mein Teil, dass „enorme“ 10 Euro kostet. Er grinst höchst zufrieden über das tolle Geschäft, ich grinse höchst zufrieden, dass ich das Teil fast zum in Deutschland handelsüblichen Preis gekriegt habe.
Auf der Rückfahrt fahren wir noch zum Campingplatz, damit ich ihn auch später wiederfinde. Dann wieder ne gute Stunde quer durch den heftigen Berufsverkehr. Arthur erzählt von Krakau: Eine typische Studentenstadt mit tollem Nachtleben, Absinth-Kneipen, Kellerlokalen… Meine Freunde warten schon auf mich, haben sich inzwischen ECHT Sorgen gemacht, weil sie mich zu den fremden Männern allein ins Auto gesetzt haben ABER derweil ganz ohne mich prima gefuttert haben – die Elenden! *grins
Alles Weitere null problemo. Kupplungszug rein. 1000mal bei Arthur bedankt. Campingplatz nach Stadtdurchquerung tatsächlich gefunden. Wir mieten eine „Nur-Dach-Hütte“ (Hexenhäuschen mit 6 Schlafplätzen) und nehmen ein Taxi in die Altstadt. JETZT gönnen wir uns was! Steakhouse. Vorspeisen mit allem „Ferz und Feuerstein“, dann Giganto-Steaks.
Natürlich folgt anschließend ein Stadtbummel mit Kellerkneipen und Bier aber ohne Absinth. Ein Taxi bringt uns zurück zum Hexenhäuschen. Schweinekalt da drin.
Tag 10: Wir verlassen Krakau in Richtung Zakopane, dem grossen Skigebiet.
Beschissene Straße mit vielen Lastern. Bloss weg hier! Wir biegen auf Nebenstraßen ab und fahren durch die kleinen Orte der Tatra.
Meiner unermüdlichen Verfolgerin, Susanne, fliegt etwas ins Auge. Halt am Straßenrand. Ulli ist Arzt und meint, dass es eine Hornhautverletzung sein. Den Fremdkörper kann er nicht sehen, nicht entfernen. Das Auge tränt, Susanne kann nur mit einem Auge sehen, womit die räumliche Sicht VÖLLIG fehlt. Sie fährt in 2 Meter Abstand hinter mir zur Orientierung. Macht alles, was ich mach. Unser „Päckchen-Fahren“ haben wir schon auf anderen Reisen gute 15.000km geprobt und könnens. Der nächste kleine Ort kommt und wir finden ein Tante-Emma-Lädchen mit total netten, jungen Leuten, die uns ihr Bad zum Auge spülen anbieten und Kaffee und Kuchen anbieten. Wir erholen uns ein wenig. Dem Auge geht’s nicht besser. Der nächste Augenarzt ist kurz von der Tschechischen Grenze im Bergland, da müssen wir hin. Der junge Mann vom Lädchen ruft extra an um zu fragen, ob die Praxis geöffnet ist. Susanne bekommt gepolstertes Powerband aufs Auge gepappt, damit es nicht mehr tränt. Bezahlen ist nicht. Sie wollen kein Geld von uns! Wir bitten, dass wir den zwei kleinen Kindern etwas in die Spardose geben dürfen. OK das geht. Super Hilfsbereitschaft!
In Zywiec gehen Ulli und Susanne zur Augenärztin. Zwei bewachen die Motorräder samt Gepäck, denn in dieser Kleinstadt ist „der Bär los“. Entweder ist ne Schulabschlussfeier oder Militärentlassung oder Fussballspielgewinn oder oder. Jedenfalls sind unheimlich viele gröhlende, schwankende Jugendliche unterwegs.
Als Ulli und Susanne zurückkommen, mach ich mich zu Fuss auf die Hotelsuche. Camping gibt’s hier nicht. Ausserdem braucht Susanne Ruhe! Gleich um die Ecke ist ein Hotel. Problem, kein geschützter Parkplatz, nur auf der Straße parken. Nöö, neeee. Bei den Horden, die hier rumziehen, will ichs Guzzile nicht auf der Straße lassen! In der Rezeption frage ich zunächst nach Zimmern. Gibt es. Parkplatz im Hof? Nein. Parken beim Nachbarn im Hof? Nein. Ich erkläre noch mal mein Problem mit den „kostbaren“ Motorrädern auf der Straße und dass ichs auch bei der Oma im Schrebergarten abstellen würd, wenn ichs nur nicht hier auf der Straße in der Stadt lassen müsste.
Da hat es bei der netten jungen Frau an der Rezeption „Klick“ gemacht. „Ach Sie meinen EGAL wo nur nicht draussen?“ „Da, odschen karascho.“ Ein Motorrad kommt in den Vorraum zur Küche, zwei ins Treppenhaus, eins hintendran kurz hinter den Stufen. „Wir haben nicht viele Gäste im Haus und es stört wirklich nicht.“
Wir müssen nur die Tür aushängen, drei Stufen hoch zum ersten Absatz, dann noch mal vier… GEHT DOCH!
Susanne wird natürlich von diesen Arbeiten freigestellt und darf sich schon mal legen. Nein es stört wirklich nicht… hihihi. Ein polnischer Handelsreisender und das Ehepaar aus Großbritannien haben kein Problem damit sich um vier Moppeds herumzuschlängeln, damit sie den Gastraum erreichen.
SO sind sie halt die Polen! Manchmal etwas schmuddelig ABER immer freundlich und hilfsbereit!!!
Nach Dusche und nem Drink gehen wir die Kleinstadt angucken. Susanne wird beidseitig geführt, beide Augen zu, nur nicht das verletzte Auge bewegen ABER die Beine schon! Sie wills ja auch. Wir hören einer Messe in der kleinen, rappelvollen Kirche zu. Es passen gar nicht alle Gläubigen rein, drum wird draussen per Lautsprecher übertragen.
Das Abendessen war 1A. Es gibt Süppchen, Rouladen mit Rotkraut, Knödel. Rotkraut allerdings kalt als Salat. Meine Interpretation von „krasni Karpuzta“ bezog sich eher auf warmes Kraut. Andere Länder, andere Sitten.
Fürstliche Suiten hatten wir mit Tiger-Bettwäsche, verspiegelten Bett-Kopfteilen, Gemälden an der Wand, Sesseln im Zimmer, Couchtisch, Minibar und Balkon. Alles äußerst gepflegt mit Duschgel-Portiönchen, weissen Handtüchern usw.
Tag 11: Dem Auge geht’s besser. Heute wollen wir über die Tatra nach Tschechien. Beim Packen stellt Günne fest, dass er schon die ganze Zeit ohne Fahrzeugpapiere fährt. Gleich Bammel vor der nächsten Grenze… Mässiger Regen. Menschenleere Kurvenstraßen durch einsame Wälder und Traumlandschaft führen uns auf die Passhöhe und zum Grenzübergang. Die polnischen und tschechischen Grenzer – ein Männlein, ein Weiblein – stehen fröhlich nebeneinander. Ja, ist ja alles Europa! Ausserdem ist hier heute wohl noch keiner durch, oder?! Ich nehm mal gleich meinen Helm ab und grinse das „Guzzi-Grinsen“, hab den Ausweis griffbereit. Bitte nur keiner nach Fahrzeugpapieren gucken. Freundlich lächelnd winken die Zwei uns durch. „Kuh vom Eis“ oder so, nennt frau das wohl.
Wir tauchen ein in die Tatra. Schnee liegt auf den Gipfeln. An der ersten Tankstelle wird Ullis Kupplung noch mal eingestellt und wir kaufen ein. Ein Campingplatz am Fluss lädt zum Bleiben ein. Kalt ist es. Die Hütten sind noch geschlossen. An der Rezeption steht ein Schild, dass wohl niemand da wäre aber morgen käme und man hier zelten dürfte … oder so. Mein Tschechisch ist nicht soooo toll!
Der Platz ist gepflegt, was uns aber das nicht über das feuchtkalte Klima hier im Tal hinwegtrösten kann. Die offene Küche des Platzes gibt uns Unterschlupf. Wenigstens trocken von oben. Die Fliesen triefen vor Nässe. Heute kochen wir Gulasch – so richtig von Grund auf mit Frischfleisch und paar Bierchen als Vorsuppe. Bier brauen können die Tschechen! Gurkensalat und Fisch gibt’s auch noch: Heute „schlemmen“ wir … hihihi.
Tag 12: Zum Frühstück werden gleich die Reste von Gulasch und Reis gefuttert. Mitnehmen geht nicht. Die Sonne scheint, die Zelte sind trocken. Jetzt wartet Prag auf uns.
Ca. 150km vor Prag fängt Susannes Vorderrad an zu „Jaulen“. Werkstatt angefahren, trotz 30 Minuten rumprobieren Null Fehler gefunden, wollten kein Geld fürs Checken. Also 10 Euro in die Kaffeekasse. Sie empfehlen uns noch „Sohol-Camping“ am Rande von Prag.
Ein Super-Platz! Shuttle-Bus-Service in die Altstadt, Frühstücksbuffett. Wir mieten einen Container mit 4 Betten (Der Schrank für vier Personen ist grade so groß, dass unsere vier Helme reinpassen…)
und dann geht’s in die Altstadt. Natürlich schauen wir das Schloss an, sitzen Kaffee trinkend im Straßencafe, wandern auf der Karlsbrücke mit ihren Künstlern und Souvenirständen, leisten uns sogar eine Kutschfahrt durch die Stadt.
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Später finden wir ein geniales Speiselokal im Keller, in dem wir jeder eine halbe geröstete Ente mit Rotkraut (diesmal warm!) und böhmischen Knödeln verzehren. Nun kann der Abend kommen – weitere Kellerlokale, Studium von Besuchern und grandios beleuchteter Stadt mit ihren Brücken und ihrer Silhouette. Gegen 0.30Uhr finden wir ein Taxi, dass uns heimwärts bringt. Ich wollte mich nicht von dem Taxifahrer übers Ohr hauen lassen und erklärte ihm gleich, dass ich den kürzesten Weg zum Camping Sohol kenne… Meinen Begleitern auf der Rückbank wird beinahe schlecht als er uns gefährlich rasant über Stadtautobahnen usw. zum Platz bringt.
Tag 13: Heute muss vor dem Frühstück noch Günnes Furunkel in der linken Beinbeuge „operiert“ werden. Er kann nicht mehr sitzen, geschweige denn Motorrad fahren – fettes Teil. Auf der Parkbank vor unserem Wohncontainer muss er sich mal – unten entblösst – hinlegen. Da ist halt die Beleuchtung besser als im Container! Rasierwasser drauf und Schnitt. Grad kommen zwei Mädels vorbei, die ob des nackten Mannes Unterteils aufgeregt flüstern und kichern. Egal. Gleich ists besser und wir können packen. – Übrigens 3,- Euro Frühstück – gigantisch!
Susannes Tacho ist nun auch ausgefallen – daher das „Jaulen“. Jetzt hat er Ruhe gegeben! Über die Ausläufer der Tatra auf geschwungenen Höhenzügen mit tollen Ausblicken erreichen wir Karlsbad, dann Deutschland. Ein Campingplatz im Fichtelgebirge in Fichtelberg am Fichtelsee bietet sich an. Hört sich an wie ein Märchen von den sieben Zwergen mit ihren Fichtelmützen oder so … Hier sind nun viele deutsche Touristen und Dauercamper, die sich wundern, was wir von unseren Moppeds alles so abladen und ausbreiten! Heute werden die Reste gnadenlos verzehrt: Datteln in Speckmantel und Zwiebelsoße, Buchstabensuppe, gemischter Salat, Bratwürste. Danach machen wir einen langen Spaziergang um den Fichtelsee. Es ist unser letzter gemeinsamer Abend! Drum folgt der letzte und einzige Marsriegel für alle in hauchdünnen Scheiben geschnitten, Bier, Wein, Osborne. Now is bed time. Alle sind völlig platt.
Tag 14: Über Autobahn Nürnberg Richtung Pfalz. Gegen 16.00Uhr trudeln wir alle wohlbehalten daheim ein. Es ist schön warm in der Pfalz. Nach 4300km hamm wirs geschafft. Schön wars!
Mich erwartet am nächsten Morgen Verwandtenbesuch und „Abritt“ mit allen verfügbaren Motorrädern zur Familienausfahrt. Meine grosse Tochter will zum ersten Mal die Suzuki Savage 650 LS fahren… Schon wieder fahren?!
Und die waren dabei – in Fahrtreihenfolge:
Zusammen waren wir am Nordkapp, auf Sizilien, in Belarus und Polen…
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Ich kann nur staunen... Fotos? naja, war ja keine Fotofahrt. Gib trotzdem 10, da will ich mal nicht so sein!
Dieser Teil wird nun echt „intensiv“ und länger, weil wir im Land plötzlich viel näher an Leute herankommen, als wir gedacht hatten (und evtl. beim Beginn der Reise auch wollten…). mehr...
lebendig,einfach klasse geschrieben, so als wäre man dabei gewesen