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against-the-wind 20.06.2010

Einmal Rumänien und Ukraine und zurück (Teil 4)

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Einmal Rumänien und Ukraine und zurück (Teil 4)

Karpaten-Tour 2009
Von Rumänien aus bin ich die Karpaten entlang durch die Ukraine bis L´viv gefahren. Nun, nach etwa 3700km, muss ich zurückkehren. Also: es geht wieder nach Westen....
Mittwoch, 12.8.2009, Lemberg, km 93205
Aus meinem Dachfenster sehe ich graue Wolken. Es hat geregnet heute Nacht. Trotz aller Bedenken: Iron Lady steht noch immer da, wo ich sie gestern abgestellt hatte - genau vor dem Hoteleingang und - ich gehe erst einmal zum Frühstück. Erneut bin ich überrascht, auch das Hotel Natalia18 macht einen auf nobel. Fürs Frühstück werde ich an den Hotelgästen vorbei eine Treppe tiefer in den Gewölbekeller gebeten und mein Kaffee und Brot wird alleine für mich dort serviert. Könnte auch sein, der Herr in Motorradstiefeln sollte nicht mit den anderen Gästen zusammen frühstücken, um sie nicht zu erschrecken. Als ich dann zum Auschecken an der Rezeption stehe, werde ich von einem Grauhaarigen auf Deutsch angesprochen: „ist das Ihr Motorrad aus Frankfurt?“. Alexander Dombrowsky ist der Eigentümer das VW Käfers aus Offenbach vor der Türe, er reist alleine und hat ebenso wie ich vor, heute wieder die Ukraine zu verlassen. Wir stellen fest, wir sind nicht nur sozusagen fast Nachbarn, wir haben auch gemeinsame Bekannte. Wie klein die Welt doch ist.
Bevor ich Lemberg verlasse, drehe ich noch eine kleine Runde durch die Stadt. Erst jetzt fällt mir das grobe Kopfsteinpflaster auf. Hin und wieder fehlen ein oder zwei Steine und es rumpelt und kracht, wenn man mal wieder einem Schlagloch nicht ausweichen konnte. Am interessantesten ist es da, wo die Straßenbahnschienen sich bis ca. 10 cm über das Pflaster erheben. Kein angenehmes Gefühl, zwischen den Schienen mit dem Motorrad unterwegs zu sein. Auch das Problem der Kanaldeckel sehe ich wieder, das mir in Rumänien schon aufgefallen ist: Manche sind wohl durch einen Lastwagen auf einer Seite runter gedrückt worden – und ragen auf der anderen Seite dagegen in die Höhe. In der Ukraine sind die Kanaldeckel rund, das ist nicht so schlimm. In Rumänien waren sie eckig und da konnte schon mal eine Spitze ziemlich hochstehen.

Ich halte an, weil die Straße muss ja fotografiert werden. Als ich das Top-Case öffne, um meine Kamera rauszuholen, kommt mir eine Bierdunstwolke entgegen. Die Bierdose, die ich für meinen Sohn mitnehmen wollte, ist durch die Schüttelei aufgeplatzt und das Bier hat sich über und in meine Fototasche ergossen. Die stinkt jetzt phänomenal. Ich hoffe, ich komme nicht noch in eine Alkoholkontrolle.
Dann nehme ich Kurs Richtung Westen. Zuerst muss ich noch einmal Tanken – Tankstellen gibt es hier genug, allerdings blicke ich nicht völlig durch, welche der Benzinsorten bleifrei sind. Ich deute mit meinem Finger auf das „bleifrei“ im russischen Sprachführer und hoffe, der junge Mann an der Tanke kann lesen. Er wiederum deutet auf die Benzinsorte „EURO“. Klingt vernünftig. Ich tanke voll …. so billig habe ich ja noch nie getankt ….
Auf der breit ausgebauten M10 geht es dann gemütlich auf die Grenze zu. Schon nach ein paar Kilometern fallen mir zwei Honda Goldwing Fahrer auf, die gemütlich vor mir fahren. Ich habe es nicht eilig, also fahre ich in einigem Abstand hinter ihnen her. Eine einfache Schutzmaßnahme gegen überraschende Schlaglöcher aber auch gegen Polizeikontrollen. Die zwei GoldWing-Fahrer sind so freundlich auf die Löcher und Bodenschwellen aufmerksam zu machen. Erst kurz vor der Grenze werden sie mir wirklich zu langsam und fröhlich winkend überhole ich sie. Ich sehe, der eine hat ein italienisches Kennzeichen, der andere ein britisches
An der Grenze warten schon die Geier auf uns. Ich will mein ukrainisches Geld wieder in verwertbare Währung zurücktauschen, halte vor einem Geldwechselbüdchen, und werde sofort angesprochen: Für schlappe € 10,00 wolle man bewerkstelligen, dass ich bei der Grenze innerhalb von 10 Minuten abgefertigt werde. Sicherlich ein attraktives Angebot, allerdings weiß die Meute noch nicht, dass ich auf Bestechung und Schutzgelderpressung aus Prinzip nicht reagiere. Als ich vom Geldwechseln zurückkomme, ist der Preis schon gefallen, jetzt wäre auch schon für 40 Gryvna (ca. € 3,00) die schnelle Reise nach Polen möglich. Ist mir aber trotzdem egal, ich starte mein Motorrad und reihe mich in die Warteschlage ein. Die Goldwing Fahrer stehen da schon. Sie waren – so erzählen sie mir – beim europäischen Goldwing-Treffen in der Ukraine.
Jetzt, da ich die Prozedur schon kenne, sehe ich alles gelassen. Der Beamte kommt, dessen Aufgabe es ist, mein Kennzeichen auf einen Zettel zu schreiben. Dann Abgabe der Papiere im Häuschen. Ich sehe gerade, Dombrowsky hat es nun auch mit seinem Käfer geschafft, er steht wenige Meter hinter mir in der Schlange. Ich bekomme meine Papiere zurück, alles ok, nur müssen wir nun in drei Reihen warten, bis es auf der polnischen Seite weitergeht.
Plötzlich kommt Bewegung in die Sache. Neben den drei Reihen fahren plötzlich 5 weitere Goldwings an uns vorbei bis ganz nach vorne. Wir drei Motorradfahrer in der wartenden Reihe wittern Morgenluft, wir starten die Maschinen und ehe wir gebremst werden, reihen wir uns in dem Pulk der 5 Hondas ein. Wie die Lemminge fährt diese Schlange dann plötzlich los auf den polnischen Schlagbaum zu. Der öffnet sich zwar nicht, aber dort steht ein polnischer Uniformierter, der uns mit Handzeichen klar macht, dass wir umkehren sollen. Wir kehren also zurück und stapeln uns am Straßenrand auf. Aber die Wartezeit ist nicht lange, zwei Minuten später können wir schon wieder – vor allen Autos – losfahren, am ersten Schlagbaum vorbei und zu den polnischen Beamten, die wohl schon auf uns gewartet haben. Bei den Goldwing-Fahrern kommt eine gewisse Nervosität auf, als die Nachricht die Runde macht, dass lediglich zwei Schachteln Zigaretten pro Nase unverzollt über die Grenze eingeführt werden darf. Wohin nun mit den Stangen und Paketen, die sie in Lvov günstig eingekauft und in Anhänger oder Seitentaschen verstaut haben. Die Grenzbeamten bieten an, überzählige Zigarettenpackungen einzusammeln und zu vernichten. Einem Goldwing-Fahrer mit schwedischem Kennzeichen, der aber fließend polnisch spricht, ist das nicht recht. Immer wieder fängt er mit den Zöllnern an, zu diskutieren. Bis schließlich einem der Beamten der Kragen platzt. Mit einem „Warum machen Sie es sich so schwer“ fordert er den Polski-Schweden auf, sämtliche Klappen und Öffnungen seiner Honda Goldwing zu öffnen, und er zieht eine ganze Reihe von Stangen und Schachteln raus. Ich bin erstaunt, wieviel Platz in so einer Goldwing sein kann. Andererseits, die Zeremonie hält natürlich die Zollabfertigung schon ganz erheblich auf, denn während wir Motorradfahrer dort geduldig warten, bis die Meinungsdifferenzen ausdiskutiert sind, wird auf der Nebenspur Fahrzeug für Fahrzeug abgefertigt.

Dann aber, nach etwa 1 ½ Stunden, bin ich doch auf polnischer Seite und ich trenne mich von den Honda-Fahrern. Ehe der Zoll vielleicht noch eine Leiche in deren Motorradanhänger findet…..
Von der Grenze aus fahre ich nach Przemysl, dort mache ich erst mal eine kleine Pause. Zum ersten Mal seit über einer Woche verstehe ich wieder (jedenfalls teilweise), was die Menschen reden, was auf den Schildern steht und die Schlagzeilen der Zeitung. Nachdem ich mir die Beine vertreten hab, fahre ich südwärts, also die polnischen Karpaten entlang bis nach Sanok.

Hier war ich schon mal, hier kenne ich ein gutes Eiscafe und auch diesmal werde ich nicht enttäuscht. Hier finde ich noch einen freundlichen Polen, dem ich meine (immer noch sehr nach Bier riechende) Kamera in die Hand drücken kann, damit er von mir ein Bild neben dem braven Soldaten Schwejk machen kann.

Eigentlich gibt es in Sanok ein anscheinend sehenswertes Freilichtmuseum, aber ich sehe auf die Uhr, stelle fest, es ist schon 14 Uhr und entscheide mich für Weiterfahren. Grob peile ich Zakopane an, dort weiß ich genau, wo mein Zeltplatz ist. Also fahre ich die nicht sehr aufregende 28 über Krosno, Jasło bis Grybow, dann Nebenstrasse über Ptaszkowa bis Novy Sącz, biege hier nach Süden ab weiter über Stary Sącz, Zabrzez und Kroscienko – hier sind einige Holz-Stabkirchen zu sehen – eigenartige Bauwerke, und alle ähnlich. Vor der Kirche ein Blick nach oben – das hellgrau des Himmels wird eindeutig dunkler.



Noch hoffe ich, trocken in Zakopane anzukommen. Ich komme noch bis Dębno, schaue mir auch noch diese Stabkirche an, jetzt beginnt es zu tröpfeln und drei Kilometer weiter öffnet nun der Himmel alle Schleusen und es beginnt in Strömen zu regnen. Wieder einmal rette ich mich in ein Buswartehäuschen. Zunächst habe ich noch die Hoffnung, es sei nur ein Gewitter und geht vorüber. Nachdem eine Stunde rum ist und es immer noch gießt, beginne ich zu grübeln. Ich hätte es doch eigentlich wissen können: Ohne Ausnahme und jedesmal wenn ich in Zakopane bin oder war, hat es geregnet. Weshalb sollte es heute anders sein. Allerdings – ich bin noch 30 km entfernt.

Dann irgendwann lässt der Regen nach und ich mag nicht mehr weiter warten, fahre los. Als ich kurz darauf am Ortsschild von Nowy Targ vorbeifahre, schüttet es bereits schon wieder. Durch den Regen hindurch am Stadtrand sehe ich „Oberża pod Różą“ und ich habe es in diesem Moment einfach satt. Dieses kleine Hotel hat für mich ein Zimmer mit Ausblick auf die hohe Tatra frei (allerdings nur, wenn die Wolken nicht so tief hängen) und die junge, blonde und nette Frau am Tresen wiederholt geduldig auf polnisch Sätze, die ich nicht gleich verstanden habe. Die Freundlichkeit in dieser Herberge hilft über das Mistwetter hinweg. Hier esse ich natürlich wieder leckere Pierogi, trinke noch ein Żywiec, schaue im Fernsehen auf meinem Zimmer den Wetterbericht an, der wahrlich nichts Gutes verspricht. Von 34° im Schatten und Sonnenschein ist nun längst nicht mehr die Rede. Wie wenn der Wettermann im Fernsehen wüsste, dass ich zusehe: er sagt, er hat zwei Nachrichten. Eine gute, und eine schlechte. Die Gute: das Wetter wird besser. Die Schlechte: erst übermorgen.
Donnerstag, 13.8.2009, Nowy Targ, km 93611
Als ich am Morgen aufwache, höre ich es plätschern. Gut, es ist 5 Uhr in der Früh. vielleicht hört es ja bis 8 Uhr auf. Tut es nur nicht. Es regnet Bindfäden, als ich um 8 Uhr zum Frühstück gehe, es regnet auch noch Bindfäden, als ich gegen 9 Uhr reisefertig bin. Meine Stimmung ist nun ziemlich nahe am Nullpunkt angekommen. Was tun? Hier herumsitzen und warten, ob es besser wird? Ich überlege, ob es Sinn macht, nach Krakau bis zur Autobahn zu fahren und dann per Autobahn einfach nach Hause. Aber was für ein Umweg …
Ich fahre einfach los und tu so als gäbe es den Regen nicht. Rabka Zdroj, Makow Podhalanski, Sucha Beskidska. Ich schaue, ob es dort noch meine Einfachpension aus 2004 gibt und werde fündig. Weiter Richtung Zywiec. Bei Oczkow biege ich nach Norden ab um den Jezioro Zywiecki nördlich und Zywiec ganz zu umfahren. Schöne Gegend und schöne Strecke, aber ohne Regen wäre sie noch schöner. Dann komme ich auf die 69 und sehe mich im Geist schon in Racziborcz, als ich in Bielsko-Biala gleichzeitig in einen Regenschauer und in einen Megastau gerate. So kenne ich Bielsko-Biala schon aus früheren Begegnungen. Hier ist immer Stau. Ich verlasse die Autobahn, auf der sich ohnehin kein Rad mehr dreht, und schlage mich auf Nebenstraßen durch, soweit nicht durch Umleitungen verwehrt. Die Strecke über Pszczyna, Zory und Rybnik bis Raciborcz ist nass und langweilig. Immerhin, als ich in Raciborcz ankomme, regnet es nicht mehr, ja sogar ein kleines Stück blauer Himmel ist zu sehen. Ich nutze die Pause in einem Café auf dem Marktplatz für einen Kaffee und Kuchen, allerdings ist beides nicht gut. Gerade hier in dem Gebiet um Bielsko-Biała, Gliwice, Opava und Ostrava habe ich mit Cafés genausoviel Glück, wie mit dem Wetter oder dem Finden einer interessanten und schönen Route.
Die als Kaffee bezeichnete schwarze Brühe liegt mir noch schwer im Magen, als ich Iron Lady wieder starte und Richtung Głubczyce weiterfahre, doch nun wendet sich alles zum Guten. Das Wetter wird richtig angenehm, die langweilige Straße wird zu einer wunderschönen Allee und die Landschaft wird schön und reizvoll.


Mehr aus Zufall sehe ich die Wegweiser zu dem Miniaturgrenzübergang Pomorzowiczki und von dort aus fahre ich entlang der polnisch-tschechischen Grenze Richtung Westen. Karlov, Vysoka, Arnultovice. Es dauert keine halbe Stunde, da verfahre ich mich in dem Gewirr der kleinen Ortschaften, aber das ist überhaupt nicht schlimm, weil ich mich auf den kleinen Landsträßchen beim Sonnenschein wohl fühle. Etappenziel ist erst mal Zlaty Hory – und Kilometer für Kilometer wird es schöner. Ich muss mir diese Gegend vormerken für den nächsten Urlaub. Von Zlaté Hory geht’s weiter über Mikulovice, Zulova, Javornik. Dort treffe ich auf einen Konvoi deutscher Campingbusse mit massiven Einparkproblemen, ich mags mir nicht anschauen und fahre weiter.


Nun geht’s in Serpentinen hoch, und oben bei Travná hat man einen wunderschönen Ausblick in den goldenen Abend.

Zwar gibt’s hier oben gibt’s ein Schild für einen Campingplatz, aber noch ist es mir zu früh für Nachtruhe. (www.oiravcu.cz – Die Internetseite zeigt zwar das Restaurant und günstige Zimmer für Übernachtung, ob aber der Campingplatz in Betrieb ist, kann man nicht genau wissen).
Dann also bergab nach Ladek Zdroj und ich lande gegen 19 Uhr in Kłodzko. Dort sehe ich Wegweiser zu einem Zeltplatz. Ich schaue nach oben, nun, heute könnte man es nochmal wagen, im Zelt zu übernachten. Durch den Feierabendverkehr versuche ich den Wegweisern zu folgen, was aber gar nicht so einfach ist. Dann stehe ich direkt neben der Burg völlig unvermittelt vor der Einfahrt des Campingplatzes. Ich bin noch gar nicht abgestiegen, da schwankt ein Mann auf mich zu und lallt mich auf polnisch an. Ich reagiere erst gar nicht und hoffe, dass er sein Interesse an mir verliert. Das ist aber ein Irrtum, es scheint seine Herausforderung eher anzufeuern. Er will unbedingt mit mir noch einen Trinken gehen. Ich lehne es freundlich formuliert ab, er aber lässt nicht locker, stupst mich mit seinen Händen an der Schulter an, dass ich fast samt Motorrad umfalle. Jetzt reichts mir aber. Auf polnisch erkläre ich ihm deutlich, dass er erheblich zu viel getrunken hätte, ich in Ruhe gelassen werden wolle und er jetzt abhauen solle. Na also! So schlecht kann mein Polnisch nicht sein, das hat er trotz Promille verstanden! Laut vor sich hin schimpfend schwankt er ab. Das darauf folgende Gespräch mit dem Zeltplatzchef ist deutlich entspannter. Er ist sehr überrascht, als er meinen Ausweis sieht, dass ich auf polnisch mit ihm rede, aber sein Deutsch ist mindestens genauso gut. Ich suche mir ein Eckchen, wo es vielleicht ruhig sein könnte, und schwupp, baue das Zelt auf, in dem noch immer der Regen aus Ungarn tropft. Wie es scheint, campieren hier eine Menge Polen, Niederländer und ein paar Tschechen. Kaum steht das Zelt, baut neben mir noch ein zweiter Deutscher mit seinen 3 Kindern so zwischen 9 und 14 sein Zelt auf, stellt sich als Michael vor und bietet mir sofort ein Bier an. Die drei Kids stehen wie die Orgelpfeifen vor mir, geben mir artig die Hand, und stellen sich vor. Donnerwetter, ich bin echt beeindruckt von soviel Höflichkeit.
Zum Essen will ich nach Klodzko. Ich stelle Iron Lady am Park Sybirakow (Park der Sibierer) ab und mache mich auf die Suche.

In Klodzko sind mir heute etliche Baustellen im Weg, zudem das Festival der Volksmusik. Da gibt es zwar allerlei zum Trinken, aber außer Hamburger wenig zu Futtern, auf das ich Lust hätte. Schließlich sehe ich die Pizzeria Oregano, mit Straßenterrasse, setze mich an einen Tisch und warte, dass die Bedienung die Karte bringt. Nur, die denkt gar nicht daran. Gelegentlich kommt sie genervt raus, und mehrere Finger gehen hoch, weil einige bezahlen wollen, aber ich selbst scheine unsichtbar zu sein. Nach 10 Minuten stehe ich auf und gehe weiter, um zu sehen, ob es noch ein anderes Restaurant gibt. Gibt’s aber nicht. Kurz drauf steh ich wieder am Oregano. Jemand hat die Menukarte liegenlassen. Ich setze mich wieder hin, studiere die Menukarte. Leckeres zu Essen gibt’s, aber wohl niemand, der es mir bringen mag. Jetzt knurrt mich mein Magen an und meint, ich solle gehen, bevor wir beide verhungert sind. Am Marktplatz finde ich einen Döner/Pizza laden. Sieht nach Schnellrestaurant aus und darauf hatte ich nicht gerade Riesenlust. Ich bestell mir trotzdem etwas aus der Speisekarte und bin glücklich - besser hätte ich im Oregano auch nicht essen können.

Zurück auf dem Zeltplatz trinke ich mit Michael noch ein oder zwei Tatra Mocne im Dunkeln, nachdem seine Kinder schon schlafen. Er ist Richter in Rostock und wir plaudern über Wiedervereinigung, deutsche Geschichte, Gott und die Welt unter dem Sternenhimmel neben der Festung von Klodzko.
Freitag, 14.8.2009, Klodzko, km 94004
Es hat nicht geregnet heute Nacht. Ich öffne das Zelt: das Wetter sieht gut aus, ich packe gleich am Morgen mein Zelt ein und fahre los. Ein kleiner Abstecher nach Wambierzyce (das ist ein Marienwallfahrtsort der aus einer riesigen Wallfahrtskirche, etwa 48 Devotionalienläden und 3 Briefkästen besteht)



dann weiter nach Otovice und über die Grenze nach Tschechien und dort weiter nach Broumov.
Wenn ich schon hier bin, da will ich wieder meine „Zauberwald“ an Adrspach vorbei und bis Trutnov fahren.


Das ist bestimmt einer der schönsten Teile der heutigen Etappe, danach geht’s dann wieder wie üblich weiter über Nova Paka bis Jicin. Hier bin ich schön öfter gefahren, entlang der Hauptverkehrsrouten ist die Straße ein wenig eintönig. In Jicin mache ich erst einmal Kaffeepause, weil ich hier gleich zwei gute Cafés kenne.

Dann – ich will nicht so viel Zeit verlieren – geht’s weiter über Mlada Boleslav und die 16 nach Melnik. Hier in Melnik ist – wie im Vorjahr - wieder Stau. Wie die das auch immer nur schaffen, hier?


Ich fahre in die falsche Richtung, schließlich frage ich einen Sicherheitstürsteher vor einer Bank. Auf tschechisch und mit Hilfe seiner Finger erklärt er den Weg. Immerhin so gut und deutlich, dass ich ihn ohne Verlust finde. Im vergangenen Jahr habe ich in Melnik Josef kennengelernt. Ich rufe ihn kurz an – es ist schade, er muss arbeiten – so gehe ich nochmal ein Kaffeepäuschen machen.
Nun ist es halb drei. Ich treffe meine Entscheidung: Ich fahre zurück nach Hause. Auf meinem im letzten Jahr schon gefundenen „Schnellweg“ fahre ich über Slany, nach Krusovice (ja, mit dem guten Bier)

und weiter Richtung Karlovy Vary. Nun ist um 16 Uhr und ich schätze, der Feierabendverkehr wird in Karlsbad eher dicht werden, also will ich bei Bochov über die 208 Karlovy Vary großräumig umfahren. Ich brause die E48 entlang und bin schon ganz auf Abbiegen eingestellt, da stellt sich plötzlich ein Blau-uniformierter auf die Straße und hebt die Kelle. Das gibt’s doch gar nicht! Nun bin ich fast 5000 km gefahren, und völlig ohne Knöllchen – und jetzt das? Ich schaue auf meinen Tacho: ich bin längst nicht über 100 km/h gefahren. Warum in aller Welt halten die mich an? Ich fahre rechts ran. Die zwei umrunden mein Motorrad. Der eine meckert an meinem Kennzeichen rum – naja, nach so einer langen Wegstrecke sieht es halt nun mal nicht mehr blitzblank aus. Nun will ich aber wissen, weshalb sie mich angehalten haben! „Routinekontrolle, heute ist überall Kontrolle“. Ohne Knöllchen darf ich weiter.
Dann fahre ich wieder kleine Sträßchen. Die 208 über Vodna, Becov nad Teplou, Prameny, Kladska, und Lazne Kynzvart. Das ist wieder wunderschön zu fahren, und dann bei Kynzvart fahre ich direkt durch einen Golfplatz durch, ich ziehe den Kopf ein, weil ich Angst habe, ein Golfball könnte mich treffen. Die offizielle Straße führt geradezu durch eine Parklandschaft.
Dann wieder auf die 21 bis nach Okrouhla an den Jesenice Eger-Stausee. Von der Straße aus sehe ich einen wunderschönen Zeltplatz direkt am See und denke darüber nach: Ausgerechnet jetzt und hier, am Ende meiner Tour, ist das Wetter schön, die Gegend herrlich, ein Zeltplatz liegt vor meiner Nase. Also, das Schicksal kann auch ganz schön nerven.
Ich aber habe mich entschlossen jetzt noch zurück nach Frankfurt zu fahren. Das ist zwar immer noch eine ganz respektable Entfernung von rund 350km. Ich werfe mich auf die Autobahn. Heute kein Stau und kein Regen und alles geht glatt. Gegen 22 Uhr parke ich mein Motorrad in der Garage in Frankfurt. 5294 km Straße geteert oder als Schotterpiste, 8 Länder Europas, eine Panne und keinen Unfall in 12 Tagen. Nur: die 34° im Schatten habe ich nirgendwo gesehen.

Hinweise:
für alle die noch nie dort waren, es aber mal probieren wollen ein paar Tips - alles subjektiv und ohne Gewähr:
Verkehr
Rumänien(RO): Vorsicht, die Warnung vor Pferdefuhrwerken auch auf Schnellstraßen ist kein Witz. Hinter jeder Kurve oder Kuppe kann ein vielleicht auch unbeleuchtetes Pferdefuhrwerk traben. Grundsätzlich sollten Fahrten bei Nacht vermieden werden. Rumänische Fahrweise ist kriminell: Vorfahrt hat der, der sie sich nimmt, auch wenn die Schilder was anderes anzeigen (viel Spaß im Kreisverkehr), überholt wird grundsätzlich immer, auch wenn es gar nicht geht.
Promillegrenze: A: 0.5, PL: 0,2, CZ, HU, RO, SK und UA: 0,0 Promille. Aber wer Motorrad fährt weiß ja: don´t drink and drive. Kontrollen sind selten, aber die Bußgelder knackig.
Tempolimits: (innerhalb Ortschaften/ausserhalb/Autobah​n)​
A: 50/100/130, CZ: 50/90/130, HU: 50/90/130, RO: 50/90/100, PL: 50/90/130, SK : 60/90/130, UA: 60/90/130
Warnweste: in der Slowakei auch für Motorradfahrer Pflicht.
Maut/Autobahnbenutzung:
Österreich: Mautpflicht auf Autobahnen und ausgewiesenen Schnellstrassen auch für Motorrad: 10 Tage: € 4,50, 2-Monats-Vignette € 11,50
Polen: Nur auf den Autobahnen A2 und A4 zwischen 6,50 PLN und 11 PLN
Slowakei: 300 Kronen für 15-Tage Vignette für Autobahnen auch für Motorräder
Tschechien: 200 Kronen (7 Tage), 350 Kronen (1 Monat) auch für Motorräder
(soviel zur Theorie, aber mal ehrlich: wo soll ich das Ding eigentlich am Mopped hinpappen)
Ukraine: hab ich keine Autobahn gesehen
Einkaufen:
In PL kann man selbst in kleineren Städten kleine Lebensmittel- oder Getränkeläden finden, die auch Samstag und Sonntag bis in die Nacht geöffnet sind.
In CZ und SK ist das wesentlich schwieriger. Die kleinen Läden schließen werktags häufig um 19 Uhr, samstags schon früher und sonntags sind sie gar nicht offen. In größeren Städten kann man allerdings mit Glück einen Lidl, Tesco oder ähnliches finden, die auch sonntags geöffnet sind.
In HU, RO und UA sollte man bis 20 Uhr eingekauft haben.
Geld:
Mit Ausnahme der Ukraine kann Geld an den Landesgrenzen gewechselt oder an den weit verbreiteten Banken mit Karte aus dem Automaten gezogen werden.
Ukraine: Hier nimmt bei weitem nicht jeder Automat EC-Karte oder Kreditkarte. Tauschen kann man dort bei Banken, die nehmen Euro gerne, andere Währungen sind schwierig. Kreditkarte hilft nicht oft weiter. Nicht aufgebrauchte Grywna (Hrywnja) können an der Grenze zurückgetauscht werden.
Tanken:
Keine Angst, in größeren Städten und entlang der Hauptverbindungsstraßen ist immer eine Tankstelle zu finden, die geöffnet ist. Auf den Nebenstrecken und abseits der Städte sollte man besonders am Wochenende vorausschauend planen.
Straßenkarten
Die Beschilderung ist in CZ, PL, RO und SK manchmal etwas dürftig. Gute und aktuelle Straßenkarten sind eine große Hilfe, wenn ihr wisst, wo ihr hinwollt. Für RO und UA gilt: Straßenkarten und Stadtpläne sind nicht immer erhältlich und sollten vor der Reise besorgt werden.
Navis
Sind eine nützliche Erfindung, helfen aber derzeit und UA gar nicht, und in RO nur in den wichtigsten Städten weiter.
Übernachten
Pension
In Polen heißen die „noclegi“ und in Tschechien und Slowakei „ubytovanie“, in Rumänien „pensiunea“ . Dort wird man zwischen € 10,00 und €40,00 passable Unterkunft finden können.
Camping
Vorsicht: das, was wir unter Camping verstehen, nämlich das Aufstellen eines eigenen Zeltes, läuft unter dem Begriff „Autokemp“. In Polen steht auch der Ausdruck „pole namiotowe“ für Zeltplatz. Nicht jeder Zeltplatz ist für Selbst-Zeltaufsteller offen. Die sanitären Bedingungen sind eben wie überall auf Campingplätzen: da kann man Glück haben, oder auch Pech. Wildes Campen ist wahrscheinlich nicht unbedingt erlaubt, aber dürfte in den dünn besiedelten Gegenden allerdings kein Problem sein. In Rumänien ist wildes Campen normal und Zeltplätze selten.
Sprache
Je weiter man nach Osten kommt, um so eher wird man die Erfahrung machen, dass man – vor allem außerhalb der Städte - mit Deutsch oder Englisch nicht immer weiterkommt. Grundsätzliche Verständigungsprobleme gibt es aber selten und die Osteuropäer sind fast immer sehr hilfsbereit. Für die Orientierung in der Ukraine ist Kenntnis der kyrillischen Schrift sehr hilfreich.
Polizei
Ich habe in allen osteuropäischen Ländern die Ordnungshüter als sehr freundlich, korrekt und hilfsbereit in Erinnerung. Wenn die Verständigung schwer ist, wenden sie sich bei Bagatellsachen lieber dem nächsten Problem zu. Trotzdem sollte man besonders auf Radarkontrollen achten.
Sicherheit/Diebstahl
Bei keiner meiner Reisen in Osteuropa ist mir jemals etwas entwendet oder beschädigt worden. Um mein Motorrad oder mein Auto habe ich in Frankfurt am Main mehr Angst als in Budapest, Warschau, Sibiu oder Lemberg
Unterkünfte
Zwettl
Creativpension Franzus, Landstr. 61, A-3910 Zwettl, Österreich
(Einzelzimmer mit Frühstück ca. 35€)
Szentendre
Pap-Sziget Camping, H-2000 Szentendre, +36 26-310 697
www.pap-sziget.hu
Debrecen
Centrum Pansio, Peterfia 37A, HU-4026 Debrecen
www.panziocentrum.hu
(Einzelzimmer mit Frühstück ca. 35€, Internetzugang)
Sibiu
Pensiunea Carmen, Viilor Fn, Podului No. 79, Tel. 0744 577 512
www.pensiunecarmen.ro
(Appartment mit Frühstück ca. 35€, Internetzugang, hauseigene Motorradwerkstatt, KTM-Enduros, geführte Touren,Besitzer sprechen deutsch und englisch)
Endurotouren in Sibiu/Rumänien
www.endurotours.ro
Cluj Napoca
Pensiunea Cluj, str. meteor 71B, RO-400492 Cluj-Napoca, +4-364-110180
www.pensiuneacluj.ro
(Zimmer mit Frühstück ca. RON 110, Internetzugang )
Lviv/Lvov/Lemberg
Hotel „Natalia18“ (Готель "Наталія-18")
7-Prince Yaroslav Osmomysl square, 79008 Lviv, Ukraine
+038 (032) 242-20-68
www.natalia18.lviv.ua/contact_​eng.html​
(Appartment mit Frühstück ca. 40€, Internetzugang in der Hotelhalle auf Nachfrage,man spricht englisch)
Novy Targ
(für alle, für die Zakopane zu umtriebig ist)
Oberża pod Różą, ul. Sikorskiego 20, PL-34 400 Nowy Targ
www.oberzapodroza.pl
(Einzelzimmer mit Bad und Frühstück 110 zł = ca. € 30,00)
Kłodzko
Kemping Amfiteatr, Nowy Świat 1, Kłodzko, Polen

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