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Reino 30.09.2002

Der Antilope Creek Canyon in Arizona/USA

Wegstrecke 0 km
Länder/Regionen/
Wegpunkte
Arizona
Straßenart
Tour-Motorrad
Schwierigkeit
Schlagworte
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Der Antilope Creek Canyon in Arizona/USA

Die spannende Suche nach einem Geheimtipp in der Wüste Arizonas
Den Grand Canyon in Arizona oder das Monument Valley in Utah kennt wohl jeder, zumindest von Fotos oder Filmen. Aber wer kennt den Antilope Creek Canyon?
Es gibt in Arizona und Utah auch noch andere landschaftliche Highlights, die zwar nicht im Reiseführer stehen, aber dennoch jede Mühe Wert sind, sie zu finden. Eines davon ist der Antilope Creek Canyon oder auch Slot Canyon genannt.
Irgendwann, so um 1989/90 rum, fiel mir zufällig eine Fotofachzeitschrift in die Hände, in der faszinierende Fotos von einem extrem schmalen und in den verschiedensten Rot- und Gelbtönen schillernden Canyon abgebildet waren. Der Fotograf schilderte die Schwierigkeiten, mit seinem Equipment von oben in den Canyon zu gelangen und dort wegen der diffusen Lichtverhältnisse brauchbare Fotos zu schießen. Der Canyon war durch einen kleinen Fluss geschaffen worden, der sich auf seinem Weg plötzlich durch härtere Sandsteinschichten arbeiten musste und dadurch von seiner ursprünglichen Breite auf wenige Meter zusammen gequetscht wurde. Wie in einer Düse erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit um ein Vielfaches und der Sandstein in diesem "Schlitz" (Slot) wurde geschliffen und poliert, bis die Wände in allen möglichen Sandsteinfarben schillerten. Im Sommer soll der Fluss ausgetrocknet sein und der Canyon kann beschritten werden. Er ist nicht besonders groß, so ca. 50m tief und 200m lang, aber die Fotos des Fotografen zeigten eine atemberaubende Welt im Canyon. Von unten kann der Himmel nicht mehr gesehen werden, weil die einzelnen Sandsteinschichten sich räumlich versetzt überlagern. Das diffuse Licht und die Farben dort unten erzeugten allein schon beim Betrachten der Fotos eine eigenartige mystische Stimmung. "Ich muss diesen Canyon finden!" dachte ich mir. Leider beschrieb der Fotograf nicht genau, wo dieser Canyon zu finden ist. War es Absicht? Seinen spärlichen Angaben zu Folge musste er im Grenzgebiet von Arizona und Utah liegen und der Fluss Antilope Creek heißen.
Man könnte meinen, der Name des Flusses und des Bundesstaates müsste ausreichen, um ihn zu finden. Irrtum. In keiner Landkarte, weder in den ansonsten sehr genauen AAA-Karten noch im Rand Mc Nally Atlas, war der Antilope Creek zu finden. Mit diesem unzureichenden Wissensstand machten wir - Antje, Erna, Kurt und ich - uns mit unseren Motorrädern (3 Harleys, 1 BMW R100GS) von Los Angeles aus auf die Suche.

Unterwegs Richtung Arizona fragten wir alle möglichen Leute, ob sie den Antilope Creek und diesen Canyon kennen. Fehlanzeige. Niemand konnte auch nur den kleinsten Hinweis geben und so trafen wir schon etwas gefrustet in der Kleinstadt Page am Lake Powell im Grenzgebiet von Arizona und Utah ein. Hier konzentrierte sich unsere letzte Hoffnung auf das Info Center am Glen Canyon Dam.
Irgendwo hier muss doch dieser Antilope Creek sein! Kopfschütteln am Infodesk des Centers. Keine Ahnung. Plötzlich spricht uns ein junger Kerl an. Er hätte gehört, wie wir nach dem Canyon gefragt haben und er wüsste, wo er sei. Und zwar gar nicht weit von Page entfernt. Wie wir denn dort hinkommen wollen, ist seine nächste Frage. "Na, mit unseren Motorrädern natürlich". Schallendes Gelächter ist seine Antwort. "Hey guys, da müsst ihr ein paar Meilen durch ein ausgetrocknetes Flusstal mit teilweise knietiefen Sand fahren. Das ist kein Spaß mit Motorrädern bei 40 Grad im Schatten, und schon gar nicht mit Harleys!" Dave, so heißt der Typ, bietet uns an, uns auf der Ladefläche seines Allrad Pick up's durch das Flusstal zum Canyon zu fahren. Gute Idee!
Am späten Nachmittag treffen wir uns wieder mit Dave und er fährt mit uns auf der Ladefläche ca. 10 Meilen auf dem Highway Richtung Osten.

Plötzlich biegt er auf einen staubigen und holprigen Feldweg ab, der nach ein paar Meilen in das ausgetrocknete Flussbett des Antilope Creek's hinab führt. Noch auf dem festen Feldweg gibt Dave Vollgas und taucht dann mit hoher Geschwindigkeit in den mehr als knietiefen Sand des Flussbettes ein. Jetzt geht's aber richtig los. Er prescht mit unverminderter Geschwindigkeit das Tal entlang, unbeeindruckt davon, dass der Pick up ständig mit der Hinterachse ausbricht und fürchterliche Schlingerbewegungen vollführt. Mehrmals bewegt sich der Pick up gefährlich nah an der Kippgrenze. Wir werden auf der Ladefläche wie leblose Puppen umher geschleudert und versuchen, uns krampfhaft irgendwo fest zu halten. Ein Horrortrip. Die Mädels kreischen panisch und Kurt und mir ist himmelangst, dass die Kiste umkippt. Ich schrei den anderen zu, sie sollen sofort abspringen, wenn es so weit sein sollte. Der Kerl kann ja überhaupt nicht Auto fahren! Gnadenlos jagt Dave den Pick up weiter das ausgetrocknete Flussbett entlang. Nach ein paar Meilen, die uns unendlich vorkommen, versperrt uns plötzlich eine Felswand die Weiterfahrt. Der Sand ist hier nur noch knöcheltief. Dave stoppt den Pick up und völlig fertig fallen wir mehr von der Ladefläche als dass wir klettern. Kleinlaut gesteht uns Dave, dass der Allradantrieb seines Pick up's defekt ist und er nur mit Heckantrieb fahren konnte. Das erklärt vieles. Wir freuen uns schon auf die Rückfahrt.....
Aber vorher wollen wir den Canyon finden. Erst bei genauerem Hinsehen erkennen wir einen schmalen senkrechten Spalt in der Mitte der, das ganze Flussbett absperrenden, Felswand. Dorthin führt uns Dave. Das Ziel unserer Tour ist erreicht und das, was wir jetzt zu sehen bekommen, entschädigt für die ganzen Mühen und Strapazen und lässt uns auch die sengende Hitze hier vergessen.

Wir tauchen ein in eine faszinierende Welt aus weichen, fließenden und in Farbtönen von hellem ockergelb über rot bis dunkelbraun schimmernden Sandsteinschichten. Das diffuse Licht hier sorgt noch zusätzlich für eine unbeschreibliche Stimmung. Die Fotos können nur unzulänglich einen Eindruck von den realen Verhältnissen vermitteln.





Aber nicht die deutlich kühleren Temperaturen im Canyon lassen mich frösteln, sondern der Gedanke, dass hier normalerweise Wasser mit ungeheurer Wucht durch den schmalen Canyon schießt. Was ist, wenn es im 60km entfernten Kaibito Gebirgsplateau, dem Quellgebiet des Antilope Creek, ein Gewitter hat? Dave beschwichtigt uns. Es sind keine Gewitter gemeldet. Aber trotzdem, ein beunruhigender Gedanke. Wenn man sich das so vorstellt......
Schweigend und tief beeindruckt wandern wir durch den Canyon. Nach jeder Biegung wieder andere Licht- und Farbverhältnisse. Nur an wenigen Stellen kann man den Gott sei Dank wolkenlosen hellblauen Himmel zwischen den Schichten durchblitzen sehen.



Irgendwann haben wir das Ende des Canyons erreicht und nach dem Heraustreten aus dem "Spalt" verläuft das breite, ausgetrocknete Flussbett genauso weiter, wie auf der anderen Seite der Felswand.

Wir kehren zum einsam im Sand stehenden Pick up zurück. Unterm Motor hat sich der Sand dunkel gefärbt und beim näheren Hinsehen erkennen wir, dass es sich um Kühlflüssigkeit handelt, die munter vom Kühler runter tropft. Ein Blick in den Kühler konfrontiert uns mit zwei erschreckenden Tatsachen: Der Kühler ist leer und keiner von uns hat auch nur einen Tropfen Trinkwasser dabei. Haben wir in der Eile total vergessen. Und das hier in der Wüste! Wir Anfänger, Dilettanten! Auch Dave blickt jetzt etwas betreten in die Runde. "Das hält der schon aus" versucht er uns zu beruhigen. "Ist doch ein Ford Pick up". In dem Zusammenhang fällt mir ein, was die Abkürzung F.o.r.d. im amerikanischen Slang bedeutet: Found on road - dead.......

Dave springt in den Pick up und will den Motor starten. Der denkt aber nicht dran und macht trotz eifrig drehenden Anlassers keinen Mucks. Die Aussicht auf einen 10 Meilen Fußmarsch bis zum Highway durch teilweise knietiefen Sand bei sengender Hitze ohne Wasser lässt sogar unseren anfänglichen Galgenhumor verstummen.
Verzweifelt steigt Dave aus dem Pick up. Dann probiert Kurt sein Glück und siehe da - plötzlich springt die Kiste an. Jetzt aber schnell. Wir klettern auf die Ladefläche und Dave klemmt sich wieder hinters Steuer. Die Hinterräder drehen durch und beginnen, sich ein zu graben. Wir kommen keinen Zoll vom Fleck. Also alle vier wieder runter von der Ladefläche und angeschoben. Langsam setzt sich der Pick up in Bewegung und Dave beschleunigt jetzt stärker. Nur nicht wieder stehen bleiben. Wir laufen hinterher und einer nach dem anderen hangelt sich an der Bordwand des fahrenden Pick up's hoch. Außer Erna. Verzweifelt versucht sie im Laufen die Oberkante der Bordwand zu erwischen. In letzter Sekunde können Kurt und ich ihre ausgestreckten Arme ergreifen und sie hoch ziehen. Wie im Actionfilm. Dave holt jetzt wieder das Letzte (Kühlmittel?) aus seiner Kiste und fährt genauso brutal zurück wie bei der Hinfahrt. Zwei Gedanken schießen mir, während wir krampfhaft versuchen, uns irgendwo fest zu klammern, ständig durch den Kopf: ‚Hoffentlich hält die Kiste durch' und ‚rechtzeitig abspringen, bevor die Kiste umkippt'.
Sie hält sogar bis Page durch und wir müssen auch nicht abspringen. An der nächsten Tankstelle füllt Dave jede Menge Kühlmittel nach und der Motor läuft, als wäre nichts gewesen. Amerikanische Wertarbeit. Nur sollte er vielleicht seinen Allradantrieb reparieren lassen.
Am Abend begießen wir das Erlebte bis spät in die Nacht. Auch heute noch - über 11 Jahre später - sorgen die Erinnerungen daran in feucht fröhlichen Runden für regen Gesprächsstoff.
Erlebt von Reino

Kommentare


ABSENDEN

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Gelöschter Benutzer
Hallo Reino,
mal wieder ein schöner bericht von dir, mit allerhand erlebnissen. von deinen bilder bin ich sehr beeindruckt. hast du vielleicht noch mehrere davon, welche man anschauen könnte?
es muss ein unvergleichliches erlebnis sein, durch den slot zu gehen.
lhg
Searcher, der auch einen F.o.r.d. fährt *gg
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Reino
Den Grand Canyon in Arizona oder das Monument Valley in Utah kennt wohl jeder, zumindest von Fotos oder Filmen. Aber wer kennt den Antilope Creek Canyon?
Es gibt in Arizona und Utah auch noch andere landschaftliche Highlights, die zwar nicht im Reiseführer stehen, aber dennoch jede Mühe Wert sind, sie zu finden. Eines davon ist der Antilope Creek Canyon oder auch Slot Canyon genannt.
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