Tage wie dieser...

Tage wie dieser...

Theoretische Prüfung
Was ist es, dass an Tagen, an denen man einen furchtbar wichtigen Termin hat, irgendwie gar nichts so läuft, wie es laufen sollte.
Am 18.10. hatte ich Termin zur theoretischen Prüfung. Treffpunkt: 07:20 Uhr vor dem TÜV in Erding. Mitzubringen: Personalausweis, Stift und TÜV-Gebühr. Soweit, so gut.
Da ich morgens nicht die Schnellste bin, stellte ich meinen Wecker vorsorglich auf 05:45 Uhr. Abends einigermaßen früh ins Bett, ein Gläschen Wein, ein gutes Buch und für meine Verhältnisse recht früh eingeschlafen.
05:45 Uhr
Der Wecker klingelt das erste Mal. Das System steht noch völlig still. Lediglich eine Hand bewegt sich instinktiv langsam nach oben und betätigt die Taste für die automatische Wahlwiederholung.
05:54 Uhr
Der Wecker klingelt ein zweites Mal. Eine Hand bewegt sich instinktiv langsam nach oben...usw. Eine zweite Hand schiebt sich zur Fernbedienung. Das System kommt ganz langsam in Gang
06:30 Uhr
Nachdem der Wecker noch ein paar Mal geklingelt hat, ist das System fast komplett hochgefahren. Ich stehe auf, stolpere noch ein bisschen blind durch die Gegend, suche mir ein paar passende Klamotten zusammen und koche mir einen Kaffee.

07:05 Uhr
Time to Go. Draußen dann das erste Hindernis, welches mich am sofortigen losfahren hindert: vereiste Scheiben. Seufz...ja, der Sommer ist dann wohl auch vorbei. Kratz, Kratz und dann kann es losgehen.
07:10 Uhr
Ich entscheide mich zum Haupttor hinauszufahren, da dies der kürzeste Weg zum TÜV ist. Ich kehre jedoch auf halbem Wege wieder um. Grund: Jeden Morgen findet eine Flaggenparade statt. (Flaggenparade = feierliches Hissen der Flagge morgens, Niederholen der Flagge bei Sonnenuntergang. Kommt man dazu, während die Flaggenparade stattfindet, hält man an, schaltet den Motor ab, steigt aus dem Auto und wartet bis das Zeremoniell vorüber ist.)
Dafür habe ich nicht wirklich Zeit und ich entschließe mich also zum Südtor hinauszufahren, als ich kurz vor der Torausfahrt von einem zivilen Sicherheitsbeamten und einem Soldaten der Wachmannschaft aufgehalten werde.
"Junge Frau!": sprach mich der Sicherheitsbeamte an: "Haben Sie denn das Schild nicht gesehen?!"
"Äh...nee...welches Schild???"
"Hier ist die Durchfahrt verboten! Bitte benutzen Sie das Haupttor!"
"Ähh...Ach ja?...Seit wann?...Wieso??? Äh...jaaa...sorry...tut mir leid."
(Anmerk. d. Red. Ich schwöre, dieses Schild steht sonst nie da! Und in meiner Aufregung habe ich es tatsächlich glatt übersehen. Ich verstehe aber auch nicht, warum da morgens Schilder rumstehen, die dann abends wieder weg sind.)

Ich wendete also wieder und fuhr wieder Richtung Haupttor. Kurz vor der Ausfahrt steht mitten (!) auf meiner Spur ein Stoppschild rum. Was ist jetzt das? Das steht doch sonst auch nicht da?! Doch Flaggenparade? ICH HAB DOCH KEINE ZEIT! Aber ich habe noch mal Glück gehabt. Ein freundlicher Sicherheitsbeamter winkt mich fröhlich lachend am Stoppschild vorbei. (Was hat der denn um die Zeit schon so gute Laune?) Komischerweise winkt er mich rechts vorbei. Ich schaue ihn noch mal an. Definitiv rechts. Na gut, da ich mittlerweile gelernt habe, die eine oder andere Tatsache als gegeben hinzunehmen, da ein Hinterfragen nur noch mehr Fragen aufwerfen würde, fuhr ich also über den abgesenkten Bordstein (statt auf der völlig freien Gegenfahrbahn) RECHTS an dem Stoppschild vorbei. Und endlich bin ich draußen...schnauf!
07:17 Uhr
Gott sei Dank ist es nicht weit bis zum TÜV. Also stand ich tatsächlich um 07:20 Uhr davor. Außer mir natürlich noch einige andere Fahrschülerchen, noch drei davon aus derselben Fahrschule. Ich habe den Altersschnitt dort mächtig angehoben. Alle Fahrlehrer waren auch schon da, nur meiner natürlich nicht. Der kam auf die allerletzte Minute. Also dann mal rein gegangen. Ich suchte mir brav einen Platz und harrte der Dinge die da kommen würden

Wer nicht kam, war der Prüfer. Ich hatte direkten Blick auf die Uhr. Minute um Minute, die verstrich, wurde meine Nervosität ein bisschen größer. Bin nun mal nicht der Prüfungstyp. Mit einer Viertelstunde Verspätung kam er dann schließlich doch. Inzwischen war ich doch ein wenig gereizt und ehe alle Formalitäten geregelt waren, vergingen weitere 10 min. Also der hatte echt die Ruhe weg...grrrmpfh...

Endlich hatte auch ich dann meine Fragebögen vor mir liegen. Ich hörte also auf, unruhig auf meinem Stuhl hin und her zu rutschen und griff mit eiskalten Fingern nach meinem Stift. Namen und Geburtsdatum schreiben klappte ohne Probleme. Ich glaube, ich habe jede Frage dreimal gelesen, ehe sie endlich in meinem Gehirn ankam. Zum Schluss hatte ich überall brav meine Kreuzchen gemacht und eigentlich ein ganz gutes Gefühl. Eine Frage habe ich vielleicht falsch, dachte ich, aber das geht ja noch.
Die Auswertung zog sich natürlich wieder richtig schön in die Länge. Also der TÜV-Mensch wurde mir echt nicht sympathischer. Wieder verging Minute um Minute. Nach einer Weile kam mein Fahrlehrer und fragte, ob wir denn schon einen neuen Termin zum Fahren ausgemacht hätten. "Klar.": sagte ich: "Morgen." "Ja, dann kannste jetzt gehen." HÄÄÄÄÄ??? "Ja. Herzlichen Glückwunsch. Hast bestanden. Und wer null Fehlerpunkte hat, kann schon gehen." "Äh...ja?...echt? Geil." Gut. Mit einem breiten Grinsen ging ich zum Auto und fuhr in die Arbeit. Während der Fahrt ins Büro schien die Sonne, der Himmel war blau und im Radio lief Jimmy Cliff. Das war einfach nur passend. Ich drehte richtig auf. Und trotzdem ich keine Engelsstimme habe, konnte ich mir eine kleine private Karaoke-Show nicht verkneifen:
I can see clearly now the rain has gone
I can see all obstacles in my way
Gone are the dark clouds that made me crash
It’s going to be a bright, bright sunshiny day.
I think I can ride now the pain has gone…
.
.
.
Look all around there’s nothing but blue skies
Look straight ahead nothing but blue skies.
.
.
.
It’s gonna be a bright, bright
Sunshiny day.
P.S. Alle Fenster waren geschlossen. Das ganze fällt also nicht unter Erregung öffentlichen Ärgernisses.

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