Warum Frauen Motorrad fahren!?

Warum Frauen Motorrad fahren!?

Ich bin mit Tina, der besten Freundin meiner Frau, unterwegs. Tina sagt, „Motorradfahren ist cool, - ja sogar schön.“ Letztes Jahr kaufte sie sich diese Sugi. Wir passieren die Ortschaften moderat und bewegen uns auf der Landstrasse mit 70. „Es sei so schön, den Frühling zu sehen und den Wind…. zu spüren“, schwärmt Tina, und ihre blauen Augen glänzen dabei ein wenig. Wir rollen dahin und schauen uns den schönen Frühling in den südlichen Ausläufern des Schwarzwaldes an.
Im sonnigen Breisgau dann, in einem schönen Strassencafé in Freiburg, reden wir über Dieses und Jenes, auch über die schöne Sugi. „Sie brummt so schön“, meint Tina, und „dann der Frühling, der ist auch sooo schön.“Menschen verändern sich. Vor vielen Jahren fiel Tinas Mann auf dem Paul Ricard vom Motorrad. Notoperation und Luftransport in Inselspital nach Bern. Danach Reha und Rollstuhl. Aber plötzlich kribbelten die Zehen und es kam Gefühl in Dani’s Beine zurück. Heute läuft er wieder und wollte all die Jahre wieder auf die geliebte Yamaha und auf den Paul Ricard. Tina war wehement dagegen, und überhaupt, wozu sollte die blöde Rennerei gut sein?
Nachdem sie die traurige Zeit mit „Dani im Rollstuhl“ erlebt hatte, setzt sich Tina nun auf ein motorisiertes Zweirad und findet es schön. Ein Phänomen?
Es ist faktisch, dass immer mehr Frauen Motorrad fahren. Dies wird jede/r, die/der die letzten zehn Jahre im Rückblick betrachtet, bestätigen können. Grundsätzlich ist es ein soziales Phänomen in entwickelten Ländern, dass Menschen in ihrer mitunter knappen Freizeit das Motorrad als Fungerät nutzen.Dennoch wird in sog. Männerrunden das Thema „Frau + Motorrad“ häufig schnell und abschätzig abgtan. So taucht in flachen Biertischgeprächen eine Vielzahl von gradlinig spontan formulierten Aussagen auf: „Frauen sollten es erst gar nicht versuchen." „Frauen lernen das nie.“ „Frauen „fahren (ha ha ha…) halt so rum.“ „Frauen haben einfach zu viel Schiss.“ „Es gibt keine brauchbaren Frauenmotorräder (man zeigt ein gewisses Verständnis), auch deswegen haben die Weiber Schwierigkeiten.“ Frauen kontern, indem sie sich in Frauengruppen zum Radeln zusammenfinden und sich „Hexen“ nennen, - und damit ein Signal setzen.
Da jede Aussage oder Behauptung (es gibt noch vielmehr als die genannten) nur eine sich auf anekdotische Evidenz stützende Hypothese ist, weiss niemand um die Wahrheit der spontanen und doch sehr eindimensionalen Behauptungen.
„Warum fahren immer mehr Frauen Motorrad?“ Die "schöne" Sonne linst zwischen den Sonnenschirmen hindurch. Das Münster räkelt sich in der "schönen" Frühlingswärme. Ich frage Tina. Sie antwortet: „Es ist schön!“ Ich versuche mehr herauszufinden und versuche es über die „Warumschiene“.„Weil es einfach schön ist!“ Ich patsche mit dem Löffel im noch halbgefüllten Eiscremebecher. Mein Ansatz ist falsch. Vielleicht erhalte ich von Tina nie eine Antwort, die mir eine hinreichende Erklärung geben kann.
Vielleicht aber ist die direkte Befragung keine passende Erhebungsmethode. Die spontane Antwort begründet sich ja wahrscheinlich in intuitiver Dimension und eine Antwort kann von den Befragten soderwegen kaum oder nur schwer in Worte gefasst werden. Ein Assoziationstest in einer Zufallsstichprobe....würde möglicherweise weiterhelfen.Wenn man Profile auf Biker-Plattformen anschaut, liesst man häufig, dass die Motorradaktiviäten bei Frauen nicht in der Jugend gestartet wurden und um dann stetig fortgeführt zu werden. Zwar bestand der Kontakt zum Motorrad da oder dort zwar schon irgendwie latent, aber eher selten entwickelte sich daraus ein proaktives Motorradfahren.
Häufig scheint es so zu sein, dass Frauen erst später, und häufig in und oder nach der Ehe-/Lap-Phase III, nachdem sich die Relation in der Partnerschaft verändert hatte, ein Bedürfnis zum Motorradfahren entwickeln. Ich denke, dass es nur eine Scheinkorrelation ist, wenn man die hohe Scheidungsrate (Schweiz: 52.7%) und die wachsene Zahl der Riderinnen in Zusammenhang bringt.
Wie dem auch sei, es muss einen Antrieb bzw. eine Motivation geben, welche das feststellbare ♀-Biken begründet. Unter Motivation oder Bedürfnis versteht man gemeinhin die Summe von „emotionalen und triebhaften Antriebkräften plus eine kognitive Zielorientierung". Diese Kombination erzeugt eine Spannung, einen Mangel, dem das Bestreben, diesen abzubauen, inhärent ist.Wenn in den letzten 10 Jahren immer mehr Frauen in ihrer Freizeit Motorrad fahren, dann darf man davon ausgehen, das Motorrad ist von den Frauen als Bedürfnislösung entdeckt worden. Es erhebt sich nun die Frage, was sind aber dies für Bedürfnisse von oder der Frauen, welche das Motorrad haben zur Bedürfnislösung werden lassen? Eigentlich müsste man spätestens jetzt aufgeben, und auch die Wissenschaft sagt nun nicht mehr sooo viel.
Tina sagt häufig „schön“, eigentlich schon sagt sie das sehr häufig. Und schön bedeutet, dass von ihr positive geladene Eindrücke und Bilder wahrgenommen und verarbeitet werden. Diese Bilder erzeugen „gute“ Emotionen und beeinflussen den Hormonstatus, welcher wiederum Tinas Organismus aktiviert und eine gehoben Stimmung verursacht. Tinas Wahrnehmung ist auf „on“ geschaltet und sie fühlt sich auf einem wohlingen gehobenen Stimmungsniveau, - verursacht von z. B. den schönen, frühlingshaften Landschaftsbildern, - und weiterhin führt diese Stimmung dann dazu, diese Landschaftsbilder positiv zu bewerten. A beinflusst B und B wiederum verstärkt A und so fort, - bis die Augen glänzen? Motorradfahren kann in diesem Kontext als eine intuitiv gesuchte Technik verstanden werden, neben anderen Techniken, ein Vehikel, ein Werkzeug, ein Instrument, um postive Stimmung zu erzeugen und diese verursacht dann auch, dass das Motorradfahren von Tina als „schön“ empfunden wird.
Als ich Tina später frage, wir sitzen auf einer Bank und schauen über die „schönen“ Rebhänge des Kaiserstuhls, warum Männer, wenn Sie auf dem Zweirad sitzen, oft so schnell unterwegs sind, meint sie: „Die haben keine Zeit für die Natur, die müssen sich gegenseitig beweisen, wer der Bessere ist." Hm... das ist eine andere Art von „schön“,...oder? Heisst das: Männer empfinden anders......Frauen auch?

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