Kühlschrank-Tour Appenzeller Land
Wegstrecke | 195 km |
Länder/Regionen/ Wegpunkte |
Appenzeller Land / Säntis Bilder gibts unter: https://picasaweb.google.com/motowolfer/KuhlschranktourAppenzellerLand?authuser=0&feat=directlink |
Straßenart | Landstraße |
Tour-Motorrad | YAMAHA YZF-R1 (RN01) |
Schwierigkeit | leicht |
Schlagworte | Appenzell |
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Kühlschrank-Tour Appenzeller Land
Wie die Landschaft, so die Emotionen.Traditionell startet am letzten Februarwochenende die Saison mit einer Tour ins Appenzeller Land. Im Lauf der Jahre bekannt oder verrufen als "Kühlschranktour", da die Temperaturen normalerweise noch nicht unbedingt motorradtauglich sind. So der Plan auch dieses Jahr. Schon Anfang der Woche schielte ich immer mal wieder auf den Wetterbericht, aber das vorausgesagte Wetter für Samstag und Sonntag verhieß nichts Gutes. Sollte das Vorhaben dieses Jahr doch scheitern? Beim Blick auf den Freitag schien mir jedoch die Sonne entgegen, also auf dem Bildschirm zumindest. Also kurzerhand die geplante Samstagsausfahrt auf den Freitag verlegt. Das Stimmungsbarometer war wieder oben.
Die Kühlschranktour kam auch gerade recht, um meinen beim Pässemarathon gewonnenen Rukka-Anzug auf Herz und Temperatur zu testen. Also hab ich am Donnerstagabend alles in den Transporter gepackt, um am nächsten Morgen pünktlich um halb sechs loszufahren. Ziel war St. Gallen.
Nach einer knappen Stunde Fahrzeit hab ich mir dann so überlegt, ob ich meinen neuen Rukka-Anzug eingeladen habe. Den wollte ich erst morgens mit raus nehmen, dass er über Nacht nicht so auskühlt und habe ihn im Wohnzimmer schön auf den Boden gelegt, dass ich ihn nicht vergesse. Was soll ich sagen, da lag er immer noch.
Also runter von der Autobahn und wieder nach Hause. Um sieben Uhr dann der zweite Versuch. Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit und der schon bestens aufgelegten Sonne bin ich dann bereits in Konstanz den P+R-Parkplatz angefahren und habe das Moped ausgepackt.
Während am Bodensee der Schnee schon seinen Rückzug angetreten hat, ist die Hügellandschaft des Appenzeller Landes noch weitestgehend mit der weißen Pracht bedeckt. Als Kontrast zum stahlblauen Himmel und dem Funkeln der Schneeoberfläche durch die schon kräftigen Sonnenstrahlen ein ganz besonderes Erlebnis. Im Hintergrund allgegenwärtig die Appenzeller Alpen mit dem Säntis als Höhepunkt.
Um es vorweg zu nehmen: Man muss Ende Februar noch nicht mit dem Motorrad bei Eis und Schnee in die Schweiz fahren…, aber man kann. Und dazu bietet sich das Appenzeller Land eben extrem gut an. Es bietet die alpinen Eindrücke einer Motorradtour, ohne jedoch die hohen, und zu dieser Jahreszeit ohnehin allesamt noch geschlossenen Pässe fahren zu müssen. Die Straßen sind im Großen und Ganzen geräumt und auch größtenteils trocken. Durch die doch recht hohen Temperaturen an diesem Tag, ist aber schon einiges an Schmelzwasser auf den Straßen. Auf schattigen Höhensträßchen sollte man immer auch ein Auge auf den Straßenzustand haben. Die eine oder andere Eisplatte in einem von der Sonne nicht erreichten Waldstück kann schon mal für eine Schrecksekunde sorgen. Aber das macht ja vielleicht auch den Reiz der "Kühlschranktour" aus. Die meisten werden sich jetzt eh an den Kopf fassen und denken, der spinnt. Mag sein, aber die meisten werden auch nicht diese Eindrücke erleben, mit dem Motorrad durch diese verzauberte Winterlandschaft zu fahren. Wobei es schade ist, denn es ist ein ganz besonderes Erlebnis. Ganz anders, als mit hundert Anderen die Dolomiten zu umrunden oder sich im Motorradstau das Stilfser Joch hinaufzuplagen.
St. Gallen kurz geschnitten und auf kleinen bis kleinsten Sträßchen Richtung Grub. Das sollte bis auf ein paar wenige Ausnahmen auch den ganzen Tag so bleiben, also das mit den kleinen Sträßchen. In Grub links abbiegen und an der schönen Kirche vorbei nach (ja, immer noch) Grub. Hier muss man achtsam sein, da gleich am Ortsanfang eine kleine Straße in spitzem Winkel nach links abbiegt. Ein Schild deutet den Weg zum Fünfländerblick und Rossbüchel. Die Straße arbeitet sich schräg den Hang hinauf und die Aussicht wird mit jedem gefahrenen Meter besser. Immer mehr kann man über das Appenzeller Land hinwegsehen und erkennt auch schon die Alpen im Hintergrund. Oben kommt man dann in ein Waldstück, in dem die Straße eine Rechtskehre macht. Gerade aus führt ein kleines Sträßchen wieder zurück Richtung St. Gallen. Würde mal sagen, ein echtes Panoramasträßchen. Ich fahre die Kehre und komme oben beim Gasthaus Rossbüchel wieder aus dem Wald heraus. Hier gehört eigentlich ein Warnschild aufgestellt. Beim Blick nach rechts bleibt einem schier die Spucke weg. Panorama satt mit Blick bis tief in die Alpen hinein. Zig Alpengipfel, davor lieblich die Hügellandschaft des Appenzells, alles schneebedeckt und von der Sonne zum Leuchten gebracht. Gekrönt von einem Himmel, wie er blauer nicht sein könnte. Fantastisch! Auf der anderen Seite liegt tief unten der Bodensee. Man erkennt heute aber nur ein Teil des Ufers. Der See geht irgendwo über in Nebel, ohne dass man erkennt, was noch Wasser und was schon Nebel ist. Auch egal, man steht über all dem und erkennt am Horizont eine umso deutlichere Linie zwischen grauem Einerlei und strahlendem Himmel, wie abgeschnitten. Wie gesagt, ich befinde mich Gott sei Dank über dieser Linie. Das Gasthaus hat leider noch geschlossen, obwohl ich hier auch schon bei deutlich mehr Schnee einen Cappuccino in der Sonne genießen durfte. Von hier aus führt eine kleine Straße über den Bergrücken zum eigentlichen "Fünfländerblick". Diese ist nur für Fußgänger. Da ich aber alleine hier oben bin, tu ich einfach so, als habe ich das Schild nicht gesehen und fahre die ca. 500 Meter vor bis zum Aussichtspunkt. Bei einer ersten Brotzeit sitze ich da und genieße den Moment. Ein älteres Ehepaar spaziert ebenfalls hierher, setzt sich auf eine Bank und genießt ganz offensichtlich auch die wärmende Sonne und den fantastischen Ausblick. Ab hier habe ich übrigens meine neue Jacke, unter der ich lediglich ein dünnes Funktionsshirt getragen habe, immer ein Stück weit offen gelassen, da es einfach zu warm war.
Von hier aus weiter kommt man wieder runter nach Grub. Das Sträßchen schlängelt sich den Hügel runter mit Blick auf ein paar nette Häuser, unten der Bodensee, im Hintergrund die Gipfel der Alpen, einfach nur schön. Über Oberegg geht es weiter zum nächsten Highlight der Tour. Die Höhe von St. Anton. Schon bei der Anfahrt sollte man ab und zu einfach mal anhalten und einen Blick zurück werfen über die schönen Ortschaften und vereinzelte Gehöfte, verstreut in den endlosen Hügeln. Je höher ich komme, desto höher werden auch die natürlichen Leitplanken in Form von Schneewänden entlang der kurvigen Straße. Stellenweise erreichen sie durchaus die Zwei Meter Marke. Oben angekommen empfängt mich gleich das Gasthaus St. Anton auf der rechten Seite. Dessen Terrasse ist schon recht gut besucht. Die ganzen Bänke entlang der warmen Holzwand sind besetzt mit sonnenhungrigen Besuchern mit dunklen Sonnenbrillen. Kein Wunder, hat man doch das Rheintal unter sich und die Berge der Alpen direkt vor sich. Man kann hier ne Stunde stehen und sich satt sehen. Ein Stück weiter erreicht man die eigentliche Passhöhe der Straße mit 1110 Metern. Direkt am Schild steht eine wunderschöne kleine Kirche und ein Feuerwehrmuseum. Fast zum übersehen, ist es doch nur ein kleines Holzhäuschen, das auch noch als Unterstand für die Bushaltestelle dient. Ringsum verglast kann man von außen verschiedene alte Feuerwehrutensilien bewundern. Eigentlich ne lustige Idee und sehr hübsch gemacht. Kurvig geht es dann weiter bis an die Weggabelung am Ruppenpass. Auch das dortige Gasthaus hat noch Winterpause. Vorher zweigt in einer Senke eine Straße rechts ab Richtung Wald. Auch sehr schön zu fahren, aber das mache ich ein anderes Mal wieder. Überhaupt hat es hier so viele Möglichkeiten, sich auf kurvigen Sträßchen von einem Highlight zum nächsten durchzuschwingen, dass man eh nicht alles an einem Tag abfahren kann. Und mein eigentliches Ziel ist ja die Schwägalp am Säntis. Also fahre ich die sehr kurvige Straße über Ruppen hinab ins Rheintal nach Altstätten. Immer vor mir den schönen Blick ins Tal und auf den sehr kurvigen Straßenverlauf. Es ist eine wahre Freude hier zu fahren. Unten in Altstätten angekommen geht es gleich wieder rechts hoch in Richtung Appenzell. Und hier beginnt wohl auch die fahrspaßmäßig geilste Strecke des Appenzeller Landes. Zweispurig breit ausgebaut mit astreinem Belag geht es in weiten schnellen, aber auch wieder engen S-Kombinationen den Berg hinauf, dass einem schier schwindelig wird. Wo sonst auf den Strecken hier eher die landschaftlichen Reize im Vordergrund liegen, hat hier absolut der Fahrspaß die Oberhand. Ich glaube, als die Straße hier noch jünger war, war sie eine Bergrennstrecke. Das kann anders gar nicht sein. Aber Vorsicht!!! Den Gasgriff bitte erst nach dem Ortsschild Richtung Anschlag drehen, denn vorher kommt noch so ein kleiner grauer Kasten am Wegesrand, dessen Missachtung tiefe Löcher in den Geldbeutel reißen kann. Der Platz hierfür ist ob der Strecke auch sehr gut gewählt. Noch so ein Teil steht übrigens an der Auffahrt zur Schwägalp, wenn man von Alt St. Johann her hochfährt. In den Ortsdurchfahrten sollte man eh langsam fahren, zumal meistens die Beschränkung bei 60 km (statt 50) liegt. Die meisten Örtchen sind so schön, dass man sowieso mehr mit Kucken beschäftigt ist. Die restlichen Straßen machen es auf Grund der engen und sehr kurvigen Streckenführung fast unmöglich, zu schnell zu fahren.
Oben angekommen verläuft links der Straße die Zugtrasse mit einer kleinen Haltestelle. Bis hier arbeitet sich der Zug als Zahnradbahn den Berg hinauf, bevor er dann ganz normal auf Schienen weiterfährt nach Appenzell. Hier mache ich meinen nächsten Halt. Rechts der Straße geht eine kleine Treppe hoch und oben steht ein riesiger Baum. Das ist wahrscheinlich so ein Jahrhundertbaum, wie sie in Amerika stehen. Vermutlich 2000 Jahre alt und mordsmäßig dick und groß. Dahinter ein Gasthof und eine kleine Kapelle. Das ganze wieder mit einem phantastischen Ausblick auf das Rheintal und die Alpengipfel. Wenn dann noch gerade der rote Zug der Schweizerischen Bahn kommt, ein perfektes Bild. Aber nicht zu lange genießen, ich will ja noch zur Schwägalp. Kurz vor Appenzell steht an einer abzweigenden einspurigen Straße ein schönes mit Schindeln bedachtes Schild „Hoher Hirschberg“. Also Blinker setzten und links weg. Aber Vorsicht, links neben der Straße verläuft die Zugtrasse, die man hier direkt beim Abbiegen überqueren muss. Also vorher kurz nen Blick nach hinten riskieren. Die Straße verläuft über verschneite Hügel mit genialem Blick auf den Säntis. Die Zahl der Fußgänger nimmt zu. Bereitwillig gehen sie etwas zur Seite und lassen mich passieren. Einige lächeln und nicken mir zu. Zwei im Schatten gelegene Stellen überquere ich mit den Füßen auf dem Boden, da die Straße hier noch Schneebedeckt ist. Die zweite Stelle mit Anlauf, da es den Berg hoch geht. Erst später habe ich daran gedacht, dass ich da ja auch wieder zurückfahren muss. Aber ging alles gut. Weiter oben, als das Sträßchen dann in den Wald führte, war es dann Schluss mit lustig. Eis und Schnee, selbst die Fußgänger hatten Probleme. Also Moped abgestellt und erst mal wieder Landschaft inhaliert. Wieder zurück und ein kurzer Zwischenstopp in Appenzell. Dort waren sie gerade noch damit beschäftigt, das Konfetti von den Straßen zu fegen. Wieder Vesper ausgepackt und nen kurzen Spaziergang durch die Fußgängerzone. Das muss schon sein, wenn man hier ist.
So langsam überkam mich dann wieder das Gefühl, das mich regelmäßig bei meinen Ausfahrten befällt, wahrscheinlich bin ich meinem Zeitplan schon wieder gnadenlos hinterher. Also jetzt nicht mehr trödeln und schauen, dass ich auf die Schwägalp komme. Immerhin habe ich vor, dort oben noch ne Weile Sonne und Panorama zu genießen. Von Appenzell weiter nach Urnäsch. Von hier aus kommt man dann hoch zur Schwägalp. Man kann aber auch am Ortsausgang dem Hinweisschild "Hembach" folgen und halbrechts abbiegen. Die Straße steigt sofort deutlich an und man gewinnt sehr schnell an Höhe und natürlich wieder an Aussicht. Durch ein romantisches Tal und wiederum einen Anstieg erreiche ich Hembach, das grandiose Aussichten auf den Säntis die Churfirsten bietet. Beeindruckend. An der Kirche kommt man an eine Kreuzung, an der man links abbiegt. Der Straße entlang bieten sich linker Hand immer wieder schöne Möglichkeiten, das Panorama zu bewundern. Kurz nach der Ortschaft gabelt sich die Straße. Es sind beide schön zu fahren, aber ich nehme dieses Mal die linke Variante, die mich durch eine traumhaft schöne Landschaft führt. An einem Skilift haben die Kinder noch ihren Spaß. Und so komme ich langsam ins Tal nach Alt St. Johann. Nach wenigen Metern auf der Bundesstraße geht es links hoch zur Schwägalp. Anfangs dominiert noch das Gebirge der Churfirsten und dann nach einer weiteren Biegung eröffnet sich mir das.... mit dem markanten Masten des Säntis. Die Strecke ist hier jetzt wieder eingefasst mit ca. ein Meter hohen Schneewänden, einfach aus der Winterlandschaft herausgefräst. Als dann am Straßenrand noch riesige Wände mit gefällten Baumstämmen auftauchen, muss ich einfach anhalten und ein paar Fotos schießen. Oben angekommen auf der Passhöhe juble ich vor lauter Freude in meinen Helm hinein. Einfach klasse. Und für mich ganz alleine. Trotz des herrlichen Wetters ist nicht viel los hier oben. Ein paar Schneeschuhwanderer und vereinzelte Touristen. Auch oben auf der Schwägalp, wo man im Sommer teilweise Probleme hat, sein Moped noch irgendwo parken zu können.... nur meines.
Und glaubt mir, es ist ein anderes Gefühl!
Wer jetzt mit dem Gedanken spielt, das Ganze selbst mal zu „erfahren“, der sollte sich das letzte Februarwochenende schon mal vormerken. Vielleicht sieht man sich bei strahlendem Sonnenschein und bestem Motorradwetter oben auf der Schwägalp. Man sieht sich ….
Kommentare
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ein super Bericht und wunderschöne Fotos :-)
aber mit Rukka-Klamottten auch machbar ;-)
das sieht nur so aus. Auf der Schwägalp oben waren 15 Grad, gefühlt wie 20. War echt warm und superschön an dem Tag.
herrliche fotos....hab sogar den dicken mammutbaum gesehn....TOLL....wie lang hats gedauert, bis du hinterher wieder warm warst *gg*
Bilder zur Tour gibt es unter:
https://picasaweb.google.com/motowolfer/KuhlschranktourAppenzellerLand?authuser=0&feat=directlink
super zu lesen und auch *bibber* sicherlich toll zu erleben ;) ...erinnert mich an meine "kühlschranktour" am 8.1. vor einigen jahren....aber halt nicht in den bergen...also ne "mini-tour" ;o) ...lieben gruß zu dir
Erstklassiger Bericht. Ich denke im Februar treffen wir uns dort.