Die Gardasee Tour

Die Gardasee Tour

Wahrheit oder Fiktion? (Teil1)
Erlebnisse eines Harleyfahrers auf dem Weg zum Gardasee
Es geschah an einem dieser in Deutschland selten gewordenen Schönwetter- Wochenenden. Der Wetterbericht meldete für ganz Europa wolkenlosen Himmel und Temperaturen von 25°C. Außer an Nord-Norwegens Westküste. Da soll es etwas Regen geben. Aber wen kratzt das schon hier im schönen Bayern. Mich nicht.
Ideales Wetter, um mal endlich die schon lange geplante Motorrad- äh - Harley-Tour zum Gardasee zu fahren.
Normalerweise schnall ich in solchen Fällen meine wertvolle Harley auf den Anhänger und tucker schön gemütlich mit dem WoMo dorthin. Aber irgendwas an diesem Wochenende hat mich geritten, dass ich die Tour auf zwei Rädern zu absolvieren gedachte.
Aber da tauchten schon die ersten Probleme auf: Was soll ich zum Fahren anziehen? Okay, die Fransenlederjacke mit dem Harley Bar and Shield Logo Sticker und dem Adler hintendrauf ist klar. Aber welches T-Shirt und welche Jeans?
Die Harley-Lederjeans oder die Harley-Denimjeans im Boot Cut zusammen mit den Lederchaps? Das T-Shirt vom Wolfi Fierek* oder vom Bobo*, oder - besonders extravagant - von Barnett aus El Paso/Texas? Warum hab ich bloß so viele T-Shirts?
Ich entschied mich dann doch statt eines T-Shirts die kurze Lederweste anzuziehen, weil da meine neuen Tattoos nach dem Ausziehen der Lederjacke zur Geltung kommen können. Und die Jeans mit den Chaps. Ich glaube, den Italienerinnen gefällt das besser als die Lederjeans.
Endlich startklar! Jethelm auf und die Harley Boots angezogen. Apropo Harley Boots: Böse Stimmen behaupten ja, dass sie deshalb so robust und langlebig seien, weil die Harleyfahrer so oft zu Fuß weitergehen müssen.Blödsinn! Das Harley-Bremspedal und der Schalthebel sind so schwergängig, dass die Stiefel das eben aushalten müssen!
Jetzt aber rauf auf den Highway - äh - die Autobahn Richtung Brenner. Die Sonne scheint, die Autofahrer gucken und ich leg meine Boots bequem auf die Trittbretter. Da lacht der goldene Harley-Adler an meiner Brustkette.
Die Kiste läuft super und mit 110 Sachen machen die Autobahnkurven richtig Spaß.
Am Brenner der übliche Stau, aber so was hat ja gerade für Harley-Fahrer seinen Reiz. Sehen und gesehen werden, sag ich da bloß. Ist schon toll, wie die Mädels so aus den Autos gucken und winken, wenn eine Harley ganz nah an ihnen vorbei donnert.
Plötzlich stirbt der Motor ab. Was soll das?! Der Anlasser dreht einwandfrei, aber die Kiste springt beim besten Willen nicht mehr an. Ich schiebe die Harley an den Straßenrand. Ratlos. Da fällt mein Blick auf den Handyhalter hinter der Scheibe. Klar! Ich ruf meinen Mechaniker an! Der ist auch prompt erreichbar und ich erklär ihm, was los ist. Sprit alle???!! Hää...?! Ich war doch erst vor 150km beim Tanken. Säuft die Kiste so oder was?! Na ja, ich bin auch noch nie so weit am Stück gefahren und auf'm Anhänger braucht sie ja auch keinen Sprit. Ich dreh den Benzinhahn auf Reserve und schon läuft sie wieder. Mann lernt eben nie aus.
Weiter geht's. Irgendwann bemerke ich, dass der Motor nicht mehr soviel Leistung hat wie sonst. Wie kommt das? Da fällt mir die Bemerkung eines befreundeten Maschinenbau-Ingenieurs ein, wonach Verbrennungsmotoren in der Höhe an Leistung verlieren. Und ich bin ja auch schon auf über 500m. Na gut, schalte ich halt vom 5. in den 4. Gang zurück und schon geht sie wieder ab wie Schmitts Katze. Das gefällt mir an den Harleys. Der ungeheure Punch, vor allem wenn man Pässe fährt.
Später schalte ich dann noch in den 3. Gang, aber bald darauf geht's schon wieder bergab Richtung Bozen. Die Kurven auf der Autobahn zwischen Sterzing und Bozen sind ganz schön eng und ich beschränke mich auf so 80-90 Sachen. Ab und zu höre ich von vorne rechts und links ein schabendes Geräusch und spüre gleichzeitig ein Kribbeln in den Füßen, trotz der dicken Boots. Aber sonst bleibt alles ruhig und nach Bozen verschwindet das Phänomen wieder.
Es geht auch wieder geradeaus, die Sonne lacht noch immer und ich kann die wunderschöne Bergwelt ringsum genießen. So eine Pässetour in den Alpen ist schon was Tolles! Kann ich nur empfehlen.
In Rovereto muß ich von der Autobahn runter und auf die enge Landstraße Richtung Riva am Gardasee. Da hab ich übrigens eine nette Villa, direkt am See, mit Palmen, Swimming Pool und so. Aber das nur nebenbei.
Man merkt hier sehr deutlich, dass man schon in Italien ist. Der Verkehr - die fahren ja wie die Irren. Auf dieser engen Passstraße überholen mich ständig die Motorradfahrer und auch die Autofahrer. Seltsamerweise sind auch viele deutsche Motorradfahrer darunter. Stimmt irgendwas mit meinem Fahrstil nicht? Bin ich ein Verkehrshindernis? Solche Fragen schießen wie heiße Blitze durch meinen Kopf.
In diesem Moment sehe ich weit hinter mir wieder einen Einzelscheinwerfer im Rückspiegel auftauchen. Diesmal kriegst du mich nicht, denke ich entschlossen. Ich schalte gleich in den dritten Gang zurück und dreh kräftig am Gasgriff. Das müsste reichen, den abzuhängen. Das Licht kommt näher. Das kann ich trotz der hilflosen Zappelei des Rückspiegels erkennen. Unaufhaltsam näher. Na gut, schalte ich eben noch einen Gang zurück und dreh den Gashahn ganz auf. Hier geht's doch steil bergauf, da kann der Harley- Langhuber seine Muskeln spielen lassen. Und nach den paar Kurven da vorne ist der bestimmt abgehängt. Schon wieder dieses Kribbeln in den Füßen und das grässliche Geräusch. Ein verzweifelter Blick in den gebeutelten Rückspiegel: Der ist noch näher gekommen!! Jetzt aber! Ich ducke mich gerade hinter meine Scheibe, um das Letzte an Geschwindigkeit aus der Harley rauszuholen, als der Vespa-Roller mit zwei Mädels drauf an mir vorbeisaust. Das hintere Mädel winkt mir freundlich zu. Diesmal winke ich nicht zurück.
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*) HD-Händler in München

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