Warum Menschen Motorrad fahren – „….gegen jede Vernunft“
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Warum Menschen Motorrad fahren – „….gegen jede Vernunft“
"Raser-ratties", Träumer, WahnsinnigeEin kurzer Moment, ein Autofahrer der nach seinen Zigaretten kramte, einige Sekunden Unaufmerksamkeit, ungewollt veränderte die Verkettung mehrer Kleinigkeiten das Leben von einigen Menschen dramatisch.
Warum ich darüber schreibe, „die Hoffung stirbt zuletzt“, um denen für die das Wochenende nicht so gut gelaufen ist Mut zumachen und um einige „Raser-rattis auf zwei Rädern“ die andere Motorradfahrer mit 160kmh auf der Landstrasse überholen, einen Moment zum nachdenken zu bewegen.
Das Auto erfasste die Bol d’Or frontal, was dann folgte war ein Alptraum, den ich hier nicht weiter beschreiben möchte. Nur soviel, warten und Ohnmacht kann einen in den Wahnsinn treiben, Hoffnungslosigkeit mürbe machen und die gefühlte Hilflosigkeit bringt einen an den Rande es Erträglichen.
Und es gibt kleine Wunder und fast übermenschliche Willensstärke. Ich habe eines erlebt, es hat lange gedauert mit vielen herben Rückschlägen, aber am Ende sind wir beide wieder Motorrad gefahren – auch wenn es Menschen gibt die sagen, "...gegen jede Vernunft“.
Der Unfall ist vor 27 Jahren passiert und trotzdem immer noch in unser aller Leben präsent, zwar geht jeder seinen Weg, doch die schwere Zeit verbindet noch immer.
Ganz besonders dann, wenn ich wie letztes Wochenende nach einer wunderschönen Tour durch die Alpen an einer geräumten Unfallstelle vorbei fahre, an dem ein Motorrad beteiligt war.
Mai 1982. Der Frühling ist die Neuerschaffung der Welt. Dann wenn die Sonne die Haut angenehm erwärmt, die Winterdepression sich verabschiedet und die Welt in einem neuen Glanz erstrahlt. Ein süßer Duft nach Blumen und feuchter, fruchtbarerer Erde durchwebt die Luft. Das erste zarte Grün der Blätter in der Morgensonne. Reflektionen und Schattierungen in tausend verschiedenen Grüntönen, wenn man durch ein Waldstück fährt. Später das intensive gelbe Leuchten der Rapsfelder. Das sanfte Licht, morgens mystisch gebrochen durch aufsteigende Nebelschwaden, die schnell von der immer stärker werdenden Sonne aufgelöst wurden. Das erste, köstliche Eis im Straßencafe. Das Lachen der Menschen. All das summierte sich zu dem Begriff purer Lebensfreude, wenn die Tage wieder deutlich länger werden.
Es ist auch die Zeit in der bei jedem leidenschaftlichem Motorradfahrer der Drang endlich mal wieder am Gashebel zu drehen aufkeimt. Ich beobachtete die Anzeichen genau, wie in Micha mit jedem Sonnenstrahl und jedem warmen, trockenen Tag der Wunsch dringlicher wurde wieder selbst zu fahren. Seine innere Unruhe wuchs.
Wie er sich das erste Mal auf die Kawa seines Bruders setzte und ihm seine Krücken gab. Sein lächeln, getragen von innerlicher Vorfreude und Sehnsucht. Er teste ob seine Beine die Kraft hätten das Motorrad zu halten, traurig musste er sich eingestehen, dass es noch nicht so weit war. Er brauchte es nicht auszusprechen, mit jeder Faser seines Körpers drückte er die Sehnsucht nach Geschwindigkeit und eins sein mit sich und dem Bike aus, daran hatten die letzten zehn Monate auch nichts geändert.
Das Röhren der Motoren der vorbei fahrenden Motorräder klang melodisch wie Musik der Strasse die bis zu unserer Dachterrasse empor zog. Die wehmütigen Blicke, wenn wir über den Marktplatz gingen, vorbei an den parkenden, in der Sonne schillernden Maschinen. Die Begeisterung in seiner Stimme war unüberhörbar wenn er vom Motorradfahren sprach.
Viel Konträres ging mir durch den Kopf, ich machte mir meine eigenen Gedanken. War fest davon Überzeugt, dass es noch viel zu früh wäre wieder selbst zu fahren. Auf der anderen Seite freute ich mich darüber wie er aufblühte, wenn er vom Motorradfahren sprach. Wie viel Begeisterung und Lebensfreude er mit dem Fahren verband. Motorräder und Motorrad fahren waren immer fester Bestandteil unseres Lebens gewesen, das Jahr ohne ... fühlte sich seltsam an.
Er wischte all meine Bedenken mit einem Lächeln vom Tisch, er hatte seine Entscheidung schon längst getroffen. Ich konnte das was in ihm vorging nachvollziehen, es war wie ein Virus von dem man einmal infiziert war und der einen nie mehr loslässt. Es war das unbeschreibliche Gefühl von Freiheit, das mit sich selbst eins sein. Es hat etwas Meditatives, wenn mit der Zeit das Geräusch des Fahrtwindes und des Motors zu einer Symphonie des Asphalts verschmelzen. Wenn man das Gefühl hat mit dem Motorrad eins zu sein. Den optimalen Spurverlauf durch Kurven und Kehren gefunden zuhaben. Geschwindigkeit hautnah zu erfahren, alles viel intensiver wahrzunehmen. Die Kräfte der Natur zu spüren, zu spüren wie man durch Schräglegen des Motorrads schnell und sicher durch eine Kurve zieht, wie der Asphalt immer näher kommt und man doch nicht kippt. Eins mit sich und dem Universum zu sein. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl.
Micha arbeitete an sich, jeden Tag, er wollte wieder ohne Krücken laufen. Zwei Minuten frei stehen, ein Schritt, dann noch einen - kleine, erreichbare Ziele. Er hatte sich einen Stuhl drei Schritte von der Wand hingestellt. Das war anfangs sein Ziel. Gegen die Wand gelehnt, sich auf den ersten Schritt konzentrierend stand er da.
Wacklig, unsicher, etwas hölzern, den Arm nach vorne gestreckt um den Stuhl greifen zu können, falls es doch nicht klappt. Mit eiserner Entschlossenheit. Noch einen, und noch einen und dann war das Ziel erreicht. Jeden Tag ein kleiner Schritt mehr. Mit fast übermenschlicher Willenskraft.
Dann war es soweit Micha konnte ein kurzes Stück ohne Hilfsmittel laufen.
Und er setzte seinen Traum in die Realität um, er hatte sein neues Traummotorrad gefunden.
Eine gebrauchte Honda CBX 1000, Baujahr 79 in rot. Es handelte sich dabei um ein typisches Naked-Bike, das in Stahl gegossene, kompakte Power symbolisierte. Es war so konstruiert, dass der Motor in einen unten offenen Brückenrahmen wie ein Six-Pack hing, bei dem keine Verkleidung den Blick auf die technischen Finessen verwehrte. Der Sound war außergewöhnlich, der Auspuffton glich dem Geräusch eines Düsenjets, vor allem nach dem er noch mal nachbearbeitet wurde.
Als Micha das erste Mal zu seiner Mutter fuhr, war ihr anzusehen, dass sie sich zwar für ihn freute, jedoch die Sorge, dass es noch zu früh war, alle anderen Gefühle überlagerte.
Es ging ihr wie mir, wir hatten beide ein ungutes Gefühl bei dem Unternehmen.
„Ich mach mir Sorgen um ihn“, sagte sie als wir außer Hörweite waren.
„Ich auch, aber er war nicht aufzuhalten.“
„Hoffentlich geht das gut.“
„Noch mal möchte ich das nicht durchleben. Ich glaube ich könnte es nicht“, sagte ich sehr nachdenklich.
Wieder Zuhause angekommen, machten wir uns Tee und setzten uns in die Sonne. Ich versuchte ein weiters Mal mit ihm über meine Bedenken zu sprechen.
„Hältst du es für eine gute Idee?“ fragte ich ihn vorsichtig.
„Würdest du es anders machen“, erwiderte er mit einem provozierenden, gereizten Unterton.
Er war es leid weiter über das Thema zusprechen.
„Wahrscheinlich nicht, aber ich mache mir Sorgen.“
Mir war ganz übel bei dem Gedanken das er so bald wieder selbst fuhr.
„Brauchst du nicht. Es ist ein tolles Gefühl, wieder zu fahren. Ich war heute mit dem Moped an der Stelle an der der Unfall passiert war. In der Kurve war mir ganz mulmig, ich bin dann umgedreht und die Stecke ein zweites Mal gefahren. Es ist nichts passiert. Die bösen Dämonen verschwinden. Ich kann es noch.“
„Deine Art von Therapie...“
„Vielleicht, man muss sich seinen Ängsten stellen.“
Dabei grinste er mich spitzbübisch an.
„Was willst du dir damit beweisen?“
„Nichts es macht einfach nur Spaß.“
„Das glaub ich dir nicht...“
Jetzt wollte er Leben, manchmal wirkte es so als wollte er jede Minute ganz intensiv erleben um sich zu spüren. Micha ist kompromissloser geworden, aber fährt - mit kaluliertem Risiko, Hirn und Verstand.
Beide fast ohne weiteren Unfall....für einige in unserem Umfeld “...gegen jede Vernunft“!
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*grins*
Bis zu dem Moment wie jemand mit einer Helmgegensprechanlage in der Tüte zum Treff kam...
Das Möppi ist für mich der einzige Ort wo man an nichts anderes denkt......kein Job.....kein Alltag...keine Probleme.....reine Konzentration auf Gas und Kurven...Landschaft...und nette Gespräche am Treff......das ist für mich Freiheit....auch nach diversen Unfällen werde ich das nicht aufgeben......und hier mein Lieblingsspruch......viele leben so vorsichtig...das sie wie neu sterben........ja ja ich weiß...abgedroschen.....aber gut......!
....nachvollziehen ja,
.... erklären? "nein".
Nette Grüße aus Wiesbaden-Biebrich
Manche Mensche leben so vorsichtig das sie wie neu sterben........hört sich blöde an......ist aber so.....es ist eine Leidenschaft...wenn auch eine gefährliche....hatte auch den ein oder anderen Unfall und bin auch schon 7 Monate an Krücken gegangen....und mit Krücken zum Möppi für die erste Fahrt danach....für mich ist es einer der wenigen Orte....wo sich die Gedanken nur auf das eine konzentrieren........FAHREN!.egal ob flott..... oder langsam.....loslassen vom Alltag......mit Sicherheit wesentlich vorausschauender nach den Krücken.......manche Dinge muss oder kann man nicht erklären....eben Leidenschaft......oder?
Gruss aus dem Rheingau!
Also ich kann das sehr gut verstehen, ich war durch einen unverschuldeten Unfall 1991 insgesamt 15 Monate arbeitsunfähig, habe aber schon in der Zeit während ich im Krankenhaus lag über das nächste Motorrad nachgedacht. Als es sich dann herausstellte, daß eine leichte Behinderung aufgrund des Unfalles zurückbleiben würde habe ich die Anschaffung eines neuen Bikes auch auf Anraten der Menschen die mir sehr nahe standen zunächst auf Eis gelegt. Durch mehrere Operationen im laufe der Jahre war ich irgendwann in der Lage mit der Behinderung so umzugehen, daß ich wiederum über die Anschaffung eines Bikes nachdachte - 2005 war es dann soweit - also 14 Jahre später - während der 14 Jahre habe ich immer wieder wehmütig den Bikes hinterhergeschaut die mich überholten ..... - ich probierte es einfach. Zuerst ne Probefahrt um zu sehen wie es mit der Behinderung im rechten Bein funktioniert bzw. ob es überhaupt funktioniert - und siehe da es funktionierte prima - ich hab das Bike (Yamaha MT-01) noch am selben Tag gekauft. Zuerst vorsichtig gefahren und alleine, aber nach ca. 1000km konnte ich wieder fahren wie damals als ich aufgehört hatte (was nicht heissen soll, daß ich zu den Heizern gehört habe). Es ist ein Virus das einen nie loslässt wenn man es einmal erlebt hat. Allerdings muss ich sagen, daß man mit dem Alter und der Erfahrung auch reifer wird, umsichtiger und nicht mehr alles ausreizt, lieber mal hinter einem Auto bleibt - einfach kein unnützes Risiko mehr eingeht! Durch das "wieder einsteigen" hab ich auch ne Menge neue Freunde gefunden-das gibt es sonst nirgens dieses weitgehende "Zusammengehörigkeitsgefühl" unter Bikern!! Ich habs noch nie bereut mir wieder ein Bike gekauft zu haben!!
Hei Redhead
Guter Artikel
Warum wir wieder fahren- ... gegen jede Vernunft!
Es ist ein innerer Zwang der uns dazu Treibt
Ich fahre auch wieder
Und ich bereue es nicht, es nocheinmal getan zu haben.
nach meinem Unfall hatte ich nur einen (ähhh) zwei Wünsche.
Der zweitwichtigste war wieder fahren, nach 18 Monaten bin ich ohne größers Training, gleich zu einer größeren Tour los.
Meine Gefühle vor dieser Tour sind eigentlich unbeschreiblich, irgendwann saß ich auf meinem Motorrad und fuhr.
entweder es geht oder es geht nicht,das war am Schluß mein einziger Gedanke, und es ging.
Ich bereue es nicht und ich glaube auch das der Wunsch wieder zu fahren mir über einges hinweg geholfen hat.
Gruß Sven
"Das kann ich so nicht stehen lassen.
Der Gedanke ist auf jeden Fall erlaubt - VOR dem Losfahren.
Erst, wenn er das Fahren beherrscht und die Konzentration behindert, sollte man sofort aufhören."
Ganz genau, Stoppel, danke für den Einwand!
Nach meinem Umfaller rieten mir viele andere Moppedfahrer: So bald wie möglich wieder aufs Motorrad! Habe ich auch gemacht, auch wenn anfangs schon bei ein paar Spritzern Nieselregen ein mulmiges Gefühl aufkam. Beim Fahren selbst denke ich inzwischen nicht mehr dauernd an die Gefahr - glücklicherweise! Aber ich suche mir schon sehr genau aus, mit wem, wohin und wie lange ich fahre.
Die Tagesformabhängigkeit sollte auch nicht unterschätzt werden. Wenn ich mich vor Fahrtbeginn nicht wirklich fit fühle, sage ich auch schon mal eine verabredete Tour wieder ab. Bei meinen Tourenfreunden gab es deswegen auch noch nie Stress, sondern die fanden das einfach nur vernünftig.
So hat jeder vob uns seine Spaxschrauben im Leben zu tragen. Gell Search?
;o) Uwe
jepp.
Ne schöne Jrooß
Stoppel
Das kann ich so nicht stehen lassen.
Der Gedanke ist auf jeden Fall erlaubt - VOR dem Losfahren.
Erst, wenn er das Fahren beherrscht und die Konzentration behindert, sollte man sofort aufhören.
Ich hab auch schon das Motorrad stehen lassen, weil mir zu viel anderes im Kopf rumschwirrte, bin aber auch schon trotzdem weitergefahren, weil ich wusste, dass mir das Fahren dabei hilft, die Rübe wieder freizubekommen.
Ne schöne Jrooß
Stoppel - der sich jetzt den Artikel erstmal durchliest