Wo bist Du?
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Wo bist Du?
modern timesMein Handy klingelt; - es spielt kein Liedchen oder zirpt gar eine Sphärenmelodie; - nein, es klingelt einfach so traditionell, - und vibriert natürlich, wie das ein wirkliches, wenn auch nun schon älteres Handy so tun muss.
Kann sehr, sehr wichtig sein. Soderweil muss man oder auch frau sofort zugreifen und die Antworttaste drücken können. Deswegen trägt man/frau das Maschinchen auch an ausgewählter Körperposition in Griffnähe.
Der Klingel-Schreck war nur kurz, - habe die Vollbremsung voll im Griff.
„Wo bist Du“; fragt meine Frau. Ja früher sagte man nach dem Hallo, „Wie geht es dir?“, - heute gehört das „Wo bist Du?“ in die Begrüssungsfloskel. Das hat nichts mit Kontrolle zu tun. Sie ist eben immer nur sehr besorgt und will wissen, dass ich mich an einem Ort befinde, an dem mir kein Unbill widerfahren kann. Und manchmal fragt sie noch „Mit wem bist du unterwegs?.... Aha!“ „Denk’ daran, dass du rechtzeitig bei Bär’s bist, - wir warten auf dich!“ Gut, dass ich daran erinnert werde, ich wäre wahrscheinlich auch ohne Anmahnung zur vereinbarten Zeit dort angekommen, nun aber werde ich noch rechtzeitiger dort sein, - mit Abkürzungen, erhöhter Drehzahl, vertretbarer Schräglage mit wenig Schlupf, - das kommt schon gut.
Ahhhhhh, - ich hab’ doch glatt vergessen, den Zielpunkt in’s GPS einzugeben. (So was passiert nur einem GPS-Neuling) GPS-Routing, - würde sicher noch ein paar weitere Abkürzungen bringen, und so könnte ich drei bis fünf Minuten schneller sein. Wenn ich aber nun anhalte und die Zieladresse aktiviere, werde ich Zeit verlieren. Während ich versuche, die Raum-Zeit-Dimensionen mit Bezug auf die relative Zeitersparnis bei Anhalten mit Zieleingabe gegen die Zeitersparnis durch heftiges Kurvendriften abzuwägen, kommen die topografischen Gegebenheiten des Albtales gnadenlos auf mich zu. Das irritiert, denn ich muss mich auf das Kurvenschwingen konzentrieren. Gleichzeitig aber entwickelt sich ein arg schlechtes Gewissen, mit Bezug auf meine mir mögliche spätere Erklärung, die sicherlich nur wie eine Ausrede gewertet werden wird: „Ich konnte das GPS nicht benutzen, weil ich, eingeschränkt durch die vielen Albtalkurven, mich ausser Lage sah, drei oder vier elementare Entscheidungen gleichzeitig zu evaluieren.“ Multiple Evaluation ist heute aber ein Muss (natürlich auch das multiple Problemlösen) und das Können hierfür ist obligatorisch. Vielleicht wird es besser sein, nachher doch lieber nicht die Wahrheit zu sagen.
Ach, da war doch noch eben mein Kumpel Ben..... darf ich nach der telefonischen Quasiweisung noch auf seine Bedürfnisse Rücksicht nehmen? Nun, wenn ich ihn im Rückspiegel nicht mehr sehe, dann ist er halt selbst Schuld, hat er doch beim Halt den Anruf mitgehört. Er weiss sicherlich, dass ich jetzt nur noch an mich selbst denken darf.
Ja früher, wir wissen’s ja alle selber, ja früher war ja allllles irgendwie anders….. manche sagen sogar „besser“. Die Sonne schien immer, - nie waren wir in fremdbestimmter Eile, immer liessen wir uns im Biergarten Zeit. Und wenn wir mal von einer Telefonzelle im Massiv Central den Anruf nach Hause schafften, fragte man noch, „Wie geht es dir?“
Die modernen Zeiten haben aber ganz klar ihre Vorteile. Jede/r kann in kürzester Zeit viiieeel mehr erleben. Ja, die Erlebnisse lassen sich sogar kumulieren. In dem man Mehreres gleichzeitig tut, ergänzen sich die Eindrücke zu einem Superganzen. (Ging früher auch, sagen nun manche, - Kaugummi kauen und über die Strasse gehen!). Heute zeigt mir das GPS während der Fahrt den Telefonanruf, ich sehe wer es ist, kann mich entscheiden: annehmen und blablabla oder nicht, Termine abmachen privat/geschäftlich, und gleichzeitig die Landschaft, den blauen Himmel und den Wind geniessen, an die nette Bedienung von eben denken, das Ventilrasseln ignorieren und im Rückspiegel feststellen, dass Ben eigentlich eine schnellere Gangart wünscht, - hängt er mir doch direkt am Auspuffendtopf. Das ist multiples erlebnisorientiertes Moto-Biking, ein Super-Totalerlebnis.
Neulich, dienstags im Dschungel, - ein Erlebnis der modernen Art und die Erkenntnis, wie viel Zeitersparnis und Freude moderne Technik beim Lieblingshobby doch bringen kann:
Auf einem schlammigen Weg überholt mich Martin mit viel Überschussenergie und bebladdert mich mit dreckigstem Nass. Nachdem ich meine Brille sauber gewischt habe, sehe ich sein Bremslicht 20 Meter vor mir. Martin biegt in die Wiese nach rechts ab, stoppt, klappt den von ihm speziell konstruierten Helmausschnitt am rechten Ohr nach oben und platziert sein Handy am selbigen. Tolle Lösung, rostfreies Ausstellscharnier, mit Klettverschlusssicherung – hält den Helmausschnitt am Helm fest!
In dynamisicher Ruhe steigt Martin dann von der WR ab und entpackt aus seinem Rucksack: Stativ, Laptop, Faxgerät und Drucker und baut dies alles mit der linken Hand und professioneller Eleganz während des Telefonierens (wahrscheinlich ein Kunde?) auf und aktiviert den Betrieb. „Alles klar“, höre ich seine Worte, „- wird sofort erledigt!“. Er versorgt sein Handy, schliesst das GPS an den Laptop an! Da ich ihn fragend ansehe, meint Martin nur: „Ich es mir nicht leisten, die Frage „Wo sind Sie?“ unbeantwortet zu lassen. „Die Daten des GPS werden direkt in mein Template übertragen und als Koordinaten im Mail und Fax ausgewiesen.“
Ich bin von den modernen Zeiten schwer beeindruckt und kicke den Motor an.
Kommentare
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Von der Notwendigkeit,...
16.04.2005
Na ist doch ganz klar,
wie solltest Du auch, wenn Du mir kein Fax schickst ;-)
Einfach nur genial! und somit nur mit ´nem 10-er zu bewerten.
Obwohl mir persönlich die letzten 5 Worte am allerbesten gefallen haben.
-one-kick-only!
Adi - der Bericht war wieder suuuuuuuper! Kann mir bestens vorstellen, wie eure Schlammtouren ablaufen - wie hält eigentlich das GPS und handy dem Dampfstrahler stand? Liebe Grüße Alex
klasse - 10 punkte
Ja Adi,
Ist mir gar nicht aufgefallen, dass ich Dir so nahre kam! Deinen Auspufftopf habe ich Dir aber doch unberührt gelassen und bin höchstens mal vorbeigezogen...
Dein Bericht zeigt uns, wie sich die Kommunikations-Technik heute so im Menschen bewegt... tatsächlich, manchmal eine gar sonderbare - aber immer öfters erscheinenede Entwicklung!
Hat Spass gemacht, Deine Zeilen zu Bildern zu verarbeiten um Sie dann vor dem geistigen Auge passieren zu lassen!
Bei Deinem Lieblingshobby musste ich doch auch einige Male Deinen, mit dem Schlamm der da rumlag, beladenen Hinterradfontänen ausweichen! Es war so schon nicht immer einfach, den Geländeüberblick durch die sich im Flugschlamm einsauende Brille zu behalten.....
Vielleicht gibts ja an Ostern Revanche!
LG Ben
öööhm...
ich wollte Dir nie ein Fax schicken...
wie kommst Du da drauf?
ich kenn Dich gar nicht.....
top :-))
Fax ist nicht angekommen,
jetzt weiß ich immer noch nicht wo Du bist ;-)
mit einem Schmunzeln im Gesicht gelesen :-))
kann mich nur anschließen...suuupi zu lesen ;)...auch von mir 10 points....grüße tonia
und? warste nun rechtzeitig bei den Bärs?
:-)))
10Points
Grüssle Heike