Kurztour (4 Tage) Tschechien
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Kurztour (4 Tage) Tschechien
Ganz Tschechien in 4 Tagen? Nein, das geht nicht. Aber ein bißchen Tschechien......Montag, 21.7.03, km 13392
Die Tour beginnt. Bis die letzten Dinge erledigt, die dringenden Telefonate erledigt und das Motorrad gepackt und startklar ist, ist es 12:10 Uhr. Um 11.00 Uhr wollte ich losfahren. Der Motor ist noch nicht angelassen, da fallen die ersten Regentropfen. Das war ja klar. Sechs Wochen lang gabs nur Sonne, da muß es ja irgendwann mal regnen. Warum bloß ausgerechnet jetzt?
Ich komme mal gerade bis Maintal, da ist der erste Stop angesagt: Wasserfestes Textil und Schuhkondom angezogen, der Regen wird nämlich heftiger.
16.00 Uhr, km 13589, Zeil a. M.
Fotograf Bruno ist nicht da, der ist grad am Watzmann. Schade, bei ihm hätte ich sicher Kaffee nachtanken können. Dafür kommt die Sonne kommt wieder raus. Weiter also ohne Gummischutz an den Stiefeln
16.50 Uhr, Ebern.
Kaffepause bei Sonne im Altstadtfest. Die dunklen Wolken verfolgen mich, also nur kurze Pause und gleich weiter.
Weiter geht’s zu Fotografin Mireille. Die ist überrascht und erfreut. Wäre ihre KTM nicht gerade kaputt, sie würde sofort mitfahren.
Es ist etwa 19.30, es geht bei As über die Grenze in ein unbekanntes Land. Ein letztes Telefongespräch mit dem Handy vor der Grenze. Danach ist für ein paar Tage Sendepause mit D2. Keine Ahnung warum.
Auf einer breiten Strasse fahre ich geradeaus nach Cheb. An der ersten Tanke frage ich nach Campingplatz. Schnell stellt sich heraus, daß mit Deutsch hier wenig zu holen ist. Aber die hilfsbereite Dame an der Kasse zeigt mir auf einem Stadtplan, wo die Campingplätze liegen. Ich fahre ostwärts etwa 5 km aus Cheb heraus. Der erste Campingplatz ist belegt. Sicher nur Zufall. Der zweite auch. Der dritte auch, und so geht’s mit dem vierten und dem fünften. Ich fahre zurück. Es wird langsam dunkel, es geht auf 22.00 Uhr zu. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Wild campen? Jetzt noch eine Pension finden? Weiterfahren?
Ich sehe noch einen Campingplatz am See, fahre hin und frage einfach. Die nette ältere Tschechin scheint mich leidlich zu verstehen und kann auch ein paar Worte deutsch. „Aber keine Dusche“. Mir ist das egal, Hauptsache Platz für Zelt und Mopped. Im Restlicht baue ich das Zelt auf. Die Dunkelheit legt sich sanft auf die sanitären Einrichtungen, die auch anspruchslose Enduristen bei Tageslicht ein gewisses Gruselgefühl kosten lassen. Ab morgen wird zum Zähneputzen Mineralwasser gekauft.
Als ich um 22.00 Uhr aufbreche, um Futter zu suchen, scheinen die tschechischen Camper (andere als tschechische gibt’s da sowieso nicht) alle schon zu schlafen. Es ist friedlich und still.
Das ist es aber in Cheb auch. Im ersten Restaurant gibt’s um 22.15 Uhr zwar Bier, aber die Küche hat schon Feierabend. So geht’s auch mit dem zweiten. Aber zum Glück finde ich noch Danni Bar, in der es bis 23.00 Uhr Essen gibt, und zwar köstlich. Und den Hinweis, ich solle mein Motorrad besser auf die andere Seite stellen, weil der Orts-sheriff sonst meckern könnte. Ausserdem gibt’s eine Flasche Bier zum Mitnehmen. Wow, hier kann man für 10 EUR noch richtig gut essen.....
Tschechische Damen, besonders die jungen, sind in Cheb sehr nett, lächeln und winken vom Strassenrand, mann fühlt sich sofort wohl, ich bin aber jetzt satt und müde und steuere meine Luftmatratze an.
22.7.03, km 13827, Cheb
Die ungewohnte Stille am Morgen weckt mich. Alle anderen Camper (die nicht zum Angeln hier sind) sind offenbar noch am Schlafen und verpassen den schönen Morgen.
Iron Lady scharrt schon mit den Hufen und schaut mich keck an. Mir schmerzt der Rücken, ich weiss nicht, obs vom Fahren kommt, oder vom Schlafen auf der Luftmatratze. Ich packe mein Zelt, bezahle meine Schulden (110 Kr = ca. 3,50 EUR) starte und suche zuerst mal in Cheb nach Frühstück. Im Centrum gibt’s eine feine Bäckerei. Stückchen und Kaffee sind ausgezeichnet. Ich lasse mein Motorrad nicht aus den Augen, klauen wird kaum einer, aber ich habe immer das Gefühl, irgendwelche uniformierten Leute könnten aus dem Nichts auftauchen und in einer mir nicht bekannten Sprache Fragen stellen.....
Meine Tour soll in Karlsbad beginnen. Also fahre ich die Autobahn dorthin. An Sokolov vorbei – die Plattenbauer in Jena haben sich hier bestimmt ein Beispiel geholt. Anhalten lohnt sich bestimmt nicht.
So bin ich um 11.00 Uhr im Zentrum von Karlsbad. Das Motorrad stelle ich kühl im P1 unter. Bewachtes Parken unter den Augen des Parkhauswächters für ein paar Kronen, ich will mir ja sicher sein, daß außer mir auch kein anderer seine Finger an Iron Lady legt.
Karlsbad ist edel und nobel und teuer restauriert, aber nicht mein Ding. Eine Mischung zwischen Bad Ems und Disneyland. Prunk und Protzbauten – vor allem Hotels, in der Mitte ein Kurbad als Tribut an die Bausünden der 70er Jahre.
Heerscharen von Touristen schieben sich an den Hotels und Kurbädern vorbei. Diese Gucci-Welt ist nicht meine, also genug gesehen und weiter.....
Schade. Alles was Spass macht, ist verboten.....
Ich löse mein Motorrad aus dem Parkhaus aus und rolle Richtung Süden nach Marienbad (Marianske Lazne). Eindeutig eine Strecke nach meinem Geschmack. Kurven, Wald, Wasser, Natur.
Bei Becov kreuzen Eisenbahnschienen. Das ist mir schon aufgefallen, an solchen Stellen stehen Kreuzungszeichen und ein blaues Licht blinkt......
Ein blaues Licht? Ja, ein blaues Licht. Nur – was könnte das bedeuten. Beim erstenmal hab ich kurz gewartet, bin aber dann losgebrettert, nachdem ja kein Zug kam. Hier bei Becov fährt ein Auto mit polnischem Kennzeichen vor mir. Er hält an dem blau blinkenden Schild. Er wartet kurz. Dann steigt eine Frau aus, schaut erst ob ein Zug kommt, und wendet sich dann hilfesuchend an mich. Ich verstehe weder ihre Sprache, noch das blaue Blinklicht. Schliesslich entscheiden wir – die Polen und ich – unser Leben aufs Spiel zu setzen, und die Schienen trotz blauem Licht zu queren.
Marienbad ist ähnlich wie Karlsbad, nur kleiner. Es erinnert mich eher an Bad Nauheim. Hinter den Nobelhotels beginnt nach 50 Meter schon der Putz zu bröckeln. Nach 15 Minuten habe ich das wichtigste gesehen. Vielleicht komm ich ja in 20 Jahren mal zur Kur.....
Weiter geht’s nach Süden über Planá, Bor, Horsovsky Tyn nach Domazlice. Viel Verkehr ist hier auf den Nebenstrasse nicht. Leichte Schwierigkeiten im Finden der Strecke deuten sich an. Solange es aber geradeaus geht, ist es ok.
14.00 Uhr, Km 14020. Domazlice.
Wird auch höchste Zeit, mein Coffeinspiegel ist ziemlich unten. Ich fahre durch das Stadttor in die malerische und schöne Altstadt. Nach einem kurzen Stadtrundgang setze ich mich ins Café und bestell mir meinen Nachmittagskaffee und Kuchen. Kaum sitze ich, gibt’s den ersten Wolkenbruch.
Stimmt. Heute hatte es noch nicht geregnet. Kaum ist es trocken, noch ein Spaziergang. Bei einem Asia Shop erwerbe ich eine echte schweizer Markenuhr vietnamesischer Provenienz. Kleinere Mängel am Minutenzeiger führen zu leichten Problemen bei der Durchsetzung meiner Gewährleistungsansprüche. Nach etwa 1 Stunde besitze ich ein geringfügig besser funktionierendes Modell. Jetzt könnte ich endlich weiterfahren, wenn der zweite Wolkenbruch auch mal aufhören würde.....
Dann aber, um 16.10 geht es weiter. Kdyne, Nyrsko.
16.30 Uhr, Nyrsko. Es regnet aus heiterem Himmel. Kurzer Stopp. Sonne kommt gleich wieder. Hier sieht es aus wie Mischung aus Schweiz und Toskana. Sogar Serpentinen gibt’s.
Weiter geht’s über Cachrow. Ich will nach Susice links abbiegen, aber die Straße ist gesperrt. Eine Umleitung? Fehlanzeige. Jetzt gibt’s erste massive Orientierungsprobleme: Vor jedem Wegweiser, alle 3 km, halte ich an, um auf die Karte schauen und zu sehen, wo es weitergeht. Nervt! Tip: Alle, die ihren Fähnleinführer bei den Pfadfindern gemacht haben, werden mit der tschechischen Wegweisung und zusammen mit der 1:350000 Karte des ADAC viel Freude beim Suchen haben. Wer nicht so viel Zeit hat, sollte sich eine ordentliche Karte anschaffen !
Aber nicht nur Orientierungsprobleme – es zieht wieder Wetter auf. Es stürmt, bläst mich fast von der Maschine und dunkle Wolken gruppieren sich direkt über mir.
Susice erreiche ich noch trocken und als ich den Kaffee serviert bekomme, beginnt das nächste Gewitter. Es giesst und plätschert munter. Deswegen hatte der Campingplatz in Cheb auf eine Dusche verzichtet, da es sowieso jeden Tag einmal regnet .......
Eineinhalb Stunden lang fällt Wasser in Strömen vom Himmel. Ich verliere die Hoffnung, daß ich noch weiterfahren kann, doch dann reißt der Himmel auf und die Sonne kommt wieder. Es ist 18.30 Uhr. Weiterfahren oder bleiben? Ich fahre weiter. Tuskov, Kvilda
Kvilda? Naja, Leute, die im Winter Skifahren, statt Mopped können sich das ansehen. Die anderen müssen aber nicht. Nun senkt sich langsam die Sonne hinter dem Fichtenwald und droht, unterzugehen. Ich fahre weiter bis Vimperg. Noch vor dem Ortseingang liegt der Campingplatz, der ist kaum belegt, und da es dämmert, ist klar, hier bleibe ich. Hier haben sie auch kalte und warme Duschen (für 10 kr mehr als beim letzten Camping) und ein Restaurant am Campingplatz. Schade eigentlich, daß es schon um 22.00 Uhr zumacht, denn das ist eindeutig zu früh für mich.
Nach dem Zeltaufbau denke ich, es wäre mal gut, noch was böhmisches zum Futtern zu kriegen. Das Nachtleben in Vimperg ist allerdings doch bescheiden und rustikal. Bis ich in einem angenehmen Restaurant nachfrage, ist es doch wieder kurz nach 10 und der Ober zuckt mit den Schultern. Küche ist schon zu. Er empfiehlt mir eine Art Pizzeria im Erdgeschoss eines Love-Inns. Die haben tatsächlich angeblich die ganze Nacht offen. Ich weiß nicht, wer das Essen gemacht hat und auch nicht genau, was es war. Dafür war´s aber ganz in Ordnung.
Ich schwöre mir, zukünftig werde ich mir etwas grössere Orte zum Übernachten aussuchen...
Mittwoch, 23.7.03, km 14166 Vimperg
Um 6.00 Uhr werde ich geweckt von Regentropfen. Der Tag fängt gut an! Ich baue das Zelt im Regen ab und packe. 7.01 Start. Will ich nach Prachatice oder nicht? Ich entscheide mich dagegen. In Vimperg bekommt erst Iron Lady noch eine Tankfüllung spendiert, dann fahre ich mehrmals auf und ab, bevor ich die richtige Richtung habe.
Ich will nach Süden zum Moldaustausee und fahre über Vitavice nach Volary. Da sehe ich die Hinweisschilder auf das historische Prachatice wieder. Mein Magen knurrt mich ebenfalls an. Also folge ich den Wegweisern und bereue es nicht. In Prachatice gibt es neben einem schönen Stadtkern mit schönen Sgraffity-Häusern auch eine schöne Bäckerei und eine schöne Bäckerin, die mich versteht, und mir die Stückchen und den Kaffee bringt.
Das Städtchen anzusehen lohnt sich, aber nach 15 Minuten bin ich fertig. Dann geht’s weiter. Zunächst dieselbe Strecke zurück nach Volary und dann Richtung Chlum. Der Regen setzt wieder ein. Bei Zahvozdi ziehe ich meine Gummischuhe über. Regen wird stärker....
Bei Cerna Posumavi biege ich nach Süden ab um nach Dolni Vitavice zu kommen. Ich will sehen, wie man dort auf die andere Seite des Sees gelangt. Ganz einfach: per Fähre. Gut, nun hab ich’s gesehen, ich fahre durch prasselnden Regen nach Frymburk und dann gleich weiter nach Cesky Krumlov.
Km 14315: Cesky Krumlow
Verkehrschaos. Meine Stiefel haben sich jetzt endgültig mit Wasser vollgesogen. Die Parkplätze sind belegt. Aber mit Motorrad findet man doch schnell einen bewachten Parkplatz. Ich schleppe mich mit quietschendem Schuhwerk durch die Touristenmassen in Cesky Krumlow. Ich nutze die Regenzeit für einen Besuch in der Fotoausstellung von Jan Saudek. Nach einer Stunde rumlaufen kommt die Sonne zaghaft raus. Ich gönne mir ein wenig Wärme, setze mich auf den Treppenaufgang am Schloss, ziehe meine Stiefel aus und stelle sie in die Sonne. Ich lasse meine Socken ein wenig trocknen, bevor ich im Internet Cafe nach eMails schaue. (1kr pro Minute).
Cesky Krumlov ist schön, aber die Massen von Touris nerven. Da kann ich nicht in Ruhe einen Kaffee trinken. Also, weiter Richtung Budweis, das ist nicht weit.
Budweis
Im Zentrum von Budweis gibt’s nur Parkverbot. Und Ordnungshüter im Dutzend, die jeden Parksünder sofort notieren. Ich frage einen solchen („english, please“), wo ich denn legal meine Iron Lady platzieren darf. Also ich darf stehen bleiben, wenn ich ein Parkticket ziehe. Um 14:10 Uhr verfüttere ich meine letzten Münzen an den Automat. 45 Minuten Zeit.
Ich will nicht nochmal hungern oder im Puff essen. Also suche ich mir ein nettes Lokal am Marktplatz. Ich bestelle und warte. 15 Minuten, 20 Minuten, 30 Minuten .... jetzt wird’s langsam knapp. Nach 45 Minuten Wartezeit muß ich mir dringend ein neues Parkticket ziehen, die Bedienung wechselt mir einen 100 Kr Schein und als ich zurückkomme, ist auch mein Essen fertig. Mmmm lecker.
Nach dem Essen fahre noch 3 mal um den Marktplatz. Nun, wie weiter? Ursprünglich wollte ich nach Telc. Ich will aber nicht wieder den Abend in einer verschlafenen Kleinstadt verbringen. Also entscheide ich mich, Telc zu lassen, und nach Norden in Richtung Prag zu fahren.
Zwei BMW-Biker aus RH berichten am Marktplatz, daß sie in Hluboka gewesen sind. Man darf dort aber nicht zum Schloss hochfahren und ausserdem gibt’s Touristengedrängel. Gut, ich muss ja nicht besichtigen. Hluboka liegt aber an einer offenbar reizvollen Strecke Richtung Norden. Also fahre ich erst an Hluboka vorbei und gleich weiter nach Tyn an der Moldau. Schöne Strecke nach Tyn, wenn man sie findet. In Tyn halte ich mich nicht weiter auf und fahr gleich weiter nach Bechyne, Oparany und Jistebnice.
In Jistebnice fahre ich an einem riesigen Anwesen hinter Mauern vorbei. Wenn ich jetzt wirklich mehr Zeit hätte, dann hätte ich der Neugier nachgegeben und mir das genauer angesehen. Aber ich komme nicht so schnell voran, wie ich dachte. Also, ich folge weiter der 122 und ihren Kurven.
Wenige km später, km 14440 um 18.05 in Jetrochive holt mich das Gewitter wieder ein. Ich fluche, ziehe wieder die Gummischützer über die Stiefel. Aber ich will gleich weiter. Es gelingt mir, knapp der schwarzen Wolke über mir zu entkommen. Gegen 19 Uhr stosse ich bei Stechovice auf die Moldau, die fahr ich entlang bis nach Prag.
14564 Prag bei Sonne
Das erste, was mir auffällt: die Sonne scheint in Prag. Das zweite: Auf diesen Strassen lohnt sich eine Enduro wirklich. Ich fahre direkt die Tanke an, fülle auf, und erwerbe einen Stadtplan. Der ist mir eine grosse Hilfe, zu den Campingplätzen in der Nähe des Zoos würde ich ohne Plan nie finden. Campingplätze gibt’s gleich mehrere, die zur Auswahl stehen. Rein intuitiv entscheide ich mich für Camping Herzog. Im Gegensatz zu den Campingplätzen in anderen Städten sind auf diesem Leute aus ganz Europa versammelt, aber keine Tschechen. Spanier, Italiener, Schweden, Dänen, Deutsche, Schweizer. Ich bekomme ein nettes Plätzchen zugewiesen und nachdem ich hoch und heilig verspreche, mein Mopped leise reinzuschieben, und niemand zu wecken, verrät mir die Concierge, wie ich das Tor bei Nacht öffnen kann.
Kleiner Nachtausflug nach Prag. Überall ist Parken am 27.9. wegen den Rolling Stones verboten. Das Kopfsteinpflaster nutzt die Federwege meiner Enduro ganz aus. Mit anderen Motorrädern wäre ich da vorsichtiger. Ich steuere das „Centrum“ an, ohne eigentlich zu wissen, was in Prag Zentrum sein könnte. Ich finde dennoch schnell dahin, wo ich hinwill: historische Orte. Für mich ist es die Gedenkstelle für Jan Pallach am Wenzelsplatz. Davor steht ein etwa 50 jähriger Mann und heult wie ein Schloßhund. Ich besorg mir noch zwei Dosen Flüssignahrung, dann allerdings fahr ich zurück zum Camping. Immerhin bin ich seit 6 Uhr auf den Beinen.....
Donnerstag, 24.7.03
Während alle um mich herum wohl noch schlafen, habe ich um 8.10 das Zelt abgebaut und bin startklar. Die Rush-hour ist spürbar, aber nicht katastrophal. Ich fahre in die Innenstadt und suche wieder einen legalen Parkplatz. In der Altstadt gibt es ein paar Parkplätze, ich verstehe nur nicht, was an den verschiedenen Hinweisschildern auf tschechisch geschrieben steht. Schließlich fahr ich einfach zu einem P mit „reserve“ drunter und frage, ob ich mein Motorrad dort parken darf. Der Wächter des P weist mir ein Plätzlein zu. Ich hab den Eindruck, ich steh neben dem reservierten Parkplatz vom tschechischen Präsidenten. Im Schnellgang spaziere ich durch das morgendliche Prag. Die Läden machen erst um 9.30 oder 10.00 Uhr auf. Ich schau mir die Stadt ein wenig an, habe keine Lust auf englisches Frühstück in einer Nobelkneipe und finde schließlich um 10:00 Uhr eine Bäckerei. So. genug rumgelaufen. Es ist jetzt 11.00 Uhr und Zeit, Abschied zu nehmen.
Nach einem letzten Abschiedsfoto in Prag soll Melnik die nächste Station werden. Das sind nur etwa 25km. Der richtige Abzweig ist schnell gefunden, ich bin auf der 9, eigentlich kann nichts mehr schiefgehen, in einer halben Stunde werde ich in Melnik sein.
Typischer Fall von Irrtum: bei Libis weist ein Wegweiser nach rechts Richtung Melnik. Schade, daß man hier gar nicht rechts abbiegen kann. Geradeaus ist auch gesperrt. Ich kann nur nach links weiter, aber links ist nicht gar nicht meine Richtung. Ich fahre hin und her. Ich frage an einer Tankstelle. Hm, sagt er in verständlichem deutsch, drei km zurück zur Agip Tankstelle, dort links, 2km weiter nochmal links. Das ist ganz einfach. Ich erinnere mich, irgendwo ein kleines orangenes Schild am Wegesrand gesehen zu haben, das nach Melnik weist. Ich dachte, es ist bestimmt nur für irgendwelche Lastwagen bestimmt.....
Die Agip finde ich, ich biege links ab. Ich biege wieder links ab und fahre wohl durch die Neubausiedlung. Nur, das kann nicht sein. Ich fahre zur Agip Tankstelle und frage. Ja, sagt sie, hier lang, dann später links. Ich fahre erneut dieselbe Strecke bis nach Neratovice. Genau bis vor das Tor einer Fabrik. Langsam werde ich ungeduldig. Dabei hab ich doch Urlaub und hatte mir vorgenommen, mich nicht aufzuregen. Wieder fragen. Keiner weiß, wo Melnik ist. Keiner weiß wie es nach Melnik geht, allenfalls deuten sie in die Richtung, aus der ich gekommen bin. Ich folge meinem Gefühl und fahre einfach weiter auf gut glück, irgendwie muss ich ja da wegkommen. Dann durch Zufall sehe ich wieder einen Hinweis auf Melnik. Nun gut, bis ich dort bin, ist es jetzt 13 Uhr. Schon wieder viel zu viel Zeit verloren....
Melnik ist zwar nicht gerade hässlich, nur hab ich nun schon Städte dieser Art im Dutzend gesehen. Hier fällt mir direkt nichts ins Auge, was mich fesselt. Hier solls zwar noch ein Renaissanceschloss geben, aber Lust zum suchen und besichtigen hab ich nicht gerade. Also weiter.
Über Mseno und Okna führt eine schön geschwungene Strasse nach Norden und es könnte wieder Schwarzwald mit ein paar Serpentinen sein. Ich komme an Zdar vorbei, der Ort mit drei Akzenten auf immerhin vier Buchstaben, was es mir Wert ist, für ein Foto anzuhalten und Abzusteigen.
Die Strecke zwischen Doksy und Ceska Lipa ist zwar als landschaftlich schön in der Karte eingetragen. Die Strasse ist breit, es gibt reichlich Verkehr, also: Spassfaktor Nahe Null.
Da hab ich aber in den vergangenen km auch schon deutlich schönere Strecken gesehen.
In Ceska Lipa ist wieder ein Kaffee fällig. Am Fluss nahe der Innenstadt gibt’s ein wunderschönes Kaffee, wo man draußen sitzen kann und sein Mopped immer im Blick hat. Ich tanke ein wenig Sonne und dann geht’s auch gleich wieder weiter. Meine Absicht, noch bis Liberec zu fahren, begrabe ich sehr schnell, angesichts des Staus, der sich Richtung Norden auffädelt. Also: Westwärts geht es nach
Litomerice, km 14764
Eigentlich steht wieder ein Kaffee an. Aber sobald ich mich in das einzige Café am zentralen Platz setze, lässt sich die Bedienung nicht mehr blicken. Stehe ich auf und gehe ein paar Meter, besetzt umgehend jemand anderes meinen Platz auf der Terrasse und die Bedienung kommt sofort, und fragt ihn, was er haben möchte. Irgendwie steckt da System drin, aber ganz durchblickt hab ich’s nicht. Wenn sich aber jemand so beharrlich weigert, gut, dann fahr ich halt gleich weiter.......
Ich fahr die Strasse entlang der Elbe die hier Labe heisst weiter Richtung Norden. Bei Usti hat die Schönheit irgendwie ihren Nullpunkt erreicht, hier gibt’s bald nur noch Industrieanlagen zu sehen, aber bis Decin wird’s auch noch mal schöner. In Decin lohnt sich das Anhalten eigentlich nicht so sehr, aber es ist 17.40 und Gelegenheit, die letzten Kronen in Münzen irgendwie loszuwerden.
Um 18.00 Uhr starte ich weiter Richtung Dresden. Ich tanke noch mal billig und bin erstaunt, daß ich ein paar Minuten später bereits die Grenze passiere und auf riesige Duty-free Shops stosse. Wie schade, dass ich nicht rauche, da hätte ich bestimmt viel Geld sparen können....
Die Idee, noch ein wenig das Erzgebirge auf deutscher Seite zu durchfahren wird schnell gestrichen, da wenige km nach der Grenze die erste offizielle deutsche Umleitung mich von der B172 auf eine wunderschöne Strecke über Pfaffenstein und Königstein über Pirna nach Dresden führt. Wenn ich mal wieder in der Gegend bin und viel Zeit hab, dann fahr ich sicher auch mal in Ruhe hier eine Runde. Aber jetzt will ich weiter. Leider ist es aber vorbei mit dem wenigen Verkehr, jetzt muss man sich wieder an das Fahren in Kolonne gewöhnen. Und bis ich schliesslich in Dresden (km 14888) auf das erste Autobahnschild stosse, ist es schon 20 Uhr. Wie die Zeit vergeht. Hier erkläre ich die Tour für beendet und mache mich auf die Rückreise.....
P.S.: Aufmerksamen Lesern fällt auf: am letzten Tag hats gar nicht geregnet. Nun, das stimmt nicht ganz. 30 km nach Dresden begannen die ersten Tropfen zu fallen. Die Heimfahrt wurde zu einer 450km langen Fahrt in Nacht und Dunkelheit, total nass und kalt, bei strömendem Regen hinter Schwertransporten hinterher. Ankunft: 1.50 morgens in Frankfurt.
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Ein paar Tips für Tschechien
Die Nebenstrassen sind in motorradtauglichem Zustand. Gefährliche Schlaglöcher sind selten, auch bei unübersichtlichen Strecken muss man nicht mit überraschenden gefährlichen Kurven rechnen. Hin und wieder liegt allerdings Rollsplit auf der Strasse.
Landschaftlich ist es oft schön, aber nicht sensationell. Wer aber gerne durch Feld, Wald und Wiesen tuckert, kann es hier bei erheblich weniger Verkehr, als etwa vergleichbar im Schwarzwald.
Tschechen (und Tschechinnen) fahren umsichtig und berechenbar. Weder in Prag noch auf dem flachen Lande wurde ich durch gefährliche Aktionen vierrädriger Verkehrsteilnehmer gefährdet.
Wer mit der ADAC Karte 1:350000 unterwegs ist, wird viel Spass beim Suchen und Fährtenlesen haben. Die nicht so guten Pfadfinder kaufen sich vorher eine vernünftige Karte.
Kommentare
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Danke... :-))
Nehme noch nen extra Seesack mit zum Klamotten kaufen *ggg*
Sollen ja auch recht günstig sein, oder?
Wir habe ien Hotel incl. HP für 19,50 EUR/Tag
Echt genial...incl. Tiefgarage für die Moppeds.
Wir sind vom Verein aus ca. 20 Motorräder. Fahren aber natürlich in mehreren Gruppen...
Bin mal gespannt...
LG Petra
hi helmut,
aufmerksam habe ich deinen bericht hier gelesen.
ich finde ihn sehr spannend geschrieben und du erhälst glatt 10 punkte von mir.
ich habe zwar auch eine kleine reise dorthin letztes jahr vernommen, allerdings mit dem auto. damals habe ich festgestellt, dass es eine schöne mopedtour sein müsste.
eines tages werde ich es selbst feststellen und dann werde ich dir davon berichten. ;-))
was ich damals mitgekriegt habe war, dass die polizei schnell den wegfahrstopper = kralle anlegt und die radarkontrollen auch schnell bei der sache sind, auch wenn man wenig die geschwindigkeit überschreitet. sie sind gnadenlos!!
ein toller bericht, bin auf den nächsten gespannt *fg*.
einen lieben gruß
angy
tja, das blaue licht....
ich glaub, wenn ein Zug kommt, dann leuchten die anderen Lampen in rot. \"pozor\" jedenfalls heißt \"Achtung\". Machs wie ich: erst schauen und dann drüberfahren..... (naja, beim erstenmal bin ich auch etwa eine Minute andächtig stehngeblieben, ohne dass sich was getan hätte.)
*gelbvorneid* mensch, du hast ja richtig lange zeit, wirst sicher eine schöne Tour haben. alleine oder im pulk? Mach dir keine Gedanken: Tschechien ist ein zivilisiertes Land und wenn du was vergessen hast, dann kannst du´s im Lidl(!) oder vielleicht im Aldi kaufen.
viel spass
Hay Helmut,
toller Bericht und 10 Points von mir!!
Ich fahre übrigens am 28.8. dort hin und komme am 6.9. wieder...
Kann bestimmt einige Tips gebrauchen.
Was war denn nun mit dem blauen Licht an dem Bahnübergang?? Haißt es nun \"halten\" oder was??
LG aus MH
Petra
klasse bericht , so ne woche tschechien wollte ich dieses jahr evtl auch noch unter die räder nehmen , wie schauts eigentlich mopedklautechnisch da aus und inwieweit zahlt die teilkasko in so ländern , hatt zufällig damit jemmand erfahrung ???
lg
didi
150 x 150 gilt nur für\'s Titelbild. *g*
400 x 400 ist die Größe für Artikel, allerdings max. 40 KB.
Wenn Du Hilfe brauchen solltest, dann frag mich ruhig per Messi.
;o) Jojo
ja, jojo, da haste recht. Nur einmal sind bilder mit 150x150 pixel zulässig, dann 200x200 dann wieder 400x400 - jedesmal ne andere grösse. da bin ich in meinem alter halt auch schon mal schnell überfordert.
nächstes mal weiss ichs dann.....
Ganz Tschechien in 4 Tagen? Nein, das geht nicht. Aber ein bißchen Tschechien...... mehr...
Hi Windfreak, *g*
netter Bericht, glatt 10 Punkte wert, sehr informativ, nur das mit den Fotos mußte noch üben. *fg*
Tja, mit 1:350.000er Karten hab ich auch schon meine Erfahrung gemacht. :o)
Pedders meinte, ich solle mir doch nen schicken kleinen Globus kaufen und den an den Armaturen befestigen. *lol*
Aber inzwischen bin ich auf aussagekräftigere Karten umgestiegen.
;o) Jojo